BFH Beschluss v. - X B 218/06

Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht

Gesetze: EStG § 2, EStG § 4 Abs. 4

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) vorgetragenen Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—) liegen jedenfalls nicht vor.

1. Das angefochtene Urteil weicht nicht i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab.

Der Kläger macht geltend, nach den BFH-Urteilen vom VI R 48/80 (BFHE 135, 509, BStBl II 1982, 498), vom VI R 15/81 (BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200) und vom VI R 114/88 (BFHE 165, 374, BStBl II 1992, 105) sei der von der Finanzverwaltung vorgesehene Pauschbetrag für auf Dienstreisen entstandene Kfz-Kosten von den Finanzgerichten (FG) zu beachten. Nur bei einer jährlichen Fahrleistung von mindestens 40 000 km könnten die FG prüfen, ob die Anwendung der Pauschbeträge zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führe und deshalb nur die tatsächlich entstandenen Kosten anzusetzen seien. Hiervon weiche das FG in dem angefochtenen Urteil jedenfalls insoweit ab, als es den Pauschbetrag von 0,52 DM je gefahrenem km (Abschn. 38 Abs. 2 Satz 2 der Lohnsteuer-RichtlinienLStR— in der in den Streitjahren 1996 bis 1998 geltenden Fassung) auch bei dem Fahrzeug nicht berücksichtigt habe, dessen Fahrleistung in den Streitjahren jeweils weniger als 40 000 km betragen habe.

Eine Abweichung von den genannten BFH-Urteilen liegt nicht vor. Der BFH macht in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. bereits Urteil vom VI 101/62 U, BFHE 77, 290, BStBl III 1963, 425; vgl. auch Urteil vom VI R 44/03, BFHE 212, 571, BStBl II 2006, 567 zur Abgrenzung von gesetzlich vorgesehenen Pauschalen) die Anwendung des in den LStR vorgesehenen Pauschbetrags generell davon abhängig, dass hierdurch im Einzelfall keine offensichtlich unzutreffende Besteuerung bewirkt wird. Soweit der BFH in dem Urteil in BFHE 165, 374, BStBl II 1992, 105 bei Fahrzeugen mit einer hohen Fahrleistung eine Ermittlung der tatsächlich entstandenen Kosten verlangt, weicht er nicht von der bisherigen Rechtsprechung ab, sondern wendet er diese Rechtsprechungsgrundsätze auf eine bestimmte Fallgruppe von Fahrzeugen typisierend an. Auch die LStR stellen die Anwendung pauschaler Kilometersätze unter den generellen Vorbehalt, dass hierdurch im Einzelfall keine unzutreffende Besteuerung eintritt. Fahrzeuge mit hoher Fahrleistung werden in diesem Zusammenhang lediglich beispielhaft genannt (vgl. Abschn. 38 Abs. 2 Sätze 7 f. LStR).

2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Es kann dahinstehen, ob der Kläger diesen Zulassungsgrund in ausreichender Weise dargelegt hat. Die Rechtsprechung verlangt in diesem Zusammenhang ausführliche Darlegungen unter Heranziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung, welche aufzeigen, dass die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage zweifelhaft und strittig ist und im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6.  Aufl., § 116 Rz 31 ff., unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BFH). Jedenfalls ist die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig.

Der Kläger wirft die Frage auf, ob jemand mit Gewinnerzielungsabsicht handelt, wenn er lediglich Einnahmen in Höhe der steuerlichen Pauschbeträge erzielt. Insoweit ist zwar anerkannt, dass keine Einkunftserzielungsabsicht besteht, wenn der Steuerpflichtige lediglich den Ersatz seiner Aufwendungen anstrebt (, BFHE 188, 17, BStBl II 1999, 366). Es versteht sich indessen von selbst, dass hierbei jedenfalls dann an die dem Steuerpflichtigen tatsächlich entstandenen Kosten anzuknüpfen ist, wenn die Berücksichtigung von Aufwendungen in Höhe eines von der Finanzverwaltung grundsätzlich zugelassenen Pauschbetrags im konkreten Einzelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde. Hiervon geht die Rechtsprechung auch in anderem Zusammenhang aus (vgl. , BFHE 203, 459, BStBl II 2004, 129, zur Problematik von nach § 3 Nr. 50 des Einkommensteuergesetzes pauschaler Kostenerstattung). Es ist nicht zweifelhaft, dass im vorliegenden Streitfall eine Anwendung des Pauschbetrags von 0,52 DM je gefahrenem km eine unzutreffende Besteuerung bewirken würde. Der Kläger hätte dann aus der hier zu beurteilenden Tätigkeit keinen Ertrag erzielt. Bei Ansatz der dem Kläger tatsächlich entstandenen Aufwendungen, die das FG geschätzt hat (siehe hierzu unten 3.), ergeben sich hingegen Gewinne in erheblicher Höhe.

3. Der Vortrag, das FG habe seine Aufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt, weshalb das Urteil auf einem Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) beruhe, ist nicht schlüssig erhoben. Denn der schlüssige Vortrag eines solchen Verfahrensfehlers setzt voraus, dass dargelegt wird, das FG habe zu Unrecht einen Beweisantrag abgelehnt bzw. aus welchen Gründen sich dem FG auch ohne entsprechenden Beweisantritt eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 20/06, juris).

Der Kläger behauptet selbst nicht, er habe zur Höhe der ihm tatsächlich entstandenen Fahrtkosten einen Beweisantrag gestellt. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem FG am , an der neben dem Kläger auch dessen damaliger rechtskundiger Vertreter teilnahm, wurde auch tatsächlich kein entsprechender Beweisantrag gestellt. Der Kläger schildert auch keinen Sachverhalt, der aufzeigt, dass sich dem FG hätte aufdrängen müssen, von Amts wegen weitere Ermittlungen zur Höhe der Fahrtkosten anzustellen. Hierbei ist bereits im Ausgangspunkt der Grundsatz zu berücksichtigen, wonach sich die dem FG obliegende Sachaufklärungspflicht verringert, wenn ein Beteiligter, zu dessen Gunsten sich das Ergebnis der Sachaufklärung auswirken könnte, trotz Aufforderung seiner zumutbaren Mitwirkungspflicht nicht nachkommt (Senatsbeschluss vom X B 143/06, juris).

Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung hat der Kläger dort erklärt, er gebe zu den Kosten der Fahrzeuge insgesamt keine Erklärungen ab. Es seien die Kosten anzusetzen, die in den schriftlichen Gutachten jeweils ermittelt worden seien, welche er dem FG vorgelegt habe. Damit hat der Kläger es insbesondere unterlassen, nähere Angaben zu den ihm konkret entstandenen Kosten für Bereifung, Wartung und Pflege zu machen. Dass er hierzu in der Lage war, zeigt seine Beschwerdebegründung, in welcher er sich detailliert mit diesen Kosten befasst. Hätte er diese Punkte spätestens in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, hätte sich das FG damit befassen können. Das FG hat überdies die dem Kläger entstandenen Kosten auch nicht frei geschätzt. Vielmehr hat es an die vom Kläger vorgelegten Gutachten angeknüpft. Soweit es im Rahmen seiner Schätzung hiervon abgewichen ist, hat das FG dies in seinem Urteil eingehend begründet.

4. Das Urteil ist auch nicht wegen Vorliegens eines erheblichen Rechtsfehlers gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen. Dieser Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht stets dann vor, wenn das angefochtene Urteil in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Mängel aufzeigt. Vielmehr muss eine Entscheidung vorliegen, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist oder die auf sachfremden Erwägungen beruht (, juris).

Dass diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen, hat der Kläger nicht dargelegt. Soweit der Kläger geltend macht, die vom FG geschätzten variablen Kosten seien deutlich zu niedrig angesetzt, berücksichtigt er nicht die ausführlichen Darlegungen des FG. Dieses hat ausgeführt, beim Kläger seien variable Kosten für Reifen-, Reparatur-, Wartungs- und Pflegekosten nicht in der üblichen Höhe angefallen, weil der Kläger in der Lage gewesen sei, solche Arbeiten selbst oder günstiger als andere Steuerpflichtige zu beheben (S. 17 f. des Urteils). Zudem hatte es der Kläger in der Hand gehabt, zu diesen Aufwendungen vor dem FG Stellung zu nehmen.

Soweit der Kläger beanstandet, die in der Tabelle auf S. 18 des Urteils ausgewiesenen Aufwendungen seien in der Gewinnberechung auf S. 21 unzutreffend wiedergegeben, trifft dies nicht zu. Denn die in der Tabelle im Einzelnen ausgewiesenen Aufwendungen für Reifen, Öl und Sonstiges sind in der Gewinnberechnung lediglich im Abschnitt „Sonstiges” zusammengefasst.

Soweit der Kläger schließlich rügt, das FG habe die Restnutzungsdauer der drei klägerischen Fahrzeuge einheitlich mit vier Jahren angesetzt, obwohl die Fahrleistung der jeweiligen Fahrzeuge unterschiedlich hoch gewesen sei, zeigt er keine greifbare Gesetzeswidrigkeit des angefochten Urteils auf. Denn nach der Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass der Wertverlust eines Kfz nach Ablauf einer achtjährigen Nutzungsdauer in den Folgejahren nur noch ein geringes Ausmaß hat (, BFH/NV 1992, 300). Nach den vom FG getroffenen Feststellungen wurden die Fahrzeuge in den Jahren 1976, 1984 und 1988 gebaut. Sie waren daher bereits vor Beginn des ersten Streitjahrs älter als acht Jahre. Angesichts dessen begründet der Umstand, dass das FG einheitlich von einer Restnutzungsdauer von vier Jahren ausgegangen ist, jedenfalls keinen Fehler von erheblichem Gewicht.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2007 S. 2273 Nr. 12
MAAAC-60511