EuGH Urteil v. - C-315/00

Begriff der "Vermietung eines Grundstücks" bei Fertighausbauten

Leitsatz

[1] Die Vermietung eines Gebäudes, das aus Fertigteilen errichtet wird, die so in das Erdreich eingelassen werden, dass sie weder leicht demontiert noch leicht versetzt werden können, stellt die Vermietung eines Grundstücks im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern dar, auch wenn dieses Gebäude nach Beendigung des Mietvertrags entfernt und auf einem anderen Grundstück wieder verwendet werden soll.

Für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei einer Vermietung um die Vermietung eines Grundstücks im Sinne dieser Bestimmung handelt, kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter dem Mieter das Grundstück und das Gebäude oder nur das Gebäude überlässt, das er auf dem Grundstück des Mieters errichtet hat, da sich diese Vermietung auf das Gebäude allein beziehen kann.

( vgl. Randnrn. 35, 40-41, Tenor 1-2 )

Gesetze: Richtlinie 77/388 Art. 13 Teil B Buchst. b

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf), ,

Gründe

1 Der beim Gerichtshof eingegangen am , gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Maierhofer (im Folgenden: Kläger) und dem Finanzamt Augsburg-Land (im Folgenden: Finanzamt) darüber, ob der Kläger in Bezug auf Umsätze aus der Vermietung eines aus Fertigteilen errichteten Gebäudes der Mehrwertsteuer unterliegt.

Gemeinschaftsrecht

3 Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie sieht vor:

Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt..."

4 Artikel 4 der Sechsten Richtlinie bestimmt:

(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.

(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.

(3) Die Mitgliedstaaten können auch solche Personen als Steuerpflichtige betrachten, die gelegentlich eine der in Absatz 2 genannten Tätigkeiten ausüben und insbesondere eine der folgenden Leistungen erbringen:

a) die Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn sie vor dem Erstbezug erfolgt. Die Mitgliedstaaten können die Einzelheiten der Anwendung dieses Kriteriums auf Umbauten von Gebäuden und den Begriff ,dazugehöriger Grund und Boden festlegen.

Die Mitgliedstaaten können andere Kriterien als das des Erstbezugs bestimmen, z. B. den Zeitraum zwischen der Fertigstellung des Gebäudes und dem Zeitpunkt seiner ersten Lieferung, oder den Zeitpunkt zwischen dem Erstbezug und der späteren Lieferung, sofern diese Zeiträume fünf bzw. zwei Jahre nicht überschreiten.

Als Gebäude gilt jedes mit dem Boden fest verbundene Bauwerk;

..."

5 Artikel 13 Teil B der Sechsten Richtlinie bestimmt:

Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

...

b) die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit Ausnahme

1. der Gewährung von Unterkunft im Hotelgewerbe entsprechend den gesetzlichen Begriffsbestimmungen der Mitgliedstaaten oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern oder auf als Campingplätze erschlossenen Grundstücken,

2. der Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen,

3. der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen,

4. der Vermietung von Schließfächern.

Die Mitgliedstaaten können weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich dieser Befreiung vorsehen."

Nationales Recht

6 Das Umsatzsteuergesetz 1993 (BGBl. I 1979, S. 565, im Folgenden: UStG) in seiner im Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung bestimmt in § 1, dass der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen unterliegen, die ein Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

7 § 4 UStG sieht eine Reihe von Steuerbefreiungen vor. Nach § 4 Nummer 12 Satz 1 Buchstabe a UStG sind u. a. die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerfrei.

8 Von dieser Befreiung nimmt § 4 Absatz 12 Satz 2 UStG die folgenden Umsätze aus:

Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind."

9 § 94 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bestimmt:

Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude..."

10 § 95 Absatz 1 BGB bestimmt:

Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind...."

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

11 Der Kläger vermietete dem Freistaat Bayern Gemeinschaftsunterkünfte mit Umgriff" (d. h. mit dem dazu notwendigen Grund und Boden) zur vorläufigen Unterbringung von Asylbewerbern. Als Vertragsdauer waren jeweils mindestens fünf Jahre mit Verlängerungsmöglichkeit vereinbart.

12 Einige der Gemeinschaftsunterkünfte befanden sich auf einem Grundstück, das der Kläger von einer Gebietskörperschaft gemietet hatte, andere auf Grundstücken, die der Freistaat Bayern selbst gemietet hatte. In beiden Fällen waren die Grundstücke nach Ende des Mietverhältnisses vollständig geräumt zurückzugeben.

13 Der Kläger hatte die Gemeinschaftsunterkünfte auf diesen Grundstücken als ein- und zweistöckige Gebäude - Fertighäusern vergleichbar - aus vorgefertigten Teilen errichtet. Die Gebäude standen auf Sockeln aus Beton, die auf einem in das Erdreich eingelassenen Betonfundament errichtet worden waren. Die aus Platten bestehenden Wände waren mit den in das Fundament eingelassenen Befestigungsbolzen verschraubt. Die Dachstühle waren mit Dachziegeln gedeckt. Die Fußböden und Wände der Sanitär- und Küchenräume waren gefliest. Das auf das Fundament aufgesetzte Gebäude konnte aufgrund des für seine Herstellung verwendeten Bausystems jederzeit von acht Personen innerhalb von zehn Tagen zur Wiederverwertung demontiert werden.

14 Vorsteuerbeträge hatte der Kläger für die 1992 erfolgte Errichtung der Gebäude nicht abgezogen. Für die Jahre 1993 bis 1995 meldete er steuerfreie Umsätze durch Vermietung von Grundstücken nach § 4 Nummer 12 Satz 1 Buchstabe a UStG an.

15 Das Finanzamt besteuerte die Vermietungsumsätze des Klägers gleichwohl mit dem allgemeinen Steuersatz, weil sich diese nicht auf Grundstücke, sondern nur auf Gebäude als so genannte Scheinbestandteile im Sinne von § 95 BGB bezogen hätten. Es berücksichtigte bei der Steuerfestsetzung auch Vorsteuerbeträge.

16 Das Finanzgericht (Deutschland) wies die Klage des Klägers gegen die entsprechenden Steuerbescheide ab.

17 Daraufhin legte der Kläger Revision beim Bundesfinanzhof ein. Er rügt, dass § 4 Nummer 12 Satz 1 Buchstabe a UStG, gemessen an der Sechsten Richtlinie, fehlerhaft angewandt worden sei.

18 Der Bundesfinanzhof vertritt die Auffassung, § 4 UStG, der Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie umsetze, schließe eine Mehrwertsteuerbefreiung für Umsätze wie die des Klägers, die in der Vermietung vorübergehend errichteter Gebäude bestuenden, nicht ausdrücklich aus. Nach der Rechtsprechung der deutschen Gerichte sei jedoch § 4 Nummer 12 Satz 1 Buchstabe a UStG im Einklang mit dem deutschen Zivilrecht und insbesondere mit § 95 Absatz 1 Sätze 1 und 2 BGB auszulegen, wonach Sachen - auch Gebäude -, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden seien, nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehörten. Die Vermietung solcher Gebäude sei daher ein steuerpflichtiger Umsatz.

19 Der Bundesfinanzhof hat jedoch Zweifel, ob die Auffassung der deutschen Gerichte mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, und hält daher eine Vorlage der folgenden Fragen an den Gerichtshof für erforderlich:

1. Fällt unter den Begriff Vermietung von Grundstücken" in Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Richtlinie 77/388/EWG die entgeltliche Überlassung eines aus Fertigteilen errichteten Gebäudes, das nach Vertragsbeendigung entfernt werden muss und auf einem anderen Grundstück wieder verwendet werden kann?

2. Ist insoweit von Bedeutung, ob der Vermieter dem Mieter das Grundstück und das Gebäude oder nur das Gebäude überlässt, das er auf dem Grundstück des Mieters errichtet hat?

Zur ersten Frage

20 Mit seiner ersten Frage ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Klärung der Bedeutung des in Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie verwendeten Begriffes Vermietung von Grundstücken".

21 Nach Ansicht der deutschen Regierung ist eine genaue Definition des Begriffes Vermietung von Grundstücken" entbehrlich, da die Mitgliedstaaten nach Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie neben den in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausnahmen weitere Ausnahmen vorsehen könnten; von dieser Möglichkeit habe der deutsche Gesetzgeber auch Gebrauch gemacht. Nach Verwaltungsanweisungen, die mit Zustimmung des Bundesrates ergangen seien, stelle nämlich die Vermietung von aus Fertigteilen errichteten, nur vorübergehend mit dem Grund und Boden verbundenen Gebäuden keine Vermietung eines Grundstücks im Sinne des BGB dar und sei daher von der für die Vermietung von Grundstücken vorgesehenen Umsatzsteuerbefreiung ausgenommen.

22 Hierzu ist jedoch zum einen festzustellen, dass nach § 4 UStG, der Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie umsetzt, die Vermietung von Grundstücken grundsätzlich steuerfrei ist und nur bestimmte besondere Vermietungsumsätze, die im Großen und Ganzen den in Artikel 13 Teil B Buchstabe b Absatz 1 Nummern 1 bis 4 der Sechsten Richtlinie genannten entsprechen, von der Befreiung ausgenommen sind. § 4 UStG enthält keine weiteren Ausnahmen und schließt insbesondere aus Fertigteilen errichtete Gebäude nicht ausdrücklich aus.

23 Zum anderen ist hinsichtlich der Verwaltungsanweisungen, auf die die deutsche Regierung Bezug nimmt, festzustellen, dass der Bundesfinanzhof diese in seinem Vorlagebeschluss noch nicht einmal erwähnt. Wie sich zudem aus der mündlichen Verhandlung ergibt, haben diese Anweisungen, auch wenn der Bundesrat ihnen zugestimmt hat, nur Weisungscharakter und stellen keine Gesetzesbestimmung wie § 4 UStG dar. Sie können daher keine weiteren Ausnahmen im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe b Absatz 2 der Sechsten Richtlinie einführen.

24 Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Bundesrepublik Deutschland bei der Umsetzung der Sechsten Richtlinie von der Möglichkeit nach Artikel 13 Teil B Buchstabe b dieser Richtlinie, andere Ausnahmen als die dort ausdrücklich vorgesehenen einzuführen, keinen Gebrauch gemacht hat.

25 Des Weiteren stellen die in Artikel 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiungen nach ständiger Rechtsprechung eigenständige Begriffe des Gemeinschaftsrechts dar und erfordern daher eine gemeinschaftsrechtliche Definition (vgl. Urteil vom in der Rechtssache C-358/97, Slg. 2000, I-6301, Randnr. 51).

26 Mithin kann die Auslegung des Begriffes Vermietung von Grundstücken" im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie nicht von der Auslegung abhängen, die ihm im Zivilrecht eines Mitgliedstaats gegeben wird. Entgegen der Auffassung der deutschen Regierung ist es daher erforderlich, die Bedeutung dieses Begriffes zu prüfen.

27 Bei der Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift sind deren Wortlaut sowie ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. Urteile vom 14. Oktober 1999 in der Rechtssache C-223/98, Adidas, Slg. 1999, I-7081, Randnr. 23, und vom in der Rechtssache C-191/99, Kvaerner, Slg. 2001, I-4447, Randnr. 30).

28 Die Bedeutung des Begriffes Vermietung von Grundstücken" wird in Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie nicht ausdrücklich festgelegt. Daher ist zu prüfen, in welchem Kontext diese Bestimmung steht und welche Ziele mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden.

29 Aus Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie ergibt sich, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber im Gegensatz zur Vermietung von Grundstücken, die grundsätzlich steuerfrei sein soll, die Vermietung beweglicher Gegenstände der Besteuerung unterwerfen wollte.

30 So hat der Gerichtshof entschieden, dass eine nationale Rechtsvorschrift, die die nach Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie ausschließlich der Vermietung von Grundstücken vorbehaltene Befreiung von der Mehrwertsteuer auf die Vermietung bestimmter beweglicher Gegenstände erstreckte, gegen diese Richtlinie verstieß (Urteil vom in der Rechtssache C-60/96, Kommission/Frankreich, Slg. 1997, I-3827, Randnr. 16).

31 In der Rechtssache, die zu dem Urteil Kommission/Frankreich führte, ging es um Wohnanhänger, Zelte, Mobilheime und Freizeitunterkünfte. Diese als bewegliche Gegenstände qualifizierten Güter waren dadurch gekennzeichnet, dass es sich entweder um mobile - so Wohnanhänger und Mobilheime - oder leicht versetzbare - so Zelte und leichte Freizeitunterkünfte - Gegenstände handelte.

32 Die in Randnummer 13 des vorliegenden Urteils beschriebenen Gebäude, um die es im Ausgangsverfahren geht, sind jedoch weder mobil noch leicht versetzbar. Es handelt sich vielmehr um Gebäude, die auf Sockeln aus Beton stehen, die auf einem in das Erdreich eingelassenen Betonfundament errichtet worden sind. Sie können zwar nach Beendigung des Mietvertrags zwecks späterer Wiederverwendung demontiert werden, jedoch nur unter Einsatz von acht Personen während zehn Tagen.

33 Solche Gebäude, die aus in das Erdreich eingelassenen Konstruktionen bestehen, stellen Grundstücke dar. Hierfür kommt es darauf an, dass die Konstruktionen nicht leicht demontiert und versetzt werden können; dagegen ist es entgegen der Auffassung der deutschen Regierung nicht erforderlich, dass sie vom Boden untrennbar in diesen eingelassen sind. Auch die Dauer des Mietvertrags ist für die Beantwortung der Frage, ob die fraglichen Gebäude bewegliche Gegenstände oder Grundstücke sind, nicht entscheidend.

34 Der so definierte Gebäudebegriff entspricht demjenigen des Artikels 4 Absatz 3 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie, der die Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen betrifft. Es besteht nämlich kein Grund für eine unterschiedliche Auslegung dieses Begriffes je nachdem, ob es sich um einen Vermietungsumsatz nach Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie oder um einen Lieferumsatz nach Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie handelt.

35 Demgemäß ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Vermietung eines Gebäudes, das aus Fertigteilen errichtet wird, die so in das Erdreich eingelassen werden, dass sie weder leicht demontiert noch leicht versetzt werden können, die Vermietung eines Grundstücks im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie darstellt, auch wenn dieses Gebäude nach Beendigung des Mietvertrags entfernt und auf einem anderen Grundstück wieder verwendet werden soll.

Zur zweiten Frage

36 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei einer Vermietung um die Vermietung eines Grundstücks im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie handelt, darauf ankommt, ob der Vermieter dem Mieter das Grundstück und das Gebäude oder nur das Gebäude überlässt, das er auf dem Grundstück des Mieters errichtet hat.

37 Nach Ansicht des Klägers und der Kommission hängt die Qualifikation eines Umsatzes als Vermietung eines Gebäudes hiervon in keiner Weise ab.

38 Demgegenüber hält es die Regierung des Vereinigten Königreichs für bedeutsam, dass der Vermieter dem Mieter nicht nur das Gebäude selbst, sondern auch das Grundstück, auf dem es errichtet worden ist, überlasse. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass die steuerpflichtige Erbringung von Dienstleistungen, wie Bau- oder Reparaturarbeiten an einem Gebäude, als steuerfreier Umsatz aus der Vermietung eines Gebäudes ausgegeben werde.

39 Hierzu ist festzustellen, dass Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie die steuerfreien Umsätze nach der Art der bewirkten Umsätze definiert. Um festzustellen, ob ein Umsatz durch Vermietung oder aber durch Bau- oder Reparaturarbeiten bewirkt wird, ist unabhängig davon, wie er möglicherweise deklariert wird, sein Wesen zu berücksichtigen (vgl. zu Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie Urteil vom in der Rechtssache C-349/96, CPP, Slg. 1999, I-973, Randnr. 29).

40 Wie sich zudem aus der Antwort auf die erste Frage ergibt, kann sich die Vermietung eines Grundstücks auf ein Gebäude allein beziehen. Für eine Qualifikation als Vermietung eines Grundstücks im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie ist es nicht erforderlich, dass sich die Vermietung sowohl auf das Gebäude als auch auf das Grundstück bezieht, auf dem es errichtet worden ist.

41 Somit ist auf die zweite Frage zu antworten, dass es für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei einer Vermietung um die Vermietung eines Grundstücks im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie handelt, nicht darauf ankommt, ob der Vermieter dem Mieter das Grundstück und das Gebäude oder nur das Gebäude überlässt, das er auf dem Grundstück des Mieters errichtet hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

42 Die Auslagen der deutschen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Fundstelle(n):
UAAAB-72719

1Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg