Oberfinanzdirektion Berlin - St 127 - S 1300 - 12/04

Erweiterung der EU zum

Arbeitnehmer aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten

Anwendung des § 1a Abs. 1 EStG und des § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG auf Arbeitnehmer aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten

1. Allgemeines

Zum sind die nachfolgenden zehn Staaten in die EU aufgenommen worden: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakische Republik, Slowenien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern (nur der griechische Teil).

Mit dem Beitritt stehen nunmehr auch Arbeitnehmern, die die Staatsangehörigkeit einer der neuen EU-Mitgliedstaaten besitzen, die Möglichkeiten des § 1a EStG und des § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG offen. In diesem Zusammenhang wird auf Folgendes hingewiesen:

2. Lohnsteuer-Abzugsverfahren

2.1 Prüfung und Nachweis der Einkunftsgrenzen

Bei der Prüfung der Einkunftsgrenzen i. S. des § 1 Abs. 3 EStG (ggf. i. V. m. § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG) ist immer auf das Kalenderjahr abzustellen. Bei Steuerpflichtigen aus den neuen EU-Mitgliedstaaten sind daher auch die Einkünfte einzubeziehen, die diese in der Zeit vom 01.01.– bezogen haben.

Ab dem wurde für steuerliche Zwecke eine neue Ländergruppeneinteilung vorgenommen. Die bisherige Drittelung wurde durch eine Viertelung ersetzt. Auf das entsprechende (BStBl 2003 I S. 637) wird ich hin gewiesen. Dabei ist zu beachten, dass auch bei EU-Staaten eine Kürzung des absoluten Betrages des § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG in Betracht kommt.

Die Inanspruchnahme der Vergünstigungen des § 1a EStG setzt im Weiteren voraus, dass der Steuerpflichtige die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachweist (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 4 EStG bzw. § 1a Abs. 1 Satz 1 EStG). Im Lohnsteuer-Abzugsverfahren ist dieser Nachweis bei in einem EU-Mitgliedstaat wohnhaften Steuerpflichtigen durch Vorlage der Anlage Grenzpendler EU/EWR zu führen (EStGK Berlin § 1a EStG Nr. 1 unter 1). Diese Regelung ist ab dem auch auf Steuerpflichtige, die in einem der neuen EU-Mitgliedstaaten wohnhaft sind, anzuwenden. Das bislang insoweit mögliche vereinfachte Nachweisverfahren (z. B. durch Vorlage eines Steuerbescheides) ist nicht mehr anwendbar.

Die Vordrucke Anlage Grenzpendler EU/EWR wurden in den Sprachen der neuen EU-Mitgliedstaaten aufgelegt. Diese sind zwischenzeitlich in das Fachinformationssystem unter ORGANISATION/VORDRUCKE/LOHNSTEUER eingestellt worden. Hierzu weist die OFD darauf hin, dass für Malta der Vordruck in englischer Sprache und für Zypern der Vordruck in griechischer Sprache zu verwenden ist.

2.2 Eintragung der Steuerklasse III

Unter den Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG kommt bei dem beschriebenen Personenkreis eine Ehegattenbesteuerung in Betracht. Dies eröffnet für die Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich im Lohnsteuer-Abzugsverfahren die Steuerklasse III eintragen zu lassen. Unter Berücksichtigung des Beitrittsdatums kann die Steuerklasse III jedoch frühestens ab dem bescheinigt werden (§ 39c Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 39 Abs. 5 EStG).

3. Durchführung der Einkommensteuerveranlagung

Hinsichtlich der Prüfung des Einkunftsgrenzen wird zunächst auf die Ausführungen unter 2.1 verwiesen.

Die Anwendung des § 1a EStG im Lohnsteuer-Abzugsverfahren führt zu einer Veranlagungspflicht nach § 46 Abs. Nr. 7 Buchstabe a oder b EStG. Im Rahmen der dann abzugebenden Einkommensteuererklärung hat der Steuerpflichtige den Vordruck Bescheinigung EU/EWR beizufügen. Die entsprechenden Vordrucke in den Sprachen der neuen EU-Mitgliedstaaten werden noch aufgelegt und in das Fachinformationssystem eingestellt werden. Zukünftig werden die Vordrucke voraussichtlich auch auf den Internetseiten des BMF abrufbar sein, wo jetzt schon das Herunterladen der Bescheinigungen EU/EWR für die Mitgliedstaaten vor der Erweiterung der EU möglich ist.

Liegen die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 1a EStG vor, so ist Folgendes zu beachten:

  • Ein Abzug von Unterhaltsleistungen nach § 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG setzt einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsempfängers in einem EU/EWR-Mitgliedstaat voraus. Eine Berücksichtigung ist daher ausgeschlossen, wenn der Unterhaltsempfänger in der Zeit vor dem einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem der neuen EU-Mitgliedstaaten hatte.

  • Demgegenüber ist der Splittingtarif auf alle in 2004 bezogenen und in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte anzuwenden (§§ 1a Abs. 1 Nr. 2, 26 Abs. 1 Satz 1 und 32a Abs. 5 EStG).

  • Die in der Zeit vom 01.01.– bezogenen und nicht in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte unterliegen dem Progressionsvorbehalt nach Maßgabe des § 32b Abs. 1 Nr. 2 oder 3 EStG.

4. Anwendung des § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG

Da es sich insoweit auch um eine Einkommensteuerjahresveranlagung handelt, sind bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern aus den neuen EU-Mitgliedstaaten alle inländischen Einkünfte i. S. des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die im Kalenderjahr 2004 zufließen, einzubeziehen, für die Deutschland das Besteuerungsrecht zusteht.

Bei der Ermittlung der Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 bzw. § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 Satz 6 EStG unterliegen, ist unter Beachtung des vorstehenden Jahresprinzips ebenfalls auf die Beträge abzustellen, die im Kalenderjahr 2004 zugeflossen sind.

Oberfinanzdirektion Berlin v. - St 127 - S 1300 - 12/04

Fundstelle(n):
XAAAB-25553