BGH Beschluss v. - 3 StR 116/04

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 64; StPO § 260 Abs. 4 Satz 2; StPO § 246 a; StPO § 349 Abs. 4; BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1

Instanzenzug: LG Duisburg vom

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 21 Fällen und wegen elf Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.

1. Der Schuldspruch kann insgesamt nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat zum Wirkstoffgehalt der gehandelten Betäubungsmittel entweder keine oder nur unzureichende und nicht nachprüfbare Feststellungen getroffen. Ferner hat es in den Fällen, in denen der Angeklagte Betäubungsmittel teils zum Eigenverbrauch, teils zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworben oder eine entsprechende Lieferung vereinbart hatte, unterlassen, den Eigenverbrauchsanteil festzustellen. Damit hat es den jeweiligen Schuldumfang nicht hinreichend bestimmt und zudem in den elf Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge das Erreichen des Grenzwerts nicht ausreichend dargelegt.

a) Soweit sich die Taten des Angeklagten auf den Handel mit Haschisch, Ecstacy und LSD beziehen, fehlt es an jeglichen Feststellungen zum Wirkstoffgehalt. Soweit der Angeklagte mit Amphetamin gehandelt hat, erschöpfen sich die entsprechenden Feststellungen in allgemeinen Qualitätsangaben wie "erheblich gestreckt" und "gute Qualität", ohne daß diese Bewertungen näher quantifiziert worden sind. Da im illegalen Handel Amphetamin in aller Regel als Zubereitung (vgl. BGH NStZ 1986, 33), also unter Beimischung von Zusatzstoffen und Streckmitteln, und häufig mit sehr geringem Wirkstoffanteil vertrieben wird, hätte der Anteil reinen Amphetamins - notfalls unter Beachtung des Zweifelssatzes im Wege der Schätzung - festgestellt werden müssen (vgl. dazu im einzelnen Weber, BtMG 2. Aufl. § 29 a Rdn. 92 f.; ferner Häufigkeitstabelle in Anhang H, S. 1620).

b) Weiterhin hätte die Strafkammer nicht offen lassen dürfen, welcher Teil der vom Angeklagten erworbenen Betäubungsmittel zum Weiterverkauf und welcher zum Eigenverbrauch bestimmt war. Denn die entsprechenden Teilmengen und ihr Verhältnis zueinander wirken sich sowohl bei der rechtlichen Einordnung als auch bei der Gewichtung der Erwerbstaten im Rahmen der Strafzumessung aus. Sie sind daher - auch insoweit notfalls unter Beachtung des Zweifelssatzes durch Schätzung - festzustellen (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 5 = StV 2002, 255; ferner bei Winkler NStZ 2002, 192).

2. Für die neuerliche Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:

a) Bei einem - hier in mehreren Fällen vorliegenden - gleichzeitigen Erwerb unterschiedlicher Betäubungsmittel ist für die Frage der nicht geringen Menge von der Gesamtmenge der jeweiligen Einzelwirkstoffe auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn keines der Betäubungsmittel für sich den entsprechenden Grenzwert erreicht (vgl. BGH NStZ 2003, 434).

b) Das Regelbeispiel des gewerbsmäßigen Handelns nach § 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG ist gemäß § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht in die Urteilsformel aufzunehmen, da es kein eigenes Unrecht darstellt und allein für die Strafrahmenwahl von Bedeutung ist (vgl. BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 7).

c) Der neue Tatrichter wird schließlich Gelegenheit haben, unter Zuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) die Voraussetzungen der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StPO) zu prüfen. Auf die entsprechenden Darlegungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts wird Bezug genommen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
NAAAC-10369

1Nachschlagewerk: nein