BFH Urteil v. - X R 35/04

Anwendung des § 24 UmwStG und Fortführung der Buchwerte bei Einbringung eines Einzelunternehmens in eine vom Einzelunternehmer und von einem nahen Angehörigen neu gegründete Personengesellschaft

Leitsatz

Bringt ein Einzelunternehmer nach Gründung einer Personengesellschaft mit einem nahen Angehörigen in diese das Einzelunternehmen teils für eigene Rechnung und teils für Rechnung des Angehörigen gegen Gutschrift der Buchwerte des eingebrachten Betriebsvermögens auf den Kapitalkonten der Gesellschafter ein, liegen bezüglich der Einbringung auf eigene Rechnung die Voraussetzungen des § 24 UmwStG vor. Die in den Buchwerten des für Rechnung des Angehörigen eingebrachten Betriebsvermögens enthaltenen stillen Reserven sind gemäß § 7 Abs. 1 EStDV bzw. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG fortzuführen.

Gesetze: UmwStG § 24, EStDV § 7

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war Inhaber zweier Einzelunternehmen. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom gründete er zusammen mit seinem Sohn (S) zum die X-KG (KG), an deren Vermögen sowie Gewinn und Verlust der Kläger als Komplementär mit 75 v.H. (Festkapital: 150 000 DM) und S als Kommanditist mit 25 v.H. (Festkapital: 50 000 DM) beteiligt waren.

Der Kläger leistete die Einlagen vereinbarungsgemäß dadurch, dass er seine beiden Einzelunternehmen mit allen Aktiva und Passiva zum in die neu gegründete KG einbrachte. Die in den Schlussbilanzen der beiden Einzelunternehmen ausgewiesenen (negativen) Kapitalkonten betrugen ./. 287 065 DM und ./. 23 749 DM. Diese wurden in der Eröffnungsbilanz der KG um einen Teil der in den Buchwertansätzen der aus dem bisherigen Einzelunternehmen I miteingebrachten Grundstücke ruhenden stillen Reserven in Höhe von 550 000 DM aufgestockt. Die Aufstockungsbeträge wurden gleichzeitig in einer für den Kläger bei der KG geführten negativen Ergänzungsbilanz in vollem Umfang neutralisiert.

Die für S im notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom vorgesehene Kommanditeinlage im Nominalwert von 50 000 DM, die S durch den Kläger „im Wege der Schenkung” zur Verfügung gestellt werden sollte, wurde vereinbarungsgemäß durch „Umbuchung von den Kapitalkonten” des Klägers „geleistet”.

Die Kapitalkonten der beiden Gesellschafter stellten sich demgemäß in der Gesellschaftsbilanz der KG zum wie folgt dar:


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Summe der negativen Kapitalkonten der eingebrachten Einzelunternehmen  
    - 310 814,43 DM
Zuschreibung Sachanlagen (Betriebsgrundstücke)  
  550 000,00 DM
Zwischensumme
239 185,57 DM
Komplementärkapital Kläger
- 150 000,00 DM
Kommanditkapital S
-  50 000,00 DM
Rest = variables Kapital Kläger
39 185,57 DM

Dem variablen Konto des Klägers wurden 1996 Privatentnahmen und der Verlustanteil des Klägers belastet, so dass sich zum für dieses Konto ein Sollsaldo von ./. 165 817,02 DM ergab.

Nach einer für das Streitjahr 1995 durchgeführten Außenprüfung sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) die in der KG-Bilanz zum angesetzten Aufstockungsbeträge insoweit als steuerpflichtigen Gewinn des Einzelunternehmens I an, als diese auf das „variable Kapital” des Klägers in der KG (39 185,57 DM) und „auf die Schenkung von Kommanditkapital” an S (50 000 DM) entfielen. Zur Begründung führte das FA an, in Höhe dieser Beträge seien als Gegenleistung keine Gesellschaftsrechte erworben worden. In Höhe von 50 000 DM seien eine Privatentnahme durch den Kläger und eine anschließende Schenkung an S erfolgt. Auch hinsichtlich des Betrages von 39 185,57 DM seien die stillen Reserven nicht in dem erhaltenen Mitunternehmeranteil steuerverhaftet geblieben.

Mit dem angefochtenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Gewinns 1995 stellte das FA den Gewinn aus Gewerbebetrieb des Einzelunternehmens I auf 1 049 222 DM fest.

Mit seiner nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrte der Kläger, diesen Gewinn um 89 185 DM zu reduzieren.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2005, 75).

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt, die angefochtene Vorentscheidung aufzuheben und den Gewinnfeststellungsbescheid 1995 vom dahin abzuändern, dass der Gewinn um 89 185,57 DM herabgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klagestattgabe (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

1. Zu Unrecht hat das FG angenommen, dass der Kläger im Zuge der Einbringung seiner beiden Einzelunternehmen, soweit diese Einlage auf eigene Rechnung geschah, die in den Buchwerten der eingebrachten Wirtschaftsgüter ruhenden stillen Reserven insoweit habe aufdecken müssen, als ihm der Gegenwert für die Transfers auf die KG nicht auf seinem festen Kapitalkonto, sondern —in Höhe eines Betrages von 39 185 DM— auf einem variablen Konto gutgeschrieben wurde (unten 2.). Der erkennende Senat vermag dem FG auch nicht darin zu folgen, dass der Kläger durch die schenkweise Einräumung der Kommanditbeteiligung an seinen Sohn S die in den Buchwertansätzen der auf die neu gegründete KG übertragenen Wirtschaftsgüter seiner beiden Einzelunternehmen enthaltenen stillen Reserven anteilig —in Höhe von 25 v.H.— aufgedeckt habe (unten 3.).

2. Entgegen der Auffassung von FG und FA hat der Kläger im Zuge der Einbringung seiner beiden Betriebe in die von ihm und S neu gegründete KG nicht insoweit einen Gewinn realisiert, als ihm der Gegenwert für diese Einlagen —in Höhe von 39 185 DM— auf einem variablen Konto bei der KG gutgeschrieben wurde.

a) Nach § 24 Abs. 2 und 3 des Umwandlungssteuergesetzes in der für das Streitjahr 1995 maßgeblichen Fassung (im Folgenden: UmwStG) darf bei der Einbringung eines Betriebes in eine Personengesellschaft in der Weise, dass der Einbringende Mitunternehmer der Personengesellschaft wird, die Personengesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert (höchstens mit dem Teilwert), ansetzen. Der Wert, mit dem das eingebrachte Betriebsvermögen in der Bilanz der Personengesellschaft einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter angesetzt wird, gilt nach § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG für den Einbringenden als Veräußerungspreis. Ein Einbringungsgewinn entsteht danach nur, wenn und soweit in der Bilanz der Personengesellschaft einschließlich der Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter in Ausübung des Wahlrechts für die Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebes höhere Werte als die bisherigen Buchwerte angesetzt werden.

b) Ein vergleichbares Wahlrecht besteht hingegen nicht, wenn ein Betrieb gegen Geld oder andere Wirtschaftsgüter veräußert wird. In diesem Fall entsteht ein zu versteuernder Gewinn, der ggf. nach den §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigt im Zeitpunkt seiner Entstehung zu versteuern ist (vgl. , BFHE 176, 392, BStBl II 1995, 599, unter 1., und vom III R 38/00, BFH/NV 2005, 767, unter II.2.a).

c) Der Kläger brachte seine beiden Einzelunternehmen mit allen Aktiva und Passiva teils für eigene Rechnung —gegen die Gewährung einer Gesellschaftsbeteilung in Höhe von 75 v.H.— und teils für Rechnung des S —gegen Gewährung einer Gesellschaftsbeteiligung an diesen in Höhe von 25 v.H.— in die zwischen ihm und S gegründete KG ein (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123, betreffend entgeltliche Aufnahme eines Dritten in das bisherige Einzelunternehmen).

d) Soweit der Kläger seine beiden Betriebe für eigene Rechnung in die KG einbrachte, erfüllte er im Grundsatz die Voraussetzungen des § 24 UmwStG.

aa) Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Kläger nicht „ganze” Betriebe, sondern —weil er sämtliche Wirtschaftsgüter der beiden Einzelunternehmen bereits vor der Einbringung quotal (in Höhe von 25 v.H.) unentgeltlich auf seinen Sohn S übertragen habe— lediglich Bruchteile aller Betriebsvermögensgegenstände seiner beiden Betriebe (in Höhe von 75 v.H.) an die KG übertragen habe (näher dazu unten 3.b).

Selbst wenn man aber von einer solchen vorherigen quotalen Übertragung ausginge, würde dies entgegen einer in der Literatur vereinzelt vertretenen Ansicht (vgl. z.B. Patt in Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Steuerreform I, 1999/2000/2002, § 6 EStG Rz. R 99; Geissler, Finanz-Rundschau —FR— 2001, 1029, 1033) im hier zu erörternden Zusammenhang zu keinem anderen Ergebnis führen, weil die in § 24 UmwStG angeordneten Rechtsfolgen nach ständiger, durch das sog. Einbringungsurteil (, BFHE 119, 285, BStBl II 1976, 748) begründeter Rechtsprechung des BFH und ganz herrschender Lehre auch dann eingreifen, wenn nur einzelne Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine Personengesellschaft eingebracht werden (vgl. auch , BFHE 197, 411, BStBl II 2002, 420).

bb) Die KG hatte daher hinsichtlich der auf den Kläger entfallenden Beteiligungsquote (75 v.H.) grundsätzlich die Wahl, das vom Kläger eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz einschließlich der für den Kläger geführten Ergänzungsbilanz mit dem Buchwert, dem Teilwert oder einem Zwischenwert anzusetzen (§ 24 Abs. 2 UmwStG). Von diesem Wahlrecht hat die KG in der Weise Gebrauch gemacht, dass die Buchwerte angesetzt wurden. Zwar wurden in der Gesellschaftsbilanz der KG für die vom Kläger aus dem Einzelunternehmen I eingebrachten Grundstücke (unter teilweiser Aufdeckung der stillen Reserven) Zwischenwerte angesetzt. Diese wurden indes zulässigerweise in der für den Kläger eingerichteten Ergänzungsbilanz in vollem Umfang neutralisiert.

cc) Das gilt zunächst von vorneherein insoweit, als dem Kläger der Gegenwert für seine Einlagen —in Höhe von 150 000 DM— auf seinem für die Vermögens- und Ergebnisbeteiligung maßgebenden festen Kapitalkonto („Kapitalkonto I”) gutgeschrieben wurde.

Dies trifft darüber hinaus entgegen der Ansicht des FG aber auch insoweit zu, als der Gegenwert für die Einlagen des Klägers —in Höhe von 39 185 DM— auf dem für ihn bei der KG geführten variablen Konto verbucht wurden. Denn bei diesem Konto handelte es sich nicht etwa —wie das FG ohne nähere Begründung angenommen hat— um ein Darlehenskonto, sondern vielmehr um ein „echtes” Kapitalkonto. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Nach den von der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteile vom I R 394/83, BFHE 152, 543, BStBl II 1988, 551; vom IV R 80/95, BFHE 181, 148, BStBl II 1997, 36; vom IV R 16/99, BFHE 191, 539, BStBl II 2001, 171) zur Abgrenzung eines (variablen) Kapitalkontos von einem Darlehenskonto des Personengesellschafters entwickelten Grundsätzen (zu deren Maßgeblichkeit auch im Anwendungsbereich des § 24 UmwStG vgl. den zutreffenden Hinweis in den , BStBl I 1998, 268, 339 Tz. 24.08 i.V.m. dem Schreiben vom , BStBl II 1997, 627, unter Nr. 4), muss die Rechtsnatur eines für den Gesellschafter bei der Personengesellschaft geführten variablen Kontos im Wege der Auslegung des Gesellschaftsvertrages unter Berücksichtigung der von den Gesellschaftern beabsichtigten zivilrechtlichen Folgen bestimmt werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 152, 543, BStBl II 1988, 551). Um eine schuldrechtliche Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft und nicht um Eigenkapital der Gesellschaft handelt es sich bei dem Guthaben auf dem zweiten Konto dann, wenn der Gesellschafter insoweit einen unentziehbaren, nur nach den §§ 362 bis 397 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erlöschenden Anspruch gegen die Gesellschaft haben soll, der auch in der Insolvenz der Gesellschaft wie eine Forderung eines Dritten geltend gemacht werden kann und der noch vor der eigentlichen Auseinandersetzung über das Gesellschaftsvermögen zu erfüllen ist, also nicht lediglich einen Teil des Auseinandersetzungsguthabens darstellt. Für die Bestimmung der Rechtsnatur des sog. zweiten Kontos kommt es hingegen nicht entscheidend auf dessen (äußerliche) Bezeichnung (z.B. als Kapitalkonto, Verrechnungskonto oder Darlehenskonto) an. Auch der Umstand, dass der Gesellschafter nicht sofort über sein Guthaben verfügen kann, spricht nicht ohne weiteres gegen dessen Fremdkapitalcharakter, weil auch Gesellschafterdarlehen mit Kündigungsbeschränkungen versehen sein können, die Entnahmebeschränkungen beim Eigenkapital wirtschaftlich vergleichbar sind.

Entscheidend für den Eigenkapitalcharakter des zweiten Kontos spricht dagegen eine gesellschaftsvertragliche Regelung, wonach auf diesem Konto auch Verlustanteile des Gesellschafters verbucht werden (vgl. auch Huber, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht —ZGR— 1988, 1, 70 ff.). Sind nämlich die Gutschriften auf dem zweiten Konto mit künftigen Verlustanteilen zu verrechnen, kann von „echten” Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft und damit von Fremdkapital nicht die Rede sein. Der Gesellschafter erlangt durch eine solche Gutschrift keinen unentziehbaren Anspruch gegen die Gesellschaft. Vielmehr nimmt er mit seinem Guthaben an den Risiken des Unternehmens teil. Derartiges Risikokapital ist als Einlage, nicht als Darlehensforderung zu qualifizieren. Denn mit dem Begriff des Darlehens ist eine Verlustbeteiligung des Gesellschafters grundsätzlich unvereinbar.

dd) Nach diesen Maßstäben ist davon auszugehen, dass dem in Rede stehenden „variablen Kapitalkonto” die Rechtsnatur von Eigenkapital der KG zukam. Für die gegenteilige Annahme fehlt es an jedwedem Anhalt. Entscheidend gegen den Darlehenscharakter und für den Eigenkapitalcharakter des „variablen Kapitalkontos” spricht vor allem der Umstand, dass auf diesem Konto auch die Verlustanteile des Klägers verbucht wurden.

3. Der erkennende Senat folgt dem FG auch nicht darin, dass der Kläger —soweit er seine Betriebe für Rechnung des S in die KG einbrachte— die in den Buchwerten der auf die KG übertragenen Wirtschaftsgüter enthaltenen stillen Reserven anteilig —d.h. in Höhe von 25 v.H.— aufgedeckt und damit einen laufenden Gewinn erzielt habe.

a) Insoweit erfüllte der Kläger allerdings —in eigener Person— nicht die Voraussetzungen des § 24 UmwStG. Vielmehr lag ein von der Einbringung (für eigene Rechnung) gemäß § 24 UmwStG getrennt zu beurteilender Übertragungsvorgang vor (zur vergleichbaren Sichtweise im Falle der entgeltlichen Aufnahme eines Dritten in das bisherige Einzelunternehmen vgl. BFH-Beschluss in BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123, unter C.II. vor 1.).

Indessen führte dieser Transfer entgegen der vom FG und Teilen des Schrifttums (vgl. Patt in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Rz. R 99; Gratz in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Rz. 1368) befürworteten Meinung nicht zu einer durch eine Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG) ausgelösten partiellen —im Streitfall 25 %-igen— Aufdeckung der in den Buchwertansätzen des vom Kläger auf die KG übertragenen Betriebsvermögens ruhenden stillen Reserven. Dies folgt aus der im Streitfall gebotenen sinngemäßen Anwendung des § 7 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV). Durch die teilweise (in Höhe von 25 v.H.) für Rechnung des S vollzogene Einbringung seiner Betriebe in die KG verschaffte der Kläger dem S unentgeltlich einen Mitunternehmeranteil; dies ermöglichte es dem S, den Buchwert des durch diesen Mitunternehmeranteil mediatisierten vermögensmäßigen Anteils an dem eingebrachten Betriebsvermögen fortzuführen.

b) Der Senat teilt nicht die in den (BStBl I 1973, 638) und vom (BStBl I 1978, 235, 245 Tz. 73 bis 76) sowie von Teilen der Literatur (vgl. z.B. Patt in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Rz. R 99; Gratz in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Rz. 1368) vertretene Ansicht, dass der bisherige Einzelunternehmer im Falle der entgeltlichen oder unentgeltlichen Aufnahme eines Dritten in das Unternehmen vorab —in einem ersten Schritt— ideelle Anteile an den in die Personengesellschaft eingebrachten Wirtschaftsgütern an den Dritten veräußere bzw. schenkweise übertrage und dass alsdann —in einem zweiten Schritt— der bisherige Einzelunternehmer und der Dritte die zurückbehaltenen bzw. erworbenen Eigentumsanteile in die Personengesellschaft einlegten.

aa) Dieser Vorstellung, die zur Konsequenz hätte, dass der Kläger die entsprechenden Bruchteile der einzelnen Wirtschaftsgüter vor deren Einbringung in die KG entnommen hätte und die anteiligen stillen Reserven mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 EStDV versteuern müsste (vgl. Patt in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Rz. R 99; Gratz in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Rz. 1368), ist der BFH bereits in seinem Urteil vom VIII R 138/80 (BFHE 135, 551, BStBl II 1982, 622) entgegengetreten. Er hat dort für den —bezüglich der Bestimmung des Übertragungsgegenstands vergleichbaren— Fall der entgeltlichen Aufnahme eines Dritten in das bisherige Einzelunternehmen ausgeführt, der bisherige Einzelunternehmer bringe das Unternehmen für eigene Rechnung und für Rechnung des Dritten in die neu gegründete Personengesellschaft ein und erfülle damit auch dessen Einlageverpflichtung. Für beide Einlagen gelte § 24 UmwStG. Der Dritte erwerbe sodann sogleich einen Gesellschafts- und Mitunternehmeranteil, während der bisherige Einzelunternehmer die Ausgleichszahlung als zusätzliches Entgelt neben seinem Gesellschaftsanteil erhalte.

bb) Auch die spätere Rechtsprechung des BFH hat an dieser Sichtweise festgehalten. So hat der Große Senat des BFH in seinem Beschluss in BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123 hervorgehoben, dass der (entgeltlich erwerbende) Dritte mit der Einbringung des Unternehmens durch den bisherigen Einzelunternehmer in die Personengesellschaft im Wege der „Abspaltung” aus dem Betriebsvermögen des bisherigen Einzelunternehmens einen Mitunternehmeranteil erhalte.

cc) Letzteres gilt auch für den hier zu beurteilenden Fall der unentgeltlichen Aufnahme des S in die bisherigen Einzelunternehmen des Klägers. Dabei kann der Senat offen lassen, ob der von der Gegenauffassung befürwortete Weg über die Vorabübertragung von Bruchteilseigentum durch den Kläger an S an allen (aktiven) Wirtschaftsgütern der beiden Betriebe und der (partiellen) Schuld(mit-)Übernahme hinsichtlich sämtlicher Verbindlichkeiten der beiden Betriebe überhaupt gangbar gewesen wäre (verneinend offenbar Groh, Der Betrieb —DB— 2001, 2162, insbesondere unter Hinweis darauf, dass eine Bruchteilsberechtigung am Geschäftswert nicht vorstellbar sei; zu den Schwierigkeiten dieses Weges vgl. auch Offerhaus in Festschrift für S. Widmann, S. 441, 449 f.). Jedenfalls ist er von den Beteiligten (Kläger und S) nicht beschritten worden. Nach den Feststellungen des FG über den Inhalt der zwischen dem Kläger und S (insbesondere im Gesellschaftsvertrag) getroffenen Vereinbarungen ergibt sich nicht der geringste Anhalt dafür, dass S vor der Einbringung der Betriebe durch den Kläger in die KG mit ideellen Bruchteilen an den einzelnen aktiven und passiven Wirtschaftsgütern der (später) in die KG eingebrachten Betriebe beteiligt werden sollte. Damit übereinstimmend haben die späteren Gesellschafter der KG denn auch vor den Einbringungen der Betriebe in die KG keinerlei zivilrechtliche Maßnahmen zur Verwirklichung solcher „Bruchteilsübertragungen” an den einzelnen Wirtschaftsgütern ergriffen.

dd) Die Anwendung der hier abgelehnten Ansicht von der vor der Einbringung der Betriebe stattfindenden „Bruchteilsübertragung” an den einzelnen Wirtschaftsgütern würde nicht nur der Zivilrechtslage widersprechen (zur zivilrechtlichen Deutung der hier zu beurteilenden schenkweisen Aufnahme eines Kommanditisten in das bisherige Einzelunternehmen als unentgeltliche Zuwendung des Kommanditanteils und nicht etwa von Bruchteilen an den einzelnen Wirtschaftsgütern des in die KG eingebrachten Betriebes vgl. z.B. , DB 1990, 1656), sondern auch in (ertrag-) steuerrechtlicher Sicht auf einer unzulässigen Fiktion beruhen (Groh, DB 2001, 2162, rechte Spalte).

ee) Nach einer anderen Auffassung (Offerhaus, a.a.O.) soll sich die Aufnahme des Dritten in das bisherige Einzelunternehmen in der Weise vollziehen, dass der bisherige Inhaber seinen Betrieb zunächst (vollen Umfangs) für eigene Rechnung einbringe, um dem Dritten erst danach —eine juristische Sekunde später— einen Anteil an seinem Mitunternehmeranteil einzuräumen (zur näheren Begründung vgl. Offerhaus, a.a.O.).

c) Unterstellt man im Streitfall eine solche Abfolge der Übertragungsvorgänge, so hätte der Kläger dem S einen Anteil an seinem Mitunternehmeranteil übertragen. In diesem Fall wendete die ganz herrschende Meinung § 7 Abs. 1 EStDV und dessen inhaltsgleiche Nachfolgebestimmung des § 6 Abs. 3 EStG auch schon vor deren (klarstellenden) Ergänzung in § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (UntStFG) vom (BGBl I 2001, 3858) analog oder sinngemäß an (vgl. z.B. Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 24. Aufl., § 16 Rz. 430, m.w.N.). Dieser schon zur hier noch maßgeblichen alten Rechtslage ganz überwiegenden Auffassung über die in diesem Fall gebotene analoge Anwendung des § 7 Abs. 1 EStDV folgt auch der erkennende Senat. Damit stimmt überein, dass die ständige Rechtsprechung und herrschende Lehre auch die (entgeltliche) Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils im Rahmen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. vor der Gesetzesänderung durch das UntStFG der Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils gleichgestellt hatte (vgl. z.B. , BFHE 176, 520, BStBl II 1995, 407, m.w.N. der vorangegangenen Rechtsprechung des BFH, und vom IV R 11/03, BFHE 207, 274, BStBl II 2004, 1068, m.w.N.; R 139 Abs. 4 der Einkommensteuer-RichtlinienEStR— bis 2001).

d) Der Senat kann offen lassen, ob er sich der unter b ee skizzierten Ansicht über die zeitliche Reihenfolge der Übertragungsakte anschließen könnte. Bedenken gegen ihre Anwendung auf den Streitfall bestehen insbesondere deswegen, weil sich aus den zwischen dem Kläger und S (im Gesellschaftsvertrag) getroffenen Vereinbarungen und aus deren anschließendem Vollzug keine hinlänglichen Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass sich die Übertragungsvorgänge in solchen zeitlich aufeinander folgenden Schritten ereignen sollten und ereignet haben. Die Annahme, dass die Vertragsbeteiligten im Streitfall diesen —zweifelsohne gangbaren— zweitaktigen „Übertragungsweg” beschritten hätten, ist deswegen —in ähnlicher Weise wie die unter b aa verworfene Deutung— dem Einwand ausgesetzt, dass sie auf einer —unzulässigen— Fiktion beruhe (so insbesondere Groh, DB 2001, 2162, 2163; ablehnend z.B. auch Reiß in Kirchhof, KommpaktKommentar zum Einkommensteuergesetz, 5. Aufl., § 16 Rz. 35). Der Senat neigt daher dazu, dass der Vermögenszugang bei S zeitgleich mit der Einbringung der Betriebe durch den Kläger in die KG eingetreten ist (vgl. auch Groh, DB 2001, 2162, 2163, und Reiß in Kirchhof, a.a.O.).

Auch bei Zugrundelegung dieser Annahme führt aber die schenkweise Verschaffung des Kommanditanteils durch den Kläger an S in sinngemäßer Anwendung des § 7 Abs. 1 EStDV nicht zu einer anteiligen (25 %-igen) Aufdeckung der in den Buchwertansätzen der vom Kläger in die KG eingebrachten Wirtschaftsgüter seiner Einzelunternehmen ruhenden stillen Reserven (im Ergebnis ganz herrschende Meinung; vgl. z.B. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz. 204, m.w.N.; Reiß in Kirchhof, a.a.O., § 16 Rz. 38; derselbe in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 16 Rz. B 74; Groh, DB 2001, 2162 ff.; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Kommentar, § 24 UmwStG Rz. 168;  K, DB 1999, 1980; , Deutsche Steuer-Zeitung 2000, 573).

Mit der Einbringung seines Betriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen der KG spaltete der Kläger, soweit diese Einbringung für Rechnung des S erfolgte, von seinem Betriebsvermögen einen ideellen Anteil in Höhe von 25 v.H. ab, den S erwarb und als Mitunternehmeranteil fortführte. Der Kläger bewirkte also dasselbe wie der Gesellschafter, der sich unentgeltlich eines Teils seines Mitunternehmeranteils entäußert und kann deshalb im Hinblick auf die Anwendung des § 7 Abs. 1 EStDV nicht anders gestellt werden als dieser (so zutreffend Groh, DB 2001, 2162, 2163, rechte Spalte, m.w.N.). Dass dieses Ergebnis dem Willen des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprach, wird nicht zuletzt durch die Einfügung des 2. Halbsatzes in § 6 Abs. 3 EStG i.d.F. des UntStFG, dem nach der amtlichen Gesetzesbegründung lediglich klarstellende Bedeutung zukommt (vgl. BTDrucks 14/7084, S. 7; BRDrucks 638/01, S. 49) bestätigt.

e) Soweit danach die Einbringung der Betriebe durch den Kläger —in Höhe von 25 v.H.— für Rechnung des S erfolgte, hat dieser in sinngemäßer Anwendung des § 7 Abs. 1 EStDV die stillen Reserven der auf die KG transferierten Wirtschaftsgüter fortgeführt. Der Klarstellung halber bemerkt der Senat, dass diesem Umstand durch die Führung einer negativen Ergänzungsbilanz für S in Höhe von 25 v.H. der bislang in vollem Umfang in der für den Kläger gebildeten negativen Ergänzungsbilanz erfassten Korrekturwerte Rechnung getragen werden muss; die für den Kläger geführte Ergänzungsbilanz ist entsprechend zu korrigieren.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 521 Nr. 3
KÖSDI 2006 S. 15115 Nr. 6
NWB-Eilnachricht Nr. 28/2006 S. 7
StuB-Bilanzreport Nr. 8/2006 S. 317
RAAAB-73877