BGH Beschluss v. - IX ZB 294/05

Leitsatz

[1] a) Der Vergütung des Insolvenzverwalters für die Durchführung einer Nachtragsverteilung ist der Wert des nachträglich verteilten Vermögens zugrunde zu legen.

b) Die Vergütung des Insolvenzverwalters für die Durchführung einer Nachtragsverteilung ist allein nach den Umständen des Einzelfalls festzusetzen; ein Regelsatz kommt nicht in Betracht.

Gesetze: InsVV § 6 Abs. 1

Instanzenzug: AG Bielefeld 43 IN 412/03 vom LG Bielefeld 23 T 633/05 vom

Gründe

I.

Nachdem zuvor unter Mitwirkung des weiteren Beteiligten als Insolvenzverwalter ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners durchgeführt worden war, ordnete das Amtsgericht - Insolvenzgericht - auf Antrag des weiteren Beteiligten wegen eines nachträglichen Zahlungseingangs von 35.311,77 € mit Beschluss vom eine Nachtragsverteilung an.

Unter dem hat der weitere Beteiligte beantragt, seine Vergütung für die Durchführung der Nachtragsverteilung auf 6.499,87 € nebst 250 € Auslagenersatz und 16 % Umsatzsteuer festzusetzen. Das Amtsgericht hat diesem Antrag nur in Höhe von insgesamt 1.749,04 € (Vergütung: 1.257,79 €, Auslagen: 250 €, USt: 241,25 €) stattgegeben. Die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten hat das zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Vergütungsantrag in der bisherigen Höhe weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 7, § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO), jedoch unzulässig; weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).

1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde geht es nicht an, für die Bemessung der Vergütung für die Nachtragsverteilung den Wert der nachträglich verteilten Insolvenzmasse zu der zuvor festgestellten Verteilungsmasse (§ 1 InsVV) hinzuzuzählen und auf diese Weise eine auf die erhöhte Verteilungsmasse bezogene einheitliche Vergütung zu errechnen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 1 InsVV erhält der Insolvenzverwalter für die Nachtragsverteilung eine "gesonderte Vergütung". Dass das Nachtragsverteilungsverfahren auch gebührenrechtlich ein selbstständiges, gesondert zu vergütendes Verfahren darstellt, ist - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung (AG Offenburg ZInsO 2005, 481, 482) und Schrifttum (Haarmeyer/Wutzke/Förster, Insolvenzrechtliche Vergütung 3. Aufl. § 6 InsVV Rn. 4; Büttner in HmbKomm-InsO § 6 InsVV Rn. 2, 3, 7; Irschlinger in HK-InsO, 4. Aufl. § 6 InsVV Rn. 1; Lorenz in FK-InsO, 4. Aufl. § 6 InsVV Rn. 2 ff, 9; Nowak in MünchKomm-InsO, § 6 InsVV Rn. 2) nicht umstritten. Das Verfahren, das die Rechtsbeschwerde im Auge hat, ist nur zulässig, wenn ein nach Einreichung der Schlussrechnung, jedoch vor dem Schlusstermin sich ergebender Massezufluss eine ergänzende Festsetzung der mit der Schlussrechnung beantragten Verwaltervergütung rechtfertigt (vgl. , NZI 2006, 237, 238).

2. Die Bemessung der auf die nachträglich verteilte Masse bezogenen Vergütung mit 10 v.H. der Regelvergütung gibt keinen Anlass zu einer rechtsgrundsätzlichen Stellungnahme. Allerdings werden für den "Regelfall" verbreitet höhere Sätze befürwortet (25 %: AG Offenburg ZInsO 2005, 481, 482; Blersch in Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO § 6 InsVV Rn. 14 ff; Büttner, aaO § 6 InsVV Rn. 6; Eickmann, aaO § 6 InsVV Rn. 6; Irschlinger, aaO; 35 %: Lorenz, aaO § 6 InsVV Rn. 10; 50 %: Nowak, aaO § 6 InsVV Rn. 5). Es ist jedoch schon zweifelhaft, ob für die Nachtragsverteilung überhaupt ein Regelfall vorstellbar ist. Für deren Vergütung hat der Verordnungsgeber mit Bedacht keine festen Sätze aufgestellt, weil Nachtragsverteilungen zu verschieden gelagert sind (Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO § 6 InsVV Rn. 7). Es erscheint deshalb sachgerecht, die Vergütung auf den jeweiligen Einzelfall bezogen festzusetzen (Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO § 6 InsVV Rn. 8). Dabei hat der Tatrichter "nach billigem Ermessen" zu entscheiden (§ 6 Abs. 1 Satz 1 InsVV). Eine Leitentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist insoweit nicht veranlasst.

Gegen die für die Ermessensausübung im konkreten Fall maßgeblichen Erwägungen des Beschwerdegerichts (kurze Dauer der Nachtragsverteilung; nicht erhebliche Gläubigeranzahl; Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeiten sowie das damit verbundene Haftungsrisiko "nicht von erheblicher Bedeutung") hat die Rechtsbeschwerde nichts erinnert.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
WM 2007 S. 27 Nr. 1
ZIP 2006 S. 2131 Nr. 46
QAAAC-19564

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja