OFD Frankfurt am Main - - S 2221 A - 82 - St II 2.08

§ 10 EStG; Einkommensteuerliche Behandlung von wiederkehrenden Leistungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Privat- oder Betriebsvermögen; (BStBl 2002 I S. 893)

Auf Grund der geänderten BFH-Rechtsprechung zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von bestimmten wiederkehrenden Leistungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Privat- und Betriebsvermögen ist das (BStBl 1996 I S. 1508, EStH 2001 Anhang 13 IV, im Folgenden: „alter Renten-Erlass„) überarbeitet worden. Die Neufassung vom (im Folgenden: „neuer Renten-Erlass„) ist im BStBl I S. 893, EStH 2002 Anhang 13 IV veröffentlicht.

Die Neuerungen betreffen im Wesentlichen folgende Bereiche:

  • Übertragung einer vom Übernehmer eigengenutzten Wohnung (Tz. 1)

  • Nachträgliche Umschichtung des übertragenen Vermögens durch den Übernehmer (Tz. 2)

  • Vermögensübertragungen gegen Mindestzeitrente (Tz. 3)

  • Instandhaltungsaufwendungen als Versorgungsleistungen (Tz. 4)

1. Übertragung einer vom Übernehmer eigengenutzten Wohnung

Vom Übernehmer zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnungen konnten bisher Gegenstand einer begünstigten Vermögensübergabe sein. Bei der Abgrenzung von Typus 1 (ausreichend ertragbringende Wirtschaftseinheit) und Typus 2 (Wirtschaftseinheit ohne ausreichende Erträge) war der Nutzungswert der selbst genutzten Wohnung als „Ertrag„ in diesem Sinne zu behandeln.

Nach dem (BStBl 2002 II S. 653) kommt eine begünstigte Vermögensübergabe nicht in Betracht, wenn der Übernehmer deswegen keine (echten) Erträge erzielt, weil er die übertragene Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Nachdem der Nutzungswert einer selbst genutzten Wohnung nach der Konsumgutregelung seit 1987 nicht mehr besteuert wird, kann er – entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung – auch nicht mehr als Ertrag angesetzt werden. Somit kommt eine Zuordnung zum Rechtsinstitut der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen nicht in Betracht.

In Rz. 10 und 13 des neuen Renten-Erlasses ist diese BFH-Rechtsprechung eingearbeitet. Für vom Übernehmer eigengenutzte Objekte ist demnach ein Abzug von Versorgungsleistungen als Sonderausgaben nicht mehr möglich. Das gilt (durch Hinweis auf das BStBl 1997 II S. 813 in Rz. 10) auch für übertragene Grundstücke mit aufstehendem Rohbau.

Für diese Übertragungen gelten jetzt die Grundsätze entgeltlicher Vermögensübertragungen (Teil C des neuen Renten-Erlasses, Rz. 42 ff.). Die wiederkehrenden Leistungen führen deshalb mit ihrem Barwert zu Anschaffungskosten, für die ggf. Eigenheimzulage beansprucht werden kann. Der Zinsanteil in den wiederkehrenden Leistungen ist nicht abziehbar.

Die neue Erlassregelung ist grundsätzlich auf alle offenen Fälle anzuwenden. Erfolgte die Vermögensübertragung vor dem , so bleibt es bei der bisherigen Einstufung der eigengenutzten Wohnung als existenzsichernde Wirtschaftseinheit, sofern Übergeber und Übernehmer übereinstimmend an der bisherigen steuerrechtlichen Beurteilung festhalten (Rz. 59 Satz 4 des neuen Renten-Erlasses).

2. Nachträgliche Umschichtung des übertragenen Vermögens

Bisher führte die spätere Veräußerung des übernommenen Vermögens nicht zwingend zum Wegfall des Sonderausgabenabzugs für die weiter zu bezahlenden Versorgungsleistungen an den Vermögensübergeber. Voraussetzung für den weiteren Sonderausgabenabzug war, dass

  • das übernommene Vermögen in eine andere existenzsichernde Wirtschaftseinheit umgeschichtet wurde (unabhängig vom Zeitpunkt der Umschichtung) oder

  • seit der Übergabe mindestens fünf Jahre vergangen waren (bedeutsam bei Umschichtung in eine nicht existenzsichernde Wirtschaftseinheit, z.B. Verkauf eines Mietwohngrundstücks und Anlage des Erlöses in festverzinsliche Wertpapiere).

Schädlich war demnach bisher nur die Umschichtung in eine nicht existenzsichernde Wirtschaftseinheit innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Vermögensübergabe. In diesem Fall war rückwirkend von einem Veräußerungsentgelt auszugehen (Folge: Anwendung des Teils C des alten Renten-Erlasses; Änderung der Steuerbescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).

Nach dem (BStBl 2002 II S. 646) verlieren im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbarte wiederkehrende Leistungen mit der Veräußerung des übertragenen Vermögens ihren Charakter als abziehbare Versorgungsleistungen.

Der sachliche Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit der Vermögensübergabe endet, wenn das übernommene Vermögen veräußert wird und dem vormaligen Vermögensübernehmer nicht mehr zuzurechnen ist. Das gilt – anders als bisher – auch dann, wenn mit dem Veräußerungserlos eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit erworben wird. Allerdings treten diese Rechtsfolgen erst mit der Veräußerung des übertragenen Wirtschaftsguts und nicht rückwirkend ein.

Die Ausführungen zur nachträglichen Umschichtung des übertragenen Vermögens wurden im neuen Renten-Erlass erheblich ausgeweitet (Rz. 20 bis 21.13). Die verschärfende BFH-Rechtsprechung ist dabei übernommen worden. Ein Sonderausgabenabzug ist demnach ab der Übertragung des Vermögens auf einen Dritten nicht mehr möglich. Dies gilt auch dann, wenn mit dem Veräußerungserlös eine funktionsgleiche existenzsichernde Wirtschaftseinheit erworben wird. Eine Ausnahme gilt nur bei der Weiterübertragung des übernommenen Vermögens an die „nächste Generation„ im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolgeregelung oder bei einer teilweisen Veräußerung, wenn der nicht übertragene Teil des übernommenen Vermögens eine existenzsichernde und ertragbringende Wirtschaftseinheit i.S. von Typus 1 oder Typus 2 darstellt.

Folgen einer schädlichen nachträglichen Umschichtung:

  • Bis zur schädlichen Vermögensumschichtung bleibt die Vermögensübergabe ein unentgeltlicher Vorgang. Der bisherige Sonderausgabenabzug entfällt durch den Verkauf des übernommenen Vermögens nicht rückwirkend.

  • Ab dem Zeitpunkt der schädlichen Vermögensumschichtung ist die Vermögensübergabe als entgeltlicher Vorgang zu beurteilen. Die von nun an zu leistenden Zahlungen stellen Kaufpreisraten für das übernommene Vermögen dar. Es gilt damit ab diesem Zeitpunkt Teil C des neuen Renten-Erlasses (Rz. 42 ff.).

  • Nachträgliche Umschichtung von Privatvermögen;

    Realisierung eines privaten Veräußerungsgeschäfts i.S. vom § 23 EStG durch den Vermögensübernehmer

Nach der neuen Erlasslage kann der spätere Verkauf eines (zunächst) gegen Versorgungsleistungen übernommenen Grundstücks des Privatvermögens zu einem privaten Veräußerungsgeschäft i.S. vom § 23 EStG führen, wenn der Verkauf innerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfolgt. Der Fristlauf beginnt dabei für den Übernehmer mit Abschluss des Übergabevertrags (Rz. 21.3 des neuen Renten-Erlasses; wie allgemein bei § 23 EStG, bei dem jeweils der Abschluss der obligatorischen Verträge für die Fristberechnung maßgebend ist). Verkauft der Übernehmer das ihm gegen Versorgungsleistungen übertragene Vermögen, fällt der Vorgang unter § 23 EStG, wenn zwischen dem Übergabevertrag und dem Kaufvertrag nicht mehr als zehn Jahre liegen.

Die nachträgliche Umschichtung wirkt dabei auf den früheren Übergabevertrag zurück und macht die Vermögensübertragung für den Übernehmer nachträglich (nach der Trennungstheorie) zu einem teilentgeltlichen Vorgang. Hinsichtlich des vom Übergeber unentgeltlich erworbenen Teils kommt beim Übernehmer ein privates Veräußerungsgeschäft unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG (= Verkauf durch den unentgeltlichen Einzelrechtsnachfolger innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung durch den Rechtsvorgänger) in Betracht (Rz 21.3 des neuen Renten-Erlasses). Es kommt dabei darauf an, ob der Übergeber das Grundstück innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem jetzigen Verkauf entgeltlich erworben hatte.

Beispiel 1:

Am überträgt Vater V (57 J.) ein von ihm am erworbenes Mietwohngrundstück des Privatvermögens (Kaufpreis umgerechnet 450.000 €, davon entfallen auf das Gebäude 400.000 €) im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge auf seinen Sohn S zu Alleineigentum. Im Gegenzuge verpflichtet sich S, Schulden i.H.v. 100.000 € zu übernehmen sowie zur Zahlung von Versorgungsleistungen von monatlich 1.517 €. Der Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt der Übergabe beträgt 500.000 € (hiervon entfallen auf das Gebäude 430.000 €).

Am veräußert S das Mietwohngrundstück zum Preis (=Verkehrswert) von 600.000 €. Der Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistungen beträgt zu diesem Zeitpunkt 200.000 € (12 × 1.517 € × 10,987 (VV Anlage 9 zu § 14 BewG, 58 J., m)).

Die Schuldübernahme i.H.v. 100.000 € (entspricht 1/5 des Verkehrswerts im Zeitpunkt der Übergabe) stellt Entgelt dar.

Das Verhältnis Kapital- oder Barwert bei Umschichtung zum Verkehrswert des unentgeltlich übertragenen Teils (4/5) des Grundstücks bei Übergabe beträgt 1/2 (200.000 € / 500.000 € - 100.000 €).

Das Mietwohngrundstück gilt somit im Verhältnis 1/5 + (1/2 von 4/5) = 3/5 als entgeltlich erworben.

Berechnung des privaten Veräußerungsgewinns bei S:


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Veräußerungserlös
600.000 €
davon entfallen auf den ent-
geltlich erworbenen Teil 3/5
360.000 €
abzgl. Anschaffungskosten
100.000 €
(Schuldübernahme)
+ 200.000 €
(Barwert der wiederkehrenden Leistungen im Zeitpunkt der Umschichtung)
- 1.290 €
(AfA durch Schuldübernahme entgeltlich erworbener Gebäudeteil
1/5 × 430.000 € = 86.000 € × 2% = 1.720 € × 0,75 (9 Monate) = 1.290 €)
- 2.400 €
(AfA durch Umschichtung entgeltlich erworbener Gebäudeteil; maßgebend AK des Rechtsvorgängers V, da zunächst unentgeltlich übertragen, 11 d EStDV
2/5 × 400.000 € = 160.000 € × 2% = 3.200 € × 0,75 (9 Monate) = 2.400 €)
296.310 €
63.690 €

Da auch der unentgeltlich erworbene Teil innerhalb von zehn Jahren angeschafft wurde (vom Rechtsvorgänger V), liegt auch diesbezüglich ein privates Veräußerungsgeschäft vor.


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Veräußerungserlös
600.000 €
davon entfallen auf den unent-
geltlich erworbenen Teil 2/5
240.000 €
abzgl. Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers
180.000 €
(2/5 × 450.000 €)
- 13.600 €
(AfA auf den Gebäudeteil 2/5 × 400.000 € = 160.000 €
× 2% = 3.200 €
× 4,25 (Jahre) = 13.600 €)
166.400 €
73.600 €

Somit ergibt sich bei S ein Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften von insgesamt 63.690 € + 73.600 € = 137.290 €.

• Abzug des Zins- oder Ertragsanteils der Rente bzw. dauernden Last als Werbungskosten

Den Zins- oder Ertragsanteil der Rente bzw. dauernden Last von jährlich 6.371 € (12  × 1.517 € × 35% Ertragsanteil § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG) kann der Übernehmer als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen, wenn er den Veräußerungserlös (Kaufpreis) in Vermögen investiert, das zur Einkunftserzielung genutzt wird, z.B. als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn der Kaufpreis in verzinslichen Wertpapieren angelegt wird (sog. Umwidmung).

• Realisierung eines privaten Veräußerungsgeschäfts i.S. vom § 23 EStG durch den Vermögensübergeber

Der Übergeber realisiert durch die spätere Umschichtung ebenfalls ein privates Veräußerungsgeschäft, wenn die Umschichtung innerhalb einer Zehnjahresfrist zwischen Anschaffung durch den Übergeber und Umschichtung (Verkauf) durch den Übernehmer erfolgt (Rz. 21.6 des neuen Renten-Erlasses). Für den Übergeber gilt dabei (und das ist die Besonderheit) für die Fristberechnung nicht der Abschluss des Übergabevertrages, sondern der Abschluss des Kaufvertrages (wenn der Übernehmer zu einem späteren Zeitpunkt das übernommene Vermögen verkauft) als maßgeblicher Veräußerungszeitpunkt.

Beispiel wie oben

Berechnung des privaten Veräußerungsgewinns bei V im Kalenderjahr 2002


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Schuldübernahme
100.000 €
abzgl. Anschaffungskosten
90.000 €
(Anschaffungskosten
450.000 €, davon entfallen auf
den entgeltlich übertragenen
Teil 1/5)
- 5.600 €
(AfA
1/5 × 400.000 € = 80.000 €
× 2% = 1.600 €
× 3,5 (Jahre) = 5.600 €)
84.400 €
15.600 €

Berechnung des privaten Veräußerungsgewinns bei V aufgrund der Umschichtung


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Kapital- oder Barwert der wie-
derkehrenden Leistungen im
Zeitpunkt der Umschichtung
abzgl. Anschaffungskosten
200.000 €
180.000 €
(Anschaffungskosten
450.000 €, davon entfallen auf
den entgeltlich übertragenen
Teil 4/5 × 1/2 = 2/5)
- 11.200 €
(AfA ( - )
2/5 × 400.000 € = 160.000 €
× 2% = 3.200 €
× 3,5 (Jahre) = 11.200 €)
168.800 €
31.200 €

Ein Gewinn aufgrund der Umschichtung entsteht erstmals, wenn der in der Summe der jährlichen Zahlungen enthaltene Veräußerungspreis (Barwertanteil) die Anschaffungskosten (ggf. gemindert um Abschreibungen) übersteigt (Hinweis auf § 11 EStG).


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Jahr
zugeflossene
Rate
Zins- bzw.
Ertragsanteil
(35%)
Kapital- bzw.
Barwertanteil
verbleibende
Anschaffungskosten
steuerpflichtig
2003
9 × 1.517 € = 13.653 €
4.778 €
8.875 €
168.800 € - 8.875 € = 159.925 €
0
2004
12 × 1.527 € = 18.204 €
6.371 €
11.833 €
148.092 €
0
2005
18.204 €
6.371 €
11.833 €
136.259 €
0
2016
18.204 €
6.371 €
11.833 €
6.096 €
0
2017
18.204 €
6.371 €
11.833 €
0
5.737 €
2018
18.204 €
6.371 €
11.833 €
0
11.833 €

• Versteuerung des Zins- bzw. Ertragsanteils

Der in dauernde Lasten enthaltene Zinsanteil ist ab der Weiterveräußerung als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu versteuern. Der in Veräußerungsleibrenten enthaltene Ertragsanteil ist nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG zu versteuern.

• Nachträgliche Umschichtung von Betriebsvermögen

Auch bei der nachträglichen Umschichtung von Betriebsvermögen stellt der Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistungen ab der Weiterübertragung Kaufpreisraten und damit Anschaffungskosten dar. Hier gibt es allerdings keine Fristen, so dass die Umschichtung des Vermögens zu Lebzeiten des Übergebers immer steuerliche Folgen auslösen kann. So wie bei Privatvermögen auf den Wert im Zeitpunkt der Vermögensübergabe abgestellt wird, ist bei Betriebsvermögen auf die Höhe des steuerlichen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Übergabe abzustellen.

• Realisierung eines betrieblichen Veräußerungsgewinns durch den Vermögensübernehmer

Übersteigen die Anschaffungskosten (ggf. zusammen mit im Zeitpunkt der Übergabe gezahlten Abstandszahlungen, Gleichstellungsgeldern und übernommenen privaten Verbindlichkeiten) den Wert des steuerlichen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Übergabe, liegt ein entgeltlicher Erwerb vor. Der vom Übernehmer bei der Weiterveräußerung erzielte Veräußerungsgewinn ist der Betrag, der sich nach Abzug der Veräußerungskosten und der Anschaffungskosten zuzüglich des Differenzbetrags zwischen dem steuerlichen Kapitalkonto zum Zeitpunkt der Vermögensübergabe und dem steuerlichen Kapitalkonto zum Zeitpunkt der Weiterübertragung vom Veräußerungspreis ergibt.

Beispiel 2:

V überträgt im Jahr 2002 im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolgeregelung sein Einzelunternehmen mit einem Verkehrswert von 700.000 € auf S. S verpflichtet sich, an V lebenslänglich eine Rente i.H. von jährlich 50.000 € zu zahlen. Das steuerliche Kapitalkonto beträgt 250.000 €, der Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistungen beträgt bei einem Lebensalter des V von 56 Jahren 575.300 €. S veräußert das Einzelunternehmen im Jahr 2005 für 800.000 € an einen Dritten. Das steuerliche Kapitalkonto beträgt zu diesem Zeitpunkt 200.000 €, der Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistungen 536.000 €. S ist auch nach der Veräußerung des Einzelunternehmens zur Zahlung der Rente an V verpflichtet.

Die Vermögensübertragung im Jahr 2002 ist zunächst eine unentgeltliche Übertragung. S hat die Buchwerte des Betriebsvermögens des V nach § 6 Abs. 3 EStG fortzuführen. Die wiederkehrenden Leistungen sind bei S und V als Versorgungsleistung zu behandeln.

Berechnung des Veräußerungsgewinns bei S im Kalenderjahr 2005


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Veräußerungserlös
800.000 €
./.
Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistungen bei Weiterveräußerung
536.000 €
+
Differenz der steuerlichen Kapitalkonten
(steuerliches Kapitalkonto bei Vermögensübertragung 250.000 € abzgl. steuerliches Kapitalkonto bei Umschichtung 200.000 €)
50.000 €
314.000 €

Wendet der Übernehmer jedoch nur Anschaffungskosten bis zur Höhe des steuerlichen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Vermögensübertragung auf, hat er die Buchwerte des Betriebsvermögens des Übergebers entsprechend Rz. 38 des BMF-Schreibens zur vorweggenommenen Erbfolge vom (BStBl 1993 I S. 80, EStH 2002 Anhang 13 II) fortzuführen. Der Veräußerungsgewinn ermittelt sich nach den allgemeinen Grundsätzen.

Beispiel 3

Wie Beispiel 2; der Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistungen zum Zeitpunkt der Veräußerung durch S beträgt jedoch nur 150.000 €.

Berechnung des Veräußerungsgewinns bei S im Kalenderjahr 2005


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Veräußerungserlös
800.000 €
abzgl. steuerliches Kapitalkonto
200.000 €
Veräußerungsgewinn § 16 Abs. 2 EStG
600.000 €

• Abzug des Zinsanteils als nachträgliche Betriebsausgaben

Die Verbindlichkeit zur Zahlung der wiederkehrenden Leistungen wird im Zeitpunkt der Weiterübertragung eine betriebliche Verbindlichkeit. Soweit die Zahlungsverpflichtung vom Käufer übernommen wird, erhöht der Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistungen den Veräußerungserlös. Müssen die Zahlungen weiter vom Übernehmer geleistet werden, stellt der Zinsanteil aus den Zahlungen zukünftig nachträgliche Betriebsausgaben dar. Der Zinsanteil ist zu ermitteln, indem der tatsächlich gezahlte Betrag der wiederkehrenden Leistungen jeweils um den Betrag gemindert wird, um den sich der Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistungen in Folge der Berücksichtigung der verminderten Laufzeit oder der verminderten Lebenserwartung des Berechtigten verringert.

• Realisierung eines betrieblichen Veräußerungsgewinns durch den Vermögensübergeber

Die nachträgliche Umschichtung von Betriebsvermögen kann auch beim Vermögensübergeber zu einem betrieblichen Veräußerungsgewinn führen. Veräußerungserlös ist die Summe aus Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistungen im Zeitpunkt der Umschichtung, Abstandszahlungen, Gleichstellungsgelder und übernommenen privaten Verbindlichkeiten. Die vor der Umschichtung erhaltenen wiederkehrenden Leistungen wurden bereits als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG versteuert. Von dem Veräußerungserlös abzuziehen ist der Wert des steuerlichen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Vermögensübergabe. Hierdurch wird gewährleistet, dass sich Wertveränderungen des Betriebsvermögens, die durch den Vermögensübernehmer verursacht wurden, nicht auf die Höhe des Veräußerungsgewinns des Vermögensübergebers auswirken.

Hat der Übergeber nach der Weiterübertragung durch den Übernehmer weiterhin Anspruch auf Zahlung der wiederkehrenden Leistungen, kann er entsprechend R 139 Abs. 11 EStR wählen, ob der den Veräußerungsgewinn sofort versteuert oder stattdessen die Rentenzahlungen als nachträgliche Betriebseinnahmen im Sinne des § 15 EStG in Verbindung mit § 24 Nr. 2 EStG behandelt. In diesem Fall sind die einzelnen Zahlungen ab dem Zeitpunkt in voller Höhe steuerpflichtig, in dem die Summe der einzelnen Zahlungen die Höhe des steuerlichen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Vermögensübertragung übersteigt.

Entscheidet sich der Vermögensübergeber für die Sofortversteuerung oder steht ihm kein Wahlrecht zu, da er einen Betrag zur Ablösung seines Anspruchs auf wiederkehrende Leistungen erhalten hat, ist der Veräußerungsgewinn im Weiterübertragungszeitpunkt zu versteuern. Ein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG sowie eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG sind zu gewähren, sofern die weiteren Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.

Beispiel 4

Wie Beispiel 2

Berechnung des Veräußerungsgewinns bei V im Kalenderjahr 2005


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Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistungen bei Weiterveräußerung
536.000 €
abzgl. steuerliches Kapitalkonto 2002
250.000 €
Veräußerungsgewinn § 16 Abs. 2 EStG
286.000 €

Wegen der Höhe des Veräußerungsgewinns kann kein Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG gewährt werden (Kürzungsbetrag 286.000 € - 154.000 € = 132.000 € > Freibetrag 51.000 €).

• Versteuerung des Ertragsanteils als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG

Die in den wiederkehrenden Leistungen enthaltenen Ertragsanteile führen ab der Weiterveräußerung beim Übergeber zu sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG.

• Keine Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts

Ergibt sich hingegen ein Veräußerungsverlust, kann dieser steuerlich nicht berücksichtigt werden, da die nachträgliche Umschichtung nichts daran ändert, dass der Vermögensübergeber das Vermögen unentgeltlich übertragen wollte.

Beispiel 5

Wie Beispiel 3

Ein Veräußerungsgewinn entsteht nicht, da der Kapital- oder Barwert der wiederkehrenden Leistungen im Zeitpunkt der Weiterveräußerung (150.000 €) den Wert des steuerlichen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Vermögensübertragung (250.000 €) nicht übersteigt.

• Anwendungsregelung

Die neue Regelung ist grundsätzlich auf alle offene Fälle anzuwenden. Wurde das übernommene Vermögen auf Grund eines vor dem abgeschlossenen obligatorischen Vertrags auf einen Dritten übertragen, sind die bisherigen Regelungen des alten Renten-Erlasses weiter anzuwenden, wenn der Übergeber und der Übernehmer übereinstimmend an der bisherigen steuerlichen Beurteilung festhalten, d.h. Sonderausgabenabzug beim Übernehmer und Versteuerung der wiederkehrenden Leistungen als sonstige Einkünfte beim Übergeber (Rz. 59 Satz 3).

Die Übergangsregelung betrifft damit nur Fälle, in denen die Vermögensumschichtung (= Abschluss des schuldrechtlichen Vertrags; nicht die Übergabel) vor dem erfolgte.

3. Vermögensübertragung gegen Mindestzeitrente

Bei Vermögensübertragungen unter Vereinbarung einer Mindestzeitrente (oder einer vergleichbaren dauernden Last) waren die Rentenzahlungen bisher als Versorgungsleistungen (Sonderausgaben) abziehbar, wenn die voraussichtliche Lebenserwartung des Berechtigten die Mindestlaufzeit überstieg. War die vereinbarte Mindestlaufzeit hingegen länger als die voraussichtliche Lebenserwartung des Berechtigten, handelte es sich um wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung (=Veräußerungsrenten), die nicht als Sonderausgaben abgezogen werden konnten.

Nach dem (BStBl 2002 II S. 650) setzt eine begünstigte Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen voraus, dass die Versorgungsleistungen grundsätzlich auf Lebenszeit des Berechtigten gezahlt werden (Ausnahme: Wiederverheiratungsklausel, zeitliche Begrenzung bis zum Bezug von Sozialversicherungsrente). Eine typische private Versorgungsrente muss aber stets mit dem Tod des Berechtigten enden. Haben die vereinbarten wiederkehrenden Leistungen eine Mindestlaufzeit, handelt es sich nicht ausschließlich um Versorgungsleistungen. Der Vereinbarung liegt vielmehr auch der Gedanke eines wertmäßigen Ausgleichs für das vorweg übertragene Vermögen zugrunde. Eine solche Vereinbarung wird geprägt durch seine Funktion, eine Gleichstellung von (künftigen) Miterben zu gewährleisten, etwa wenn der Erbfall unmittelbar nach der Vermögensübertragung eintritt und dann wiederkehrende Leistungen an die Miterben als Ausgleich für das vorweg übernommene Vermögen zu erbringen sind. Auf das Verhältnis der Mindestlaufzeit zur Lebenserwartung kommt es nicht an. Da eine Zuordnung zum Rechtsinstitut der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen nicht in Betracht kommt, handelt es sich stets um wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung, d.h. der Barwert der Rente bzw. dauernden Last stellt die Anschaffungskosten des (teil-)entgeltlich übertragenen Vermögens dar.

Wiederkehrende Leistungen auf die Lebenszeit des Berechtigten, die jedoch für eine Mindestlaufzeit zu erbringen sind (sog. Mindestzeitrenten oder verlängerte Leibrenten oder dauernde Lasten), sind stets als wiederkehrende Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung zu behandeln. Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob die voraussichtliche Lebenserwartung des Berechtigten die Mindestlaufzeit übersteigt (Rz. 51 des neuen Renten-Erlasses).

Die neue Regelung ist grundsätzlich auf alle offenen Fälle anwendbar. Die bisherige Erlassregelung (Versorgungsleistungen bei lebenslänglicher Rentenzahlung, wenn Mindestlaufzeit #eringer ist als die voraussichtliche Lebenserwartung des Berechtigten) ist weiterhin anzuwenden, wenn der Übergabevertrag vor dem abgeschlossen wurde und sowohl der Übergeber als auch der Übernehmer übereinstimmend an der bisherigen steuerlichen Beurteilung festhalten (Rz. 59 Satz 4 des neuen Renten-Erlasses). Mindestzeitrenten aufgrund Vermögensübergaben vor dem sind (nach wie vor, unabhängig von der voraussichtlichen Lebenserwartung des Berechtigten) Versorgungsleistungen, wenn die Beteiligten darin übereinstimmen (Rz. 59 Satz 8 des neuen Renten-Erlasses).

4. Instandhaltungsaufwendungen als Versorgungsleistungen

Bisher waren außergewöhnliche Instandhaltungsaufwendungen keine Versorgungsleistungen und nicht als Sonderausgaben abziehbar, und zwar auch dann nicht, wenn sich der Vermögensübernehmer zur Übernahme dieser Aufwendungen vertraglich verpflichtete, weil er sie bereits als Grundstückseigentümer zu tragen hatte.

Nach dem (BStBl 2000 II S. 21) dürfen Instandhaltungskosten nur als Versorgungsleistungen abgezogen werden, soweit sie der Erhaltung des vertragsgemäßen Zustandes der Wohnung dienen. Entscheidend ist der Zustand der Wohnung im Zeitpunkt der Übergabe (Rz. 34 des neuen Renten-Erlasses).

Aufwendungen für Baumaßnahmen, die über die Erhaltung des bei Übergabe als vertragsgemäß akzeptierten Zustandes hinausgehen, sind grundsätzlich nicht Teil der durch die Übertragung typischerweise notwendig werdenden Versorgungsleistungen an den Vermögensübergeber.

Aufwendungen des Eigentümers/Übernehmers auf das Gebäude sind nicht zuletzt wegen des offenkundigen Interesses des Vermögensübernehmers an der Werterhaltung und Werterhöhung seines Eigentums nur als dauernde Last abziehbar, wenn sich der Übernehmer hierzu im Übergabevertrag eindeutig und klar gegenüber dem Übergeber verpflichtet hat.

Eine Übergangsregelung ist nicht getroffen, d.h. die Regelung ist in allen offenen Fällen anwendbar.

Ergänzend weise ich darauf hin, dass sich auch aus dem (BStBl 2003 II S. 644) nichts anderes ergibt. Hiernach darf im Rahmen eines (landwirtschaftlichen) Wirtschaftsüberlassungsvertrages der Nutzungsberechtigte Modernisierungsaufwendungen für die vom Hofeigentümer beibehaltene Wohnung als dauernde Last abziehen, sofern er sich dazu im Überlassungsvertrag verpflichtet hat.

Voraussetzung ist neben der zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung im Vermögensübergabevertrag, dass die geschuldeten Leistungen den Charakter von Versorgungsleistungen haben, die Aufwendungen also der Erhaltung des im Zeitpunkt der Übergabe vertragsgemäßen Zustandes der Wohnung dienen (s.o.). Unschädlich ist, wenn eine zur Erhaltung erforderliche Maßnahme gleichzeitig eine zeitgemäße Modernisierung bewirkt. Dies kann aus baulichen Gründen (z.B. Ersatz defekter einfach verglaster Fenster durch Fenster mit Isolierverglasung) oder aus rechtlichen Gründen (z.B. Ersatz einer Heizungsanlage, deren Abgaswerte – ab 2004 – nicht mehr den rechtlichen Vorgaben entsprechen) der Fall sein. Vgl. hierzu auch das (BStBl 2003 I S. 405).

OFD Frankfurt am Main v. - - S 2221 A - 82 - St II 2.08

Fundstelle(n):
FAAAB-15210