BFH Urteil v. - VIII R 14/05

Steuerrechtliche Anerkennung eines Treuhandverhältnisses; Werbungskostenabzug von Zinsen für Refinanzierungsdarlehen

Leitsatz

Die steuerrechtliche Anerkennung eines Treuhandverhältnisses setzt voraus, dass es auf ernst gemeinten, zivilrechtlich wirksam abgeschlossenen und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruht und insbesondere auch tatsächlich durchgeführt wird. Das Handeln des Treuhänders in fremdem Interesse muss wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein. Die fehlende vereinbarungsgemäße Durchführung stellt ein gewichtiges Indiz gegen die Ernstlichkeit einer Treuhandvereinbarung dar. Eine formlose Treuhandvereinbarung ist ausnahmsweise dann zulässig, wenn im Falle einer Erwerbstreuhand jemand beauftragt wird, Anteile an einer erst noch zu gründenden GmbH zu erwerben. Allein in diesem Fall wird der Zweck für das Beurkundungsbedürfnis, nämlich neben dem eindeutigen Nachweis der Inhaberschaft bezüglich des Gesellschaftsanteils zu verhindern, dass GmbH-Geschäftsanteile Gegenstand des freien Handelsverkehrs werden, nicht berührt.

Gesetze: AO § 39, AO § 41, AO § 159, EStG § 17, EStG § 20, EStG § 9

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Streitig ist der Abzug eines Veräußerungsverlustes nach § 17 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie von Zinsen für ein Refinanzierungsdarlehen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 1992 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger hatte mit notariell beurkundetem Vertrag vom mit seinem Bruder N eine GmbH gegründet. Geschäftsführer war der Kläger. Nach § 8 des Gesellschaftsvertrages waren Veräußerungen von Geschäftsanteilen nur mit schriftlicher Zustimmung aller Gesellschafter zulässig. Das Stammkapital belief sich auf 60 000 DM und wurde mit 45 000 DM vom Kläger und mit 15 000 DM von N übernommen. Die Stammeinlagen waren hälftig vor Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister einzuzahlen. Der Rest sollte auf Anforderung des Geschäftsführers erbracht werden.

Am selben Tag unterzeichneten der Kläger als „Treuhänder” sowie ein Herr G und eine Frau S als „Treugeber” in den Räumen des Notars —ohne Gegenleistung— zwei privatschriftliche Treuhandvereinbarungen über jeweils einen Teilgeschäftsanteil in Höhe von 15 000 DM.

Offen ist, ob dies kurz vor —dann als Erwerbstreuhand— oder kurz nach —dann als Vereinbarungstreuhand— der notariellen Gründung der GmbH erfolgt ist.

Aufgrund der Treuhandvereinbarungen (jeweils Ziff. 3) hatten G und S die vom Treuhänder zu leistende Stammeinlage für diesen zu zahlen. Nach Ziff. 4 Buchst. a verpflichtete sich der Treuhänder, über die treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile nicht ohne Zustimmung der Treugeber zu verfügen und nach Buchst. b das Stimmrecht aus diesen Geschäftsanteilen nur nach den Weisungen der Treugeber auszuüben. Die Treugeber hatten den Treuhänder nach Ziff. 5 von sämtlichen Verbindlichkeiten freizustellen, die sich auf die treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile bezogen. Nach Ziff. 6 war der Treuhänder verpflichtet, etwaige Gewinne oder sonstige wirtschaftliche Leistungen auf diese Anteile an die Treugeber weiterzuleiten. Die Vertragsbeteiligten waren ferner verpflichtet, gegenüber Dritten Stillschweigen zu bewahren. Die Treuhandvereinbarungen bezweckten den Aufbau von Geschäftsbeziehungen zur Autofirma X.

Die GmbH wurde am ins Handelsregister eingetragen. Die hälftige Stammeinlage erbrachte der Kläger —entgegen den Treuhandvereinbarungen— selbst. Erst im Mai 1991 leisteten G und S ihre Beiträge zu je 15 000 DM ausweislich der vorgelegten Überweisungs- und Kontobelege direkt an die GmbH.

Am vereinbarte der Kläger —als „Erwerber” bezeichnet— mit G und S als Treugebern —als „Veräußerer” bezeichnet— im Rahmen privatschriftlicher Anteilsübertragungsverträge, dass G und S ihre Teilanteile zum Preis von jeweils 405 000 DM an den Kläger veräußerten.

N veräußerte ebenfalls für einen Kaufpreis von 404 000 DM mit notariellem Vertrag vom einen Teilgeschäftsanteil von 14 500 DM. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Überweisungsbelege wurden die Kaufpreise im Oktober 1991 beglichen.

Mit notariellem Anteilsübertragungsvertrag vom veräußerte der Kläger schließlich seine Geschäftsanteile von 14 500 DM und 45 000 DM zum Preis von 500 DM an die Kauffrau H.

Mit der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 1992 machte der Kläger einen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG in Höhe von —zuletzt— 1 228 500 DM sowie Darlehenszinsen in Höhe von 62 680 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erkannte die Treuhandvereinbarungen wegen Formmangels (fehlende notarielle Beurkundung) steuerlich nicht an. Ausgehend von Anschaffungskosten für den ursprünglichen Anteilserwerb von 45 000 DM sowie weiteren Anschaffungskosten von 404 000 DM aufgrund des Erwerbs des Teilgeschäftsanteils von N sowie einem von 500 DM auf 66 990 DM erhöhten Verkaufserlös aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an Frau H setzte es einen Veräußerungsverlust von 382 010 DM an und berücksichtigte auch insoweit die Darlehenszinsen nur zu einem Drittel in Höhe von 20 894 DM (bezogen auf den Anteilserwerb von N).

Mit zuletzt gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid setzte das FA die Einkommensteuer für 1992 bei einem zu versteuernden Einkommen von 969 541 DM auf 468 158 DM fest. Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet ab.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ebenfalls mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 843 veröffentlichtem Urteil im Wesentlichen ab.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO, § 255 Abs. 1 des HandelsgesetzbuchsHGB—).

Das FG habe die gesetzliche Regelung in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO unrichtig ausgelegt und deshalb auch unzutreffend auf den Streitfall angewandt.

Die Treugeber hätten, wie im Klageverfahren vorgetragen, die von ihnen geschuldeten Stammeinlagen erst im Mai 1990 geleistet, weil zuvor kein Geldbedarf der GmbH bestanden habe. Die einvernehmliche Verschiebung der Zahlung sei deshalb vernünftig und angemessen gewesen. Aus dieser von den Treuhandvereinbarungen abweichenden Handhabung folgere das FG, die Vereinbarungen seien nicht ernsthaft und nicht tatsächlich vollzogen worden. Dabei habe es aber übersehen, dass für derartige Schuldverhältnisse Vertragsfreiheit bestehe. Auch schriftliche Verträge könnten von den Vertragspartnern jederzeit mündlich abgeändert werden, sofern nicht ausdrücklich Schriftform bestimmt worden sei. Die pragmatische Änderung der Treuhandvereinbarungen beeinträchtige deren Wirksamkeit mithin nicht.

Die spätere Leistung der Einlagen sowie der Erwerb der Teilgeschäftsanteile durch den Kläger zeige unmissverständlich, dass die Vertragsparteien an den Treuhandvereinbarungen festgehalten hätten und von deren Wirksamkeit ausgegangen seien.

Dies entspreche auch dem aus § 41 AO folgenden Rechtsgedanken.

Die schuldrechtliche Wirksamkeit der —wenn auch modifizierten— Treuhandvereinbarungen indiziere auch deren steuerrechtliche Relevanz. Die Ernsthaftigkeit werde durch die hohen, vom Kläger an die Treugeber erbrachten, von ihm refinanzierten Kaufpreise belegt.

Das FG habe die Regelung in § 255 Abs. 1 HGB nicht beachtet. Es habe sich mit der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Treuhandvereinbarungen nicht auseinandergesetzt.

Da es sich um eine fremdnützige Treuhand handele, habe es keiner ausdrücklichen vertraglichen Regelungen über die Pflicht zur sofortigen Herausgabe der Geschäftsanteile bedurft. Vielmehr greife die Regelung aus § 667 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ein.

Er, der Kläger, habe an G und S nicht ohne Rechtsgrund geleistet, vielmehr seien aufgrund seiner Zahlungen deren Herausgabeansprüche erloschen und er habe fortan die Anteile aus eigenem Recht gehalten.

Habe er die Teilgeschäftsanteile aus der fremden in die eigene Verfügungsmacht überführt, so seien ihm i.S. von § 255 Abs. 1 HGB Anschaffungskosten entstanden. Lägen aber Anschaffungskosten vor, so könne sogar die steuerliche Anerkennung der Treuhandverträge dahingestellt bleiben.

Mit der Nichtanerkennung der Anschaffungskosten im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG habe das FG gegen das sog. Nettoprinzip verstoßen.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG Düsseldorf dahin gehend abzuändern, dass im Einkommensteuerbescheid für 1992 bei den Einkünften aus Kapitalvermögen Werbungskosten in Höhe von 62 680 DM sowie ein gewerblicher Veräußerungsverlust gemäß § 17 EStG in Höhe von 1 228 500 DM berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen, weil die nur privatschriftlich vereinbarten Treuhandverhältnisse zwischen dem Kläger als Treuhänder und Herrn G sowie Frau S als jeweilige Treugeber bezeichnet —unbeschadet ihrer möglichen Formunwirksamkeit— jedenfalls steuerrechtlich mangels einer tatsächlichen Durchführung nicht anzuerkennen sind (§ 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 2, § 159 Abs. 1 Satz 1 AO) und deshalb ebenso wenig gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 AO im Falle ihrer Formunwirksamkeit zu einem Wechsel zumindest der wirtschaftlichen Inhaberschaft bezüglich der Teilgeschäftsanteile geführt haben.

Fehlt es indes an einem derartigen Wechsel der wirtschaftlichen Inhaberschaft, so können dem Kläger aus dem „Rückerwerb” auch keine im Rahmen der Verlustermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG berücksichtigungsfähige Anschaffungskosten entstanden sein, die den begehrten höheren Veräußerungsverlust begründen könnten. Ebenso wenig sind Schuldzinsen für Refinanzierungsdarlehen für derartige steuerlich nicht anzuerkennende Anschaffungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuerlich berücksichtigungsfähig.

1. a) Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO sind abweichend von der zivilrechtlichen Inhaberschaft nach § 39 Abs. 1 AO Wirtschaftsgüter im Rahmen fremdnütziger Treuhandverhältnisse dem Treugeber zuzurechnen.

Nicht jede formal als Treuhandvertrag bezeichnete Vereinbarung führt allerdings zur steuerrechtlichen Anerkennung eines Treuhandverhältnisses i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO. Vielmehr muss der Treugeber sowohl rechtlich als auch tatsächlich das Treuhandverhältnis beherrschen (, BFHE 188, 254, BStBl II 1999, 514; vom VIII R 22/02, BFH/NV 2004, 620).

Ein derartiges Treuhandverhältnis liegt vor, wenn ein Gesellschafter als Treuhänder Inhaber eines Geschäftsanteils mit der Maßgabe ist, die Rechte aus der Beteiligung nur unter Beachtung eines mit dem Treugeber geschlossenen Treuhandvertrages auszuüben. Die fiduziarische Vollrechtstreuhand wird durch ein dingliches und obligatorisches Element gekennzeichnet. Das dingliche Element bestimmt die Zuordnung des Rechts. Das schuldrechtliche Element ist für die interne Bindung des Treuhänders maßgebend. Das dingliche Rechtsverhältnis kann —abgesehen von der im Streitfall nicht in Betracht kommenden Übertragungstreuhand— in Form der Erwerbstreuhand durch den Erwerb der Beteiligung seitens des Treuhänders für Rechnung und im Auftrag des Treugebers von einem Dritten (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 620) oder als Vereinbarungstreuhand zustandekommen, wenn ein Gesellschafter mit einem Dritten als Treugeber vereinbart, seine Beteiligung künftig für diesen als Treuhänder zu halten.

Nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend , BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152) ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich gegeben ist, ein strenger Maßstab anzulegen. Wesentliche inhaltliche Kriterien sind die Weisungsgebundenheit des Treuhänders und dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treugutes.

Das Treuhandverhältnis muss auf ernstgemeinten, zivilrechtlich wirksam abgeschlossenen und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und insbesondere auch tatsächlich durchgeführt werden. Das Handeln des Treuhänders in fremdem Interesse muss wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (, BFH/NV 2006, 1819; in BFH/NV 2004, 620; in BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152, m.umf.N.).

Wird ein Veräußerungsverlust geltend gemacht, so kommt der konsequenten Durchführung der Vereinbarung besonderes Gewicht zu (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152).

b) Gemäß § 15 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) bedarf ein Vertrag, der die Übertragung von GmbH-Anteilen zum Gegenstand hat, der notariellen Beurkundung. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG bedarf auch eine Vereinbarung der notariellen Form, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung des Gesellschaftsanteils begründet wird.

Die Rechtsprechung lässt ausnahmsweise nur dann eine formlose Treuhandvereinbarung zu, wenn im Falle einer Erwerbstreuhand jemand beauftragt wird, Anteile an einer erst noch zu gründenden GmbH zu erwerben. Allein in diesem Fall wird der Zweck für das Beurkundungsbedürfnis, nämlich neben dem eindeutigen Nachweis der Inhaberschaft bezüglich des Gesellschaftsanteils zu verhindern, dass GmbH-Geschäftsanteile Gegenstand des freien Handelsverkehrs werden, nicht berührt. Auch in der Gründungsphase einer GmbH verlangen die Schutzzwecke des § 15 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG indes Geltung. Deshalb erfassen die zwingenden Formvorschriften auch die Abtretung eines künftigen, erst mit der Eintragung im Handelsregister entstehenden Geschäftsanteils sowie die Eingehung einer entsprechenden Verpflichtung. Allein dann, wenn die Parteien bereits vor dem Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages eine Treuhandvereinbarung getroffen haben und weder ein Geschäftsanteil bereits vorhanden noch dessen Entstehung in die Wege geleitet worden ist, kann die Vereinbarung wirksam formfrei geschlossen werden (vgl. , BGHZ 141, 208, Deutsches Steuerrecht —DStR— 1999, 861, m.w.N.; bestätigt durch , DStR 2006, 1378; ferner BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1819, m.w.N.; zur BGH-Rechtsprechung ferner Schulz, GmbH-Rundschau —GmbHR— 2001, 282).

c) Das FG brauchte der Frage der Beurkundungsbedürftigkeit der Treuhandvereinbarungen zwischen dem Kläger einerseits und an Herrn G sowie Frau S andererseits trotz des vom Kläger behaupteten Abschlusses vor der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrages nicht weiter nachzugehen, weil es in revisionsrechtlich nicht zu beanstandener Weise bereits von der mangelnden Durchführung dieser privatschriftlichen Vereinbarungen ausgegangen ist.

Die fehlende vereinbarungsgemäße Durchführung stellt indes ein gewichtiges Indiz gegen die Ernstlichkeit einer Treuhandvereinbarung dar (vgl. auch , BFHE 194, 320, BStBl II 2001, 468, mit zustimmender Anmerkung von Berg/Striegel, GmbHR 2001, 736; BFH-Beschlüsse vom I B 213/02, BFH/NV 2003, 1536; vom I B 71 und 72/03, BFH/NV 2004, 915).

Die Treugeber waren nach den Ziff. 3 und 5 der Treuhandverträge verpflichtet, die auf die für sie treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile entfallenden Stammeinlagen einzuzahlen und insoweit den Treuhänder (Kläger) vollständig zu entlasten bzw. von sämtlichen Verbindlichkeiten freizustellen, die sich aus der nur treuhänderischen Inhaberstellung des Klägers ergaben.

Tatsächlich hat jedoch der Kläger entsprechend der gesellschaftsvertraglichen Bestimmung bis zur Anmeldung der GmbH zum Handelsregister 50 % (= 22 500 DM) der vollständig in bar zu leistenden Stammeinlage —unstreitig— erbracht. Hingegen haben die Treugeber —ebenfalls unstreitig— ihre Beiträge von jeweils 15 000 DM erst im Mai 1990 und sodann direkt an die GmbH überwiesen, also ca. erst ein Jahr nach Abschluss der Treuhandvereinbarungen.

Zu Recht hat das FG dieses Abweichen von den Treuhandvereinbarungen als einen nicht lediglich unbedeutenden, sondern als einen so gewichtigen Umstand gewertet, der hinreichend gegen die Ernsthaftigkeit und die tatsächliche Durchführung der Treuhandvereinbarungen spricht, um den Treuhandvereinbarungen insgesamt die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen.

Diese vom FG als Tatsacheninstanz getroffenen Feststellungen und die darauf beruhende, jedenfalls vertretbare Beweiswürdigung des FG ist mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindend (BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1819).

Soweit die Kläger nunmehr geltend machen, es handele sich bei den Treuhandverträgen um der Vertragsfreiheit unterliegende Schuldverhältnisse, die mangels ausdrücklich vereinbarter Schriftform jederzeit auch mündlich hätten abgeändert werden können und da zu den zunächst vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkten kein Geldbedarf der GmbH vorhanden gewesen sei, wäre es unsinnig gewesen, „stur” an diesen Fälligkeiten festzuhalten, handelt es sich —mangels durchgreifender ordnungsgemäßer Verfahrensrügen (§ 120 Abs. 3 Nr. 2b FGO)— um grundsätzlich im Revisionsverfahren unbeachtliches neues Vorbringen (, BFHE 185, 40, BStBl II 1998, 343, 345, m.w.N.; vom I R 52/03, BFHE 209, 5, BStBl II 2005, 514).

Überdies haben die Kläger auch insoweit keine Tatsachen schlüssig vorgetragen, sondern aufbauend auf rechtlichen Erwägungen allenfalls inzident eine nicht näher konkretisierte mündliche Abänderung der privatschriftlichen Treuhandvereinbarungen behauptet. Warum einerseits zwar der Kläger vertragskonform seine hälftige Stammeinlage erbracht hat, andererseits die Treugeber, mangels eines angeblich nicht bestehenden Geldbedarfs der GmbH über ein Jahr lang überhaupt keine Zahlung geleistet haben, erschließt sich nicht.

2. Sind die Treuhandvereinbarungen mangels Durchführung steuerrechtlich nicht anzuerkennen, so scheitert ihre steuerrechtliche Berücksichtigung ebenso im Rahmen der Prüfung des § 41 Abs. 1 AO.

a) Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO ist die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen.

b) Der Senat hat das Verhältnis von § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zu § 41 Abs. 1 AO für den Fall formunwirksamer Erwerbsgeschäfte geklärt (vgl. dazu , BFHE 205, 204, BStBl II 2004, 651, m.umf.N.; vom VIII R 28/02, BFHE 205, 426, BStBl II 2005, 46; ferner in BFH/NV 2006, 1819; Sommer/Menzel, GmbHR 2003, 917, 920, m.w.N.) und mehrfach anerkannt, dass die zivilrechtliche Formunwirksamkeit von Verträgen nach Maßgabe des § 41 Abs. 1 AO der im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 1 und 2 EStG zumindest erforderlichen Annahme wirtschaftlichen Eigentums an einem GmbH-Geschäftsanteil nicht entgegenstehen müsse und dies auch im Verhältnis zu § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO gelte. Beide Vorschriften seien Ausdruck der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Für formunwirksame (Kauf-)Verträge zwischen Fremden über einen Geschäftsanteil an einer GmbH bedeute dies, dass das wirtschaftliche Eigentum übergehe, wenn in dem Vertrag das Gewinnbezugsrecht übertragen, das Stimmrecht eingeräumt oder eine Stimmrechtsbindung des zivilrechtlichen Gesellschafters an die Interessen des Erwerbers vereinbart und wenn die getroffenen Vereinbarungen und die formwirksame Abtretung in der Folgezeit tatsächlich vollzogen worden seien.

Allerdings brauchte der Senat nicht zu der möglicherweise im Streitfall vorliegenden Form einer auf eine Vollrechtsübertragung ausgerichteten Vereinbarungstreuhand Stellung zu nehmen, bei welcher der Treugeber nicht selbst das Gewinnbezugsrecht und das Stimmrecht gegenüber der GmbH ausübt.

Es ist —ohne dass es allerdings im Streitfall einer abschließenden Entscheidung bedarf— kein sachlicher Grund ersichtlich, dass nach den normativen Aussagen des § 41 Abs. 1 AO in diesem Fall, in dem die Beteiligten einen Inhaberwechsel beabsichtigt und ihn auch beibehalten haben, nicht in gleicher Weise unter den in den vorgenannten Urteilen bezeichneten Voraussetzungen § 41 Abs. 1 Satz 1 AO anzuwenden ist (vgl. auch P. Fischer in jurisPR-SteuerR 9/2004 Anm. 1, unter C.3.).

c) Die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 AO sind indes im Streitfall gleichfalls nicht erfüllt.

Zwar hat das FG hinsichtlich der getroffenen Vereinbarungen (Ziff. 4 und 6 der Treuhandvereinbarungen) zum Stimmrecht und Gewinnbezugsrecht, insbesondere deren tatsächlicher Vollziehung keine näheren Feststellungen getroffen. Dessen bedurfte es vorliegend aber auch nicht. Denn weder sind die Treuhandvereinbarungen —wie unter Ziff. II.1.c der Entscheidungsgründe ausgeführt— tatsächlich vereinbarungsgemäß durchgeführt worden noch ist —für den Fall einer Vereinbarungstreuhand— nachträglich eine formwirksame Vereinbarung nachgeholt worden.

3. a) Waren die Geschäftsanteile indes G und S steuerrechtlich auch nicht als wirtschaftlichen Inhabern zuzurechnen, so standen sie mithin von Anfang an durchgehend sowohl zivilrechtlich als auch wirtschaftlich ausschließlich dem Kläger zu. Er konnte sie mithin auch nicht mit der Folge zurückerwerben, dass ihm aus diesem Vorgang im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG steuerrechtlich beachtliche Anschaffungskosten (zum Begriff vgl. , BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101; vom I R 96/02, BFHE 208, 197, m.w.N.) erwachsen wären.

Zwar legt der Senat (vgl. , BFHE 197, 483, BStBl II 2002, 733, m.w.N.) im Rahmen der besonderen stichtagsbezogenen Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG einen „normspezifischen” und dem objektiven Nettoprinzip Rechnung tragenden erweiternden Anschaffungskostenbegriff zugrunde. Indes sind dem Kläger mangels einer steuerrechtlich beachtlichen zwischenzeitlichen abweichenden Zurechnung der „zurückerworbenen” Geschäftsanteile weder —wie bereits ausgeführt— in diesem Sinne Anschaffungskosten noch sog. nachträgliche Anschaffungskosten unter dem Aspekt von eigenkapitalersetzenden Maßnahmen entstanden.

b) Finanzierungskosten einer im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Beteiligung sind nicht den Anschaffungskosten zuzurechnen, sondern als laufende Werbungskosten im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu behandeln (vgl. , BStBl II 2007, 699). Fehlt es indes an steuerlich anzuerkennenden Anschaffungskosten, so haben auch die zur Refinanzierung derartiger Aufwendungen aufgenommenen Darlehen nicht zur Erzielung von Einnahmen im Rahmen des § 20 EStG gedient. Die für die Darlehen angefallenen Schuldzinsen haben das FA und ihm folgend das FG deshalb zu Recht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen zugelassen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 745 Nr. 5
DStRE 2008 S. 1028 Nr. 16
EStB 2008 S. 169 Nr. 5
GmbH-StB 2008 S. 127 Nr. 5
GmbHR 2008 S. 558 Nr. 10
HFR 2008 S. 672 Nr. 7
KÖSDI 2008 S. 15929 Nr. 3
KÖSDI 2008 S. 15965 Nr. 4
NWB-Eilnachricht Nr. 32/2008 S. 3
WAAAC-75287