BSG Urteil v. - B 2 U 29/01 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: RVO § 539 Abs 2; RVO § 539 Abs 1 Nr 1; SGG § 163

Instanzenzug:

Gründe

I

Streitig ist die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Klägerin ist die Witwe des im Jahre 1922 geborenen und am verstorbenen (M). Dieser war von Beruf Kaufmann und bis zum Eintritt in den Ruhestand im Rechenzentrum der B. AG beschäftigt. Er war seit dem Jahre 1970 Mitglied des Luftsportvereins B. eV und gehörte zeitweilig dessen Vorstand an. Der Verein hat sich gemäß § 1 Buchst b seiner Satzung "die Pflege und Förderung des Segelflugsports und des Modellflugsports" zum Ziel gesetzt. Ihm gehören nach Angaben von dessen erstem Vorsitzenden H. 192 Luftsportler, nach Angaben der Revision 140 Vereinsmitglieder an. Seit einer Reihe von Jahren veranstaltet der Verein Rundflüge mit Fluggästen. Dabei ist es üblich, erfahrene Piloten - darunter M - und Berufspiloten, die sich bereit erklären, zur Förderung des Vereinszwecks Gastflüge durchzuführen, im Einzelfall um Übernahme eines solchen Auftrags anzugehen. Sie übernehmen die Aufgabe, soweit sie zeitlich dazu in der Lage sind und die luftfahrtrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Mit den Gastflügen erwirtschaftet der Verein Einnahmen von 120,00 DM pro Flugstunde abzüglich 40,00 DM Sachkosten. Die hierfür eingesetzten Piloten erhalten weder Entgelt noch sonstige Vergünstigungen für die Durchführung der Gastflüge. Nach einer vereinsinternen Liste sind 18 Vereinspiloten berechtigt, Flüge mit Fluggästen zu unternehmen.

Am machte M im Auftrag des Luftsportvereins zusammen mit einem Fluggast in einem zweisitzigen Motorsegler einen Rundflug, der etwa 30 Minuten dauern sollte. Beim Landeanflug stürzte das von M gesteuerte Flugzeug ab. Beide Insassen starben. Nach Hinzuziehung der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft K. und von Fotokopien aus dem Bordbuch des verunglückten Motorseglers sowie nach Anhörung des ersten Vorsitzenden des Luftsportvereins H. lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ab (Bescheid vom und Widerspruchsbescheid vom ). Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) iVm § 214 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) scheide aus. M sei nicht aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses für den Verein tätig geworden. Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 RVO komme ebenfalls nicht in Betracht, weil seine Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt sich im Rahmen dessen gehalten habe, was von ihm als Vereinsmitglied zu erwarten gewesen sei.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom ). Die Klägerin habe nach den hier noch anzuwendenden Vorschriften der RVO keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen. Es lasse sich nämlich nicht feststellen, dass M infolge eines Arbeitsunfalls verstorben sei. Eine Versicherung nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO scheide aus, weil M sich nicht in einem persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zu dem Verein befunden habe. Er sei auch nicht gemäß § 539 Abs 2 RVO wie ein Versicherter tätig geworden. Bei einem Vereinsmitglied sei der Versicherungsschutz dann ausgeschlossen, wenn sich die Tätigkeit als Ausfluss der Mitgliedschaft im Verein darstelle, sie also aufgrund von Mitgliedspflichten im Rahmen des Vereinszwecks verrichtet worden sei. Die zum Unfall führende Tätigkeit des M sei eine dem Vereinszweck, der "Pflege und Förderung des Segelflugsports" dienliche Tätigkeit, Beweggrund für die Rundflüge die Freude der Piloten am Flugsport gewesen. Der mit dem Absturz endende Flug sei zudem im Vereinsauftrag durchgeführt worden.

Die zum Unfall führende Tätigkeit des M sei auch unter Berücksichtigung des Umfanges und der Bedeutung der Beförderung von Fluggästen als vereinsüblich anzusehen. Die zu berücksichtigende Geringfügigkeitsgrenze sei nach den Gegebenheiten in dem jeweiligen Verein zu bestimmen. Angesichts des mit dem Flugsport untrennbar verbundenen Risikos für Piloten, Fluggäste und unbeteiligte Personen sowie angesichts des beträchtlichen wirtschaftlichen Werts des Fluggeräts komme vielen Tätigkeiten, die mit der Ausübung des Flugsports zusammenhingen, schon von Haus aus ein ungleich größeres Gewicht zu als den üblichen Aktivitäten in anderen Vereinen. Die Beförderung von Fluggästen sei daher kraft der in dem Luftsportverein herrschenden Vereinsübung den Arbeitsleistungen zuzurechnen, die der Verein jedenfalls von denjenigen Vereinsmitgliedern erwarte und erwarten könne, die nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage seien, sie zu erbringen. Insofern hätten M und den anderen zur Beförderung von Fluggästen berechtigten und in eine Liste aufgenommenen Vereinsmitgliedern qualitativ und quantitativ andere Mitgliedspflichten als den "einfachen" Vereinsmitgliedern oblegen. Denn durch die Aufnahme in die Liste der "Gastpiloten" habe sie der Luftsportverein aus dem Kreis der übrigen Mitglieder heraus gehoben und ihnen eine besondere Funktion im Verein übertragen, die sie auch regelmäßig wahrzunehmen gepflegt hätten und pflegten. Das sei eine Fallgestaltung, bei der das Vereinsmitglied nicht wie ein Arbeitnehmer des Vereins, sondern aufgrund seiner Mitgliedschaftspflichten tätig werde. Dass M häufiger als andere Piloten Fluggäste befördert habe, führe zu keinem anderen Ergebnis. Dies habe daran gelegen, dass M Rentner gewesen sei und während der Wochentage eher freie Zeit erübrigen habe können als die anderen "Gastpiloten", die sich noch nicht im Ruhestand befunden hätten.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 539 Abs 2 RVO.

M habe bei seiner Tätigkeit als Gastflugpilot für den Luftsportverein B. eV am gemäß § 539 Abs 2 RVO unter Versicherungsschutz gestanden. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu aufgestellten Voraussetzungen lägen vor. Bei der Wahrnehmung der Aufgaben eines Gastflugpiloten handele es sich nämlich um eine ernsthafte, dem Verein zu dienen bestimmte und dessen wirklichem Willen entsprechende Tätigkeit. Sie sei in Abstimmung und im Interesse mit dem Luftsportverein ausgeübt worden und hätte, wenn sie nicht von M wahrgenommen worden wäre, ebenso gut von Piloten auf dem freien Markt wahrgenommen werden können, die dafür hätten entlohnt werden müssen. Auch sei die Tätigkeit als Gastflugpilot unter solchen Umständen geleistet worden, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines ("förmlichen") Beschäftigungsverhältnisses ähnlich sei. Dagegen stelle sie sich nicht als Ausfluss der Mitgliedschaft im Verein dar, sei also nicht aufgrund von Mitgliedspflichten im Rahmen des Vereinszweckes verrichtet worden. Dass die Beförderung eines Fluggastes bei einem Rundflug eine dem Vereinszweck dienliche Tätigkeit sei, werde nicht in Abrede gestellt. Diese Frage dürfe allerdings für die Entscheidung dieses Rechtsstreits unerheblich sein, denn der Vereinszweck könne sowohl durch Vereinsmitglieder als auch durch vereinsexterne Personen, die im Rahmen eines regulären Beschäftigungsverhältnisses tätig würden, gefördert werden. Ohnehin dürfe der Verein nicht außerhalb seines Satzungszweckes tätig werden.

Das LSG habe als ein Argument für die Annahme, dass es sich vorliegend nicht um ein beschäftigungsähnliches Verhältnis gehandelt habe, zu Unrecht angeführt, dass der Beweggrund der Gastflugpiloten, Fluggäste bei einem Rundflug zu befördern, die Freude der Piloten am Flugsport, dh die Freude an der Förderung des Vereinszweckes gewesen sei. Es scheine das daraus zu folgern, dass die Gastflugpiloten für die Gastflüge keinerlei Entgelt oder sonstige Vergünstigung erhalten hätten. Diese Schlussfolgerung sei indessen unzutreffend. Aus welcher Motivlage heraus "Gastfluglehrer" generell bzw M hier im Besonderen Gastflüge wahrgenommen hätten, lasse sich allgemein verbindlich nicht beantworten. Hier möge im Einzelfall auch die Freude des Einzelnen am Flugsport, ebenso aber auch die Frage der Werbung, nicht nur zum Zwecke der Nachwuchsförderung, sondern zur Verbreitung der luftsportlichen Interessen, der Mitgliedswerbung und somit die Frage der wirtschaftlichen Stärkung des Vereins eine Rolle gespielt haben. Es handele sich mithin um Motive, wie sie in jedem Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverhältnis anzutreffen seien.

Nachdrücklich entgegengetreten werde der Begründung des LSG, die zum Unfall führende Tätigkeit des M sei auch unter Berücksichtigung des Umfanges und der Bedeutung der Beförderung von Fluggästen als vereinsüblich anzusehen. Grundlegend unzutreffend sei zunächst der Ausgangspunkt der Überlegung des LSG, wonach es zu den Vereinspflichten des M gehört haben solle, Gastflüge vorzunehmen. Die Pflicht hierzu ergebe sich weder aus entsprechenden Beschlüssen der zuständigen Vereinsorgane noch aufgrund allgemeiner Vereinsübung. Der Verein könne vielmehr von keinem seiner Mitglieder erwarten und tue es auch nicht, dass es Gastflüge aufgrund von ihm abgeschlossenen Luftbeförderungsverträgen durchführe. Das Gros der entsprechenden Lizenzinhaber im Verein lehne dieses auch in Ansehung der damit verbundenen Verantwortung und des damit einhergehenden Haftungsrisikos in zivilrechtlicher wie auch strafrechtlicher Hinsicht ab. Im Umkehrschluss erwarte deshalb der Luftsportverein diese Gastflugtätigkeit von keinem seiner Mitglieder. Die Tätigkeit als Gastflugpilot unterscheide sich auch inhaltlich beträchtlich von denjenigen Tätigkeiten, die anerkanntermaßen ein Verein von seinen Mitgliedern erwarten könne. Die Unterscheidung des LSG zwischen "einfachen" Vereinsmitgliedern und solchen, die durch die Aufnahme in die Liste der Gastflugpiloten zu Vereinsmitgliedern mit herausgehobenem Pflichtenkreis würden, um deshalb dann doch wieder im hier maßgeblichen sozialversicherungsrechtlichen Sinne wie einfache Mitglieder behandelt zu werden, sei rechtlich weder sinnvoll noch zutreffend noch werde dieses dem Sinn und Zweck des § 539 Abs 2 RVO gerecht. Im Gegenteil, die Norm liefe im Ergebnis leer, wäre mithin obsolet; denn dieser Gedankengang würde sich zu jeder Vereinsfunktion fassen lassen. Überdies seien bis zum Unfalltag von den 140 Vereinsmitgliedern laut Bordbuch lediglich 5 Vereinsmitglieder als Gastflugpiloten eingesetzt worden. Ausweislich der Eintragung im Bordbuch des verunglückten Motorseglers sei M häufiger als andere Piloten als Gastflugpilot eingesetzt gewesen. Die Entscheidungserheblichkeit dieser Tatsache mit der Begründung, dies habe nur mit dessen Rentnerstatus zu tun, zu verneinen, halte revisionsrechtlicher Kontrolle nicht stand. Weshalb M mehr Zeit zur Verfügung gehabt habe, sei für die Frage, ob es sich hier um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit gehandelt habe, unerheblich. Anderenfalls könnten Rentner a priori nicht in den Schutz des hier in Rede stehenden sozialversicherungsrechtlichen Anspruchs gelangen. Schließlich sei die Tätigkeit als Gastflugpilot für den Verein nach wie vor von erheblichem finanziellen Vorteil. Sie stelle genau diejenige Funktion dar, die sonst nur "auf dem freien Markt" entgeltlich durch "Anheuerung" von Piloten zu erlangen wäre, bei denen die Voraussetzungen des § 539 Abs 1 RVO dann unstreitig gewesen wären. Wollte man diesen Weg dem Verein aufzwingen, liefe die hier in Anspruch genommene Rechtsnorm des § 539 Abs 2 RVO auch aus diesem Grunde im Ergebnis leer.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom und das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom sowie den Bescheid der Beklagten vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr aus Anlass des tödlichen Unfalls ihres Ehemannes vom Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Das LSG hat nach umfassender Aufklärung des Sachverhalts ohne Rechtsirrtum und in rechtlich nicht zu beanstandender Würdigung der Beweismittel festgestellt, dass M nicht infolge eines Arbeitsunfalls iS des § 548 Abs 1 Satz 1 RVO verstorben ist.

Der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da der von ihr geltend gemachte Versicherungsfall am , also vor dem Inkrafttreten des SGB VII am , eingetreten ist (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, § 212 SGB VII).

Hinterbliebenenleistungen werden gemäß § 589 Abs 1 RVO bei Tod des Versicherten durch Arbeitsunfall gewährt. Arbeitsunfall iS des § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Das LSG hat zutreffend erkannt, dass M weder zu dem nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO noch zu dem nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO versicherten Personenkreis gehörte.

Ein Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis gemäß § 539 Abs 1 Nr 1 RVO hat aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG, die nicht mit Verfahrensrügen angegriffen und daher für den Senat bindend sind (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>), schon deshalb nicht vorgelegen, weil es hierzu an der ein solches Verhältnis kennzeichnenden persönlichen Abhängigkeit fehlte (vgl BSG SozR 2200 § 539 Nr 114 und 123, - HVBG-Info 1999,1057).

Aber auch Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO ist im Unfallzeitpunkt zu verneinen. Danach sind Personen gegen Arbeitsunfall versichert, die - was hier allein in Betracht kommt - wie ein in einem Beschäftigungsverhältnis stehender Versicherter tätig werden. Dies erfordert eine ernsthafte, dem Unternehmen zu dienen bestimmte und seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprechende Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen, und die unter solchen Umständen geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses bedarf es bei einem Tätigwerden nach § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO nicht (BSGE 5, 168; 17, 211; 2/9b RU 78/87 - HV-Info 1988, 2178; - HVBG-Info 1999, 1057; Brackmann/Wiester, SGB VII § 2 RdNr 841 f). Der hier zu beurteilende Rundflug mit einem Fluggast durch M am stellt zwar eine ernsthafte, dem Willen seines Vereins entsprechende Arbeitsleistung dar. Diese stand jedoch nicht unter Versicherungsschutz; denn M handelte aufgrund seiner übernommenen Pflichten als Vereinsmitglied.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) schließt zwar die Mitgliedschaft in einem Verein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO nicht von vornherein und damit auch nicht schlechthin eine versicherte Tätigkeit wie ein Beschäftigter iS von § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO aus (BSGE 14, 1; 17, 211; 52, 11, 12 = SozR 2200 § 539 Nr 81; BSG SozR 2200 § 539 Nr 101, 114, 123; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 18; - USK 8252; 2/9b RU 78/87 - HV-Info 1988, 2178; - USK 8366; - USK 9204; - HVBG-Info 1999,1057; - HVBG-Info 2000, 1253, jeweils mwN).

Es ist aber zu unterscheiden zwischen Arbeitsleistungen, die nur auf Mitgliedschaftspflichten beruhen, und Arbeitsleistungen, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden. Letzteres setzt voraus, dass die Verrichtung über das hinausgeht, was Vereinssatzung, Beschlüsse der Vereinsorgane oder allgemeine Vereinsübung an Arbeitsverpflichtungen der Vereinsmitglieder festlegen. Daran fehlt es bei Tätigkeiten, die zB auf gesellschaftlichen oder körperschaftlichen Verpflichtungen beruhen. Folglich ist derjenige, der aufgrund von Mitgliedschaftspflichten für seinen Verein tätig wird, auch nicht wie ein Beschäftigter nach § 539 Abs 2 RVO gegen Arbeitsunfälle versichert ( - USK 8366; BSG SozR 2200 § 539 Nr 101, 114 und 123).

Zu den auf allgemeiner Vereinsübung beruhenden Mitgliedschaftspflichten zählen nach ständiger Rechtsprechung des BSG im Allgemeinen Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet werden (BSGE 52, 11, 14 = SozR 2200 § 539 Nr 81; 2/9b RU 78/87 - BAGUV RdSchr 71/88; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 18 und 41; - HVBG-Info 1999, 1057; Brackmann/Wiester, aaO, § 2 RdNr 862; Schlegel in Schulin, HS-UV, § 14 RdNr 56), wie zB regelmäßige Arbeit zur Herrichtung und Reinigung von Sportplätzen, Verkauf von Eintrittskarten und Ordnungsdienst bei Veranstaltungen. Gekennzeichnet sind diese geringfügigen Tätigkeiten im Allgemeinen dadurch, dass sie nur wenig zeitlichen oder sachlichen Arbeitsaufwand erfordern. Zur Vereinsübung gehören nach der Rechtsprechung des BSG Arbeiten in einem Umfang von drei bis vier Stunden (BSG SozR 2200 § 539 Nr 123; 2/9b RU 78/87 - BAGUV RdSchr 71/88), von sieben Stunden ( - USK 8366) oder sogar von drei Wochen (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 41). Dagegen wurden über diesen Rahmen hinausgehende umfangreichere Arbeitsleistungen (zB Bau eines Vereinsheimes s BSGE 14, 1 und - USK 8252; Errichtung eines Vereinshauses eines Kleingartenvereins s - HV-Info 1992, 955; Neubau des Sportplatzgeländes und des Vereinshauses s - HVBG-Info 1994, 413) nicht mehr als geringfügig angesehen. Die Grenze der Geringfügigkeit überschreiten kann eine Tätigkeit sowohl hinsichtlich ihres Umfanges als auch ihrer Art nach (BSG SozR 2200 § 539 Nr 101; - HVBG-Info 1999, 1057). Ferner kann die Geringfügigkeit bei jedem Verein verschieden sein. Wenn die Bereitschaft der Vereinsmitglieder, Arbeiten für den Verein zu verrichten, größer ist, wird auch die Grenze, von der an der Verein diese Arbeiten allgemein aufgrund einer sich so entwickelnden Vereinsübung von seinen Mitgliedern erwarten kann und die von den Mitgliedern entsprechend dieser Erwartung verrichtet werden, höher liegen. Allgemein betrachtet ist die Grenze der Geringfügigkeit dort überschritten, wo sich eine Arbeitsleistung von wirtschaftlichem Wert deutlich erkennbar von dem Maß vergleichbarer Aktivitäten abhebt, das die Vereinsmitglieder üblicherweise aufwenden (vgl - HVBG-Info 1999, 1057; BSG SozR 2200 § 539 Nr 101; - HVBG-Info 2000, 1253 mwN).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung hat M mit den Rundflügen unter Beförderung von Gästen lediglich Pflichten eines Vereinsmitgliedes erfüllt. Auch wenn eine derartige Mitnahme von Fluggästen nicht ausdrücklich in der Vereinssatzung vorgesehen ist, beruht sie auf einer allgemeinen Vereinsübung und liegt im Rahmen der Zwecksetzung des Vereins. Wie das LSG - teilweise unter Bezug auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten - bindend (§ 163 SGG) festgestellt hat, führte der Luftsportverein B. eV derartige Gastflüge seit einer Reihe von Jahren durch und setzte hierfür auch geeignete Piloten aus dem Kreis seiner Mitglieder ein. Ferner lag die Organisation solcher Flüge in der Hand des Vereins. Sie umfasste ua den Verkauf von Flugkarten in der Form von Gutscheinen, die Gestellung der Flugzeuge, die Führung einer Liste der einzusetzenden Piloten, die Beauftragung der Piloten und die Betreuung der jeweiligen Flüge vom Kontrollturm des Flugplatzes. Die Flüge mit Gästen lagen und liegen im Rahmen der Zwecksetzung des Luftsportvereins, weil die dem Verein angehörenden Piloten damit ihr fliegerisches Können verwirklichen, dieses auch dem Verein nicht angehörenden Dritten gegenüber zeigen und damit - im Sinne einer Öffentlichkeitsarbeit - deren Interesse für den Segelsportflug wecken oder fördern können. Wie der Senat in seinem Urteil vom (- B 2 U 4/99 R - HVBG-Info 2000, 1253) ausgeführt hat, ist die Darstellung eines Vereins in der Öffentlichkeit mit den in der Satzung beschriebenen Vereinszwecken untrennbar verbunden, da es ohne eine solche Darstellung allgemein für Sportvereine schwierig ist, die für die Erfüllung dieser Zwecke erforderliche Zahl an Mitgliedern zu erreichen oder zu halten.

Die von M als Pilot durchgeführten Rundflüge mit einem Fluggast überschreiten auch nicht die für die gesetzliche Unfallversicherung maßgeblichen Grenzen der Vereinsüblichkeit dadurch, dass nur ein kleiner Teil der Vereinsmitglieder - darunter M - derartige Flüge unternahm. Nach der Rechtsprechung des BSG braucht der Maßstab für die allgemeine Vereinsübung, Mitglieder zu bestimmten Tätigkeiten heranzuziehen, nicht notwendig für alle Mitglieder gleich zu sein (vgl BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 41; - HVBG-Info 1999, 1057; - HVBG-Info 2000, 1253). Hebt der Verein bestimmte Personen dadurch aus dem Kreis seiner Mitglieder heraus, dass er ihnen ehrenamtliche Vereinsfunktionen überträgt, so treffen diese Personen auch qualitativ und quantitativ andere Mitgliedspflichten als "einfache" Vereinsmitglieder. Gleiches gilt, wenn der Verein von bestimmten "einfachen" Mitgliedern die Ausführung gefährlicher und besondere Fachkunde erfordernder Arbeiten verlangt (vgl BSG SozR 2200 § 539 Nr 123; 2/9b RU 78/87 - HV-Info 1988, 2178; Schlegel in Schulin, HS-UV, § 14 RdNr 55). Daraus ergibt sich, dass hinsichtlich der Vereinsübung allein wesentlich ist, ob der Verein erwarten kann, dass bestimmte Aufgaben von geeigneten Mitgliedern wahrgenommen werden und geeignete Mitglieder regelmäßig der Erwartung des Vereins auch nachkommen (vgl BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 18 und 41).

Dass M zu dem kleinen Kreis der Vereinsmitglieder zählte, die durch ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in der Lage waren, mit Fluggästen Rundflüge in einem Motorsegler zu unternehmen, und sich dadurch von der überwiegenden Zahl der "einfachen" Vereinsmitglieder abhob, wird auch dadurch bestätigt, dass das Luftverkehrsrecht erhebliche Anforderungen an die Befugnis stellt, Fluggäste in einem Motorsegler zu befördern. Es setzt neben der Erlaubnis für Motorseglerführer (§ 35 der Verordnung über Luftfahrtpersonal <LuftPersV> vom <BGBl I 53> iVm § 5 und § 41 LuftPersV) auch voraus, dass innerhalb der dem Flug vorhergehenden 90 Tage drei Starts und drei Landungen mit einem Flugzeug desselben oder ähnlichen Musters ausgeführt oder mindestens 10 Fallschirmsprünge durchgeführt werden müssen (vgl § 122 LuftPersV). Nach den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten war M Inhaber einer Erlaubnis sowohl für Segelflugzeugführer (§ 41 LuftPersV) als auch für selbststartende und nicht selbststartende Motorsegler (§ 35 LuftPersV) und erfüllte - jedenfalls durch das vom LSG festgestellte häufigere Fliegen mit Motorseglern - die Voraussetzungen für die Mitnahme von Fluggästen. Damit ergab sich schon aus rechtlichen Gründen, dass der Luftsportverein B. eV nur die Mitglieder zu Rundflügen mit Fluggästen einsetzen konnte, welche die genannten Voraussetzungen erfüllten. Hinzu kam, dass der Verein wegen der nicht auszuschließenden Möglichkeit einer Haftung des Piloten und wegen des offenkundig größeren Risikos (Fehlverhalten oder Gesundheitsstörung des Fluggastes) nur solche Mitglieder aus dem ohnehin kleinen Kreis der berechtigten Vereinsmitglieder zu den Rundflügen verpflichtet hat, die freiwillig eine entsprechende Verpflichtung auf sich genommen haben.

Die Vereinsüblichkeit der von Mitgliedern des Luftsportvereins gesteuerten Rundflüge mit Fluggästen ist auch nicht deshalb entfallen, weil die Grenzen der Geringfügigkeit der für den Verein geleisteten Tätigkeit überschritten wären. Hierzu hat bereits das LSG rechtlich zutreffend ausgeführt, dass angesichts des mit dem Flugsport untrennbar verbundenen Risikos sowie des beträchtlichen wirtschaftlichen Werts des Fluggeräts vielen Tätigkeiten, die mit der Ausübung des Flugsports zusammenhingen, schon von Haus aus ein ungleich größeres Gewicht zukommt als den üblichen Aktivitäten in anderen Vereinen. Hinzu kommt, dass bei Ermittlung der Geringfügigkeitsgrenze, also der Beantwortung der Frage, ob der Verein eine Tätigkeit von einem Mitglied noch erwarten kann, in erster Linie Tätigkeiten zu berücksichtigen sind, soweit sie unmittelbar dem Verein zugute kommen. Liegen sie zugleich teilweise auch im unmittelbaren persönlichen Interesse des betreffenden Vereinsmitglieds, müssen sie insoweit grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. So ist es hier. Die von M durchgeführten Rundflüge mit Fluggästen lagen - wie sich aus den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ergibt - zu einem großen Teil in seinem unmittelbaren persönlichen Interesse. So ist er durch die Rundflüge in die Lage versetzt worden, den Sport auszuüben, dessentwegen jemand in erster Linie Mitglied eines Luftsportvereins wird. Des Weiteren kamen ihm die Rundflüge insoweit unmittelbar zugute, als er damit jedenfalls die Voraussetzungen für die Verlängerung seiner Erlaubnis für Motorseglerführer (§ 35 Abs 3 LuftPersV) schaffen und Pflichten für die Mitnahme von Fluggästen (§ 122 Abs 1 LuftPersV) erfüllen konnte. Lässt man diese persönlichen Vorteile der Rundflüge für M außer Betracht, erweist sich die Mitnahme eines Fluggastes als eine Tätigkeit, die der Verein von den Mitgliedern erwarten konnte, die im Besitz der entsprechenden Flugerlaubnis waren und sich freiwillig hierfür gemeldet hatten.

Die Grenze der Geringfügigkeit ist im Falle des M auch nicht deshalb überschritten worden, weil er innerhalb des für die Rundflüge mit Fluggästen vorgesehenen Kreises von Piloten diese Flüge besonders oft unternahm. Das LSG hat hierzu festgestellt, dass die hierfür in Betracht kommenden Piloten diese Aufgabe übernahmen, soweit sie zeitlich dazu in der Lage waren, und dass M als Rentner während der Wochentage eher freie Zeit hat erübrigen können als andere aus dem Kreis dieser Piloten. Diese tatsächlichen Feststellungen stellen eine rechtlich nicht zu beanstandende Begründung dar, dass M im Rahmen des Vereinsüblichen häufiger für Rundflüge mit Fluggästen eingesetzt worden ist. Sie sind für den Senat wegen § 163 SGG auch bindend; denn sie sind von der Klägerin nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden. Zwar wird von der Revision vorgetragen, für die Frage, ob es sich hier um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit gehandelt habe, spiele es keine Rolle, weshalb M mehr Zeit zur Verfügung gestanden habe, da andernfalls Rentner a priori nicht in den Schutz des hier in Rede stehenden sozialversicherungsrechtlichen Anspruchs gelangten. In diesem Vorbringen liegt jedoch keine zulässige Verfahrensrüge. Die Feststellung des LSG, dass die Piloten abhängig von Ihrer Freizeit eingesetzt werden und M als Rentner mit viel Freizeit besonders oft eingesetzt worden ist, beruht auf einer vom Tatsachengericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter Einschluss der Beweisaufnahme nach der Überzeugungskraft der jeweiligen Beweismittel frei vorzunehmende Würdigung (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl, § 128 RdNr 4 mwN). Diese darf das Revisionsgericht nur darauf prüfen, ob das Tatsachengericht die Grenzen der freien Beweiswürdigung nicht überschritten hat ( - HVBG-Info 1996, 2071; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 19 mwN). Daher kann das Revisionsgericht bei geltend gemachten Verstößen gegen sie nur prüfen, ob das Tatsachengericht bei der Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat und ob es das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt hat ( - HV-Info 1989, 1368; BSG SozR 1500 § 164 Nr 31; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 19; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl, III, RdNr 162 f sowie IX, RdNr 286). Die genannten Einwände der Revision erfüllen diese Voraussetzungen nicht.

Die Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Fundstelle(n):
DAAAC-15196