FinMin Brandenburg - 31 - S 7347 - 1/09

Umsatzsteuer;
Abtretung und Rückforderung von Umsatzsteuer-Erstattungsansprüchen gegenüber dem Abtretungsempfänger

1. Allgemeines

Häufig werden Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche (Vorsteuerüberschüsse) nicht an den Unternehmer selbst ausgezahlt, sondern der Unternehmer tritt den Erstattungsanspruch ab. Das Finanzamt zahlt diesen Betrag an den Abtretungsempfänger bzw. an ein von ihm benannten Dritten (z. B. dessen Finanzamt) aus.

Stellt sich im Nachhinein heraus, dass dieser Erstattungsanspruch unberechtigt war, kann das auszahlende Finanzamt vom Abtretungsempfänger die Rückzahlung des abgetretenen Betrages nach § 37 Abs. 2 AO u. a. dann verlangen, wenn der rechtliche Grund für diese Zahlung später wegfällt. Die Geltendmachung dieses Rückforderungsanspruchs erfolgt regelmäßig nach § 37 Abs. 2 AO i. V. m. § 218 Abs. 2 AO mittels Rückforderungsbescheid (vgl. BStBl 1986 II S. 704).

2. 

Im Zusammenhang mit Rückforderungsansprüchen nach § 37 Abs. 2 AO wurde teilweise die Auffassung vertreten, dass Voraussetzung für die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs die Aufhebung bzw. Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung ist. Diese Auffassung wurde im Zusammenhang mit der Berichtigungspflicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG durch das (BStBl 2009 II S. 90) nicht bestätigt.

Wird eine Lieferung, für die der Vorsteuerabzug in Anspruch genommen worden ist, rückgängig gemacht und dadurch die Berichtigungspflicht des Unternehmers nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 UStG ausgelöst, bewirkt die vom Finanzamt in einem nachfolgenden Voranmeldungszeitraum vollzogene Berichtigung die (Teil-)Erledigung der vorangegangenen (negativen) Umsatzsteuerfestsetzung „auf andere Weise” im Sinne des § 124 AO. War ein Vergütungsanspruch aus dieser Festsetzung abgetreten, so entsteht der Rückforderungsanspruch des Fiskus aus § 37 Abs. 2 AO gegenüber dem Abtretungsempfänger im Umfang der ursprünglich zu hoch ausgezahlten Steuervergütung.

Beispiel 1:

Unternehmer U meldet in der Umsatzsteuer-Voranmeldung Juni 2008 einen Vorsteuerüberschuss von 100.000 € an, der durch die Lieferung einer Maschine der Firma F begründet ist. Der Vorsteuerüberschuss wird nicht an U ausgezahlt, sondern der Erstattungsanspruch wird an die Firma F abgetreten. Am wird das Liefergeschäft wegen Mangelhaftigkeit der Maschine rückgängig gemacht. Die Vorsteuer wird nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG in Höhe von 100.000 € durch einen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für den Monat September 2008 zurückgefordert.

Mit Wirksamwerden der Umsatzsteuerfestsetzung für den Monat September 2008 fällt der rechtliche Grund für die Auszahlung des Vorsteuerüberschusses aus dem Voranmeldungszeitraum Juni 2008 n Höhe von 100.000 € nachträglich weg (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO).

Das Finanzamt hat somit sowohl gegenüber U, als auch gegenüber der Firma F einen Rückforderungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO in entsprechender Höhe.

Für den Rückforderungsanspruch gegenüber der Firma F ist es dabei unerheblich, dass der Vorsteuerrückforderungsanspruch nach der Systematik des UStG nicht durch eine Berichtigung der ursprünglichen Umsatzsteuer-Voranmeldung Juni 2008 erfolgen kann, sondern zwingend nach den Regelungen des § 17 UStG im Zeitpunkt des Eintritts der Änderung vorzunehmen ist.

Diese Grundsätze gelten nicht nur in den Fällen des § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG (Rückgängigmachung einer Leistung), sondern sind auf alle Fallgestaltungen des § 17 UStG anzuwenden. Hierzu zählen insbesondere Sachverhalte im Zusammenhang mit der Uneinbringlichkeit von Forderungen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG) oder der Nichtausführung der vereinbarten Leistung (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG)

3. Anwendung auch im Insolvenzverfahren

Die vorstehenden Rechtsgrundsätze gelten auch dann, wenn es auf Grund eines Insolvenzverfahrens nicht mehr möglich ist, den Rückforderungsanspruch durch Steuerbescheid gegen den Unternehmer festzusetzen. Die Feststellung zur Insolvenztabellle hat die gleichen Rechtswirkungen wie ein entsprechender Steuerbescheid ( a.a.O.)

Beispiel 2:

Unternehmer U gibt für den Monat Mai 2008 eine Umsatzsteuer-Voranmeldung mit einem Erstattungsanspruch von 100.000 € ab, der durch die Lieferung einer Maschine durch die Firma F begründet ist. Der Vorsteuerüberschuss wird nicht an U ausgezahlt, sondern der Erstattungsanspruch wird an die Firma F abgetreten. Am wird über das Vermögen des U das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Maschine wurde bereits am an den Lieferanten (Firma F) wegen Nichtbezahlung zurückgegeben (Rückgängigmachung der Lieferung nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG). Der Vorsteuerrückforderungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG in Höhe von 100.000 € wird zur Insolvenztabelle (Umsatzsteueranspruch 12/2008) angemeldet und im Prüftermin nicht bestritten.

Das Finanzamt hat auf Grund des festgestellten Vorsteuerrückforderungsanspruchs auch gegenüber der Firma F einen Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO. Unerheblich ist, ob der Vorsteuerrückforderungsanspruch gegenüber U noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt werden konnte. Die Eintragung in die Tabelle (§ 178 Abs. 3 InsO) hat die gleiche Wirkung wie ein Steuerbescheid. Von einer Nichtentrichtung der Steuer ist auch dann auszugehen, wenn eine Insolvenzquote zu erwarten ist (vgl. analog Abschnitt 182b Abs. 17 Satz 6 UStR in Fällen der Haftung nach § 13c UStG).

Beispiel 3:

Unternehmer U gibt für den Monat Mai 2008 eine Umsatzsteuer-Voranmeldung mit einem Erstattungsanspruch von 100.000 € ab, der durch den Bezug von sonstigen Leistungen durch die Firma F begründet ist. Der Vorsteuerüberschuss wird nicht an U ausgezahlt, sondern der Erstattungsanspruch wird an die Firma F abgetreten. Am stellt U wegen Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am wird über das Vermögen des U das Insolvenzverfahren eröffnet. U hatte zum (Zeitpunkt der Antragstellung) noch keine Zahlung an die Firma F geleistet. Wegen Nichtzahlung durch U hat das Finanzamt diesen Vorsteuerrückforderungsanspruch nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG für den Monat 12/2008 (Zeitpunkt der Antragstellung, vgl. C.5.7.1 des Insolvenzhandbuchs – Teil Umsatzsteuer, zuletzt aktualisiert mit Erlass vom , 31 – S 7340 – 3/04). zur Insolvenztabelle angemeldet. Die Forderung wurde im Prüftermin nicht bestritten.

Das Finanzamt hat auf Grund des festgestellten Vorsteuerrückforderungsanspruchs auch gegenüber der Firma F einen Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO. Unerheblich ist, ob der Vorsteuerrückforderungsanspruch gegenüber U noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt werden konnte. Die Eintragung in die Tabelle (§ 178 Abs. 3 InsO) hat die gleiche Wirkung wie ein Steuerbescheid. Von einer Nichtentrichtung der Steuer ist auch dann auszugehen, wenn eine Insolvenzquote zu erwarten ist (vgl. analog Abschnitt 182b Abs. 17 Satz 6 UStR in Fällen der Haftung nach § 13c UStG).

FinMin Brandenburg v. - 31 - S 7347 - 1/09

Fundstelle(n):
XAAAD-15451