BFH Beschluss v. - VI B 105/04

Doppelte Haushaltsführung

Leitsatz

Für den Abzug sowohl der Aufwendungen bei Fahrten von einer entfernter liegenden Wohnung zur Arbeitsstätte als auch der notwendigen Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung kommt es auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen an. Doch kann nur dann von notwendigen Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung gesprochen werden, wenn außerdem eine Nutzung der Wohnung aus eigenem Recht sowie eine Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung gegeben ist.

Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, § 4 Abs. 5

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) sind nicht erfüllt.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kann die Revision nach ständiger Rechtsprechung nur dann zugelassen werden, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer bisher ungeklärten Rechtsfrage abhängt, deren Beantwortung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. u.a. , BFHE 188, 372, BStBl II 2000, 254; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein (vgl. z.B. , BFH/NV 2004, 495; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz. 52). Daran fehlt es, wenn das Finanzgericht (FG) seine Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt hat, von denen nur eine grundsätzliche Bedeutung hat (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 31, m.w.N.).

Grundsätzliche Bedeutung hat nach Auffassung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) die Rechtsfrage, ob der Begriff des Lebensmittelpunkts als Voraussetzung für die Abziehbarkeit von Aufwendungen für die Fahrten von einer entfernter liegenden Wohnung zur Arbeitsstätte und von Mehraufwendungen bei einer doppelten Haushaltsführung nach den gleichen Kriterien zu beurteilen ist, und ob dabei auf die Nutzung der Wohnung aus eigenem Recht sowie auf die Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung abgestellt werden kann.

Diese Frage ist im Streitfall nicht klärungsbedürftig. Zwar kommt es für den Abzug sowohl der Aufwendungen bei Fahrten von einer entfernter liegenden Wohnung zur Arbeitsstätte als auch der notwendigen Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen an (siehe einerseits § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 6 —in den Streitjahren Satz 3— des EinkommensteuergesetzesEStG— und andererseits u.a. , BFHE 203, 386, BStBl II 2004, 16 unter II. 1. d). Die Beschwerde verkennt jedoch, dass nur dann von notwendigen Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung gesprochen werden kann, wenn außerdem eine Nutzung der Wohnung aus eigenem Recht sowie eine Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung gegeben ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 203, 386, BStBl II 2004, 16).

Das FG hat —im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. dazu Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 24. Aufl., § 9 Rz. 144, m.w.N.)— das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung verneint, weil der Kläger die Wohnung seiner Mutter und Schwester weder aus eigenem Recht benutzt, noch eine Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung nachgewiesen habe. Es ist darüber hinaus zu der Auffassung gelangt, der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen weiter dort befunden habe; deshalb könne offen bleiben, ob eine sog. unechte doppelte Haushaltsführung weiterhin anzuerkennen sei.

Den Abzug der Fahrtaufwendungen von der entfernt liegenden Wohnung der Mutter und Schwester des Klägers hat das FG andererseits deshalb versagt, weil er dort nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen unterhalten habe. Dazu hat das FG auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der doppelten Haushaltsführung verwiesen. Außerdem hat es den Werbungskostenabzug der Fahrtaufwendungen auch wegen fehlender Nachweise versagt. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich daraus jedoch nicht entnehmen, dass das FG in diesem Zusammenhang auch auf die Frage der Nutzung der dortigen Wohnung aus eigenem Recht und die Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung Bezug genommen hat. Es hat —wie sich aus den Darlegungen im Urteil ergibt— die Frage des Nachweises des Mittelpunkts der Lebensinteressen selbständig beurteilt, wie es der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht.

Hinzu kommt, dass das FG die Versagung des Werbungskostenabzugs der Fahrtaufwendungen zusätzlich mit fehlenden Nachweisen begründet hat. Dabei handelt es sich um eine selbständige, die Entscheidung tragende Begründung, zu der Revisionszulassungsgründe weder dargelegt noch ersichtlich sind.

2. Die Frage, ob ein Feuerwehrmann, der sich zwischen seinen Einsätzen in der Feuerwache aufhält, einer Einsatzwechseltätigkeit nachgeht, ist ebenfalls nicht mehr klärungsbedürftig. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass es sich dabei um eine Auswärtstätigkeit i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG und nicht um eine Einsatzwechseltätigkeit i.S. des Satzes 3 der Vorschrift handelt (, BFHE 206, 567, BStBl II 2004, 1004). Die Entscheidung des FG stimmt mit diesen Grundsätzen überein.

3. Auch ein Verfahrensfehler liegt nicht vor.

Zwar ist nach § 52 Abs. 2 FGO die Öffentlichkeit auszuschließen, wenn ein Beteiligter, der nicht Finanzbehörde ist, es beantragt. Vorliegend hat der Kläger mit Telefax vom den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt, weil damit zu rechnen sei, dass ihm Fragen bezüglich seines persönlichen Lebensbereichs bzw. seiner persönlichen Lebensumstände gestellt würden, deren Nichtbeantwortung er sich anderenfalls vorbehalten müsse.

Der Kläger hat jedoch weder an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, noch war er durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten. In der mündlichen Verhandlung wurde somit unstreitig ein Ausschluss der Öffentlichkeit nicht beantragt. Deshalb liegt in dem Unterlassen einer Entscheidung über den Ausschluss der Öffentlichkeit auch kein Verfahrensfehler (vgl. auch , BFH/NV 1996, 914). Im Streitfall kommt hinzu, dass der Kläger schriftsätzlich nach dem Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit eine Vertagung und —für den Fall, dass eine weitere Vertagung nicht erfolgen könne— eine Entscheidung nach Aktenlage angeregt hat, weil er an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Das FG konnte daher annehmen, dass sich der früher mitgeteilte Wunsch auf Ausschluss der Öffentlichkeit erledigt hatte.

Auch eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor. Da der Kläger weder selbst zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, noch seine Mutter und/oder Schwester als Zeugen benannt oder gestellt hatte, bot sich dem FG kein Anlass für eine weitere Sachverhaltsaufklärung. Im Übrigen hatte der Kläger selbst zuvor die Auffassung vertreten, dass das FG anhand der im Vorverfahren und im Klageverfahren gefertigten Schriftsätze beider Seiten entscheiden könne.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1799 Nr. 10
AAAAB-60891