OFD Frankfurt am Main - S 2742 A - 10 - St 51

Steuerliche Behandlung von Pensionszusagen gegenüber beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG)

zu den Kriterien der

  1. „Wartezeit„ (A 32 Abs. 1 Satz 5 und 6 KStR 1995, H 38 Warte-/Probezeit KStH 2004)

  2. “Finanzierbarkeit“ (A 32 Abs. 1 Satz 9 KStR 1995, R 38 KStR 2004)

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder bittet die OFD zur steuerlichen Beurteilung von Rückstellungen für Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften folgende Auffassung zu vertreten:

1. Probezeit

Nach Abschnitt 32 Abs. 1 Satz 5 und 6 KStR 1995 ist die Erteilung der Pensionszusage unmittelbar nach der Anstellung und ohne die unter Fremden übliche Wartezeit in der Regel nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

Der Begriff der Wartezeit wird hier im Sinne einer Probezeit verwendet. Dies ist der Zeitraum zwischen Dienstbeginn und der erstmaligen Vereinbarung einer schriftlichen Pensionszusage (zusagefreie Zeit). Der Zeitraum zwischen der Erteilung einer Pensionszusage und der erstmaligen Anspruchsberechtigung (versorgungsfreie Zeit) zählt nicht zur Probezeit.

1.1 Dauer der Probezeit

Für die steuerliche Beurteilung einer Pensionszusage ist regelmäßig eine Probezeit von zwei bis drei Jahren als ausreichend anzusehen. Der  –  (BStBl 1999 II S. 316) zwar eine Probezeit von fünf Jahren für ausreichend. Dies schließt die steuerliche Berücksichtigung kürzerer Probezeiten jedoch nicht aus, da es in dem Urteilsfall nicht entscheidungserheblich war, ob unter Umständen auch ein kürzerer Zeitraum zur Erprobung genügt hätte.

Eine Probezeit ist bei entsprechenden Vortätigkeiten nicht in jedem Fall erforderlich. So hat der (BStBl 1999 II S. 318) entschieden, dass es vor Erteilung einer Pensionszusage keiner erneuten Probezeit bedarf, wenn ein Einzelunternehmen in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird und der bisherige, bereits erprobte Geschäftsführer des Einzelunternehmens als Geschäftsführer der Kapitalgesellschaft das Unternehmen fortführt.

Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer neu gegründeten Kapitalgesellschaft wird einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer erst dann eine Pension zusagen, wenn er die künftige wirtschaftliche Entwicklung und damit die künftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft zuverlässig abschätzen kann. Hierzu bedarf es in der Regel eines Zeitraums von wenigstens fünf Jahren. Dies gilt nicht, wenn die künftige wirtschaftliche Entwicklung aufgrund der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit hinreichend deutlich abgeschätzt werden kann, wie z.B. in Fällen der Betriebsaufspaltung und Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft.

1.2 Verstoß gegen die angemessene Probezeit

Zuführungen zu einer Rückstellung für eine Pensionszusage, die ohne Beachtung der unter Fremden üblichen Probezeit vereinbart worden ist, werden bis zum Ablauf der angemessenen Probezeit als verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG behandelt. Nach Ablauf der angemessenen Probezeit werden die weiteren Zuführungen aufgrund der ursprünglichen Pensionszusage für die Folgezeit gewinnmindernd berücksichtigt. Die Möglichkeit einer Aufhebung der ursprünglichen und des Abschlusses einer neuen Pensionszusage nach Ablauf der angemessenen Probezeit bleibt hiervon unberührt.

Tritt bei einer unter Verstoß gegen die Probezeit erteilten Pensionszusage vor Ablauf der angemessenen Probezeit der Versorgungsfall ein, werden die Zuführungen zur Pensionsrückstellung als verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG behandelt und außerhalb der Steuerbilanz in die Einkommensermittlung einbezogen.

Das gleiche gilt für die Pensionszahlungen, soweit sie nicht mit der Rückstellung verrechnet werden und dadurch Einfluss auf die Höhe des Steuerbilanzergebnisses gehabt haben. Die Pensionszahlungen werden – ungeachtet der Behandlung bei der Einkommensermittlung – in vollem Umfang als andere Ausschüttungen im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG a.F. behandelt.

2. Finanzierbarkeit von Pensionszusagen gegenüber Gesellschafter-Geschäftsführern im Sinne der BFH-Rechtsprechung

Der BFH hat in seinen Urteilen vom (BStBl 2005 II S. 653), vom (BStBl 2005 II S. 657), vom (BStBl 2005 II S. 659), vom (BStBl 2005 II S. 662) und vom (BStBl 2005 II S. 664) zu den Voraussetzungen für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung bei fehlender Finanzierbarkeit einer Pensionszusage gegenüber dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer Stellung genommen.

Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze der Urteile in allen offenen Fällen allgemein anzuwenden; Tz. 2 des (BStBl 1999 I S. 512) wird aufgehoben.

Ist auf eine Pensionszusage vor dem vollständig oder teilweise verzichtet worden, wird es nicht beanstandet, wenn auf übereinstimmenden Antrag der Gesellschaft und des Gesellschafters die vor der Veröffentlichung der BFH-Urteile geltenden Grundsätze der Tz. 2 des weiter angewandt werden [Wortlaut der Tz. 2, siehe Zusatz der OFD]. Der Antrag ist bis zur Bestandskraft des Körperschaftsteuerbescheids für den Veranlagungszeitraum des Verzichts zu stellen.

Die Rechtsgrundsätze der o.g. Urteile des BFH sowie die Möglichkeit zur abweichenden Antragstellung im Verzichtsfalle sind auch auf nicht beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer anzuwenden.

Diese Verfügung fasst die ( BStBl 1999 I S. 512 und vom (BStBl 2005 I S. 875) zusammen.

Zusatz der OFD:

– Finanzierbarkeit im Sinne der Tz. 2 des :

Die betriebliche Veranlassung einer Pensionszusage setzt u.a. voraus, dass die Zusage finanzierbar ist (Abschnitt 32 Abs. 1 Satz 3 KStR 1995).

Der BFH unterscheidet in seinem Urteil vom (a.a.O.) zwischen der ungewissen Verbindlichkeit aufgrund der Pensionszusage gegenüber dem Geschäftsführer und der ungewissen Verbindlichkeit aufgrund der Witwenklausel und hält es für denkbar, dass die Veranlassung beider Verbindlichkeiten unterschiedlich zu beurteilen ist. Für die Prüfung, ob eine Passivierung der sich aus der Pensionszusage ergebenden Verbindlichkeit zu einer buchmäßigen Überschuldung führt, komme es nur auf den Betrag an, für den eine verdeckte Gewinnausschüttung in Betracht gezogen wird (im Urteilsfall laut BFH die Zuführung zur Pensionsrückstellung in Höhe von 23.295 DM). Für diese Zuführung sei die Witwenklausel ohne Belang.

Diese Grundsätze des BFH-Urteils sind nicht allgemein anzuwenden.

2.1 Pensionsverpflichtung als einheitliches Wirtschaftsgut

Die Pensionsverpflichtung gegenüber einem Arbeitnehmer stellt mit allen ihren Komponenten (z.B. Alters-, Invaliden- oder Witwenrente) ein einheitliches Wirtschaftsgut dar, das einheitlich zu bilanzieren ist. Damit ist in der Zuführung zur Pensionsrückstellung – bei entsprechender Zusage – auch die Invaliditäts- und Witwenzusage enthalten.

2.2 Prüfung der Finanzierbarkeit

Die Finanzierbarkeit der Zusage ist dann zu verneinen, wenn bei einem unmittelbar nach dem Bilanzstichtag eintretenden Versorgungsfall der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Ende des Wirtschaftsjahres auch nach Berücksichtigung einer Rückdeckungsversicherung zu einer Überschuldung in der Bilanz führen würde (Abschnitt 32 Abs. 1 Satz 9 KStR 1995). Die Finanzierbarkeit der Pensionszusage ist danach unter Einbeziehung einer etwa bestehenden Rückdeckungsversicherung anhand eines fiktiven vorzeitigen Versorgungsfalles (z.B. Invalidität oder Witwenversorgung) und des sich hieraus ergebenden fiktiven Zuführungsbedarfs zu prüfen. Demgegenüber ist die tatsächlich vorgenommene Zuführung zur Pensionsrückstellung nicht Grundlage für die Finanzierbarkeitsprüfung.

Bei der Prüfung der Überschuldung sind alle materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter einschließlich ihrer stillen Reserven zu berücksichtigen. Ein selbstgeschaffener Firmenwert bleibt außer Ansatz.

Die Prüfung der Finanzierbarkeit hat im Zeitpunkt der Zusageerteilung, einer wesentlichen Zusageänderung ( a.a.O.) oder einer wesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft zu erfolgen.

Eine Anpassungsklausel, wonach bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft die zugesagten Leistungen gekürzt oder versagt werden können, bleibt für die Beurteilung der Finanzierbarkeit unberücksichtigt.

2.3 Nicht finanzierbare Pensionszusage

Die Pensionszusage an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ist gesellschaftsrechtlich veranlasst, wenn die Finanzierbarkeit im Zeitpunkt der Zusage nicht erfüllt ist. Eine Aufteilung in einen finanzierbaren und einen nicht finanzierbaren Teil kommt nicht in Betracht. Zuführungen zu einer solchen Pensionszusage werden insgesamt als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt. Das gilt auch dann, wenn sich die finanzielle Lage der Gesellschaft später verbessert. Die Möglichkeit der Aufhebung der ursprünglichen und die Erteilung einer neuen, dann finanzierbaren Pensionszusage bleibt hiervon unberührt.

2.4 Finanzierbare Pensionszusage

Ist die Pensionszusage im Zusagezeitpunkt finanzierbar, ist sie bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen betrieblich veranlasst.

2.4.1 Kürzung bei späterem Wegfall der Finanzierbarkeit

Verschlechtert sich in späteren Jahren die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft, würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter eine Anpassung der Pensionszusage herbeiführen. Eine Pensionszusage ist daher zu kürzen, soweit ihre Finanzierbarkeit entfällt.

Diese Kürzung der Pensionszusage ist betrieblich veranlasst. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anpassung einseitig (z.B. aufgrund einer entsprechenden Anpassungsklausel) oder mit Zustimmung des Gesellschafter-Geschäftsführers erfolgt. Hierin ist kein gesellschaftsrechtlich veranlasster Verzicht des Gesellschafter-Geschäftsführers und damit kein Zufluss im Sinne des Beschlusses des GrS des (BStBl 1998 II S. 307) zu sehen.

Die Pensionsrückstellung ist in Höhe der Differenz zwischen der Rückstellung für die ursprüngliche Pensionszusage und der Pensionsrückstellung für die abgeänderte Pensionszusage ertragswirksam aufzulösen. Verbessert sich die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft wieder, kann die Pensionszusage im Rahmen der Finanzierbarkeit wieder erhöht werden. Unabhängig vom Zeitpunkt der späteren Erhöhung bleibt diese bis zur Höhe der ursprünglichen Zusage erdienbar. Im Jahr der erneuten Anpassung ist die Pensionsrückstellung entsprechend zu erhöhen.

2.4.2 Unterlassen der Kürzung trotz Wegfalls der Finanzierbarkeit

Erfolgt die notwendige Anpassung der Pensionszusage nicht, sind die der Pensionsrückstellung zugeführten Beträge ab dem Zeitpunkt, ab dem die Finanzierbarkeit nicht mehr gegeben ist, in voller Höhe als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln. Die bis zu diesem Zeitpunkt (zulässigerweise) gebildete Rückstellung wird nicht erfolgswirksam aufgelöst. Verbessert sich die wirtschaftliche Situation und wird die Zusage wieder finanzierbar, sind die weiteren Zuführungen zur Pensionsrückstellung gewinnmindernd zu berücksichtigen.

– Verzicht des Gesellschafter-Geschäftsführers auf eine finanzierbare Pensionszusage

Gegenstand der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder war auch die Frage, wie der Verzicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers auf eine noch finanzierbare Pensionszusage zu werten ist.

Der Verzicht (Widerruf oder Einschränkung im Wege eines Erlass-, Schuldaufhebungs- oder Änderungsvertrages) des Gesellschafter-Geschäftsführers ist regelmäßig als im Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen. Von einer betrieblichen Veranlassung des Verzichts ist hingegen auszugehen, wenn die Pensionszusage im Verzichtszeitpunkt nach der Rechtsprechung des BFH in den Urteilen vom (BStBl 2005 II S. 653), vom (BStBl 2005 II S. 657), vom (BStBl 2005 II S. 659) und vom (BStBl 2005 II S. 662) nicht finanzierbar ist. Dient der Verzicht der Vermeidung einer drohenden Überschuldung der Gesellschaft im insolvenzrechtlichen Sinne und steht er im Zusammenhang mit weiteren die Überschuldung vermeidenden Maßnahmen (wie insbesondere einer Absenkung des Aktivgehaltes) ist er entsprechend den allgemeinen Grundsätzen nur dann betrieblich veranlasst, wenn sich auch ein Fremdgeschäftsführer zu einem Verzicht bereit erklärt hätte.

OFD Frankfurt am Main v. - S 2742 A - 10 - St 51

Fundstelle(n):
RAAAC-32401