BFH Beschluss v. - III B 43/05

Unterhaltsleistungen an den wehrpflichtigen Sohn als außergewöhnliche Belastung

Gesetze: EStG § 33a Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Sohn des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) erhielt während seines Wehrdienstes vom 1. Januar bis Wehrsold (4 928 DM). Er nahm an der Gemeinschaftsverpflegung teil (Sachbezugswert 3 222 DM) und wurde von der Bundeswehr untergebracht (Sachbezugswert 820 DM). Für die während des Wehrdienstes beibehaltene Wohnung wurde ihm Mietbeihilfe nach dem Unterhaltssicherungsgesetz (USG) in Höhe von 6 260 DM gewährt. Da der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Mietbeihilfe zu den Bezügen i.S. des § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) rechnete, ließ er die Unterstützungsleistungen des Klägers an seinen Sohn in Höhe von 4 700 DM nicht zum Abzug zu.

Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, Mietzuschüsse beträfen den üblichen, laufenden Unterhalt. Ob durch die Einziehung zum Wehrdienst ein zusätzlicher und damit außergewöhnlicher Lebensbedarf entstanden sei, könne offen bleiben. Denn dies könne nur dazu führen, den Sachbezug für die Unterbringung in der Kaserne unberücksichtigt zu lassen. Auch bei einer Verminderung der anzusetzenden Bezüge um 820 DM verbliebe für den Kläger kein Abzugsbetrag.

Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die Beschwerde, mit welcher der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Sache geltend macht. Das FG-Urteil weiche vom (BFHE 154, 115, BStBl II 1988, 939) ab. Es handele sich bei den Mietzuschüssen um zweckgebundene Zahlungen, die einen nach Art und Höhe über das übliche Maß hinausgehenden Bedarf abdecken sollten. Da Wehrpflichtige zur Inanspruchnahme der dienstlichen Unterkunft verpflichtet seien, dienten die Mietzuschüsse nicht der Abdeckung des Wohnbedarfs während der Wehrdienstzeit, sondern der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses, um die Wohnung nach Beendigung des Wehrdienstes wieder nutzen zu können. Sie würden auch denjenigen Soldaten gewährt, die ihre Wohnung während eines Auslandseinsatzes oder der Stationierung auf einem Schiff der Bundesmarine nicht nutzen könnten. Da eine größere Anzahl von Personen von der Frage betroffen sei, ob Mietzuschüsse nach dem USG als Bezüge i.S. des § 33a EStG gewertet werden könnte, sei die Sache über den Einzelfall hinaus bedeutsam.

II. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargetan hat (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.

Die Frage, ob Mietzuschüsse für Wehrdienst leistende Soldaten zu den Bezügen i.S. von § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG gehören, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Rechtsfrage ist nur dann von grundsätzlicher Bedeutung, wenn sie klärungsbedürftig ist, weil ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt und mehrere Lösungen vertretbar sind (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 28). Das ist nicht der Fall, wenn sie sich ohne weiteres aus dem Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage —wie hier— offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat.

Da Wehr- und Zivildienst leistende Kinder im Katalog des § 32 Abs. 4 EStG nicht aufgeführt werden und Eltern deshalb für sie keinen Kinderfreibetrag und kein Kindergeld erhalten (, 2 BvR 1340/03, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2004, 694, Deutsche Steuerzeitung 2004, 458; , BFHE 196, 98, BStBl II 2001, 675), können die den Eltern für Unterhaltsleistungen entstehenden Aufwendungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (, BFHE 134, 273, BStBl II 1981, 805).

Andere Einkünfte und Bezüge des Kindes mindern den Abzugsbetrag (§ 33a Abs. 1 Satz 4 EStG). Unter Bezügen sind nach ständiger Rechtsprechung alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu verstehen, also nicht steuerbare oder —z.B. in den §§ 3 und 3b EStG— für steuerfrei erklärte Einnahmen, die nicht bereits im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkunftsermittlung erfasst werden, sofern sie zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind (, BFHE 160, 490, BStBl II 1990, 885; vom III R 37/93, BFHE 176, 114, BStBl II 1995, 527; vom  VI R 85/99, BFHE 192, 485, BStBl II 2000, 684; vom VIII R 57/00, BFHE 199, 194, BStBl II 2002, 746). Zweckgebundene Bezüge, die dem Unterhaltsberechtigten für seinen üblichen Lebensunterhalt tatsächlich nicht zur Verfügung stehen und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit deshalb nicht erhöhen, sind nicht anzurechnen (z.B. Senatsurteile in BFHE 154, 115, BStBl II 1988, 939; vom III R 111/86, BFHE 162, 231, BStBl II 1991, 62, und vom III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753).

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH gehören der —gemäß § 3 Nr. 5 EStG steuerfreie— Wehrsold, das Weihnachts- und Entlassungsgeld sowie der Sachbezugswert von Gemeinschaftsunterkunft und -Verpflegung bei Wehrpflichtigen zu den Bezügen i.S. des § 33a Abs. 1 EStG (BFH-Urteile in BFHE 134, 273, BStBl II 1981, 805; vom III R 48/89, BFHE 164, 286, BStBl II 1991, 716).

Auch die dem Sohn der Kläger gemäß § 7a USG gewährte, gemäß § 15 USG steuerfreie Mietbeihilfe gehört zu den Bezügen. Sie deckt auch den Wohnbedarf während der Wehrdienstzeit, denn Wehrpflichtige verlegen ihren Wohnsitz für die Zeit des Wehrdienstes regelmäßig nicht in die Kaserne. Dort halten sie sich, wie allgemein bekannt ist, üblicherweise lediglich im Rahmen ihrer dienstlichen Pflichten auf (d.h. nicht am Wochenende und während des Urlaubs sowie Dienstbefreiungen). Sie behalten in dieser Zeit regelmäßig ihre bisherige Wohnung bei, sei es in eigenen Räumen oder im Haushalt der Eltern oder Dritter. Dort verbleibt regelmäßig auch ihr Lebensmittelpunkt (vgl. zum Lebensmittelpunkt von Zeitsoldaten z.B. , BFHE 137, 474, BStBl II 1983, 269, und vom VI R 118/85, BFH/NV 1989, 158; , juris). Gegenteiliges hat das FG nicht festgestellt.

Das Urteil des FG weicht daher nicht vom dem BFH-Urteil in BFHE 154, 115, BStBl II 1988, 939 ab, denn die Mietzuschüsse decken den üblichen Wohnbedarf und nicht —wie Sozialhilfeleistungen im Rahmen der Altenhilfe— einen nach Art und Höhe über das Übliche hinausgehenden besonderen und außergewöhnlichen Lebensbedarf. Die zeitweilige Hinderung des Wehrpflichtigen an der Nutzung seiner Wohnung ist dabei unerheblich.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 2056 Nr. 11
FAAAB-97193