BGH Urteil v. - I ZR 118/04

Leitsatz

[1] Einer zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung steht ein Einwand i.S. von Nr. 19 ADSp nicht entgegen, wenn die geltend gemachten Einwendungen ohne weiteres unbegründet sind und daher eine sofortige Entscheidung über den Aufrechnungseinwand zulassen.

Die Klausel in Nr. 27.2 ADSp ist im Verhältnis zu der Klausel in Nr. 27.1 ADSp die speziellere Regelung. Sie gilt nicht nur, wenn sich der Anspruch aus §§ 425 ff., 461 Abs. 1 HGB ergibt, sondern auch dann, wenn der Anspruch zumindest durch diese Vorschriften näher ausgestaltet ist, etwa durch § 433 HGB.

Die Berufung auf ein wirksam vereinbartes Aufrechnungsverbot (hier: Nr. 19 ADSp 1999) ist nicht schlechthin als nach § 242 BGB treuwidrig anzusehen, wenn die zur Aufrechnung gestellte Forderung verjährt und eine Befriedigung des Schuldners daher nur noch durch Aufrechnung möglich ist. Maßgeblich sind vielmehr die jeweiligen Umstände des Einzelfalls.

Gesetze: BGB § 242 Cb; ADSp (Fassung 1999) Nr. 19; ADSp (Fassung 1999) Nr. 27

Instanzenzug: LG Düsseldorf 37 O 187/02 vom OLG Düsseldorf I-18 U 225/03 vom

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Speditionsunternehmen und steht mit der Beklagten in laufender Geschäftsbeziehung. Sie macht mit ihrer Klage restliche Vergütungsansprüche für in den Monaten September und Oktober 2001 erbrachte Transportleistungen in Höhe von insgesamt 18.872,40 € geltend. Die Parteien streiten allein darüber, ob die Klageforderung durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung der Beklagten in gleicher Höhe erloschen ist. Die Klägerin ist der Aufrechnung unter Berufung auf das Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp (im Weiteren: ADSp) entgegengetreten. Der zur Aufrechnung gestellten Forderung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte beauftragte die Klägerin am zu festen Kosten mit der Beförderung einer Warensendung zur Dr. S. AG (im Weiteren: Dr. S.-AG) in Ulm. Die Dr. S.-AG hatte die Ware von der S. P. P. (im Weiteren: SPP) gekauft, die die Ware ihrerseits von der Beklagten erworben hatte. Die Beklagte erteilte der Klägerin die Weisung, die Ablieferung der Ware bei der Dr. S.-AG nur gegen Einziehung eines Verrechnungsschecks über 18.872,40 € vorzunehmen. Der Scheck sollte anschließend von der Klägerin an die Beklagte weitergeleitet werden. Obwohl die Klägerin das von ihr mit dem Transport beauftragte Unternehmen N. entsprechend angewiesen hatte, leitete deren Fahrer den bei Ablieferung der Ware erhaltenen Scheck nicht an die Klägerin, sondern an die SPP weiter, die in dem Scheck als Zahlungsempfängerin angegeben war. Der Scheck wurde nicht eingelöst. Er ging entweder auf dem Postweg oder bei der SPP verloren. Etwa vier Monate nach Ablieferung der Ware ließ die Dr. S.-AG den Scheck sperren. Über das Vermögen der Dr. S.-AG wurde am das Insolvenzverfahren eröffnet.

Die Beklagte hat behauptet, sie hätte den Scheck, der gedeckt gewesen sei, bei einer vertragsgemäßen Weiterleitung an sie sofort eingelöst. Dadurch wäre ihr Kaufpreisanspruch gegen die SPP erfüllt worden, weil sie sich in Absprache mit der SPP aus dem Scheck habe befriedigen dürfen. Eine Realisierung ihrer Forderung gegen die mittlerweile aufgelöste SPP sei jetzt nicht mehr möglich. Es sei ihr daher durch die Vertragsverletzung der Klägerin ein Schaden in Höhe der Klageforderung entstanden. Das Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp greife nicht ein, da ihre zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung entscheidungsreif sei. Zudem habe die Klägerin sie wider Treu und Glauben daran gehindert, ihren Schadensersatzanspruch innerhalb der Verjährungsfrist geltend zu machen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 18.872,40 € nebst Zinsen verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten erklärte Aufrechnung nicht durchgreifen lassen. Dazu hat es ausgeführt:

Die Beklagte habe zwar einen eigenen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin aus positiver Verletzung des Speditionsvertrags schlüssig dargelegt. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung scheitere aber an dem wirksam in den Speditionsvertrag einbezogenen Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp. Dessen Voraussetzungen seien erfüllt, insbesondere sei die zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung nicht entscheidungsreif. Das Aufrechnungsverbot sei auch nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass es nicht eingreife, wenn der Spediteur den Schaden vorsätzlich oder zumindest leichtfertig herbeigeführt habe. Die gegenteilige Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs zu § 32 ADSp a.F. i.V. mit § 51 lit. b Satz 2 ADSp a.F. sei auf Nr. 19 ADSp nicht übertragbar. Zwar habe der von der Klägerin eingesetzte Unterfrachtführer zumindest leichtfertig gehandelt. Die Regelung in Nr. 27 ADSp, wonach die Haftungsbefreiungen und -begrenzungen in den ADSp nicht bei einem qualifizierten Verschulden des Spediteurs oder seiner leitenden Angestellten bzw. der in §§ 428, 462 HGB genannten Personen zum Tragen kämen, greife aber nicht ein, weil das Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp keine haftungsbeschränkende Regelung darstelle. Ein Aufrechnungsverbot, das nach seinem Wortlaut auch vorsätzliche oder leichtfertig verursachte Schadensersatzansprüche umfasse, verstoße nicht gegen § 9 AGBG. Der Klägerin sei es auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf das Aufrechnungsverbot zu berufen. Das bloße Schweigen der Klägerin auf die außergerichtlich erklärte Aufrechnung der Beklagten habe keinen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass die Klägerin die Gegenforderung der Beklagten akzeptiere.

II. Die Revision hat keinen Erfolg. Die unstreitige Klageforderung ist nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass einer wirksamen Aufrechnung das Aufrechnungsverbot in Nr. 19 ADSp entgegensteht.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die ADSp in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung vom durch den ausdrücklichen Hinweis auf dem Briefkopf der Klägerin, dass sie ausschließlich auf der Grundlage der ADSp n.F. arbeite, wirksam vereinbart worden sind. Die Revision erhebt dagegen auch keine Einwendungen.

2. Die Voraussetzungen des Aufrechnungsverbots gemäß Nr. 19 ADSp, gegen dessen Wirksamkeit keine Bedenken bestehen (vgl. , TranspR 2006, 359, 361 = NJW-RR 2006, 1350 unter Bezugnahme auf , TranspR 1999, 347, 348 = NJW 1999, 3629 m.w.N. zu § 32 ADSp i.d.F. v. ), liegen vor. Danach ist eine Aufrechnung nur mit fälligen Gegenansprüchen zulässig, denen ein Einwand nicht entgegensteht. Die Regelung soll ebenso wie die inhaltlich im Wesentlichen gleichlautende Bestimmung des § 32 ADSp a.F. verhindern, dass die Durchsetzung der Ansprüche des Spediteurs oder des Auftraggebers durch Aufrechnung mit Gegenforderungen verzögert wird, die nach Grund und Höhe streitig sind und der Aufklärung bedürfen (, TranspR 1987, 287, 288 = NJW-RR 1987, 883; BGH TranspR 1999, 347, 348 zu § 32 ADSp a.F.; Gass in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, Nr. 19 ADSp Rdn. 1; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Nr. 19 ADSp Rdn. 3).

Ein Einwand steht der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung nicht entgegen, wenn die geltend gemachten Einwendungen - im weitesten Sinne - ohne weiteres unbegründet sind und daher eine sofortige Entscheidung über den Aufrechnungseinwand zulassen (BGHZ 12, 136, 143; BGH TranspR 1999, 347, 348). Dies ist entgegen der Ansicht der Revision hier aber nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass die zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforderung der Beklagten streitig ist und über ihr Bestehen nicht ohne Beweisaufnahme entschieden werden kann (vgl. auch , TranspR 1991, 308, 310 = VersR 1991, 1080).

Zwischen den Parteien ist allerdings unstreitig, dass der Unterfrachtführer der Klägerin - was ihr über § 278 BGB zuzurechnen ist (vgl. dazu Koller aaO § 428 HGB Rdn. 2 m.w.N.) - die im Speditionsvertrag vereinbarte Nebenpflicht, den Verrechnungsscheck über die Klägerin an die Beklagte weiterzuleiten, schuldhaft verletzt hat. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist diese Pflichtverletzung für den behaupteten Schaden auch kausal geworden. Der Umstand, dass der Scheck entweder bei der SPP oder auf dem Postweg verlorengegangen ist, hat zu keiner Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs geführt. Bei einem vertragsgemäßen Verhalten der Klägerin wäre der Scheck nicht zur SPP gelangt, so dass sich die Frage nach einer hypothetischen Schadensursache insoweit nicht stellt. Die bloße Möglichkeit, dass der Scheck auch auf dem Postweg zur Klägerin oder zur Beklagten hätte verlorengehen können, reicht für eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs nicht aus (vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., Vorbem. vor § 249 Rdn. 101, 107 m.w.N.).

Die Beantwortung der Frage, ob der Beklagten durch die von der Klägerin zu vertretende Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist, hängt jedoch von dem umstrittenen und unter Zeugenbeweis gestellten Sachvortrag der Beklagten ab, dass der Scheck von der bezogenen Bank tatsächlich eingelöst worden wäre. Desweiteren ist zwischen den Parteien streitig, ob die Beklagte dadurch gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen hat, dass sie ihren weiterhin bestehenden Kaufpreisanspruch gegen die SPP nicht geltend gemacht hat. Zwar stand der Geltendmachung dieses Anspruchs zunächst die Einrede der Scheckhingabe entgegen (vgl. dazu , NJW 1996, 1961; Urt. v. - VIII ZR 99/99, NJW 2000, 3344, 3345). Da die Dr. S.-AG den Scheck jedoch etwa vier Monate nach Ablieferung der Ware hat sperren lassen, ist die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme der SPP jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Widerrufs des Schecks weggefallen. Auch insoweit bedarf der Sachverhalt daher noch der Klärung. Eine sofortige Entscheidung über die Aufrechnungsforderung ist deshalb nicht möglich.

3. Die vom Berufungsgericht im Anschluss an das Senatsurteil vom (I ZR 172/94, TranspR 1998, 75, 76 = NJW-RR 1997, 926) aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp auch dann gilt, wenn der Gegenanspruch auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen bzw. leichtfertigen Vertragsverletzung des Spediteurs beruht, stellt sich im vorliegenden Fall nicht.

a) Es kann offenbleiben, ob das Aufrechnungsverbot in Nr. 19 ADSp als Haftungsbegrenzung im Sinne der Nr. 27 ADSp anzusehen ist, weil der Schaden der Beklagten nicht durch ein qualifiziertes Verschulden verursacht worden ist.

aa) Im Streitfall ist auf die im Verhältnis zu Nr. 27.1 ADSp speziellere Regelung in Nr. 27.2 ADSp abzustellen (vgl. Koller aaO Nr. 27 ADSp Rdn. 8). Diese ist nicht nur dort heranzuziehen, wo sich der Anspruch aus den §§ 425 ff., 461 Abs. 1 HGB ergibt, sondern auch dann, wenn er zumindest durch diese Vorschriften näher ausgestaltet ist, etwa durch § 433 HGB (Koller aaO Nr. 27 ADSp Rdn. 8; Temme in: Knorre/Temme/Müller/Schmid/Demuth, Praxishandbuch Transportrecht, G. II Rdn. 192).

Der Verstoß gegen die einer Nachnahmeabrede ähnliche Weisung, den Scheck einzuziehen und über die Klägerin an die Beklagte weiterzuleiten, stellt sich als Verletzung einer zumindest beförderungsnahen Nebenpflicht dar, die unter § 433 HGB fällt (vgl. Gass in: Ebenroth/Boujong/Joost aaO § 433 Rdn. 7; MünchKomm.HGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Dubischar, § 433 Rdn.4).

bb) Die Revisionserwiderung macht mit Recht geltend, dass die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen seine Beurteilung nicht tragen, der Unterfrachtführer habe "zumindest leichtfertig" gegen die vertragliche Nebenpflicht verstoßen, den von der Dr. S.-AG erhaltenen Scheck über die Klägerin an die Beklagte weiterzuleiten. Das Berufungsgericht hat den Rechtsbegriff der Leichtfertigkeit verkannt, was der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (BGHZ 149, 337, 345; 158, 322, 327 m.w.N.). Der Senat kann auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und des unstreitigen Sachverhalts selbst entscheiden, dass dem Unterfrachtführer lediglich eine leicht fahrlässige Nebenpflichtverletzung anzulasten ist. Weitere Feststellungen des Berufungsgerichts sind nicht zu erwarten.

(1) Das Berufungsgericht hat seine Annahme, der Unterfrachtführer habe "zumindest leichtfertig" gehandelt, allein darauf gestützt, dass dieser den Scheck entgegen der vertraglichen Vereinbarung nicht über die Klägerin an die Beklagte, sondern an die SPP geschickt hat. Die Tatsache einer Vertragsverletzung begründet für sich genommen noch nicht einmal den Vorwurf eines schuldhaften Handelns. Noch weniger besagt dieser Umstand etwas über den Grad eines Verschuldens. Die Frage, ob ein Verhalten den Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens rechtfertigt, kann nur unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden (BGH TranspR 1998, 75, 77).

(2) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Verrechnungsscheck auf die SPP ausgestellt. Diese war auch in der Versandliste als Versenderin aufgeführt. Der Fahrer des Unterfrachtführers hat einen Teil der vertraglichen Vereinbarung, nämlich die Auslieferung der Ware gegen Erhalt eines Verrechnungsschecks über eine bestimmte Summe, ordnungsgemäß erfüllt. Lediglich die Weiterleitung des Schecks erfolgte nicht pflichtgemäß.

(3) Eine bewusst leichtfertige Vertragsverletzung des Unterfrachtführers kann den vom Berufungsgericht festgestellten tatsächlichen Umständen nicht entnommen werden.

Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Spediteur oder seine Leute (§ 428 HGB) in krasser Weise über die Interessen der Vertragspartner hinwegsetzen (BGHZ 158, 322, 328; , TranspR 2004, 399, 401 = VersR 2004, 570). Hinzukommen muss das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.

Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen liegt schon objektiv keine Leichtfertigkeit des von der Klägerin beauftragten Unterfrachtführers vor. Insbesondere der Umstand, dass der Unterfrachtführer den Scheck demjenigen zugeleitet hat, der im Scheck als Zahlungsempfänger genannt ist, spricht deutlich gegen einen besonders schweren Pflichtenverstoß. Es kann daher nur von einer der Klägerin zurechenbaren leichten Fahrlässigkeit des Unterfrachtführers ausgegangen werden.

b) Ein Zurücktreten des Aufrechnungsverbots gemäß § 242 BGB kommt nur bei vorsätzlichen Vertragsverletzungen in Betracht (vgl. , NJW 1966, 1452; Urt. v. - VIII ZR 252/75, WM 1977, 311, 312; Urt. v. - III ZR 90/83, WM 1985, 866, 868; Palandt/Grüneberg aaO § 387 Rdn. 17; Staudinger/Gursky, BGB [2000], § 387 Rdn. 248). Dafür bestehen - wie dargelegt - jedoch keine Anhaltspunkte.

4. Die Berufung der Klägerin auf das Aufrechnungsverbot stellt sich entgegen der Auffassung der Revision auch dann nicht als treuwidrig dar, wenn die Schadensersatzforderung der Beklagten inzwischen verjährt sein sollte.

a) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob und wann der zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzanspruch der Beklagten verjährt ist. Für die Revisionsinstanz ist daher zugunsten der Beklagten vom Eintritt der Verjährung auszugehen.

b) Gemäß Nr. 19 ADSp wird die Aufrechnung nur allgemein für einwendungsbehaftete Gegenansprüche ausgeschlossen, ohne den Fall der Aufrechnung mit einer verjährten Gegenforderung besonders in den Blick zu nehmen. Solche Klauseln sind grundsätzlich als wirksam anzusehen. Die Berufung auf das Aufrechnungsverbot im Falle des Vorliegens einer verjährten Forderung kann aber nach § 242 BGB unzulässig sein (vgl. Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., § 11 Nr. 3 Rdn. 14; Staudinger/Coester-Waltjen, BGB [2006], § 309 Nr. 3 Rdn. 2).

Die Frage, ob ein wirksames Aufrechnungsverbot nach Treu und Glauben zurücktreten muss, wenn die zur Aufrechnung gestellte Forderung verjährt und eine Befriedigung des Schuldners daher nur noch durch Aufrechnung möglich ist, ist umstritten (bejahend: OLG Hamm NJW-RR 1993, 1082 f.; Staudinger/Peters, BGB [2004], § 215 Rdn. 4; Staudinger/Coester-Waltjen aaO § 309 Nr. 3 Rdn. 2; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher aaO § 11 Nr. 3 Rdn. 14; Hensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 3 BGB Rdn. 7; verneinend: OLG Karlsruhe OLG-Rep 2001, 125; jurisPK-BGB/Lapp, 2. Aufl., § 309 Rdn. 30; Becker in Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 3 Rdn. 13). Die Berufung auf ein Aufrechnungsverbot trotz Verjährung der zur Aufrechnung gestellten Forderung kann nicht schlechthin als treuwidrig angesehen werden. Jedenfalls unter den im Streitfall gegebenen Umständen verstößt die Berufung der Klägerin auf das Aufrechnungsverbot nicht gegen § 242 BGB.

aa) Die Beklagte könnte ohne das Bestehen des Aufrechnungsverbots nach § 390 Satz 2 BGB a.F. i.V. mit Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB zwar mit ihrer verjährten Forderung aufrechnen, weil sich die Klageforderung und die von der Beklagten geltend gemachte Gegenforderung im Oktober 2001 - und damit in unverjährter Zeit - erstmals aufrechenbar gegenübergestanden haben. Jedoch besteht kein schützenswertes Interesse der Beklagten am Erhalt der einmal entstandenen Aufrechnungsbefugnis und kein berechtigtes Vertrauen auf deren Fortbestand, wie es der Vorschrift des § 390 Satz 2 BGB a.F. zugrunde liegt. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts standen beide Parteien, bei denen es sich um Kaufleute handelt, in laufender Geschäftsbeziehung auf der Grundlage der ADSp. Der Beklagten war daher schon bei Entstehung der Aufrechnungslage bekannt, dass sie sich nicht durch Aufrechnung mit einer von der Klägerin bestrittenen Forderung würde befriedigen können.

bb) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe den unstreitigen Vortrag der Beklagten nicht beachtet, dass die Klägerin im Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung Abzugspositionen der Beklagten akzeptiert habe, woraus sich eine Pflicht der Klägerin ergeben habe, der erklärten Aufrechnung zeitnah zu widersprechen. Dem Vortrag der Beklagten, auf den sich die Revision in diesem Zusammenhang stützt, kann nicht entnommen werden, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehung zur Beklagten die außergerichtliche Aufrechnung gerade mit streitigen Gegenforderungen der Beklagten geduldet hat. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, dass die Klägerin auf die außergerichtliche Aufrechnung der Beklagten vom nicht reagiert habe. Dadurch wurde, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, unter den gegebenen Umständen kein Vertrauenstatbestand geschaffen. Die Klägerin ist dem Sachvortrag der Beklagten zudem unter Berufung auf ihr Schreiben vom entgegengetreten. Darin hat sie die Beklagte wegen der Scheckforderung auf den Klageweg gegen ihren Vertragspartner verwiesen. Aus diesem Schreiben hat sich für die Beklagte schon in unverjährter Zeit mit hinreichender Deutlichkeit ergeben, dass sie nicht damit rechnen konnte, die Klägerin würde eine gegen sie wegen des abhanden gekommenen Schecks erhobene Schadensersatzforderung nicht bestreiten und erfüllen. Die Verjährung der Schadensersatzforderung der Beklagten beruht daher auf ihrer eigenen Untätigkeit. Unter diesen Umständen ist es nicht treuwidrig, dass sich die Klägerin auf das Aufrechnungsverbot gemäß Nr. 19 ADSp beruft.

III. Die Revision der Beklagten ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Fundstelle(n):
PAAAC-53071

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja