WTO Artikel IX

Artikel IX Beschlussfassung

(1) Die WTO setzt die nach dem GATT 1947 [1] übliche Praxis der Beschlussfassung durch Konsens fort. Falls ein Beschluss nicht durch Konsens gefasst werden kann, wird über die strittige Angelegenheit durch Abstimmung beschlossen, sofern nichts anderes vorgesehen ist. Auf den Tagungen der Ministerkonferenz und des Allgemeinen Rates verfügt jedes Mitglied der WTO über eine Stimme. Wenn die Europäischen Gemeinschaften ihr Stimmrecht ausüben, verfügen sie über eine Anzahl von Stimmen, die der Anzahl ihrer Mitgliedstaaten [2], die Mitglieder der WTO sind, entspricht. Beschlüsse der Ministerkonferenz und des Allgemeinen Rates werden mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, sofern in diesem Übereinkommen oder in dem einschlägigen Multilateralen Handelsübereinkommen nichts anderes vorgesehen ist [3].

(2) Die Ministerkonferenz und der Allgemeine Rat sind ausschließlich befugt, dieses Übereinkommen und die Multilateralen Handelsübereinkommen auszulegen. Im Fall einer Auslegung eines Multilateralen Handelsübereinkommens der Anlage 1 üben sie ihre Befugnis auf der Grundlage einer Empfehlung desjenigen Rates aus, der die Wirkungsweise des betreffenden Übereinkommens überwacht. Der Beschluss zur Annahme einer Auslegung wird mit Dreiviertelmehrheit der Mitglieder gefasst. Dieser Absatz wird nicht in einer Weise angewendet, welche die Änderungsbestimmungen in Artikel X unterlaufen würde.

(3) Unter außergewöhnlichen Umständen kann die Ministerkonferenz beschließen, ein Mitglied von einer Verpflichtung aus diesem Übereinkommen oder einem der Multilateralen Handelsübereinkommen zu entbinden; jedoch muss ein derartiger Beschluss von drei Vierteln [4] der Mitglieder gefasst werden, sofern in diesem Absatz nichts anderes vorgesehen ist.

  1. Ein Antrag auf Ausnahmegenehmigung betreffend dieses Übereinkommen wird der Ministerkonferenz zur Prüfung gemäß der Praxis der Beschlussfassung durch Konsens vorgelegt. Die Ministerkonferenz setzt für die Prüfung des Antrags eine Frist von längstens 90 Tagen. Wird ein Konsens während dieser Frist nicht erzielt, so wird ein Beschluss zur Gewährung einer Ausnahmegenehmigung von drei Vierteln der Mitglieder gefasst.

  2. Ein Antrag auf Ausnahmegenehmigung betreffend die Multilateralen Handelsübereinkommen der Anlagen 1A, 1B oder 1C und deren Anlagen wird zunächst dem Rat für den Handel mit Waren, dem Rat für den Handel mit Dienstleistungen beziehungsweise dem Rat für TRIPS zur Prüfung innerhalb einer Frist von längstens 90 Tagen vorgelegt. Mit Ablauf dieser Frist legt der zuständige Rat der Ministerkonferenz einen Bericht vor.

(4) Ein Beschluss der Ministerkonferenz zur Gewährung einer Ausnahmegenehmigung nennt die den Beschluss rechtfertigenden außergewöhnlichen Umstände, die Bedingungen für die Anwendung der Ausnahmegenehmigung sowie das Ablaufdatum der Ausnahmegenehmigung. Jede Ausnahmegenehmigung, die für einen längeren Zeitraum als ein Jahr gewährt wird, wird von der Ministerkonferenz spätestens ein Jahr nach der Gewährung und in der Folge alljährlich bis zum Ablauf der Ausnahmegenehmigung überprüft. Bei jeder Überprüfung untersucht die Ministerkonferenz, ob die die Ausnahmegenehmigung rechtfertigenden außergewöhnlichen Umstände weiterhin bestehen und ob die mit der Ausnahmegenehmigung verbundenen Bedingungen eingehalten wurden. Auf der Grundlage der jährlichen Überprüfung kann die Ministerkonferenz die Ausnahmegenehmigung verlängern, abändern oder aufheben.

(5) Für Beschlüsse nach einem Plurilateralen Handelsübereinkommen, einschließlich der Beschlüsse über Auslegungen und Ausnahmegenehmigungen, sind die Bestimmungen des betreffenden Übereinkommens maßgebend.

Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
AAAAB-27065

1Ein Beschluss des betreffenden Organs über eine ihm zur Prüfung vorgelegte Angelegenheit gilt als durch Konsens gefasst, wenn kein auf der Beschluss fassenden Tagung anwesendes Mitglied gegen den vorgeschlagenen Beschluss förmlich Einspruch erhebt.

2Die Anzahl der Stimmen der Europäischen Gemeinschaften und ihrer Mitgliedstaaten darf die Anzahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften in keinem Fall übersteigen.

3Wenn der Allgemeine Rat in seiner Eigenschaft als Streitbeilegungsgremium zusammentritt, werden seine Beschlüsse nur in Übereinstimmung mit Artikel 2 Absatz 4 der Vereinbarung über Streitbeilegung gefasst.

4Ein Beschluss zur Gewährung einer Ausnahmegenehmigung hinsichtlich einer Verpflichtung, für die ein Übergangszeitraum oder ein Zeitraum für eine stufenweise Durchführung gilt und die das Antrag stellende Mitglied zum Ende des maßgebenden Zeitraums nicht eingehalten hat, wird nur durch Konsens gefasst.