BFH Urteil v. - III R 17/03

Aufwendungen eines Versicherungsvertreters für ein aus mehreren Räumen bestehendes häusliches Arbeitszimmer

Gesetze: EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der alleinstehende Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte als Versicherungsvertreter in den Streitjahren 1999 und 2000 Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Den Gewinn ermittelte er durch Einnahmeüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sein Büro befindet sich im eigenen Wohnhaus. Er nutzt zwei links vom Hauseingang gelegene Räume (14,45 qm und 16,10 qm) im Erdgeschoss, die zum Flur durch Wohnungstüren abgeschlossen sind. Zum Büro gehören unmittelbar angrenzend ein Vorraum (5,13 qm) und ein Bad/WC (6,08 qm), die gleichfalls über den Flur (9,80 qm) zu erreichen sind. Durch eine weitere Wohnungstür gelangt man vom Flur zu zwei privat genutzten Zimmern. Vom Flur führt eine Treppe nach oben in eine Diele und in die vom Kläger genutzten Wohnräume.

Mit seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1999 und 2000 machte der Kläger —ausgehend von einer Bürofläche von 45 qm und einer anteiligen Nutzfläche von 30 v.H.— für das Büro Aufwendungen in Höhe von 7 842 DM (für 1999) und von 7 541 DM (für 2000) als Betriebsausgaben geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erkannte lediglich jeweils 2 400 DM an und erhöhte die gewerblichen Gewinne entsprechend.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1524 veröffentlichtem Urteil ab. Es war der Auffassung, die Aufwendungen seien nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nur in Höhe von 2 400 DM jährlich als Betriebsausgaben abziehbar, weil das häusliche Büro des Klägers nicht den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen/beruflichen Tätigkeit bilde. Seine Außendiensttätigkeit habe bei weitem die Tätigkeit im häuslichen Büro überstiegen.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere einen Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 3 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—).

Das FG interpretiere das Merkmal des „Mittelpunkts der gesamten betrieblichen Tätigkeit” i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG ohne sachlichen Grund zu eng, so dass er, der Kläger, nicht mit seinen gewerblichen Einkünften nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert werde.

Das FG verstoße mit seiner Auslegung auch gegen die Methodenlehre, indem es lediglich grammatikalisch auslege und auf einen zeitlichen und qualitativen Schwerpunkt abstelle, ohne den wirklichen Sinn der Norm zu erforschen. Der Außendienst eines Versicherungsvertreters erstrecke sich auf eine Vielzahl von Orten und werde begriffsnotwendig nicht im Arbeitszimmer ausgeübt. Indes benötige er zwingend ein Büro, von dem aus er seine unternehmerische Tätigkeit ausüben könne. Dieser feste Arbeitsplatz sei Mittelpunkt seiner Tätigkeit, z.B. für Kundenanfragen oder für die Abgabe von Unterlagen. Es müsse auf den Mittelpunkt in räumlicher Hinsicht, nicht aber auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit abgestellt werden, um Widersprüche zwischen Satz 2 und 3 der Regelung zu vermeiden. Es könne auch nicht auf die Nutzungszeit abgestellt werden. Der Gesetzgeber habe die frühere Rechtslage nicht völlig verändert, sondern nur missbräuchliche Gestaltungen unterbinden wollen.

Sein Arbeitszimmer sei für ihn in gleicher Weise erforderlich, wie die Praxis für einen Arzt, die Kanzlei für den Anwalt oder das Büro für einen Sachverständigen, bei denen die Aufwendungen in vollem Umfang anerkannt würden.

Die Auslegung des FG verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das daraus abgeleitete Nettoprinzip dürfe nur in hinreichend sachlich gerechtfertigten Fällen durchbrochen werden. Statt des nach der individuellen Leistungsfähigkeit bemessenen Markteinkommens werde der Reinvermögenszugang besteuert. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sei indes durch die Prinzipien der Sachgerechtigkeit und der Folgerichtigkeit begrenzt. Der Gesetzgeber verstoße gegen das Totalitäts- und Universalitätsprinzip, wenn er Aufwendungen für das Arbeitszimmer nur beschränkt zum Abzug zulasse, dieses aber als Betriebsvermögen steuerverhaftet sei und nach einer Betriebsaufgabe oder Überführung in das Privatvermögen voll versteuert werden müsse.

Sachlich sei auch nicht nachzuvollziehen, warum bei 51 v.H. betrieblicher Nutzung ein Aufwand von 1 250 € anerkannt werde, bei ausschließlicher betrieblicher Nutzung in der zweiten Alternative in Satz 2 der Regelung jedoch derselbe Betrag gelte.

Gegen das Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit werde verstoßen, wenn nur auf die Tätigkeit und deren zeitlichen Umfang abgestellt werde, nicht jedoch —wie bei anderen Erwerbsaufwendungen— auf die Erforderlichkeit des Arbeitszimmers. Steuergesetze müssten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gleich belasten und ihre regelmäßige Durchsetzbarkeit gewährleisten. Dies sei bei § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG indes nicht sichergestellt.

Die Sätze 2 und 3 der Vorschrift seien auch nicht wertungskonsequent. Vereinfachungszwecknormen seien zwar zulässig, müssten aber im Einklang mit den vorgenannten Grundsätzen bleiben. Zur Verhinderung von Missbräuchen sei bei ihm, dem Kläger, eine enge Auslegung hingegen nicht notwendig.

Die Regelung differenziere unnötig. Satz 2 der Vorschrift erfasse die Alternativen, dass nur ein häusliches Arbeitszimmer vorhanden sei. Satz 3 der Regelung unterscheide gleichwohl nach dem Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit. Diese Differenzierung sei nur dann sinnvoll, wenn der Steuerpflichtige mehreren Tätigkeiten nachgehe. Die Regelung sei weder geeignet noch verhältnismäßig.

Die Entscheidung des (BVerfGE 101, 297, BStBl II 2000, 162) betreffe einen nicht vergleichbaren Sachverhalt.

Das BVerfG habe im Übrigen zu Satz 3 der Regelung anerkannt, dass der Gesetzgeber die unterschiedlichen Rechtsfolgen an der Erforderlichkeit der Aufwendungen ausrichten dürfe.

Im Urteil vom VI R 28/02 (BFHE 201, 106, BStBl II 2004, 59), das einen im Außendienst tätigen Ingenieur betreffe, beurteile der Bundesfinanzhof (BFH) das zeitliche Überwiegen einer Außendiensttätigkeit nur als Indiz, ohne damit von vornherein das Arbeitszimmer als Mittelpunkt auszuschließen, verneine aber zu Unrecht, dass ein Mittelpunkt bereits aufgrund der Ausübung nur einer Tätigkeit im Arbeitszimmer anzunehmen sei.

Der BFH verweise dazu auf die zweite Alternative in Satz 2 der Regelung, übersehe dabei aber, dass diese sich auf eine („Oder"-)Tätigkeit beziehe, Satz 3 der Regelung hingegen die gesamte betriebliche und berufliche Tätigkeit erfasse. Satz 3 der Regelung komme deshalb eine über Satz 2 hinausgehende Bedeutung zu.

Ebenso wenig überzeuge die Ansicht des BFH, der Mittelpunkt liege dort, wo die für die Tätigkeit wesentlichen Leistungen erbracht würden. Sie folge nicht aus dem Gesetz und dessen Zweck. Der BFH bestimme den Betriebsausgabenabzug damit nicht mehr nach dem Grad der Erforderlichkeit, sondern seiner Zweckmäßigkeit.

Schließlich liege auch keine Missbrauchsgefahr vor, die die Durchbrechung der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit rechtfertigen solle.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung der Einkommensteuerbescheide für 1999 und 2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer über die Höchstgrenze von 2 400 DM hinaus in Höhe von 7 842 DM für 1999 und von 7 541 DM für 2000 als Betriebsausgaben anzuerkennen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Das FG hat revisionsrechtlich fehlerfrei die Voraussetzungen für einen Abzug der vom Kläger für ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemachten Aufwendungen in den Streitjahren 1999 und 2000 nur bis zur Höchstgrenze von 2 400 DM als Betriebsausgaben zugelassen.

Die verfassungsrechtlichen Einwendungen gegen die gesetzliche Regelung sowie gegen ihre Auslegung durch das FG greifen nicht durch.

1. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind, sofern sie betrieblich veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG) nur nach Maßgabe der einschränkenden Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung als Betriebsausgaben abziehbar.

Nach dieser Bestimmung dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten für die Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Dies gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2 400 DM (1 250 €) begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

2. Zutreffend hat das FG die streitgegenständlichen Räume als Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG beurteilt.

a) Die Räume liegen im selbst genutzten Einfamilienhaus und sind daher in die häusliche Sphäre des Klägers eingebunden. Ebenso dienen sie vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten. Für die Qualifizierung als Arbeitszimmer ist es ohne Bedeutung, ob der Raum eine Betriebsstätte i.S. des § 12 der Abgabenordnung (AO 1977) darstellt (vgl. , BFHE 189, 438, BStBl II 2000, 7; vom XI R 89/00, BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185; vom X R 1/03, BFH/NV 2004, 1387, betreffend einen Handelsvertreter, und vom IV R 19/03, BFH/NV 2005, 463, jeweils m.w.N.).

b) Zwar ist die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 1. Halbsatz EStG nicht personen-, sondern objektbezogen (, BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775). Die vom Kläger genutzten Räume bilden jedoch aufgrund ihrer identischen Nutzung eine funktionale Einheit und sind daher als ein Objekt im Sinne der Regelung zu behandeln. Hierfür macht es keinen Unterschied, ob aufgrund der räumlichen Situation ein großer Raum oder mehrere kleine Räume als Arbeitszimmer genutzt werden (BFH-Urteile in BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775; in BFH/NV 2005, 463).

3. Das FG hat im Ergebnis auch zutreffend die in ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Frage, wann ein Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet, der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt.

a) Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seine berufliche und/oder betriebliche Tätigkeit teilweise in seinem Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, ist „Mittelpunkt” i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3  2. Halbsatz EStG, wenn der Steuerpflichtige im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Der „Mittelpunkt” bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen, der nur im Wege einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit festgestellt werden kann. Die darauf bezogene Würdigung aller Umstände des Einzelfalles obliegt in erster Linie dem FG als Tatsacheninstanz. Im Rahmen dieser Wertung kommt dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Hierbei kann das häusliche Arbeitszimmer selbst dann (noch) den Mittelpunkt einer beruflichen Betätigung bilden, wenn die außerhäuslichen Tätigkeiten überwiegen (, BFHE 202, 116, BStBl II 2004, 75, betreffend Handelsvertreter; in BFH/NV 2005, 463, m.w.N.).

b) Diese Grundsätze zum sog. qualitativen Mittelpunkt hat der BFH insbesondere auf Außendiensttätigkeiten angewendet.

Übt der Steuerpflichtige seine berufliche Tätigkeit teilweise zu Hause und teilweise auswärts aus, so ist der Mittelpunkt seiner gesamten Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer, wenn er dort diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Satz 3 der Regelung stellt auf den inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der Betätigung ab, was sich u.a. auch aus einem Vergleich zu der Regelung in Satz 2 der Vorschrift ergibt. Satz 2 stellt auf einen bestimmten Prozentsatz (50 v.H.) ab und legt damit ein quantitatives Tatbestandsmerkmal fest. Satz 3 Halbsatz 2 der Regelung verwendet demgegenüber den Begriff des Mittelpunkts ohne ausdrückliche zeitliche Grenze. Deshalb darf der Mittelpunktbegriff weder ausschließlich quantitativ verstanden werden noch gibt es für den Mittelpunkt von vornherein eine festgelegte zeitliche Grenze (BFH-Urteil in BFHE 201, 106, BStBl II 2004, 59).

Der VI. Senat des BFH legt in der vorgenannten Entscheidung die Vorschrift nicht nur grammatikalisch, sondern auch nach der Systematik und ihrem Sinn und Zweck aus. Diese Grundsätze hat der BFH in einer Reihe von weiteren Entscheidungen zu Außendiensttätigkeiten durchgehend bestätigt (vgl. , BFH/NV 2003, 917, betreffend einen selbständigen Layouter; vom X R 52/01, BFH/NV 2003, 1172, betreffend Konstrukteur; vom VI R 82/01, BFHE 201, 93, BStBl II 2004, 62, betreffend im Außendienst tätige Produkt- und Fachberaterin; vom VI R 104/01, BFHE 201, 100, BStBl II 2004, 65, betreffend im Außendienst tätigen Verkaufsleiter; vom IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43, betreffend im Außendienst tätige Ärztin für den Medizinischen Dienst einer Krankenkasse; in BFH/NV 2004, 1387; in BFHE 202, 116, BStBl II 2004, 75, m.w.N.; vom VI R 86/01, BFH/NV 2003, 1174, betreffend Leitenden Vertriebsingenieur für den Einbau technischer Spezialanlagen; vom VI R 124/01, BFHE 202, 104, BStBl II 2004, 69).

4. Sowohl der Tatbestand in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG als auch dessen Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der BFH hat die eingeschränkte Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer hinsichtlich beider Alternativen in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG, auch im Hinblick auf das sog. objektive Nettoprinzip, als verfassungsgemäß beurteilt. Das und 1735/00, BStBl II 2003, 534, 540, m.w.N.) hat bislang offen gelassen, ob die Geltung dieses Prinzips des Einkommensteuerrechts überhaupt verfassungsrechtlich geboten ist. Es hat jedenfalls anerkannt, dass der Gesetzgeber es bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen kann und sich generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen darf. Für eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bestehen derartige gewichtige Gründe (vgl. dazu , BFHE 181, 305, BStBl II 1997, 68; vom VI R 4/97, BFHE 184, 532, BStBl II 1998, 351).

Selbst wenn mangels eines anderen Arbeitsplatzes das Arbeitszimmer erforderlich ist, so schließt gerade der Umstand, dass dieser Raum in die Privatsphäre des selbst bewohnten Hauses eingebunden ist, eine private (Mit-)Benutzung nicht aus, die zudem von der Verwaltung und den Gerichten kaum sicher nachgeprüft werden kann.

Das BVerfG hat ferner im Beschluss in BVerfGE 101, 297, BStBl II 2000, 162 die einschränkende Regelung hinsichtlich sämtlicher drei Fallgruppen überprüft und sie sowohl dem Grund als auch der Höhe nach verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Dementsprechend hat der (BFH/NV 2000, 837) unter zusätzlichem Hinweis auf einen weiteren Nichtannahmebeschluss des eine grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich der Rechtsfrage nach der Verfassungsmäßigkeit der Regelung verneint.

Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, so ist es gerechtfertigt, den Abzug der Erwerbsaufwendungen uneingeschränkt zuzulassen, weil in diesem Falle die Nähe zum privaten Wohnbereich —typischerweise— vollständig überlagert wird (BFH-Urteil in BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185).

Ist die gesetzliche Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so bedarf es auch keiner verfassungskonformen Auslegung (BFH-Urteil in BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185).

5. Die rechtliche Würdigung des FG aufgrund der vom Kläger ausdrücklich als zutreffend anerkannten tatsächlichen Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), wonach das häusliche Arbeitszimmer des Klägers nicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung in den Streitjahren darstellt, hält sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Zutreffend hat das FG den festgestellten Sachverhalt dahin gehend gewürdigt, dass der Kläger die wesentlichen und sein Berufsbild prägenden Tätigkeiten als Versicherungsvertreter in Form von Beratungs- und Überzeugungsgesprächen im Außendienst bei den vorhandenen bzw. —besonders in der Aufbauphase— noch zu gewinnenden Kunden erbracht hat. Diese Würdigung steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Tätigkeitsmittelpunkt von Handelsvertretern, bei denen im Regelfall die Außendiensttätigkeit prägend für das Berufsbild ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1387, m.w.N.).

Das Arbeitszimmer bildet nicht schon deshalb den Mittelpunkt der beruflichen Betätigung, weil dort notwendige schriftliche Arbeiten erledigt werden, dieses Zimmer Anlaufstelle für Telefonate und Unterlagen ist und das Zimmer für die Berufstätigkeit insgesamt unverzichtbar ist (dazu auch BFH-Urteile in BFHE 202, 104, BStBl II 2004, 69; in BFHE 202, 116, BStBl II 2004, 75).

Das FG hat zwar auch dem quantitativen Aspekt, nämlich der zeitintensiven Gewinnung neuer Kunden und den durch die Fahrleistung von 20 000 km belegten erheblichen Umfang der Außendiensttätigkeit Gewicht beigemessen. Im Vordergrund der Gesamtwürdigung des FG steht aber die qualitative Gewichtung der einzelnen Tätigkeiten des Klägers als Versicherungsvertreter und die Hervorhebung seiner im Außendienst zu verrichtenden Kerntätigkeit (dazu auch BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 1174).

Dem quantitativen, zeitlichen Gesichtspunkt kommt im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur indizielle Bedeutung zu, die nur unterstützend für die qualitative Wertung mit herangezogen wird.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1537 Nr. 9
EStB 2005 S. 291 Nr. 8
FAAAB-55633