BFH Urteil v. - IX R 52/07

Schuldzinsenabzug nach Veräußerung ideeller Anteile an einer zu Wohnzwecken vermieteten Immobilie

Leitsatz

Veräußert ein Steuerpflichtiger den hälftigen Miteigentumsanteil an seiner mit Darlehensmitteln angeschafften, vermieteten Eigentumswohnung, kann er die Darlehenszinsen in dem Umfang, in dem diese wirtschaftlich gesehen auf den veräußerten Anteil entfallen (also hälftig), nicht mehr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, wenn er den Veräußerungserlös für private Zwecke verwendet.

Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, GG Art. 3

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr (2003) als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahr 1994 erwarb der Kläger eine Eigentumswohnung, die er zunächst teilweise selbst genutzt und teilweise fremdvermietet hatte. Im Zeitraum von Oktober 1996 bis Februar 2002 wurde die Wohnung vom Kläger und seiner Familie ausschließlich selbst genutzt. Seit März 2002 ist die Wohnung fremdvermietet. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom veräußerte der Kläger einen —nach den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes bestimmten und mithin ideellen— hälftigen Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung zum Kaufpreis von 145 000 € an die Klägerin.

Zur Finanzierung der Anschaffungskosten der Eigentumswohnung in Höhe von 616 301 DM nahm der Kläger im März 1994 ein Darlehen im Nennbetrag von 300 000 DM auf. Dieses Darlehen wurde neben zwei weiteren Darlehen im Nennbetrag von 50 000 DM und 125 000 DM, die der Kläger im Jahr 1990 zum anderweitigen Erwerb einer eigengenutzten Immobilie aufgenommen hatte und die bei Wiederveräußerung dieser Immobilie noch nicht vollständig getilgt waren, durch eine auf der Eigentumswohnung lastende Grundschuld in Höhe von 470 000 DM besichert. Im März 2002 löste der Kläger noch valutierende Restschulden aus den in den Jahren 1990 und 1994 aufgenommenen Darlehen im Wege der Umschuldung durch die Aufnahme eines Darlehens im Nennbetrag von 152 178,93 € ab. Die aus dem im Jahr 2002 aufgenommenen Ablösungsdarlehen geschuldeten Darlehenszinsen hat der Kläger im Streitjahr durch Bezahlung von seinem eigenen Konto persönlich getragen.

Die Klägerin nahm für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils an der Eigentumswohnung im Jahr 2003 zwei Darlehen in Höhe von 50 000 € und 95 000 € auf. Die hierfür geschuldeten Zinsen leistete die Klägerin von einem auf ihren Namen lautenden Konto, auf dem auch der gesamte geschuldete Mietzins für die Eigentumswohnung einging.

Mit Schreiben vom unterrichteten die Kläger die Mieter der Eigentumswohnung hinsichtlich des Übergangs des hälftigen Miteigentums auf die Klägerin. Ferner informierten die Kläger ihre Mieter dahin, dass Mietzahlungen ab Dezember 2003 nicht mehr, wie bisher dem Konto des Klägers, sondern in voller Höhe auf das Konto der Klägerin zu überweisen seien.

Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Kläger gemeinschaftlich erzielte negative Einkünfte aus der Vermietung der Eigentumswohnung in Höhe von insgesamt - 23 835 €, die sie im Verhältnis der Miteigentumsanteile an der Wohnung hälftig auf den Kläger und die Klägerin aufgeteilt hatten. Im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte waren die Schuldzinsen, die der Kläger für das Ablösungsdarlehen vom März 2002 in Höhe von 8 293,68 € geleistet hatte, in voller Höhe als Werbungskosten eingeflossen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) ließ hiervon nur einen Betrag in Höhe von 7 603 € zum Abzug als Werbungskosten zu. Dieser Betrag setzte sich aus den vom FA in voller Höhe anerkannten Schuldzinsen für die Monate Januar bis Oktober (10/12 x 8 293,68 € = 6 911,40 €) und den lediglich zur Hälfte anerkannten Schuldzinsen für die Monate November und Dezember (2/12 x 8 293,68 € x 50 % = 691,14 €) zusammen. Hinsichtlich der von der Klägerin für den Erwerb des Miteigentumsanteils an der Eigentumswohnung aufgenommenen Darlehen hat das FA erklärte Schuldzinsen, Disagios und Gebühren in Höhe von 13 929 € in voller Höhe als Werbungskosten anerkannt.

Der gegen den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom gerichtete Einspruch der Kläger, mit dem sie die Berücksichtigung der vollen, vom Kläger geleisteten Schuldzinsen aus dem Ablösungsdarlehen vom März 2002 in Höhe von 8 293,68 € begehrten, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit ihrer Revision vertreten die Kläger weiter die Auffassung, dass die vom Kläger auf das Ablösungsdarlehen vom geleisteten Schuldzinsen auch nach der Veräußerung des hälftigen Miteigentumsanteils an die Klägerin in vollem Umfang zum Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzulassen seien, da das Darlehen geringer valutiere als die Anschaffungskosten für den beim Kläger verbliebenen Miteigentumsanteil an der Eigentumswohnung. Die vom FG vertretene abweichende Auffassung verletze § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des FG aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom mit der Maßgabe zu ändern, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Schuldzinsen in Höhe von 690,68 € als Werbungskosten zum Abzug zugelassen werden.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, und das bedeutet, für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist.

Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften —im vorliegenden Fall von solchen aus Vermietung und Verpachtung— verwendet worden ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn mit dem den Schuldzinsen zugrunde liegenden Darlehen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudes oder Gebäudeteils finanziert werden. Ein allein rechtlicher Zusammenhang —etwa aufgrund einer Besicherung des Grundstücks— reicht hierzu ebenso wenig aus wie eine bloße gedankliche Zuweisung des Steuerpflichtigen. Die Darlehensmittel müssen vielmehr —tatsächlich— einem bestimmten Wirtschaftsgut zugeordnet werden können (, BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706, m.w.N.). Ein dahin gehender Zusammenhang kann andererseits auch dann anzunehmen sein, wenn ein mit Darlehensmitteln angeschafftes Grundstück veräußert und der Veräußerungserlös seinerseits zum Zwecke der Einkünfteerzielung eingesetzt wird (, BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454, und vom IX R 65/99, BFH/NV 2002, 341).

2. Im Streitfall ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger die aus dem Ablösungsdarlehen vom März 2002 geleisteten Schuldzinsen nach der Veräußerung des hälftigen Miteigentumsanteils an der Eigentumswohnung nur noch hälftig als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend machen kann.

Der Kläger hat das maßgebliche Ablösungsdarlehen zwar zunächst dazu verwandt, die zur Einkünfteerzielung genutzte Eigentumswohnung zu finanzieren. Allerdings kann bei der Beurteilung der Abziehbarkeit von im Streitjahr gezahlten Schuldzinsen nicht allein auf diesen ursprünglichen Zweck der Schuldaufnahme abgestellt werden; denn für die Abziehbarkeit von Schuldzinsen als Werbungskosten kommt es auf deren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart im Zeitpunkt ihres jeweiligen Entstehens an (, BFHE 177, 392, BStBl II 1995, 697, m.w.N.). Mit der Veräußerung des hälftigen Miteigentumsanteils an die Klägerin erfuhr das Darlehen indes in dem Umfang, in dem es wirtschaftlich gesehen auf den veräußerten Anteil entfiel, eine Zweckänderung: an die Stelle des bisher mit dem Grundstücksanteil bestehenden wirtschaftlichen Zusammenhangs trat nunmehr ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem aus der Veräußerung erzielten Erlös (sog. Surrogationsbetrachtung der ständigen Rechtsprechung des BFH, vgl. , BFHE 217, 460, BStBl II 2007, 699, unter II. 2. a, c, und in BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706, m.w.N.). Ein weiterer Abzug der bislang auf den veräußerten Grundstücksanteil entfallenden Schuldzinsen als Werbungskosten würde daher voraussetzen, dass der Kläger das Surrogat —den Veräußerungserlös in Höhe von 145 000 €— zum Zwecke der Einkünfteerzielung —etwa durch Erwerb einer anderweitigen Quelle von Überschusseinkünften— verwendet.

Das FG hat hierzu —nach § 118 Abs. 2 FGO für den BFH bindend— festgestellt, dass der Kläger den Veräußerungserlös in Höhe von 145 000 €, der an die Stelle des veräußerten Miteigentumsanteils trat, für private Zwecke verwendet hat. Deshalb kann er die Schuldzinsen in dem Umfang, in dem diese wirtschaftlich gesehen auf den veräußerten Anteil entfielen, —mithin hälftig—, nicht mehr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Der Senat braucht auch nicht mit Blick auf Art. 3 GG zu entscheiden, ob der Kläger anderweitige Schuldzinsen in vollem Umfang hätte abziehen können, wenn er —statt das Darlehen fortzuführen— einen neuen Kredit aufgenommen hätte, der lediglich in wirtschaftlichem Zusammenhang der bei ihm verbliebenen Grundstückshälfte gestanden hätte, da der Kläger einen solchen hypothetischen Sachverhalt nicht verwirklicht hat.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 1255 Nr. 8
EStB 2009 S. 271 Nr. 8
HFR 2009 S. 1196 Nr. 12
TAAAD-24089