BFH Beschluss v. - IV B 150/07

Einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und gesonderte Feststellung sind unterschiedliche Verfahren; Anspruch auf rechtliches Gehör; Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts

Gesetze: AO § 179 Abs. 2, AO § 180 Abs. 1, FGO § 76, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin zu 1. (Klägerin zu 1.), eine GmbH, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet. Gesellschafter waren der Kläger und Beschwerdeführer zu 2. (Kläger zu 2.) mit einer Stammeinlage in Höhe von 17 500 € sowie die Herren A, B und C mit Stammeinlagen in Höhe von jeweils 2 500 €. Geschäftsgegenstand der Klägerin zu 1. war der Im- und Export sowie der Groß- und Einzelhandel mit Sportartikeln und Waren aller Art. Nach § 9 des Gesellschaftsvertrages sollte die Gewinnverteilung unter den Gesellschaftern grundsätzlich entsprechend der Höhe ihrer Geschäftsanteile erfolgen. Zum alleinigen Geschäftsführer der Klägerin zu 1. wurde Herr D bestellt. Die Klägerin zu 1. wurde am in das Handelsregister eingetragen.

Ausweislich eines Protokolls über eine Gesellschafterversammlung der Klägerin zu 1. vom war vereinbart, dass die gesamten Stammeinlagen vom Kläger zu 2. zu leisten seien.

In einem nicht datierten Vermerk, der bereits in dem im August 2003 eingereichten Jahresabschluss der Klägerin zu 1. auf den zitiert war, hieß es, der Gewinn und der Verlust aus den Geschäften, die der Kläger zu 2. unter dem Namen der Klägerin zu 1. abwickele, solle mit Ausnahme einer angemessenen Kapitalverzinsung für die Klägerin zu 1. in Höhe von 4 % pro Jahr allein dem Kläger zu 2. zustehen. Der Kläger zu 2. sei als Mitunternehmer der Klägerin zu 1. anzusehen. Er habe auch die Geschäftsanteile der restlichen Gesellschafter eingezahlt und sei wirtschaftlicher Eigentümer dieser Anteile. Da das Stammkapital der Klägerin zu 1. für den Geschäftsbetrieb bei weitem nicht ausreiche, habe der Kläger zu 2. als Mitunternehmer sämtliches erforderliches Kapital persönlich zur Verfügung gestellt. Er entscheide allein über die geschäftlichen Aktivitäten und führe diese im Wesentlichen auch allein aus. Der Geschäftsführer D arbeite ausschließlich nach Anweisungen des Klägers zu 2.

Die Klägerin zu 1. reichte beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2000 bis 2002 (Streitjahr) ein. Sie erklärte darin Verluste in Höhe von 71 724 DM für 2000, 70 164 DM für 2001 und 2 702 € für 2002. Die Verluste wurden jeweils zu 100 % dem Kläger zu 2. zugerechnet. Das FA lehnte die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr mit Bescheid vom ab. Den Einspruch wies es als unbegründet zurück.

Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Die Klage sei im Hauptantrag, mit dem das FA zur Durchführung einer einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung und zur Zuweisung eines Verlusts in Höhe von 2 702 € an den Kläger zu 2. verpflichtet werden sollte, unbegründet. Die Voraussetzungen für eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) lägen nicht vor, da die Kläger keine Mitunternehmer seien. Der Hilfsantrag, mit dem eine gesonderte Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO begehrt wurde, sei unzulässig. Das FA habe den Erlass eines solchen Bescheids bisher nicht abgelehnt. Insoweit fehle es außerdem an der Durchführung des gemäß § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlichen Vorverfahrens.

Die Revision gegen sein Urteil ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Beschwerde. Sie tragen vor, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und wegen Verfahrensmängeln zuzulassen.

II. Die Beschwerde ist —bei Bedenken gegen ihre Zulässigkeit— zumindest unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

Die Kläger haben die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe zum Teil schon nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt. Im Übrigen liegen sie jedenfalls nicht vor.

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsfrage beruht, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, die klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.).

Die Kläger halten die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob es sich „bei der Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO und der Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO…um unterschiedliche Verfahrensarten mit eigenen Tatbestandsvoraussetzungen und unterschiedlichen Rechtsfolgen” handelt.

Soweit diese Rechtsfrage im Hinblick auf die vom FG angenommene Unzulässigkeit des Hilfsantrags im Streitfall überhaupt entscheidungserheblich ist und damit in einem Revisionsverfahren voraussichtlich klärbar wäre, ist sie jedenfalls nicht klärungsbedürftig.

Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO werden gesondert festgestellt die einkommensteuerpflichtigen und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Diese gesonderte Feststellung ist gemäß § 179 Abs. 2 Satz 2 AO gegenüber den Feststellungsbeteiligten einheitlich vorzunehmen. Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO werden in anderen als den in Buchst. a genannten Fällen gesondert festgestellt die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder einer freiberuflichen Tätigkeit, wenn nach den Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt nicht auch für die Steuern vom Einkommen zuständig ist.

Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung i.S. der §§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, 179 Abs. 2 Satz 2 AO und der gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO handelt es sich um Grundlagenbescheide, denen gemäß § 182 Abs. 1 AO Bindungswirkung für Folgebescheide zukommt, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für die Folgebescheide von Bedeutung sind. Eine solche Bindungswirkung entfalten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch negative Feststellungsbescheide (z.B. , BFHE 186, 67, BStBl II 1998, 601, m.w.N.).

Allerdings ergibt sich entgegen der Auffassung der Kläger schon aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, dass die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach §§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, 179 Abs. 2 Satz 2 AO und die gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen aufweisen. Die einheitliche und gesonderte Feststellung ist ein nach Wesen, Inhalt und Wirkung anderes Verfahren als die gesonderte Feststellung (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 179 AO Rz 15). Der BFH hat außerdem bereits entschieden, dass in einem gesonderten Feststellungsbescheid nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO solche Einkünfte nicht einbezogen werden dürfen, die der Steuerpflichtige gemeinschaftlich mit anderen erzielt hat und für die ein Feststellungsverfahren nach §§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, 179 Abs. 2 Satz 2 AO durchzuführen ist. In diesem Sinne ist das Verfahren nach §§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, 179 Abs. 2 Satz 2 AO vorrangig im Verhältnis zum Verfahren nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO (, BFH/NV 1993, 2, unter 3.a der Gründe).

Damit ist bereits hinreichend geklärt, dass die vor dem FG mit dem Haupt- und dem Hilfsantrag verfolgten Verpflichtungsbegehren unterschiedliche (Feststellungs-)Verfahren betrafen. Hiervon ausgehend ist es auch nicht weiter klärungsbedürftig, dass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage in Bezug auf das jeweilige Verfahren vorliegen müssen.

2. § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht.

Voraussetzung der Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts ist, dass der Streitfall Veranlassung gibt, Leitsätze zur Auslegung des Gesetzes aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (, BFH/NV 2005, 698, m.w.N.). Aus den unter II.1. dargelegten Gründen kommt demnach auch eine Zulassung der Revision wegen der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung nicht in Betracht.

3. Ebenso wenig ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO erforderlich.

Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO setzt voraus, dass das FG-Urteil in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der Auffassung anderer Gerichte abweicht oder dass dem FG-Urteil ein Fehler von so erheblichem Gewicht anhaftet, dass er geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 43 und 48, m.w.N.).

Die Kläger haben dem Urteil der Vorinstanz zwar einen Rechtssatz entnommen und diesen Rechtssatz dem zweiten Leitsatz des (BFHE 95, 289, BStBl II 1969, 379) gegenübergestellt. Die geltend gemachte Abweichung der Vorentscheidung von dem BFH-Urteil in BFHE 95, 289, BStBl II 1969, 379 liegt aber bereits deshalb nicht vor, weil die Vorinstanz den von den Klägern herausgestellten Rechtssatz, das FG könne Gesellschaftsverträge nach eigenem Ermessen auslegen, der wirkliche Wille brauche nicht erforscht zu werden, nicht —auch nicht in scheinbar fallbezogenen Ausführungen— aufgestellt hat.

Die Kläger wenden sich mit ihrem Vorbringen letztlich gegen die von der Vorinstanz vorgenommene Auslegung des undatierten Vermerks und die Einzelfallwürdigung des FG. Die Rüge, die Vorentscheidung sei rechtswidrig, eröffnet nach ständiger Rechtsprechung des BFH aber nicht die Revision, wenn —wie im Streitfall— eine willkürliche oder greifbar gesetzwidrige Beurteilung nicht ersichtlich ist (BFH-Beschlüsse vom IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234, und vom IV B 121/06, BFH/NV 2007, 2241, jeweils m.w.N.).

4. Die Revision ist darüber hinaus nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Mit der Beschwerdebegründung wurde kein Verfahrensmangel in zulässiger Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die ordnungsgemäße Darlegung eines Verfahrensmangels verlangt, dass die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ergeben (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 81/05, BFH/NV 2006, 2297, und vom IV B 21/07, BFH/NV 2008, 974, jeweils m.w.N.). Hieran fehlt es im Streitfall.

a) Eine schlüssige Rüge, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), erfordert die Darlegung, zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG hätte erheben müssen, wo Tatsachen vorgetragen waren, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzliche Ermittlungsmaßnahme oder Beweiserhebung aller Voraussicht nach gehabt hätte und inwieweit die unterlassene Ermittlungsmaßnahme oder Beweiserhebung zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können. Außerdem muss vorgetragen werden, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. aus neuerer Zeit , BFH/NV 2008, 233; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 69, 70, jeweils m.w.N.).

Das Vorbringen der Kläger wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Es fehlt insbesondere jeglicher Vortrag dazu, welches Ergebnis die von den Klägern angesprochene Beweiserhebung voraussichtlich gehabt hätte und inwieweit sie zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können.

b) Zur schlüssigen Rüge, das FG habe das Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt, muss der Beteiligte darlegen, inwiefern ihm das Gericht das rechtliche Gehör versagt hat, zu welchen der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen oder Rechtsfragen er sich nicht hat äußern können, was er —wenn der geltend gemachte Gehörsverstoß wie im Streitfall nur einzelne Feststellungen oder rechtliche Gesichtspunkte betrifft— bei ausreichender Gewährung des Rechts auf Gehör noch vorgetragen hätte, dass er keine Möglichkeit besessen hat, die Gehörsverletzung bereits vor Ergehen der Entscheidung zu beanstanden, bzw. dass er den Verfahrensverstoß beim FG gerügt hat und inwiefern durch sein —lediglich infolge des Verfahrensfehlers— unterbliebenes Vorbringen die Entscheidung auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG anders hätte ausfallen können (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 974, m.w.N.).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt die Beteiligten auch vor Überraschungsentscheidungen (Beschluss des Plenums des Bundesverfassungsgerichts —BVerfG— vom 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395, unter C.II.4. der Gründe, m.w.N.). Eine solche ist gegeben, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 121/06, BFH/NV 2008, 245; vom IV B 187/02, BFH/NV 2004, 1421, und vom VIII B 37/95, BFH/NV 1997, 124). Dabei kann es in besonderen Fällen auch geboten sein, den Verfahrensbeteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht der Entscheidung zugrunde legen will. Es kann im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte. Allerdings ist dabei zu beachten, dass das Gericht grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet ist. Auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, muss daher ein Verfahrensbeteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einstellen (vgl. , BVerfGE 86, 133, m.w.N.).

Gemessen daran haben die Kläger einen Verstoß des FG gegen das Recht auf Gehör nicht schlüssig dargelegt. Im Streitfall war die Auslegung des undatierten Vermerks zwischen den Beteiligten bereits im Verwaltungsverfahren und später auch im finanzgerichtlichen Verfahren umstritten. Das FG hatte ausweislich der Sitzungsniederschrift bereits in dem Erörterungstermin darauf hingewiesen, „dass der streitgegenständliche Vermerk keine eindeutige zivilrechtliche Regelung” enthalte und es „für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich (sei), den Willen der Vertragsparteien auszulegen und zu prüfen, welche zivilrechtliche Gestaltung tatsächlich gewollt” gewesen sei. Es konnte die Kläger deshalb nicht überraschen, dass sich das FG mit der Auslegung des Vermerks in seinem Urteil beschäftigte, wenn es insoweit auch nicht zu der von ihnen für richtig gehaltenen Auffassung gelangte. Weder der Anspruch auf rechtliches Gehör noch § 76 Abs. 2 FGO verpflichten das FG darauf hinzuweisen, dass es den Sachverhalt anders beurteilt als ein Beteiligter (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 195/01, BFH/NV 2003, 1437, und vom V B 43/03, BFH/NV 2004, 1303). Das FG ist grundsätzlich nicht verpflichtet, im Voraus seine Rechtsauffassung, seine vorläufige Beweiswürdigung oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung zahlreicher Einzelumstände offen zu legen (vgl. BFH-Beschlüsse vom VI B 100/00, BFH/NV 2000, 1235, und vom X B 132/02, BFH/NV 2004, 495; Gräber/ Stapperfend, a.a.O., § 76 Rz 56, m.w.N.).

c) Schließlich haben die Kläger auch den (sinngemäß gerügten) Verfahrensmangel, das FG habe über den Hilfsantrag zu Unrecht durch Prozessurteil entschieden, nicht in der gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Form dargelegt. Ein solcher Verfahrensfehler liegt zudem nicht vor.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH stellt es einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird. In einem solchen Fall wird zugleich der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt (BFH-Beschlüsse vom XI B 46/02, BFH/NV 2004, 1417, und vom VII B 98/04, BFH/NV 2007, 1345, jeweils m.w.N.).

Im Streitfall ist das FG indessen zu Recht von der Unzulässigkeit des Hilfsantrags ausgegangen. Die Kläger haben beim FA den Erlass eines einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids gemäß §§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, 179 Abs. 2 Satz 2 AO beantragt. Nur über diesen Antrag hat das FA mit Bescheid vom in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung entschieden. In Bezug auf den mit dem Hilfsantrag begehrten Erlass eines gesonderten Feststellungsbescheids nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO fehlt es hingegen bereits an einer negativen Verwaltungsentscheidung. Die Kläger haben selbst weder geltend gemacht, die Durchführung eines gesonderten Feststellungsverfahrens nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO beim FA beantragt zu haben, noch dass das FA einen solchen Antrag abgelehnt habe. Schon aus diesem Grunde war die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage unzulässig (vgl. , BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980; Gräber/von Groll, a.a.O., § 40 Rz 21, jeweils m.w.N.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 358 Nr. 3
VAAAD-03270