BFH Beschluss v. - VII B 240/05

Notwendige Beiladung eines Beratungsstellenleiters eines Lohnsteuer-Hilfevereins; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Nichtzulassungsbeschwerde wegen Verfahrenstrennung

Gesetze: FGO § 60 Abs. 3; FGO § 115; FGO § 73

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein Lohnsteuerhilfeverein. Mit Bescheid vom ordnete die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Oberfinanzdirektion —OFD—) die Schließung der Beratungsstelle des Klägers in X, an, weil zu vermuten sei, dass der Leiter der Beratungsstelle —ein Rechtsanwalt— in den Räumen der Beratungsstelle zugleich seine Rechtsanwaltskanzlei unterhalte, was dem Verbot einer anderweitigen wirtschaftlichen Tätigkeit in Verbindung mit der Hilfeleistung in Steuersachen durch einen Lohnsteuerhilfeverein zuwiderlaufe. Trotz entsprechender Aufforderungen habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass die räumliche Trennung von Rechtsanwaltskanzlei und Beratungsstelle gewährleistet sei.

Die hiergegen erhobene Klage des Vereins hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass das Unterhalten einer Rechtsanwaltskanzlei in den Räumen der Beratungsstelle des Vereins gegen § 26 Abs. 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) verstoße. Da die Umstände erkennen ließen, dass eine räumliche, persönliche und organisatorische Verflechtung der Tätigkeit des Vereins mit der Tätigkeit des Beratungsstellenleiters als Rechtsanwalt vorliege, sei die Schließungsanordnung der OFD nicht zu beanstanden und insbesondere nicht ermessensfehlerhaft.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Vereins, welche dieser auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) und auf Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) stützt.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in ihrer Begründung keiner der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt worden ist.

1. Die schlüssige Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) erfordert unter anderem, dass der Beschwerdeführer eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellt und substantiiert darauf eingeht, inwieweit diese Rechtsfrage klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch klärungsfähig ist. Hierzu gehören insbesondere Ausführungen, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom II B 98/04, BFH/NV 2005, 1310; vom X B 121/03, BFH/NV 2005, 350, jeweils m.w.N.).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Allein mit dem Vortrag, die Leitung einer Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater in den gleichen Räumen, in denen der Rechtsanwalt oder Steuerberater auch seine Kanzlei unterhält, sei ein in der Bundesrepublik Deutschland tausendfach vorkommender Sachverhalt, über den der BFH bisher noch nicht entschieden habe, wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht hinreichend dargelegt. Aus der Beschwerdebegründung geht nicht hervor, weshalb die vom Kläger offenbar für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Rechtsfrage, ob ein Lohnsteuerhilfeverein eine Beratungsstelle in den gleichen Räumen unterhalten darf, in denen der Beratungsstellenleiter auch seine Rechtsanwaltskanzlei unterhält, klärungsbedürftig sein soll. Allein der Umstand, dass zu einer bestimmten Rechtsfrage eine höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht ergangen ist, besagt noch nicht, dass die Beantwortung der Rechtsfrage auch zweifelhaft oder umstritten ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 89/03, BFH/NV 2004, 1221; vom II B 62/01, BFH/NV 2003, 62). Die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage deshalb gebotene Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur zur Auslegung des § 26 Abs. 2 StBerG vertretenen Auffassungen bzw. mit den Gründen des angefochtenen Urteils lässt die Beschwerdebegründung vermissen.

2. Die mit der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind ebenfalls nicht schlüssig gerügt.

a) Mit der Rüge, das FG habe willkürlich und unter Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters allein durch Entscheidung des Vorsitzenden anstelle des Senats die Klage des Beratungsstellenleiters gegen die Schließungsanordnung von dem hier geführten Verfahren abgetrennt, wird kein zur Zulassung der Revision führender Verfahrensmangel dargelegt. Beschlüsse über die Verbindung und Trennung von Verfahren (§ 73 FGO) können nach § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden und unterliegen daher nicht der Beurteilung der Revision (§ 124 Abs. 2 FGO). Deshalb kann auch eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf eine angeblich fehlerhafte Verfahrenstrennung gestützt werden (, BFH/NV 2006, 972). Selbst wenn bei der Beschlussfassung über die Abtrennung des Verfahrens des Beratungsstellenleiters gegen das Gebot des gesetzlichen Richters verstoßen worden sein sollte —was der Senat für zweifelhaft hält, weil eine Beschlussfassung durch den Senat keineswegs voraussetzt, dass dieser sich zuvor zur Beratung zurückgezogen hat—, haftet ein diesbezüglicher Verfahrensmangel dem angefochtenen Urteil nicht an; durch die Verfahrenstrennung ist der Verein insbesondere nicht seinem gesetzlichen Richter entzogen worden, so dass diese auch nicht aus diesem Grunde im Revisionsverfahren angegriffen werden könnte.

b) Weder schlüssig vorgetragen noch ersichtlich ist auch, weshalb das FG die Vorschriften über die notwendige Beiladung (§ 60 Abs. 3 FGO) verletzt haben sollte, als es nach der Verfahrenstrennung über die Klage des Vereins entschied, ohne den Beratungsstellenleiter zu dem Verfahren beigeladen zu haben. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass und weshalb der Beratungsstellenleiter an dem Streit über die Rechtmäßigkeit der Schließung der Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins derart beteiligt sein sollte, dass auch ihm gegenüber die Entscheidung nur einheitlich ergehen kann, was Voraussetzung für eine notwendige Beiladung wäre (vgl. , BFHE 153, 472, BStBl II 1988, 789).

c) Nicht in zulässiger Weise erhoben ist schließlich die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes; § 96 Abs. 2 FGO). Die Behauptung, das FG habe „Grundrechtsrügen durch Übergehen der Schriftsätze außer Acht gelassen” lässt nicht erkennen, welchen wesentlichen Vortrag in welchem Schriftsatz das FG übergangen haben soll bzw. zu welchen Punkten sich der Verein nicht hat äußern können (vgl. zu den Darlegungsanforderungen , BFH/NV 2004, 1665). Außerdem fehlt es an Ausführungen dazu, dass bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens eine andere Entscheidung in der Sache möglich gewesen wäre (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII B 311/03, juris, und in BFH/NV 2004, 1665).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




Fundstelle(n):
JAAAC-39297