BFH Beschluss v. - II B 43/04

Nachweis eines niedrigeren gemeinen Grundstückswerts

Gesetze: BewG §§ 145, 146

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhielt im Januar 1999 ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück geschenkt. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) stellte den Grundstückswert (§ 138 Abs. 3 Satz 1 des BewertungsgesetzesBewG—) nach § 146 Abs. 6 i.V.m. § 145 Abs. 3 BewG (Bewertung als fiktiv unbebautes Grundstück) gesondert fest, und zwar mit der Einspruchsentscheidung auf 203 000 DM (103 792,25 €).

Im Klageverfahren machte der Kläger geltend, der gemeine Wert des Grundstücks habe lediglich 60 000 € betragen. Er beantragte dazu die Einholung eines Sachverständigengutachtens und erklärte sich zur Entrichtung eines Vorschusses in Höhe der voraussichtlich dafür anfallenden Kosten bereit. Außerdem legte er ein Kaufangebot für sein Grundstück vom über 50 000 € und ein undatiertes Verkaufsangebot eines Immobilienmaklers für ein in der Nähe befindliches, erheblich kleineres und mit einer Doppelhaushälfte bebautes Grundstück mit einem Kaufpreis von 165 000 € vor.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage nach mündlicher Verhandlung mit der Begründung ab, das FA habe den nach § 146 Abs. 6 i.V.m. § 145 Abs. 3 BewG anzusetzenden Mindestwert aufgrund der maßgebenden Bodenrichtwerte zutreffend festgestellt. Der Kläger habe einen niedrigeren Verkehrswert nicht nach § 146 Abs. 7 oder § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG nachgewiesen. Das Angebot des Maklers betreffe ein nicht vergleichbares Grundstück mit einer anderen Bebauung. Das Kaufangebot vom sei erst mehr als vier Jahre nach dem Bewertungsstichtag abgegeben worden und somit ebenfalls nicht als Nachweis geeignet.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision bringt der Kläger vor, das FG habe seinen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Unrecht abgelehnt und dadurch gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—) verstoßen. Die Rechtssache habe zudem grundsätzliche Bedeutung, da bisher höchstrichterlich nicht entschieden sei, ob der Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts ausschließlich durch Sachverständigengutachten erbracht werden könne und welche berufliche Qualifikation der Sachverständige haben müsse. Die insoweit bestehenden Unsicherheiten hätten ihn veranlasst, die Auswahl des Sachverständigen in die Kompetenz und das Ermessen des Gerichts zu legen. Er räume allerdings ein, dass ausschließlich er die Kosten für das Gutachten zu tragen habe.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Begründungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

1. Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels eines vom FG übergangenen Beweisantrags gehört nach ständiger Rechtsprechung (u.a.) auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war. Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust zur Folge (, BFHE 204, 546, BStBl II 2004, 842, unter II.5.a aa, m.w.N.).

Der Kläger macht den Nichteintritt des Rügeverlustes nicht geltend. Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem FG ergibt sich kein Hinweis, dass der Kläger das Übergehen des Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gerügt habe.

Davon abgesehen trifft den Steuerpflichtigen die Nachweislast für einen geringeren gemeinen Wert nach § 146 Abs. 7 oder § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG und nicht eine bloße Darlegungs- und Feststellungslast (, BFH/NV 2005, 414). Es genügt daher nicht, wenn der Steuerpflichtige lediglich die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht beantragt. Vielmehr muss er selbst ein solches Gutachten einholen und vorlegen.

2. Der Kläger hat auch das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend begründet.

a) Macht ein Beschwerdeführer grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, muss er konkret auf die Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Erforderlich ist ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus welchen Gründen im Einzelnen die Klärung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung im allgemeinen Interesse liegt, also ein Vortrag zur Klärungsbedürftigkeit. Der Beschwerdeführer muss ggf. darlegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist. Das erfordert im Allgemeinen eine Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage vertretenen Auffassungen. Hat der BFH bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer ferner begründen, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu dieser Frage erforderlich ist (, BFH/NV 2004, 1625). Zudem muss der Beschwerdeführer darlegen, warum die von ihm herausgestellte Rechtsfrage in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar, d.h. für die Entscheidung des Streitfalls rechtserheblich wäre (, BFH/NV 2005, 224, m.w.N.).

b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger hat weder Rechtsprechung noch Literatur zu der von ihm herausgestellten Frage, wie der Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts zu erbringen ist, angeführt und sich auch nicht mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH dazu befasst. Wie der (BFHE 204, 306, BStBl II 2004, 179) entschieden hat, ist der Steuerpflichtige grundsätzlich frei in der Wahl der Mittel zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts. Ein solcher Nachweis kann deshalb nicht nur durch Vorlage eines Gutachtens des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden. Vielmehr kann auch ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah zum maßgeblichen Besteuerungsstichtag (Zeitpunkt der Entstehung der Steuer: § 9 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes) erzielter Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück als Nachweis dienen. Diese Rechtsprechung hat der BFH mit dem nach der Begründung der Beschwerde ergangenen Urteil vom II R 55/01 (BFHE 205, 492, BStBl II 2004, 703) —zu einem im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah erzielten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück— bestätigt und dahin ergänzt, dass Gutachten, die nicht vom örtlich zuständigen Gutachterausschuss oder einem Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erstattet werden, nicht als Nachweis ausreichen (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 414). Danach genügen mehrere Jahre später abgegebene Kaufangebote für das zu bewertende Grundstück oder Maklerangebote über nicht vergleichbare andere Grundstücke erst recht nicht als Nachweis.

Der Kläger hat auch nicht dargelegt, warum die von ihm herausgestellte Frage trotz ihrer allgemein gehaltenen, nicht auf den Streitfall bezogenen Formulierung aufgrund der vom FG getroffenen, den BFH bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) entscheidungserheblich und daher klärbar sein soll.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1237 Nr. 8
GAAAB-52977