BFH Beschluss v. - X B 60/07

Aufhebung eines FG-Urteils nach Ergehen eines Änderungsbescheids im Beschwerdeverfahren; verfassungsrechtliche Bedenken wegen der Höchstbeträge des Sonderausgabenabzugs für Altersvorsorgeaufwendungen für Streitjahre bis 2004 nicht mehr klärungsbedürftig; einkommensteuerliche Berücksichtigung von Nachzahlungsbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2, FGO § 127, FGO § 68, EStG § 3 Nr. 62, EStG § 10 Abs. 3, EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind zusammenveranlagte Eheleute. Die Klägerin war im Streitjahr 2003 als selbstständige Schwimmlehrerin, der Kläger als Beamter tätig. Die selbstständige Tätigkeit der Klägerin unterlag der Rentenversicherungspflicht.

Im Streitjahr musste die Klägerin für den Zeitraum ab 1993 Beiträge nachentrichten und für das Streitjahr laufende Beiträge zahlen.

In der Einkommensteuererklärung beantragten die Kläger, 50 % der insgesamt im Streitjahr geleisteten Zahlungen entsprechend § 3 Nr. 62 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Jahr 2003 geltenden Fassung vom zu versteuernden Einkommen abzuziehen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte von den geltend gemachten Aufwendungen die Hälfte der Beiträge als abziehbare Sonderausgaben im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Kläger Klage und führten zur Begründung an, pflichtversicherte Selbstständige seien gegenüber pflichtversicherten Arbeitnehmern unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) benachteiligt. Ihnen stehe für die geleisteten Rentenversicherungsbeiträge der Klägerin lediglich ein Abzug im Rahmen der Vorsorgeaufwendungen bei den Sonderausgaben zu. Anders als bei Arbeitnehmern werde die Beitragszahlung nicht in einen fiktiven Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil aufgeteilt und hälftig steuerbefreit.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) wies die Klage ab. Es erkannte, nach den im Streitjahr geltenden Regelungen des EStG komme nur eine Berücksichtigung der nachgezahlten und laufenden Beiträge im Streitjahr im Rahmen des Sonderausgabenabzugs gemäß § 10 Abs. 3 EStG in Betracht. Die Benachteiligung von Selbstständigen gegenüber Arbeitnehmern aufgrund der Tatsache, dass der Betrag des Vorwegabzugs gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG den Betrag des steuerfreien Arbeitgeberanteils gemäß § 3 Nr. 62 EStG nicht erreiche, sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verfassungsrechtlich unbedenklich (Hinweis auf BFH-Entscheidungen vom XI R 41/99, BFHE 200, 529, BStBl II 2003, 179; vom IV B 185/02, BFH/NV 2004, 1245).

Während des Beschwerdeverfahrens erließ das FA unter dem einen Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr, ohne die Besteuerungsgrundlagen zu ändern. Im Änderungsbescheid wurden Vorläufigkeitsvermerke gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung wegen der Nichtabziehbarkeit pauschaler Betriebsausgaben und Werbungskosten nach § 12 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (AbgG), wegen der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG und der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags angebracht.

Die Kläger begehren in ihren Beschwerdebegründungen die Zulassung der Revision wegen Verfahrensfehlern des FG, grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, des Erfordernisses einer Entscheidung zur Rechtsfortbildung und wegen schwerer Rechtsfehler des FG.

Das FG habe seine Entscheidung nicht unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens getroffen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—), da es den ausführlichen Klägervortrag in der mündlichen Verhandlung weder im Tatbestand des Urteils noch in den Entscheidungsgründen erwähnt habe. Es habe auch eine Aufklärung des Sachverhalts unterlassen, da es sich nicht mit der spezifischen Situation der Klägerin als pflichtversicherter Selbstständiger befasst und hierzu keine näheren Feststellungen getroffen habe. Das FG habe auch gegen die Ruhensvorschriften (§ 155 FGO; § 251 der ZivilprozessordnungZPO—) verstoßen.

Der Streitfall habe in zweierlei Hinsicht grundsätzliche Bedeutung. Die Klägerin werde unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG benachteiligt, weil ihre Pflichtbeiträge nicht zur Hälfte steuerbefreit seien. Gegenüber Abgeordneten liege hinsichtlich der nachgezahlten Beiträge ebenfalls eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, weil Abgeordnete im Fall der Nachversicherung gemäß § 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. a EStG den gesamten Nachversicherungsbetrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) steuerfrei an die jeweilige Versorgungseinrichtung ausgezahlt erhielten.

Ob Altersvorsorgeaufwendungen vor dem Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) vom (BGBl I 2004, 1427) als Werbungskosten oder als Sonderausgaben abzugsfähig seien, sei wegen anhängiger Verfassungsbeschwerden unklar. Soweit in der Rechtsprechung des BFH Entscheidungen zur Höhe des Sonderausgabenabzugs wegen der Relation steuerbefreiter Altersvorsorgeaufwendungen zwischen Selbstständigen und Arbeitnehmern ergangen seien, lägen den Entscheidungen andere Sachverhalte zu Grunde. Die Entscheidungen befassten sich nur mit dem Abzug der Vorsorgeaufwendungen von freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Selbstständigen. Im Streitfall sei die Klägerin aber einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer vergleichbar, weil sie ausschließlich aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung in die Rentenversicherung einzahlen müsse. Die gleiche soziale Schutzbedürftigkeit der Klägerin als Selbstständiger im Vergleich mit pflichtversicherten Arbeitnehmern sei vom Bundessozialgericht (BSG) als Rechtfertigungsgrund für die Rentenversicherungspflicht der Selbstständigen gemäß § 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) herangezogen worden (Hinweis auf und B 12 RA 2/99 R, Die Sozialversicherung 2001, 192).

Zur Verfassungsmäßigkeit der Steuerfreistellung von Nachversicherungsbeträgen bei Abgeordneten gebe es keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Diese Bevorzugung werde in der Literatur aber als verfassungswidrig angesehen. Die streiterheblichen Rechtsfragen seien auch klärungsbedürftig. Gegen die Entscheidung des erkennenden Senats vom X R 45/02 (BFHE 216, 47, BStBl II 2007, 574) sei Verfassungsbeschwerde eingelegt worden. Da der Streitsache grundsätzliche Bedeutung zukomme, seien auch die Anforderungen des Zulassungsgrundes der Rechtsfortbildung erfüllt. Eine Revisionszulassung müsse auch aufgrund schwerer Rechtsfehler des FG erfolgen. Das FG habe ausschließlich auf die BFH-Entscheidung in BFH/NV 2004, 1245 zurückgegriffen, obwohl der dort entschiedene Sachverhalt nur einen freiwillig versicherten Selbstständigen betroffen habe. Das FG habe damit die Erwägungen des BFH auf einen anderen Sachverhalt in objektiv willkürlicher und greifbar gesetzeswidriger Art und Weise übertragen. Es habe auch nicht geprüft, ob eine andere Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen oder ein Erlass in Betracht komme.

Die Kläger beantragen, die Revision gegen das zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind teils nicht gegeben, teils erfüllen die Kläger nicht die Darlegungsanforderungen gemäß § 116 Abs. 3 FGO. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), noch ist im Streitfall eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich. Die geltend gemachten Verfahrensmängel werden nicht hinreichend dargelegt.

1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der geänderte Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom . Das angefochtene FG-Urteil ist nicht wegen Ergehens dieses Änderungsbescheids aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben.

a) Im Laufe des Verfahrens ist der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr geändert worden. Der geänderte Bescheid vom ist entsprechend § 68 i.V.m. § 127 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. , BFHE 204, 35, BStBl II 2004, 237; Senatsbeschluss vom X B 39/07, BFH/NV 2008, 965). Dies gilt auch, wenn wie im Streitfall nur weitere Vorläufigkeitsvermerke aufgenommen werden (, BFHE 202, 228, BStBl II 2003, 888).

b) Ergeht während des Verfahrens über eine zulässige, aber unbegründete Nichtzulassungsbeschwerde ein Änderungsbescheid, ist die Vorentscheidung grundsätzlich entsprechend § 127 FGO aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Die Vorentscheidung ist jedoch nicht aufzuheben, wenn der Änderungsbescheid keine gegenüber den bisherigen Belastungen verbösernde Entscheidung enthält oder diese Entscheidung nicht streitig ist (Senatsbeschluss in BFH/NV 2008, 965). So liegt es im Streitfall, da weder die Besteuerungsgrundlagen noch die festgesetzte Steuer durch den geänderten Bescheid berührt worden sind.

2. Der Beschwerde fehlt wegen der Beifügung der Vorläufigkeitsvermerke im Änderungsbescheid nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Das Verfahren ist überdies nicht gemäß § 74 FGO von Amts wegen auszusetzen.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH fehlt einer Klage in der Regel das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Steuerbescheid zu dem verfassungsrechtlichen Streitpunkt vorläufig ergangen ist, die verfassungsrechtliche Streitfrage sich in einer Vielzahl im Wesentlichen gleichgelagerter Verfahren stellt und bereits ein nicht von vornherein aussichtsloses Musterverfahren beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängig ist (z.B. Beschluss vom III B 173/95, BFHE 180, 217, BStBl II 1996, 506, m.w.N.). Dies gilt jedoch nicht, wenn das FA erst während eines Klageverfahrens —hier: des Beschwerdeverfahrens— den angefochtenen Bescheid für vorläufig erklärt (, BFH/NV 2006, 952).

b) Das Verfahren ist auch nicht gemäß § 74 FGO im Hinblick auf derzeit anhängige vorgreifliche Verfahren auszusetzen.

aa) Eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens entsprechend der Vorschrift des § 74 FGO kann geboten sein, wenn vor dem BVerfG bereits ein nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren gegen eine im Streitfall anzuwendende Norm anhängig ist, den FG und dem BFH zahlreiche Parallelverfahren (Massenverfahren) vorliegen und keiner der Beteiligten des Klageverfahrens ein besonderes berechtigtes Interesse an einer Entscheidung des FG über die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen gesetzlichen Regelung trotz des beim BVerfG anhängigen Verfahrens hat.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Im Streitfall sind die beim BVerfG während des Klage- und Beschwerdeverfahrens noch anhängigen Musterverfahren nunmehr entweder erledigt oder offensichtlich aussichtslos.

Dies gilt für die nicht zur Entscheidung angenommene Verfassungsbeschwerde in der Sache 2 BvR 1220/04 gegen den BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1245, in der wie im Streitfall das betragsmäßige Verhältnis zwischen der Steuerfreistellung von Arbeitgeberleistungen (§ 3 Nr. 62 EStG) und dem niedrigeren Sonderausgabenabzug von Beiträgen einer selbstständigen Rechtsanwältin an das berufständische Versorgungswerk (§ 10 Abs. 3 EStG) streitig war. Das Verfahren ist durch Nichtannahmebeschluss vom erledigt (vgl. BFH/NV 2008, Beilage 3, 240).

Der XI. Senat des BFH hatte im Urteil vom XI R 17/00 (BFHE 201, 437, BStBl II 2003, 650) ebenfalls entschieden, dass in der geringeren Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen Selbstständiger gegenüber der Steuerfreistellung von Arbeitgeberanteilen gemäß § 3 Nr. 62 EStG kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt. Das BVerfG hat die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde durch Nichtannahmebeschluss vom 2 BvR 912/03 (BFH/NV 2008, Beilage 3, 245) und unter Bezugnahme auf den Beschluss in BFH/NV 2008, Beilage 3, 240 ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommen.

Im Hinblick auf die Frage, ob Rentenversicherungsbeiträge als Betriebsausgaben oder Werbungskosten statt als Sonderausgaben abzugsfähig sind, hat das BVerfG auf die verneinende Senatsentscheidung in BFHE 216, 47, BStBl II 2007, 574 die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 2 BvR 325/07, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 2008, 753).

Zur Frage der Behandlung von Rentenversicherungsbeiträgen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben für Veranlagungszeiträume vor 2005 ist zwar noch das Verfahren 2 BvR 2299/04 beim BVerfG gegen die Senatsentscheidungen vom X R 72/01 und X R 73/01 (BFH/NV 2005, 513) anhängig. Dieses Verfahren ist jedoch wegen der vorgenannten Rechtsfrage nach dem Beschluss des BVerfG in HFR 2008, 753 als offensichtlich aussichtslos anzusehen.

bb) Die von den Klägern zusätzlich aufgeworfene Frage einer Bevorzugung von Abgeordneten bei Nachversicherungen im Vergleich zur Nachzahlung von Beiträgen eines pflichtversicherten Selbstständigen führt außerdem nicht zur Verfahrensaussetzung. Zu dieser Frage sind keine Musterverfahren anhängig. Die vom BFH entschiedenen Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale von Abgeordneten (Urteile vom VI R 63/04, VI R 81/04 und VI R 13/06 —zur Veröffentlichung bestimmt—) weisen jedenfalls keinen Bezug zu der hier relevanten Streitfrage auf und sind nicht vorgreiflich.

3. Soweit die Kläger sich darauf berufen, dass die Höhe des Vorwegabzugs ihrer insgesamt geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen des Streitjahres (Nachzahlung und laufende Beiträge) gemäß § 10 Abs. 3 EStG in Relation zur betragsmäßigen Steuerfreistellung von Arbeitgeberbeiträgen eines pflichtversicherten Arbeitnehmers gemäß § 3 Nr. 62 EStG zu niedrig sei, kommt eine Zulassung der Revision nicht in Betracht. Die Voraussetzungen der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung, der Rechtsfortbildung und der Divergenz sind sämtlich nicht erfüllt, weil die von den Klägern in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen im Streitfall nicht klärungsbedürftig sind.

a) Den Klägern steht nach den Regelungen des EStG bei einer Zusammenveranlagung für die nachentrichteten und laufenden Beiträge zur Rentenversicherung im Streitjahr nur der gekürzte Sonderausgabenabzug im Abflussjahr —dem Streitjahr— gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 4 EStG in Höhe von 4 002 € (Summe aus dem Grundhöchstbetrag und hälftigem Grundhöchstbetrag) zu.

Der erkennende Senat hält an seiner Rechtsprechung fest (vgl. Urteil in BFHE 216, 47, BStBl II 2007, 574), dass bis zum Ablauf des Jahres 2004 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben, sondern nur als Sonderausgaben mit den Höchstbeträgen gemäß § 10 Abs. 3 EStG abziehbar sind. Das bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums 2004 geltende Recht der Vorsorgeaufwendungen (für die Beitragsphase) gilt mithin fort und wird auch nicht durch die geänderte Besteuerung der Alterseinkünfte in der Versorgungsphase nach dem AltEinkG in Frage gestellt. Die gegen das Senatsurteil in BFHE 216, 47, BStBl II 2007, 574 gerichtete Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung angenommen worden (BVerfG-Beschluss in HFR 2008, 753).

Geklärt ist in der Rechtsprechung des BFH zudem, dass Nachzahlungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zusammen mit den laufenden Beiträgen, auch wenn sie sich auf mehrere Jahre beziehen, als Sonderausgaben nur bis zu den Höchstbeträgen des § 10 Abs. 3 EStG im Abflussjahr abzugsfähig sind (, BFHE 120, 398, BStBl II 1977, 154). Aufgrund der Zusammenveranlagung und der Tätigkeit des Klägers als Beamten steht den Klägern als Ehegatten beim Sonderausgabenabzug daher nur der gekürzte Vorsorgeaufwand zu (BFH-Urteil in BFHE 201, 437, BStBl II 2003, 650; die Verfassungsmäßigkeit bejahend BVerfG-Beschluss in BFH/NV 2008, Beilage 3, 245).

b) Ob die verfassungsmäßigen Bedenken der Kläger wegen des niedrigeren Sonderausgabenabzugs begründet sind, kann offenbleiben. Im Streitfall ist diese Frage nicht klärungsbedürftig und die Revision nicht zuzulassen.

Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie für den Streitfall entscheidungserheblich ist. Dies ist für die Veranlagungszeiträume bis zum Ablauf des Jahres 2004 nicht gegeben.

In seinem Urteil vom 2 BvL 17/99 (BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618) hat das BVerfG entschieden, dass Beamtenpensionäre die gleichheitswidrige Besteuerung ihrer Pensionen durch § 19 EStG bis zum hinzunehmen haben. Ein rückwirkender Abbau der Vergünstigungen bei der Besteuerung der Sozialversicherungsrenten komme schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 105, 73, 134, BStBl II 2002, 618). Dem Gesetzgeber ist aufgegeben worden, eine Neuregelung mit Wirkung zum zu schaffen. Diesen Auftrag hat der Gesetzgeber durch die Schaffung des AltEinkG erfüllt. Es enthält auf der Grundlage des Konzepts der nachgelagerten Besteuerung Neuregelungen sowohl für die steuerliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen als auch von Alterseinkünften (vgl. insbesondere § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 3, 4 und 4a EStG sowie § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG, jeweils in der Fassung des AltEinkG) für alle Versorgungswege. Für die verfassungsrechtliche Würdigung der zutreffenden Höhe des Abzugs von Altersvorsorgebeiträgen in einem Versorgungsweg ist demnach stets eine Gesamtbetrachtung der steuerlichen Abziehbarkeit von Beiträgen und der Besteuerung der Versorgungsleistungen vorzunehmen (, BFH/NV 2005, Beilage 2, 110).

Das BVerfG hat im Anschluss an die Entscheidung in BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618, in den Beschlüssen in BFH/NV 2008, Beilage 3, 240 und in BFH/NV 2008, Beilage 3, 245 zu der im Streitfall aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Rechtsfrage der Relation zwischen steuerfreien Arbeitgeberbeiträgen (§ 3 Nr. 62 EStG) und der Höhe des Sonderausgabenabzugs Selbstständiger (§ 10 Abs. 3 EStG) ausgeführt, es bedürfe keiner inhaltlichen Entscheidung mehr, ob die Höchstbeträge des Sonderausgabenabzugs gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 3 EStG in den bis zum geltenden Fassungen der Höhe nach verfassungsgemäß sind. Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der angegriffenen Normen komme —so das BVerfG in BFH/NV 2008, Beilage 3, 240— im Hinblick auf diese Streitfrage für Streitjahre bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2004 nicht mehr in Betracht.

Dies gilt auch für die von den Klägern aufgeworfene Verfassungsfrage. Die verfassungsrechtlichen Aussagen im BVerfG-Beschluss in BFH/NV 2008, Beilage 3, 240 sind auf den Streitfall übertragbar. Es handelte sich in dem vom BVerfG in BFH/NV 2008, Beilage 3, 240 entschiedenen Fall um Pflichtbeiträge einer selbstständigen Rechtsanwältin an das berufständische Versorgungswerk. Diese hatte wie die Kläger gerügt, die Höchstbeträge des Sonderausgabenabzugs seien in Relation zu den steuerfrei gestellten Beträgen des § 3 Nr. 62 EStG zu niedrig. Der Senat vermag keine Umstände dafür zu erkennen, dass das BVerfG für Zeiträume bis zum Ablauf des Jahres 2004 im Streitfall anders als bisher entscheiden könnte. Der Fall gesetzlicher Pflichtbeiträge an ein berufständisches Versorgungswerk ist entgegen der Auffassung der Kläger mit den Pflichtversicherungsbeiträgen der Klägerin als pflichtversicherter Selbstständiger vergleichbar und weist keine Besonderheiten auf.

c) Vor diesem Hintergrund sind auch die Ausführungen der Kläger in der Beschwerdebegründung zur verfassungskonformen Auslegung nicht entscheidungserheblich.

4. Eine Zulassung der Revision wegen schwerer Rechtsfehler des FG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes sind nicht erfüllt.

Ein zur Zulassung der Revision führender Rechtsfehler liegt vor, wenn die Entscheidung des FG willkürlich ist und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (BFH-Beschlüsse vom III B 107/03, BFH/NV 2004, 1220, und vom VII B 100/04, nicht veröffentlicht —n.v.—; vgl. auch , BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Hat sich das FG mit der Rechtslage auseinandergesetzt, führt aber selbst eine im Ergebnis (möglicherweise) falsche Rechtsanwendung nicht zur Zulassung der Revision (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 68). So ist es im Streitfall.

Das FG hat die Rechtsgrundsätze des BFH-Beschlusses in BFH/NV 2004, 1245 auf den Streitfall übertragen und auf dessen Begründung Bezug genommen. Damit liegt keine objektiv willkürliche oder greifbar gesetzeswidrige Entscheidung vor. Die umfangreichen Ausführungen der Kläger in der Beschwerdebegründung zielen nach Art einer Revisionsbegründung nur darauf ab darzulegen, dass und warum das FG im Streitfall inhaltlich einen anderen Rechtsstandpunkt hätte einnehmen sollen.

5. Eine Zulassung der Revision aufgrund der gerügten verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Klägerin bei der Nachzahlung von Beiträgen gegenüber der Steuerfreiheit von Nachversicherungsbeträgen bei Abgeordneten (§ 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. a EStG) ist ebenfalls zu verneinen. Dabei kann es der Senat offenlassen, ob im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde der Beschwerdeführer, der die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend macht, neben den Gründen der vermuteten Verfassungswidrigkeit auch schlüssig darlegen muss (woran es im Streitfall mangelt), dass es bei verfassungskonformer Besteuerung voraussichtlich auch zu einer den Beschwerdeführer weniger belastenden Steuerfestsetzung kommen wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 134/97, BFH/NV 1999, 590, und vom VIII B 73/05, BFH/NV 2006, 540, m.w.N.).

Die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes im Fall der Rüge eines gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses ist nicht entscheidungserheblich, wenn das BVerfG eine Norm für verfassungswidrig und nichtig erklären müsste (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 128). Die von den Klägern aufgeworfene verfassungsrechtliche Rechtsfrage ist mangels Entscheidungserheblichkeit und Vorlagefähigkeit nach Art. 100 GG hiernach in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, so dass eine Revisionszulassung weder nach den Zulassungsgründen der grundsätzlichen Bedeutung, der Rechtsfortbildung und der Divergenz bejaht werden kann.

a) Zwar hat das BVerfG in seiner jüngeren Rechtsprechung die Maßstäbe für die Entscheidungserheblichkeit und Vorlagefähigkeit in Fällen der sog. „gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlüsse” erweitert.

Nach neuerer Rechtsprechung des , BFH/NV 2008, Beilage 4, 295) und des , zur Veröffentlichung bestimmt) gelten für die Entscheidungserheblichkeit i.S. des Art. 100 GG nunmehr weitergehende Maßstäbe. In den Fällen gleichheitswidriger Begünstigungsausschlüsse lasse sich —so das BVerfG in BFH/NV 2008, Beilage 4, 295— nach den bisherigen Maßstäben zur Entscheidungserheblichkeit nur mit Schwierigkeiten klären, ob eine —mehr als nur theoretische und daher offen zu haltende— Chance für den Steuerpflichtigen bestehe, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen, weil es stets um Mutmaßungen zum hypothetischen Willen des Gesetzgebers und um die Bewertung unterschiedlicher Wahrscheinlichkeitsgrade im Hinblick auf die Chance auf den Erlass einer begünstigenden Neuregelung gehe. Zudem sei die Gefahr gegeben, dass die Gerichte und letztlich das BVerfG durch ihre Einschätzung in den Bereich der Gesetzgebung übergriffen. Daher sei jedenfalls in den Fällen, in denen die Verfassungswidrigkeit einer Steuerrechtsnorm geltend gemacht werde, die nur bestimmte Personen oder Gruppen begünstige, —so das BVerfG in BFH/NV 2008, Beilage 4, 295, 297— für die Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG darauf abzustellen, ob es ausgeschlossen sei, dass der Gesetzgeber eine für den Steuerpflichtigen günstige Regelung verabschiede. Solange der Gesetzgeber nicht aus Rechtsgründen oder aus offenkundigen tatsächlichen Gründen gehindert sei, eine für den Kläger des Ausgangsverfahrens günstige Regelung zu schaffen, sei in diesen Fällen von der Entscheidungserheblichkeit der steuerlichen Begünstigungsnorm für das Ausgangsverfahren auszugehen.

b) Im Streitfall sind derlei offenkundige tatsächliche Gründe und rechtliche Gründe gegeben, die eine rückwirkende Ausdehnung der Steuerbefreiung für Nachversicherungsbeträge auf nachgezahlte Pflichtbeiträge Selbstständiger (und anderer Pflichtversicherter) ausschließen.

aa) Eine Nachversicherung ist gemäß § 181 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 SGB VI für verschiedene katalogartig erfasste öffentlich-rechtliche Berufsgruppen durchzuführen, die zunächst versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit waren, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der bisherigen Beschäftigung ausscheiden oder ihren Anspruch auf Versorgung verlieren und Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Das Gleiche gilt für Abgeordnete (vgl. § 23 Abs. 2 AbgG). Sowohl in den Fällen der Nachversicherung der in § 8 Abs. 2 SGB VI genannten Berufs- und Personengruppen als auch bei den Abgeordneten (über die Verweisung in § 22 Nr. 4 Satz 4 Buchst. a EStG) findet auf den —vom Arbeitgeber allein in voller Höhe zu zahlenden— Nachversicherungsbetrag (§ 181 Abs. 5 SGB VI) die Steuerbefreiung in § 3 Nr. 62 EStG Anwendung (vgl. Bergkemper in Herrmann/ Heuer/Raupach —HHR— , § 3 Nr. 62 EStG Rz 2). Der Sonderausgabenabzug des Nachversicherungsbetrags für einen (fiktiven) Arbeitnehmeranteil ist wegen § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG nach der im Streitjahr geltenden Rechtslage ausgeschlossen (HHR/ Risthaus, § 22 EStG Rz 480). Die zusammengeballt nachzuzahlenden Pflichtbeiträge der Klägerin werden nur über den Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 3 EStG gefördert. Nachgezahlte Beiträge pflichtversicherter Arbeitnehmer wären hinsichtlich der vom Arbeitgeber geleisteten Zahlungen hälftig gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerbefreit und hinsichtlich des Arbeitnehmeranteils im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Nr. 3 EStG abzugsfähig.

bb) Vor diesem Hintergrund ist es aus offenkundig tatsächlichen und rechtlichen Gründen ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber die Steuerbefreiung für Nachversicherungsbeträge auf nachgezahlte Pflichtbeiträge rückwirkend erweitert. Denn er müsste dann für Selbstständige und Arbeitnehmer Nachzahlungsbeträge über § 3 Nr. 62 EStG in voller Höhe steuerfrei und damit besserstellen als laufende Pflichtbeiträge, die im Streitjahr entweder insgesamt (bei Selbstständigen) oder nur hälftig (bei pflichtversicherten Arbeitnehmern) durch den Sonderausgabenabzug gefördert worden sind. Dies sieht der Senat sowohl als einen offenkundigen rechtlichen als auch tatsächlichen Hinderungsgrund für die von den Klägern erstrebte rückwirkende Neuregelung an. Eine diesen rechtlichen Hinderungsgrund vermeidende zusätzliche Gleichstellung dann auch der laufenden Beiträge scheidet bereits aus den oben unter II.3. genannten Gründen aus.

6. Soweit die Kläger Verfahrensmängel rügen, ist die Beschwerde unzulässig, da sie entweder die Darlegungsanforderungen nicht erfüllen oder ihre Rügen im Beschwerdeverfahren nicht erhoben werden können.

a) Die Rüge der Kläger, der Tatbestand des Urteils des FG sei unvollständig und unrichtig, hätte in einem anderen Verfahren erfolgen müssen. Unrichtigkeiten im Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils sind nicht im Rechtsmittelverfahren beim BFH, sondern nur mit einem fristgebundenen Antrag auf Tatbestandsberichtigung beim FG (§ 108 FGO) geltend zu machen (Senatsbeschluss vom X B 206/05, BFH/NV 2006, 1877).

b) Die Rüge der mangelhaften Sachverhaltsaufklärung durch das FG führt nicht zur Revisionszulassung. Die Kläger legen nicht in der gebotenen Weise dar, dass das FG den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt hat.

Die formgerechte Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) durch Nichterhebung angebotener Beweise setzt voraus, dass der Beschwerdeführer die ermittlungsbedürftigen Tatsachen (Beweisthemen), die angebotenen Beweismittel, die genauen Fundstellen (Schriftsatz oder Terminsprotokoll, in denen die Beweismittel benannt worden sind, die das FG nicht erhoben hat), das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme, inwieweit das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann, darlegt und ausführt, dass —sofern die Voraussetzungen des § 295 ZPO gegeben sind— bei nächster sich bietender Gelegenheit die Nichterhebung der Beweise gerügt worden ist oder dass die Absicht des FG, die angebotenen Beweise nicht zu erheben, nicht rechtzeitig erkennbar war, um dies noch vor dem FG rügen zu können (Senatsbeschluss vom X B 142/03, n.v.). Diese Anforderungen sind nicht erfüllt. Die Kläger rügen zwar, das FG habe die Umstände des Streitfalls im Hinblick auf die konkreten Auswirkungen des Pflichtversicherungsverhältnisses für die Klägerin als Selbstständige nicht aufgeklärt. Sie tragen in ihrer Beschwerdebegründung aber nicht vor, welche Beweise von ihnen angeboten und vom FG nicht erhoben worden sein sollen. Ausführungen zu einer rechtzeitigen Rüge des Sachaufklärungsmangels fehlen außerdem.

c) Die Rüge, das FG habe gegen das Gebot verstoßen, seiner Entscheidung das Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 FGO) zugrunde zu legen, beinhaltet im Streitfall nicht die Rüge eines Verfahrensmangels. Die Kläger führen hierzu aus, der Verfahrensmangel liege vor, weil das FG trotz ihres Vortrags zur Abweichung des Sachverhalts im Streitfall die Rechtsgrundsätze des BFH-Beschlusses in BFH/NV 2004, 1245 auf den Streitfall angewendet habe. Hierin liegt im Stile einer Revisionsbegründung eine Rüge der rechtlichen Würdigung des Streitfalls durch das FG, nicht aber eines Verfahrensmangels.

d) Soweit die Kläger im Schriftsatz vom geltend machen, das FG habe gegen die Ruhensvorschriften (§ 155 FGO i.V.m. § 251 ZPO) aufgrund anderweitig anhängiger Verfahren verstoßen, ist die Rüge erst nach Ablauf der Begründungsfrist erhoben worden und unbeachtlich.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2009 S. 205 Nr. 2
CAAAD-01305