BGH Urteil v. - XI ZR 338/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 134; BGB §§ 171 ff.; BGB §§ 172 ff.; BGB § 172 Abs. 1; BGB § 780; MaBV § 3 Abs. 2 Satz 1; MaBV § 12; ZPO § 767; ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5; RBerG § 1; AGBG § 3; AGBG § 5; AGBG § 9

Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth 10 O 8245/01 vom OLG Nürnberg 12 U 1326/02 vom

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Zwangsvollstreckung der beklagten Bank aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde, soweit sie daraus persönlich in Anspruch genommen werden. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Kläger wurden im Jahre 1993 von einem Vermittler geworben, zum Zwecke der Vermögensbildung und der Steuerersparnis eine Eigentumswohnung in einer Studenten-Appartement-Anlage in B. zu erwerben. Am unterbreiteten sie der C. gesellschaft mbH (im Folgenden: Geschäftsbesorgerin) ein notarielles Angebot zum Abschluss eines umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrages zum Erwerb der Eigentumswohnung. Zugleich erteilten sie der Geschäftsbesorgerin, die über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht verfügte, eine umfassende Vollmacht, sie bei der Vorbereitung und Durchführung des Erwerbs zu vertreten. Unter anderem sollte die Geschäftsbesorgerin den Kaufvertrag und die Darlehensverträge abschließen sowie zur Bestellung der dinglichen und persönlichen Sicherheiten und zur Abgabe von Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärungen befugt sein. Der kalkulierte Gesamtaufwand war mit 152.408 DM ausgewiesen, der unter Berücksichtigung eines Eigenkapitals von 15.240,80 DM mit 137.167,20 DM fremd finanziert werden sollte.

Die Geschäftsbesorgerin nahm das Angebot an und schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) im Namen der Kläger am 22./ und am 27./ zwei Darlehensverträge über 121.164 DM bzw. 31.244 DM. Diese enthielten in Ziffer 10.3 folgende Bestimmung:

"Sämtliche Darlehensnehmer haben sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Die Bank kann die persönliche Haftung unabhängig von der Eintragung und dem Bestand der Grundschuld sowie ohne vorherige Zwangsvollstreckung in das Beleihungsobjekt geltend machen."

Am vertrat die Geschäftsbesorgerin die Kläger bei der Beurkundung des notariellen Kauf- und Werklieferungsvertrages. Mit diesem erwarben sie die Eigentumswohnung zum Preis von 121.164 DM, übernahmen aus einer zu Gunsten der Beklagten noch einzutragenden Grundschuld einen Teilbetrag in Höhe von 152.408 DM sowie die persönliche Haftung für diesen Betrag und unterwarfen sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Mit notarieller Urkunde vom wurde die Grundschuld zu Gunsten der Beklagten bestellt.

Nachdem die Kläger die Zahlungen der Raten auf das vereinbarungsgemäß valutierte Darlehen eingestellt hatten, kündigte die Beklagte die Kredite aus wichtigem Grund und betreibt nach Verwertung der Eigentumswohnung im Wege der Zwangsversteigerung nunmehr die Vollstreckung in das persönliche Vermögen der Kläger.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Vollstreckungsgegenklage, indem sie zum einen die Wirksamkeit des Vollstreckungstitels bestreiten und zum anderen materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch erheben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht die Zwangsvollstreckung aus den vollstreckbaren Urkunden vom und für unzulässig erklärt. Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten mit Beschluss vom zurückgewiesen. Diese Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht auf die Verfassungsbeschwerde der Beklagten aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die von der Geschäftsbesorgerin im Namen der Kläger abgegebene Unterwerfungserklärung unter die sofortige Zwangsvollstreckung sei unwirksam. Die Geschäftsbesorgerin sei bei Abgabe der notariellen Unterwerfungserklärung am nicht wirksam bevollmächtigt gewesen. Geschäftsbesorgungsvertrag und Vollmacht seien wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig. Eine Rechtsscheinhaftung der Kläger nach §§ 171 ff. BGB scheide wegen des prozessualen Charakters der Vollmacht zur Abgabe einer Vollstreckungsunterwerfungserklärung aus. Ob hinsichtlich der Darlehensverträge eine Rechtsscheinhaftung in Betracht komme, könne dahinstehen. Die Berufung der Kläger auf die Nichtigkeit der Unterwerfungserklärung erscheine jedenfalls nicht als treuwidrig. Im Übrigen neige der Senat dazu, die Vollstreckungsklausel in der notariellen Urkunde vom wegen eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 Satz 1, § 12 MaBV gemäß § 134 BGB als nichtig anzusehen. Diese Frage bedürfe jedoch keiner endgültigen Entscheidung.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Kläger neben einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO, mit der sie Einwendungen gegen den titulierten materiell-rechtlichen Anspruch erhoben haben, zusätzlich die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels geltend machen. Dies ist Gegenstand einer prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO (vgl. BGHZ 124, 164, 170 f.), die mit der Klage aus § 767 ZPO verbunden werden kann (vgl. BGHZ 118, 229, 236 und Senat, Urteil vom - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 829 m.w.Nachw.).

2. Die Revision rügt aber zu Recht, dass das Berufungsgericht der prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO stattgegeben hat.

a) Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, die der Geschäftsbesorgerin erteilte Vollmacht zur Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung sei wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksam mit der Folge, dass kein wirksamer Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO geschaffen wurde. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag, der so umfassende Befugnisse wie hier enthält, ist nichtig (st.Rspr., vgl. BGHZ 145, 265, 269 ff.; Senat, Urteile vom - XI ZR 265/05, WM 2007, 108, 109, vom - XI ZR 185/05, WM 2007, 110, 112 und vom - XI ZR 341/05, WM 2007, 440, 441 m.w.Nachw.). Die Nichtigkeit erfasst neben der umfassenden Abschlussvollmacht auch die der Geschäftsbesorgerin erteilte Prozessvollmacht zur Abgabe einer Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung. Entgegen der Auffassung der Revision ist die unwirksame Prozessvollmacht auch nicht aus Rechtsscheingesichtspunkten in analoger Anwendung der §§ 172 ff. BGB als gültig zu behandeln, weil diese Vorschriften für die dem Geschäftsbesorger erteilte prozessuale Vollmacht nicht gelten (st.Rspr., vgl. BGHZ 154, 283, 287; Senat, Urteile vom - XI ZR 322/01, WM 2004, 27, 30, vom - XI ZR 421/02, WM 2004, 372, 375, vom - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1521, vom - XI ZR 239/04, WM 2006, 853, 854 und vom - XI ZR 185/05, WM 2007, 110, 112, jeweils m.w.Nachw.).

b) Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt ist es aber den Klägern nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich gegenüber der Beklagten auf die Nichtigkeit der notariellen Vollstreckungsunterwerfung vom zu berufen. Ist ein Darlehensnehmer nach dem Inhalt des Darlehensvertrages oder sonst schuldrechtlich verpflichtet, ein selbständiges Schuldversprechen mit einer Vollstreckungsunterwerfungserklärung als die Grundschuld verstärkende Sicherheit abzugeben, verhält er sich treuwidrig, wenn er versucht, aus der bisherigen Nichterfüllung seiner Verpflichtung Vorteile zu ziehen (st.Rspr., vgl. , WM 2003, 2372, 2374 und vom - IV ZR 143/03, WM 2004, 922, 923; Senat, Urteile vom - XI ZR 79/04, BKR 2005, 501, 505, vom - XI ZR 239/04, WM 2006, 853, 855, vom - XI ZR 204/04, WM 2006, 2343, 2346, für BGHZ 169, 109 vorgesehen und vom - XI ZR 185/05, WM 2007, 110, 113). Dies gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dann, wenn die Nichtigkeit der Vollmacht auf einem Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz beruht und sich die Verpflichtung zu Schuldanerkenntnis und Unterwerfungserklärung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen befindet.

Ausschlaggebend ist deshalb allein, dass die Kläger sich nach Ziffer 10.3 der Darlehensverträge vom 22./ und 27./ gegenüber der Beklagten verpflichtet haben, als Sicherheit nicht nur eine Grundschuld in Darlehensgesamthöhe zu stellen, sondern sich darüber hinaus der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen, d.h. vollstreckbare Schuldversprechen nach § 780 BGB abzugeben. Darauf, nicht auf die Darlehensverpflichtungen bezog sich auch die Vollstreckungsunterwerfungserklärung (vgl. Senat, Urteile vom - XI ZR 226/04, WM 2006, 87, 88 und vom - XI ZR 175/06, Umdruck S. 9 zu einer wortgleichen Klausel). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung bestehen insoweit keine Unklarheiten im Sinne des § 5 AGBG, die zu Lasten der Beklagten als Verwenderin der Klausel gingen. Die Kläger sollten der Beklagten nach dem eindeutigen Wortlaut der Vertragsbestimmung Sicherheiten stellen, also nicht nur gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO die Darlehensverbindlichkeiten titulieren, die sie der Beklagten ohnehin schuldeten.

Anders als die Revisionserwiderung meint, verstoßen die betreffenden Klauseln der Darlehensverträge auch nicht gegen die §§ 3, 9 AGBG. Die Aufnahme der dargestellten schuldrechtlichen Verpflichtung des Darlehensnehmers ist bankenüblich. Es entspricht jahrzehntelanger Praxis, dass sich der mit dem persönlichen Kreditschuldner identische Grundschuldbesteller bei Bankdarlehen regelmäßig der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwerfen muss. Ein solches Verlangen kommt daher für ihn nicht überraschend im Sinne von § 3 AGBG (st.Rspr., vgl. , WM 2003, 2375, 2378; Senat, Urteil vom - XI ZR 226/04, WM 2006, 87, 89 f., jeweils m.w.Nachw.). Die Übernahme einer selbständigen, von der zu sichernden Kreditverbindlichkeit gelösten ab-strakten persönlichen Haftung in Höhe des Grundschuldbetrages soll in Verbindung mit der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung die Ansprüche der Beklagten gegen die Kläger sichern, indem sie deren Durchsetzung erleichtert. Eine unangemessene Benachteiligung der Kläger im Sinne von § 9 AGBG ist damit nicht verbunden (st.Rspr., vgl. , WM 2003, 2375, 2378; Senat, Urteil vom - XI ZR 226/04, WM 2006, 87, 88, jeweils m.w.Nachw.).

c) An die danach übernommene Verpflichtung zur Abgabe vollstreckbarer Schuldversprechen nach § 780 BGB sind die Kläger jedoch nur gebunden, wenn die Darlehensverträge vom 22./ und vom 27./ ihrerseits wirksam zustande gekommen sind. Davon ist nach dem für die Revisionsinstanz maßgeblichen Sachverhalt ungeachtet der Nichtigkeit der umfassenden Abschlussvollmacht vom nach Rechtsscheingrundsätzen auszugehen. Die Vorschriften der §§ 171 ff. BGB sind nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann anwendbar, wenn die einem Geschäftsbesorger erteilte Abschlussvollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig ist (Senat, Urteile vom - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831, vom - XI ZR 219/04, WM 2006, 1060, 1062 und vom - XI ZR 341/05, WM 2007, 440, 441 m.w.Nachw.). Der danach anwendbare § 172 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Beklagten spätestens bei Abschluss der Darlehensverträge eine Ausfertigung der die Geschäftsbesorgerin als Vertreterin der Kläger ausweisenden Vollmachtsurkunde vorlag (st.Rspr., vgl. nur Senat BGHZ 161, 15, 29 sowie Senat, Urteil vom - XI ZR 239/04, WM 2006, 853, 855 m.w.Nachw.). Die Prozessparteien haben dazu streitig vorgetragen. Tatsächliche Feststellungen hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - insoweit bislang nicht getroffen.

III.

Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Vollstreckungsklausel in der notariellen Urkunde vom ist nicht, wie vom Berufungsgericht in Erwägung gezogen, wegen eines Verstoßes gegen § 3 Abs 2 Satz 1, § 12 MaBV als nichtig anzusehen (§ 134 BGB). Die Beklagte ist als Kreditgeberin nicht Gewerbetreibende und damit schon nicht Normadressatin der Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung. Die Makler- und Bauträgerverordnung richtet sich als öffentlich-rechtliche Berufsausübungsregel vielmehr ausschließlich an den Bauträger, nicht aber an die den Bauträger oder den Erwerber finanzierende Bank (vgl. Grziwotz, KommMaBV Einleitung Rdn. 17). Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht aus der Entscheidung des VII. Zivilsenates vom (BGHZ 139, 387 ff.). Diese betraf eine Vollstreckungsunterwerfung des Erwerbers mit Nachweisverzicht gegenüber der Bauträgerin wegen der Zahlungsverpflichtungen aus dem Bauträgervertrag. Hier liegt eine Vollstreckungsunterwerfungserklärung zugunsten der Beklagten als Kreditgeberin wegen der Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen vor. Anders als das Berufungsgericht meint, werden dadurch die Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung auch nicht umgangen. Die Makler- und Bauträgerverordnung beabsichtigt den Schutz der Allgemeinheit und der Auftraggeber vor missbräuchlicher Verwendung von Erwerbs- und Baugeldern durch Bauträger (, WM 1978, 493, 494). Dieser Schutzzweck wird durch eine Vollstreckungsunterwerfung des Erwerbers zu Gunsten der Bank hinsichtlich der Zahlungsverpflichtungen, die sich aus Darlehen zur Finanzierung des Bauvorhabens ergeben, nicht tangiert.

IV.

Das angefochtene Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung nicht reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Fundstelle(n):
MAAAC-52531

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein