BFH Beschluss v. - II B 176/03

Freigebige Zuwendungen gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bei Zahlungen des Ehemanns auf ein Bankkonto der Ehefrau, über das er verfügungsberechtigt ist

Gesetze: ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 667

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist die Ehefrau des X. X war Geschäftsführer der A-GmbH, der B-GbR, der C-GmbH und der D-GmbH. Die Klägerin war von 1991 bis 1994 Arbeitnehmerin der A-GmbH. Sie bezog ein monatliches Nettogehalt von ca. 1 600 DM zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld von je einem Monatsgehalt pro Jahr. Seit Januar 1995 ist sie Arbeitnehmerin bei einem Tochterunternehmen der A-GmbH.

Anlässlich einer 1997 bei X durchgeführten Fahndungsprüfung ergab sich, dass die Klägerin Anfang 1991 ein Konto und ein Depot bei der E-Bank eröffnet hatte. Das Konto und das Depot bestanden bis Februar 1992. Im Januar 1992 wurde das Kapital auf ein im Dezember 1991 eröffnetes Depot und ein Girokonto bei der F-Bank übertragen. Alleinige Depot- und Kontoinhaberin war die Klägerin. X war jeweils verfügungsberechtigt. Von 1991 bis 1995 kam es auf dem Depot- und Girokonto bei der F-Bank zu einer Kapitalansammlung von insgesamt 2 403 000 DM. Erreicht wurde dies durch Bareinzahlungen und die Einreichung von Schecks über dem X zustehende Gehalts- und Tantiemezahlungen sowie Gewinnausschüttungen und Darlehensrückzahlungen. Auszahlungen erfolgten bis März 1995 nicht. Erst in der Zeit vom 26. März bis fanden Barauszahlungen in Höhe von 104 000 DM sowie Überweisungen auf ein Konto von X in Höhe von 790 000 DM statt.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) behandelte das auf dem Konto bzw. im Depot bei der F-Bank angesammelte Kapital in Höhe von 2 003 000 DM in Übereinstimmung mit einer Selbstanzeige der Klägerin als von X stammend und wertete es —im Gegensatz zur Klägerin— als freigebige Zuwendung an sie. Mit Bescheid vom setzte er Schenkungsteuer in Höhe von 192 830 DM gegen die Klägerin fest. Zur Begründung des dagegen eingelegten Einspruchs trug die Klägerin vor, sie sei zwar Inhaberin des Bankkontos und des Depots gewesen, das Kapital sei ihr jedoch nicht schenkweise zugewendet worden. Ein Schenkungswille sei zu keinem Zeitpunkt vorhanden gewesen. Die Gelder sollten auch weiterhin dem X zustehen. Dementsprechend habe er auch die Verfügungsbefugnis über das Konto und das Depot besessen. Es sei ausdrücklich vereinbart gewesen, dass es sich nicht um Schenkungen handele. Dazu legten die Klägerin und ihr Ehemann eidesstattliche Versicherungen vom vor, wonach das Kapital nicht schenkweise überlassen, sondern lediglich auf den Konten „geparkt” werden sollte.

Mit Einspruchsentscheidung vom setzte das FA die Steuer auf 258 360 DM herauf. Die Klage blieb im Wesentlichen ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) schloss aus, dass die Klägerin lediglich in verdeckter Treuhandschaft Konto- und Depotinhaberin gewesen sei. Die Leistungen des X auf die Konten hätten vielmehr dem Zweck gedient, Teile des Vermögens des X dessen Gläubigern zu entziehen. Dementsprechend habe der Steuerberater G der Eheleute die Zinserträge dieser Konten als Einkünfte der Klägerin erfasst. Die Beweisaufnahme habe im Übrigen ergeben, dass die Behauptung der Klägerin unzutreffend sei, die F-Bank habe auf die Errichtung der Konten gedrungen und das Kapital habe ihr, der Klägerin, eine finanzielle Grundlage dafür geben sollen, als Bürgin für X in Anspruch genommen zu werden. Die Klägerin habe gegenüber der F-Bank für Kredite des X nicht gebürgt. Erst 1995 seien die Konten der F-Bank zur Sicherung ihrer Forderungen gegen X verpfändet worden. Diese Verpfändung stehe aber —so das FG— der Annahme einer Bereicherung der Klägerin i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) nicht entgegen.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin zunächst geltend, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil der Begriff der freigebigen Zuwendung im Zusammenhang mit derartigen Vermögensbewegungen zwischen Ehegatten einer klaren Abgrenzung bedürfe und dabei auch zu klären sei, welche Bedeutung der formalen Rechtsstellung als Kontoinhaber zukomme. Eine solche Klärung durch den Bundesfinanzhof (BFH) sei auch zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Sie diene darüber hinaus der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, da das FG von dem (BFH/NV 2001, 908) abgewichen sei. Darüber hinaus rügt die Klägerin Verfahrensmängel, und zwar eine Verletzung des Rechts auf Gehör durch die Weigerung, bestimmte Akten beizuziehen, und dadurch verhinderter Akteneinsicht, eine mangelnde Sachaufklärung durch Nichteinvernahme des G als Zeugen, ein Zurückbleiben hinter den Erkenntnissen in einem zuvor ergangenen Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung, eine fehlerhafte Beweiswürdigung bezüglich des Aussagewerts der für 1991 bis 1993 von der Klägerin erklärten Kapitaleinkünfte sowie der Verpfändung der Konten an die Bank und einen Verstoß gegen die Denkgesetze.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Der Sache kommt weder grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu, noch erfordert sie eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts i.S. der Nr. 2 Alternative 1 der Vorschrift. Soweit die Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unabhängig vom Einzelfall einer abstrakten Be- und Umschreibung zugänglich sind, sind sie geklärt und keiner weiteren Klärung —wie von der Klägerin verlangt— zugänglich. Soweit sich im Einzelfall wegen eines besonders gelagerten Sachverhalts bei Anwendung des Tatbestands des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben, fehlt es regelmäßig an der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache bzw. an der Notwendigkeit einer Rechtsfortbildung. Tritt eine besonders gelagerte Fallgestaltung allerdings häufiger auf, kann für derartige Fallgruppen weiterer oder erneuter Klärungsbedarf bestehen. Soweit Vermögensverschiebungen zwischen Ehegatten, bei denen es um die Frage geht, ob der Empfänger frei über das Vermögen verfügen kann oder dem Übertragenden gegenüber treuhänderisch gebunden ist, eine solche Fallgruppe bilden, wäre die von der Klägerin verlangte Klärung aber ebenfalls bereits erfolgt. So hat der BFH mit Entscheidung in BFH/NV 2001, 908, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 2001, 678 ausgesprochen, dass eine Leistung, die der Empfänger an den Überlassenden zivilrechtlich zurückzugewähren hat, keine Bereicherung des Leistungsempfängers darstellt und dass das Bestehen eines Anspruchs des Überlassenden auf Herausgabe eines geleisteten Geldbetrages nach § 667 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) einer Bereicherung des Leistungsempfängers trotz Vermischung des Geldes mit eigenem Geld des Leistungsempfängers entgegensteht. Darüber hinaus hat der (BFHE 130, 179, BStBl II 1980, 402) ausgeführt, dass dann, wenn die Tatsachen für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung sprechen, der Steuerpflichtige, der sich auf ein verdecktes Treuhandverhältnis beruft, die objektive Beweislast dafür trägt und dass dies auch bei Zuwendungen zwischen Ehegatten gilt. Dieser Rechtssatz hat trotz der Entscheidung des (BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159) zur unbenannten Zuwendung seine Gültigkeit behalten, zumal diese Rechtsprechung zur unbenannten Zuwendung mittlerweile wieder aufgegeben worden ist (, BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366). Damit sind auch die Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG aus einem —wie von der Klägerin behauptet— treuhänderisch überlassenen Geldbetrag ergeben, höchstrichterlich geklärt.

Der Streitfall erfordert auch keine Revisionsentscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO. Insoweit fehlt es bereits an der schlüssigen Darlegung einer Abweichung des FG von den angegebenen Entscheidungen des BFH. Das FG hat keinen abweichenden Rechtssatz aufgestellt, sondern das Vorliegen des behaupteten Treuhandverhältnisses verneint und deshalb das BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 908, HFR 2001, 678 für nicht anwendbar gehalten.

2. Auch die gerügten Verfahrensmängel rechtfertigen keine Zulassung der Revision.

a) Die Rüge einer Verletzung des Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) ist unbegründet. Soweit die Rüge mit der Weigerung des FG, bestimmte Akten beizuziehen, —und daraus folgend— mit fehlender Akteneinsicht begründet wird, scheidet ein Verfahrensfehler aus, weil der Klägerin Gelegenheit gegeben worden ist, in zumutbarer Weise die gewünschten, aber vom FG nicht beigezogenen und daher auch nicht verwerteten Akten einzusehen, sie davon aber keinen Gebrauch gemacht hat. Die Akten betreffen nicht die Klägerin und/oder die Schenkungsteuer, sondern ein Steuerstrafverfahren gegen X wegen anderer Steuerarten. Die Klägerin vermutet, dass sie Vorgänge enthalten, die für ihren Finanzrechtsstreit von Bedeutung sein könnten. Das FG hat in mündlicher Verhandlung in Gegenwart beider Beteiligten sichergestellt, dass die Klägerin unter Mitwirkung des FA Einsicht in die bei einer ebenfalls in H ansässigen Finanzbehörde und bei der Staatsanwaltschaft J lagernden umfangreichen Strafakten aus dem Verfahren gegen X nehmen konnte. Nachdem die Klägerin jedoch nicht einmal Einsicht in die Akten, die bei der in H ansässigen Finanzbehörde liegen, genommen hat, kann sie sich nicht auf eine Verletzung ihres Rechts auf Gehör berufen. Ob sich unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit eine andere Beurteilung ergäbe, wenn die Einsichtnahme in die in H lagernden Aktenteile ergebnislos verlaufen wäre, kann auf sich beruhen. Unter den gegebenen Umständen war ihrem Recht auf Gehör, soweit es durch die verweigerte Beiziehung der Akten überhaupt berührt ist, ausreichend Genüge getan.

b) Hinsichtlich der Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) wegen Übergehens des Beweisantrages, G als Zeugen zu vernehmen, ist die Beschwerde unzulässig. Insoweit fehlt es an einer schlüssigen Begründung i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Auf ihren Beweisantrag, G als Zeugen zu vernehmen, kann sich die Klägerin gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht mehr berufen, weil sie in der mündlichen Verhandlung vom das Absehen von dem Zeugenbeweis nicht gerügt hat. Da das FG jedoch in seiner Urteilsbegründung u.a. darauf abgestellt hat, wie G den Sachverhalt —nach Meinung des FG— beurteilt habe, rügt die Klägerin zu Recht, dass sich dem FG auch ohne dahin gehenden Beweisantrag eine Zeugeneinvernahme des G hätte aufdrängen müssen. Gleichwohl ist diese Aufklärungsrüge auch insoweit unzulässig, weil der Beschwerde nicht zu entnehmen ist, was der Zeuge G voraussichtlich ausgesagt hätte (vgl. dazu Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 120 Anm. 70).

c) Soweit die Klägerin einen Verfahrensfehler darin sieht, dass das FG nicht auf die „Fragen und Rechtsstandpunkte” eingegangen sei, die es in seinem Beschluss vom   2 V 58/99 aufgeworfen bzw. eingenommen habe, ist die Beschwerde schon deshalb unzulässig, weil nicht erkennbar ist, welche Fragen und Rechtsstandpunkte die Klägerin meint. Der Aussetzungsbeschluss beruhte im Wesentlichen darauf, dass das FG den Sachverhalt noch nicht für hinreichend aufgeklärt hielt, und damit auf Umständen, die durch das Hauptsacheverfahren überholt sind. Im Übrigen ist das FG in der Hauptsache nicht an die Rechtsansichten, die es im Aussetzungsverfahren vertreten hat, gebunden. Allerdings darf sich die Entscheidung in der Hauptsache nicht als Überraschungsentscheidung erweisen. Die Klägerin hat jedoch nicht vorgetragen, auf welchen rechtlichen Grundsätzen, die in der mündlichen Verhandlung nicht zur Sprache gekommen seien, die Entscheidung in der Hauptsache beruhe.

d) Soweit die Klägerin Verstöße gegen die Denkgesetze und eine fehlerhafte Beweiswürdigung rügt, ist die Beschwerde unzulässig, weil es sich dabei um materielle Rechtsfehler handeln würde (vgl. , BFH/NV 1999, 1612).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 355
BFH/NV 2005 S. 355 Nr. 3
NAAAB-41752