BFH Beschluss v. - VIII B 265/03

Berücksichtigung von Strafverteidigungskosten als WK oder BA

Gesetze: EStG § 4 Abs. 4, § 9

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

a) Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfene Rechtsfrage, ob Strafverteidigungskosten dann als Werbungskosten berücksichtigungsfähig sind, wenn sie einen in Ausbildung befindlichen Arbeitnehmer betreffen, der beschuldigt wird, Betriebsvermögen seines Arbeitgebers aus einem Bereich entwendet zu haben, der lediglich für Arbeitnehmer zugänglich ist, bedarf nicht der grundsätzlichen Klärung.

In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist anerkannt, dass Strafverteidigungskosten dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist (, BFHE 135, 449, BStBl II 1982, 467). Auf die Frage, ob dieser Vorwurf zu Recht erhoben wurde, kommt es hierbei nicht an (Becker in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 4 EStG Anm. 867). Ein ausreichender beruflicher Zusammenhang wird nicht bereits dadurch begründet, dass die Berufsausübung nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Ausgabe entfiele (, BFH/NV 1988, 353). Aus diesem Grund ist auch nicht entscheidend, ob ein Steuerpflichtiger deshalb in Verdacht geraten ist, weil allein Arbeitnehmer in der Lage waren, die ihnen vorgeworfene Straftat zu begehen. Die einkunftsmindernde Abzugsfähigkeit der Strafverteidigungskosten setzt nämlich voraus, dass die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar ist (, BFH/NV 2002, 1441). Betrifft der Tatvorwurf Verstöße, die eine Schädigung des Arbeitgebers zum Gegenstand haben, dann werden die Strafverteidigungskosten grundsätzlich von nicht beruflichen Gründen überlagert (BFH-Urteile in BFH/NV 1988, 353, und vom VIII R 34/93, BFHE 176, 564, BStBl II 1995, 457). Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage hat daher keine grundsätzliche Bedeutung.

b) Der von der Klägerin gerügte Verfahrensverstoß liegt nicht vor. Die Klägerin rügt, das Urteil beruhe auf einer unzulässigen Überraschungsentscheidung und damit auf der Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—, § 155 FGO i.V.m. § 139 Abs. 2 der ZivilprozessordnungZPO—).

Eine solche Überraschungsentscheidung ist dann gegeben, wenn das Finanzgericht (FG) seine Entscheidung auf einen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der ein Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin hiervon ausgeht, wäre dies nicht entscheidungserheblich. Soweit das FG sein Urteil (auch) darauf gestützt hat, ein Teil der in Frage stehenden Aufwendungen sei bereits deshalb im Rahmen der Berechnung, ob der Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) überschritten ist, unberücksichtigt zu lassen, weil sie nicht im Streitjahr abgeflossen sind, war dieser Gesichtspunkt für das Urteil nicht tragend. Er kann deshalb hinweggedacht werden, ohne dass sich an der Klageabweisung durch das FG etwas geändert hätte (vgl. hierzu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 97 a.E.). Das FG hat nämlich sein Urteil in erster Linie und mit ausführlicher Begründung darauf gestützt, dass die als Werbungskosten geltend gemachten Strafverteidigungskosten im Streitfall bereits dem Grunde nach nicht einkunftsmindernd zu berücksichtigen sind. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen in dem Urteil, wonach ein Teil dieser Aufwendungen mangels Abflusses im Streitjahr unberücksichtigt bleiben müssen, als bloße hilfsweise kumulative Urteilsbegründung anzusehen, auf die es für das Urteil nicht entscheidungserheblich ankam.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 1639
BFH/NV 2004 S. 1639 Nr. 12
XAAAB-27656