BFH Beschluss v. - II B 32/06

Grundsätzliche Bedeutung einer dem Verfahrensrecht angehörenden Rechtsfrage; keine Gleichheit im Unrecht

Gesetze: FGO § 76; FGO § 115

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO zu fordernde Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) muss der Beschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen und dazu eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Darüber hinaus bedarf es substantiierter Angaben, inwieweit die aufgeworfene Frage im Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Fortentwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klärungsfähig ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom X B 23/02, BFH/NV 2003, 504; vom VII B 334/03, BFH/NV 2004, 974; vom III B 164/05, BFH/NV 2006, 1468).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Zwar kann von grundsätzlicher Bedeutung auch eine Rechtsfrage sein, die dem Verfahrensrecht angehört (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 27). Die Revisionszulassung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt aber voraus, dass die zum Verfahrensrecht gehörende Rechtsfrage einer Klärung im Interesse der Allgemeinheit bedarf. Eine solche Rechtsfrage ist vorliegend nicht schlüssig dargelegt.

a) Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) im Hinblick auf § 76 Abs. 1 FGO aufgeworfene Frage, ob das Finanzgericht (FG) im Zusammenhang mit der Bestimmung des jährlichen Reinertrags von einem Irrtum des Klägers ausgehen konnte, hat keine über den Streitfall hinausgehende Bedeutung und wirft keine im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftige Frage auf.

b) Auch hinsichtlich der als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Frage, ob das FG aufgrund § 76 Abs. 1 FGO über den Einwand der Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) hinweggehen kann, wenn der Kläger in dem Schriftverkehr die Namen der abweichend veranlagten Eigentümer benennt, fehlen Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit. Insbesondere setzt sich die Beschwerdebegründung nicht mit dem vom FG zutreffend angeführten rechtlichen Gesichtspunkt auseinander, dass der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und damit auf „Gleichheit im Unrecht” vermittelt (dazu z.B. BFH-Entscheidungen vom II R 12/04, BStBl II 2006, 615, m.w.N.; vom V B 112/01, BFHE 199, 77, BStBl II 2003, 675).

c) Für die Frage, ob das FG seine Pflichten aus § 79 FGO und die Grundsätze des fairen Verfahrens verletzt, „wenn es den nicht anwaltlich vertretenen Kläger nicht auf die Möglichkeit des Zeugenbeweises vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung hinweist”, ist eine grundsätzliche Bedeutung ebenfalls nicht dargelegt. Der Kläger macht insoweit lediglich einen Verfahrensfehler des FG geltend; eine im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftige Frage ist jedoch nicht aufgeworfen.

d) Ebenso ist die grundsätzliche Bedeutung der Frage, ob das FG aufgrund des § 76 Abs. 1 FGO die Erforschung der Rechtsgrundlagen einer „entscheidungserheblichen Norm” unterlassen darf, nicht schlüssig dargelegt. Es fehlt jede Darlegung, aus welchen Gründen die Klärung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt.

e) Schließlich ist auch die grundsätzliche Bedeutung der vom Kläger bezeichneten Frage nach dem Umfang der Protokollierungspflicht (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 2 der ZivilprozessordnungZPO—) sowie nach einer Hinweispflicht des FG auf die Möglichkeit eines Antrags auf Protokollergänzung (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4 ZPO) nicht schlüssig dargelegt. Insbesondere setzt sich die Beschwerdebegründung nicht damit auseinander, dass zu den „wesentlichen Vorgängen” i.S. des § 160 Abs. 2 ZPO nicht Inhalt und Umfang der tatsächlichen Erörterung des Sach- und Streitstands gehören (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 94 FGO Rz 20, m.w.N.).

2. Ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist ebenfalls nicht schlüssig dargelegt.

a) Wird als Verfahrensmangel eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) des FG mit der Begründung gerügt, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, ist substantiiert vorzutragen, welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich für das FG die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern sich auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 104/04, BFH/NV 2005, 1860; vom X B 162/05, BFH/NV 2006, 1332; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70). Die Beschwerdebegründung enthält zu keinem dieser Punkte substantiierte Ausführungen.

b) Soweit der Kläger eine Verletzung der Hinweispflicht des FG sowie eine Fehlerhaftigkeit des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem FG rügt, ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig. In der Beschwerdebegründung fehlt es an jeder konkreten Darstellung, inwiefern die Vorentscheidung ohne die behaupteten Verfahrensmängel voraussichtlich anders ausgefallen wäre.

Fundstelle(n):
HAAAC-40967