BSG Urteil v. - B 7 AL 36/03 R

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art 14

Instanzenzug: LSG Niedersachsen-Bremen vom

Gründe

I

Der Kläger wendet sich gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom bis sowie gegen die entsprechende Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von DM 22.070,81.

Der im Jahr 1940 geborene Kläger war bis zum als Fertigungsleiter bei der S GmbH und Co KG, H , mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von DM 8.217,50 beschäftigt. Das monatliche Arbeitsentgelt seiner bei dem selben Arbeitgeber halbtags beschäftigten Ehefrau betrug ab Januar 1997 etwa DM 2.500,--, zum Mai 1998 etwa DM 2.600,-- brutto. Zu Beginn des Jahres 1997 waren auf den Lohnsteuerkarten des Klägers und seiner Ehefrau die Lohnsteuerklassen III/V eingetragen. Auf seine Arbeitslosmeldung und Antragstellung bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom ab Alg für die Dauer von 832 (später: 971) Tagen in Höhe von zunächst DM 676,80/ Woche nach einem (gerundeten) Bemessungsentgelt von DM 1.900,--, einer Nettolohnersatzquote von 60 vH sowie der Leistungsgruppe C (entsprechend der Lohnsteuerklasse III). Am wechselten der Kläger und seine Ehefrau mit Wirkung ab zu den Lohnsteuerklassen V/III. Er hat vorgetragen, er habe sich in der Personalabteilung seines früheren Arbeitgebers und beim Finanzamt zuvor erkundigt, ob ein solcher Wechsel zweckmäßig sei, und jeweils die Auskunft erhalten, für die Höhe der letztendlich zu entrichtenden Einkommensteuer sei ein solcher Wechsel ohne Bedeutung. Anlässlich einer Vorsprache beim Arbeitsamt kurz nach dem Wechsel sei ihm erklärt worden, die richtige Wahl der Steuerklassen hänge von den Einkommensverhältnissen ab; beraten könne am besten das Finanzamt. Den Lohnsteuerklassenwechsel selbst teilte er der Beklagten nicht mit; diese erfuhr hiervon erst auf Grund des Antrags des Klägers auf Anschluss-Arbeitslosenhilfe vom . Mit Wirkung ab machten die Eheleute den Wechsel wieder rückgängig.

Mit Bescheid vom und Widerspruchsbescheid vom hob das Arbeitsamt (ArbA) die Bewilligung des Alg mit Wirkung ab bis zum (für Oktober 1999 war lediglich Alg nach Leistungsgruppe D ausgezahlt worden) in Höhe der Differenz zwischen den Leistungssätzen nach der Leistungsgruppe C (Lohnsteuerklasse III) und der Leistungsgruppe D (Lohnsteuerklasse V) auf und forderte das im genannten Zeitraum zu Unrecht gewährte Alg in Höhe von DM 22.070,81 zurück.

Das Sozialgericht Hildesheim (SG) hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom abgewiesen; das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom ). Im Wechsel der Lohnsteuerklasse III zu V mit Wirkung ab liege eine nach § 48 Abs 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) wesentliche und für den Kläger nachteilige Änderung der Leistungsverhältnisse. Auf Grund des Lohnsteuerklassenwechsels habe sich für den Kläger ein geringeres Alg iS des § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ergeben. Damit aber sei die Beklagte zur entsprechenden teilweisen Aufhebung der Alg-Bewilligung für die Vergangenheit nach § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X verpflichtet gewesen. Der Kläger habe seine Pflicht zur Mitteilung des Lohnsteuerklassenwechsels zwar nicht vorsätzlich, aber grob fahrlässig verletzt. Unter anderem werde in dem ihm ausgehändigten Merkblatt für Arbeitslose (einerlei, ob er die Fassung April 1996 oder April 1997 erhalten habe) unter besonderer Hervorhebung im Fettdruck darauf hingewiesen, dass es insbesondere dann wichtig sei, sofort das ArbA zu benachrichtigen, wenn sich - aus welchem Grund auch immer - die Lohnsteuerklasse des Arbeitslosen ändere. Auch nach dem persönlichen Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnen habe, könne kein Zweifel bestehen, dass dieser subjektiv in der Lage gewesen sei, die ganz eindeutigen Merkblatthinweise zu verstehen und seiner Mitteilungspflicht zu genügen; dies zeige bereits sein sorgfältiges Vorgehen aus Anlass des Lohnsteuerklassenwechsels, als er Auskünfte des Arbeitgebers, des Finanzamtes und des ArbA eingeholt habe. Ein Herstellungsanspruch des Klägers bestehe schon deshalb nicht, weil hierüber die Mitteilung des Lohnsteuerklassenwechsels nicht fingiert werden könne. Der Kläger habe zwar vorgebracht, er habe am einen ArbA-Bediensteten befragt; dieser habe ihn aber nicht auf die Folgen des Lohnsteuerklassenwechsels hingewiesen, so dass er diesen nicht von Anfang an habe rückgängig machen können. Damit könnte eine grob fahrlässige Amtspflichtverletzung in Betracht kommen; über einen entsprechenden Anspruch sei jedoch im Sozialrechtsweg nicht zu entscheiden. Das LSG habe sich nicht in der Lage gesehen, dem Urteil des 11. Senats des (Az: B 11 AL 87/01 R) und den darin geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III zu folgen; ebenso wenig sei mit dem BSG (aaO) die grobe Fahrlässigkeit anhand genereller Maßstäbe zu beurteilen.

Mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger eine Verletzung seiner Rechte aus Art 14 Grundgesetz (GG); das LSG habe die Grundsätze des ) falsch angewandt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen und des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Hildesheim den Bescheid der Beklagten vom in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom aufzuheben.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des LSG und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II

Auf die Revision des Klägers ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Dieses wird zu ermitteln haben, ob dem Kläger für den streitigen Zeitraum ( bis ) das nach Leistungsgruppe C (Lohnsteuerklasse III) gezahlte Alg auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zustand.

1. Die Beklagte und die Vorinstanzen sind in ihrer rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass durch den Wechsel der eingetragenen Lohnsteuerklasse mit Wirkung ab hinsichtlich des Alg-Anspruchs des Klägers eine wesentliche Änderung iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X eingetreten war. Denn auf Grund der neu eingetragenen Lohnsteuerklasse V habe sich ein Alg (nach Leistungsgruppe D) ergeben, das geringer gewesen sei als das Alg vor dem Wechsel der Lohnsteuerklassen, wie aus § 137 Abs 3 Satz 2 iVm § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III (nach der Übergangsvorschrift des § 427 Abs 5 Satz 2 SGB III auch auf bereits vor Inkrafttreten des SGB III am bewilligte Ansprüche auf Alg anwendbar) hervorgehe. Die Beklagte sei nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X auch berechtigt gewesen, die Bewilligung des Alg ab dem genannten Zeitpunkt rückwirkend aufzuheben, da der Kläger seiner Mitteilungspflicht grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Das LSG hat sich insoweit im Widerspruch zum Urteil des 11. Senats des (vgl BSG SozR 3-4300 § 137 Nr 3) und dem dort angewandten generellen Fahrlässigkeitsmaßstab bei der rückwirkenden Aufhebung von Bewilligungsbescheiden nach einem Wechsel der Lohnsteuerklassen gesehen. Die sich in diesem Zusammenhang stellenden Rechtsfragen kann der erkennende Senat dahingestellt lassen. Denn auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Kläger für den streitigen Zeitraum in der Tat Alg in der bezogenen Höhe, nach Leistungsgruppe C (Lohnsteuerklasse III), zustand. Dann aber würde es bereits an einer wesentlichen Änderung iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X fehlen; einer Prüfung der Voraussetzungen einer Rückwirkung zu Ungunsten des Betroffenen, etwa nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X - zumindest grob fahrlässige Unterlassung einer Mitteilung des Lohnsteuerklassenwechsels - bedarf es dann nicht. Dem Kläger könnte ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zur Seite stehen, so gestellt zu werden, als hätte er den Lohnsteuerklassenwechsel entweder ganz unterlassen oder noch vor dessen Wirksamwerden wieder rückgängig gemacht.

2. Der Senat hat mit Urteilen vom heutigen Tage entschieden (B 7 AL 52/03 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, B 7 AL 46/03 R und B 7 AL 14/04 R), dass gegen die Neuregelung des § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 1 und Nr 2 SGB III verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Diesen Bedenken kann die Beklagte durch Maßnahmen des Verwaltungsvollzugs begegnen, etwa indem sie Betroffene bereits bei der Arbeitslosmeldung gesondert und deutlich auf die Gefahren eines steuerrechtlichen Lohnsteuerklassenwechsel für den arbeitsförderungsrechtlichen Anspruch hinweist. Aus der Verletzung der besonderen Hinweis- und Beratungspflichten der Beklagten im Rahmen des Lohnsteuerklassenwechsels Verheirateter kann dem Arbeitslosen ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch entstehen. Der Betroffene ist dann so zu stellen, als hätte er den Lohnsteuerklassenwechsel gänzlich unterlassen. Unter Anwendung der Grundsätze der genannten Urteile wäre mithin zu prüfen, ob der Kläger konkrete Informationen über die Gefahren eines Lohnsteuerklassenwechsels erhalten hat.

Gegen das Bestehen einer konkreten Informationspflicht bereits bei Arbeitslosmeldung könnte hier allerdings sprechen, dass bei Erteilung des Bewilligungsbescheids am die Vorschrift des § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III noch nicht galt, vielmehr nach den Regelungen des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) Ehepartner vor der Wahl "falscher" Lohnsteuerklassen geschützt wurden (vgl § 113 Abs 2 Satz 2 AFG). Dem mag entgegenzuhalten sein, dass der Bundestag bereits am den Einspruch des Bundesrates gegen das Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) zurückgewiesen hatte und daher das ab geltende neue Recht des SGB III bei Bescheiderteilung am bekannt sein konnte - auch wenn das am ausgefertigte Gesetz erst mit Nr 20 des Bundesgesetzblatts, Teil I, vom verkündet wurde (BGBl I 594). Beim gegenwärtigen Sachstand kann jedoch dahinstehen, ob die vom Senat geforderte konkrete Hinweispflicht bereits am bestand, bzw ob der Beklagten aus der Rechtsänderung zum eine zusätzliche Informationspflicht erwuchs, nach der alle verheirateten Leistungsempfänger gesondert auf die mit der Abschaffung des § 113 Abs 2 AFG verbundenen Änderungen in § 137 Abs 4 SGB III hinzuweisen gewesen wären. Denn im konkreten Einzelfall des Klägers kann sich ein Herstellungsanspruch bereits aus einer fehlerhaften Beratung im Umfeld des Lohnsteuerklassenwechsels zum ergeben.

3. Der Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht (a), insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 15, 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch <SGB I>), verletzt hat (b); ferner muss zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang (c) bestehen. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (d); die Korrektur muss mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang (e) stehen (vgl zB Senatsurteil vom , BSG SozR 3-4100 § 249e Nr 4 S 37 mit umfassenden Nachweisen).

a) Das LSG ist in seinen tatsächlichen Feststellungen dem Vortrag des Klägers gefolgt, er habe am (also nach Wechsel der Lohnsteuerklasse, jedoch vor Wirksamwerden dieses Wechsels) beim zuständigen ArbA nach der Zweckmäßigkeit des Steuerklassenwechsels gefragt. Denn diesen Vortrag hat das LSG insoweit verwertet, als es hieraus - und aus weiteren Erwägungen - den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit des Unterlassens der Mitteilung des Steuerklassenwechsels abgeleitet hat (Bl 15 des Berufungsurteils). Unabhängig von der Frage (s unter 2), ob die Beklagte bereits anlässlich der Bewilligung des Alg oder auf Grund der Änderung der maßgebenden Rechtsgrundlagen während des Leistungsbezugs verpflichtet war, den Kläger über die durch § 137 Abs 4 Satz 1 SGB III neu entstandenen Gefahren eines Steuerklassenwechsels zu informieren, entstand jedenfalls mit dieser Nachfrage für die Beklagte eine Beratungspflicht nach § 14 SGB I.

b) Ob eine derartige Beratung stattgefunden hat, hat das LSG nicht festgestellt. Es ist dem Vorbringen des Klägers nicht nachgegangen, der Arbeitsamtbedienstete "S " (Bl 16 des Berufungsurteils) bzw "St " (Angabe des Klägers lt Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem LSG) habe ihn am nicht auf die Folgen des Steuerklassenwechsels hingewiesen. Träfe dies zu, läge jedenfalls hierin eine im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erforderliche Pflichtverletzung. Der Kläger hätte dahingehend beraten werden können und müssen, dass, wie aus der Neuregelung in § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III folgt, jeder in seinem Fall denkbare Wechsel der Lohnsteuerklasse (von III auf IV oder V) mit erheblichen finanziellen Nachteilen verbunden wäre: Denn sein Anspruch auf Alg würde sich auf Dauer mindern, ohne dass dem dauernde steuerlichen Vorteile gegenüber stünden. Vom Arbeitsentgelt seiner Ehefrau würde zwar weniger (ggf keine) Lohnsteuer einbehalten; dieser Vorteil müsste jedoch bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Kalenderjahr wieder durch eine Steuernachzahlung ausgeglichen werden. Hingegen würde bei Beibehaltung der Steuerklassenkombination III (für den Kläger)/ V (für seine Ehefrau) er das höchstmögliche Alg erhalten, während die zu viel entrichtete Lohnsteuer für seine Ehefrau im Zuge der Einkommensteuerveranlagung erstattet würde.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, das Lohnsteuerrecht habe mit dem Arbeitsförderungsrecht nichts zu tun. Denn die enge Verbindung beider Rechtsgebiete geht bereits aus dem Gesetz hervor, da die Höhe des Alg auf die Lohnsteuerklasse abstellt (s § 136 Abs 3 SGB III); gerade die Trennung beider Rechtsgebiete mit ihren unterschiedlichen Betrachtungsweisen (s hierzu BSG 11. Senat , SozR 3-4300 § 137 Nr 3) birgt erhebliche Gefahren für den Leistungsberechtigten, wie auch der vorliegende Fall exemplarisch zeigt.

c) Es kann weiterhin nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger und seine Ehefrau bei richtiger Beratung den Lohnsteuerklassenwechsel (noch vor seinem Wirksamwerden zum ) wieder rückgängig gemacht hätten. Diese Kausalität scheitert jedenfalls nicht daran, dass dem Kläger, wie vom LSG festgestellt und von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen, hinsichtlich der unterlassenen Mitteilung eine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Denn wenn dem Kläger anlässlich der Vorsprache beim ArbA am mit der erforderlichen Deutlichkeit die Auskunft gegeben worden wäre, der Wechsel der Lohnsteuerklasse von III zu V werde sich empfindlich zu seinem Nachteil auswirken, liegt es nahe, dass er versucht hätte, diesen Wechsel rückgängig zu machen, so dass es auf die grobe Fahrlässigkeit bei der Verletzung der Mitteilungspflicht nicht ankommt.

Auf eine solche Änderung der Lohnsteuerkarten hätte der Kläger auch einen Anspruch gehabt. Denn mit der Änderung der Steuerklassen am war nicht der einmalige Wechsel pro Jahr iS des § 39 Abs 5 Satz 3 Einkommensteuergesetz verbraucht. Diese Beschränkung gilt nämlich nur, wenn beide Ehegatten "in einem Dienstverhältnis" stehen. Dies war jedoch im Kalenderjahr 1998 beim Kläger und seiner Ehefrau nicht der Fall; nur die Ehefrau war weiterhin berufstätig. Dann aber ist den Ehegatten mehr als nur ein Wechsel der Lohnsteuerklassen erlaubt ( EFG 2003, 1104 mwN; so auch der 11. Senat im Urteil vom , SozR 3-4300 § 137 Nr 3 S 17). Damit kann unberücksichtigt bleiben, dass nach Nr 109 Abs 5 Satz 5 Lohnsteuerrichtlinie die Änderung der Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte vom uU auch als Änderung aus dem Grunde angesehen werden könnte, dass "ein Ehegatte keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn mehr bezieht"; dann hätten die Eheleute hiermit schon deshalb ihren freigestellten einmaligen Wechsel der Lohnsteuerklassen für das Jahr 1998 noch nicht "verbraucht". Im Übrigen ist die Kausalität nicht nur eine Frage der einschlägigen Vorschriften, sondern auch ihrer Handhabung durch die zuständige Gemeindeverwaltung, die ggf vom Tatsachengericht festzustellen wäre.

Kann aber festgestellt werden, dass die Eheleute bei richtiger Beratung wieder zu den vorherigen Lohnsteuerklassen (Kläger III, Ehefrau V) zurückgekehrt wären, steht der Annahme der Kausalität nicht entgegen, dass hierzu das Handeln einer weiteren Behörde außerhalb des Arbeitsförderungsrechts (der Gemeindeverwaltung) erforderlich gewesen wäre.

d) Das LSG-Urteil führt jedoch aus, dass auch bei einer Pflichtverletzung der Beklagten ein Herstellungsanspruch schon deshalb nicht hergeleitet werden könne, weil hierüber "die Mitteilung" des Lohnsteuerklassenwechsels nicht fingiert werden könne. Damit ist die Voraussetzung angesprochen, der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil müsse durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können.

Die vom LSG insoweit zitierte Senatsrechtsprechung (Urteile vom , SozR 3-4100 § 249e Nr 4, und vom - 7 RAr 86/93, DBlR Nr 4144a zu § 249b AFG) steht jedoch der Annahme eines Herstellungsanspruchs im Falle des Klägers ebenso wenig im Wege wie die weitere Rechtsprechung des BSG zur Anwendung dieses Rechtsinstituts im Bereich des "Steuerklassenwechsels". Dies hat der erkennende Senat in seinem heutigen Urteil zum Az B 7 AL 52/03 R (zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) im Einzelnen begründet. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen.

e) Mit der Voraussetzung, dass die Korrektur mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang stehen müsse, ist auch das Erfordernis angesprochen, dass mit dem Herstellungsanspruch nicht das Ergebnis erzielt werden darf, dass der Versicherte die Vorteile des tatsächlichen Geschehensablaufs behält und zusätzlich die Vorteile erzielt, die ihm der hypothetische Sachverhalt erbracht hätte (BSG 11. Senat , BSGE 65, 293, 300 = SozR 4100 § 112 Nr 51). Insoweit haben der Kläger und seine Ehefrau jedoch durch den Lohnsteuerklassenwechsel zum in steuerlicher Hinsicht keine dauerhaften Vorteile erlangt. Denn zwar hatte die Ehefrau nunmehr geringere (bzw keine) laufenden Lohnsteuern von ihrem Arbeitslohn zu entrichten. Dies wurde jedoch im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung berücksichtigt. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass sich durch den Lohnsteuerklassenwechsel des Klägers nicht mehr zu behebende Rechtsfolgen in anderen Rechtsgebieten (insbesondere im Steuerrecht) ergeben hätten.

4. Das LSG wird demgemäß die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Herstellungsanspruch (entweder nach den Ausführungen zu 3. oder, unter Entscheidung der entsprechenden Rechtsfragen, nach den Ausführungen zu 2.) zu prüfen haben.

Dem LSG obliegt auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NAAAC-14241