BFH Urteil v. - VII R 40/01

Einreihung von COM-Recordern

Gesetze: KN Pos 8471

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte in den Jahren 1995 und 1996 COM-Recorder aus den USA ein und ließ diese beim Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt —HZA—) in den zollrechtlich freien Verkehr überführen.

Die COM (Computer Output Management bzw. Computer Output on Microfilm)-Recorder empfangen Daten entweder über eine Leitung von einer Zentraleinheit (einem Host) oder, gleichfalls über eine Leitung, von einer Bandlesestation, auf der die Magnetbänder mit den entsprechenden Daten eingelesen werden. Dieser sog. Offline-Betrieb findet statt, wenn beispielsweise wegen größerer räumlicher Entfernung zwischen einer Zentraleinheit und dem Gerät die Herstellung einer Leitungsverbindung unzweckmäßig ist. Im Offline-Betrieb können die Geräte keine anderen Arbeiten ausführen als im Online-Betrieb. Ohne die Zuführung von Daten von außen können die COM-Recorder nicht eigenständig arbeiten. Die COM-Recorder, die mit neun Mikroprozessoren ausgestattet sind, arbeiten mit einer eigenen Maschinensprache, dem System ASCII (American Standard Code for Information Interchange), in welche die empfangenen Daten mit der in den Geräten vorhandenen Software übersetzt werden. Diese Software sieht unterschiedliche Zeichensätze in Form und Größe sowie graphische Gestaltungsmöglichkeiten und Verkleinerungsfaktoren vor. Die von einer Zentraleinheit oder einer Bandlesestation übermittelten Daten werden entsprechend gestaltet und indiziert. Der Mikrofiche wird in seiner Form und seinem Inhalt vollständig abgebildet, bevor die Aufzeichnung der Daten mit einem Laserstrahl auf das Filmmaterial erfolgt. Der Mikrofiche wird in den Geräten entwickelt und kann entnommen werden.

Die Klägerin meldete die COM-Recorder in ihren Zollanmeldungen vom 4. Mai und unter der Unterpos. 8471 92 80 der Kombinierten Nomenklatur (KN) als andere Ausgabeeinheiten für automatische Datenverarbeitungsmaschinen an. Dem folgte das HZA zunächst. Später reihte das HZA die Geräte als Fotoapparate von der zur Aufnahme von Dokumenten auf Mikrofiche verwendeten Art in die Unterpos. 9006 20 00 KN ein und forderte mit Bescheiden vom 3. sowie Zoll von der Klägerin nach. In weiteren fünf Fällen legte das HZA der Berechnung der Einfuhrabgaben den für Waren der Unterpos. 9006 20 00 KN geltenden Zollsatz zugrunde (Bescheide vom 27. März, 5. Juli, 6. und 9. Oktober sowie ).

Nach erfolglosen Einsprüchen erhob die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht (FG). Das FG gab der Klage statt und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die COM-Recorder seien als Ausgabeeinheiten für Datenverarbeitungsmaschinen in die Pos. 8471 KN einzureihen. Die Geräte führten keine eigene andere Funktion als die der Datenverarbeitung aus. Die von einem Zentralrechner stammenden Daten würden nicht ver- oder bearbeitet. Vielmehr würden diese Daten in eine Form übersetzt, die eine Abbildung auf Mikrofiche ermögliche. Dieses optische Aufbereiten der Daten sowie das Formatieren, Verkleinern und Indizieren seien keine der Datenverarbeitung zuzuordnenden eigenständigen Funktionen, welche die Geräte zu Datenverarbeitungsmaschinen machten. Die COM-Recorder seien dazu bestimmt, mit einer Zentraleinheit Verwendung zu finden. Auch beim Offline-Betrieb hätten die Geräte keine Funktion, die sie ohne eine Zentraleinheit ausüben könnten. Der Einsatz fototechnischer Mittel zur Abbildung auf Mikrofiche trete demgegenüber als zolltariflich unerheblich zurück, weil die Laserfototechnik lediglich eingesetzt werde, um das Ablegen der Daten auf Mikrofiche erreichen zu können. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) habe in seinem Urteil vom Rs. C-43/89 —Gerlach— (EuGHE 1990, I-3219) hinsichtlich des Vorgängermodells Aris II darauf abgestellt, dass dieses Gerät an eine Zentraleinheit angeschlossen werden könne und seiner Beschaffenheit nach als Teil dieses Systems bestimmt sei. Die Funktion der von der Klägerin eingeführten COM-Recorder sei mit derjenigen des Vorgängermodells Aris II identisch, weil sie ebenfalls decodierte Computerdaten, die hauptsächlich aus einem Zentralcomputer stammten, in lesbare Schriftzeichen umsetzen und auf Mikrofilm oder Mikrofiche übertragen würden.

Mit der Revision macht das HZA geltend, die COM-Recorder dienten in erster Linie der Archivierung von elektronisch gespeicherten Daten auf Mikrofiche, eine Datenverarbeitung finde nicht statt. Da die Übertragung der Daten auf fotomechanischem Weg durch das Belichten eines Films mit einem Laserstrahl und anschließender Entwicklung des Films erfolge, seien die Geräte in die Pos. 9006 KN einzureihen. Es handele sich nicht um Ausgabeeinheiten i.S. der Pos. 8471 KN, weil sie eine eigene fototechnische Funktion ausübten, die nicht der Datenverarbeitung zuzuordnen sei. Die Geräte seien zwar auf die Zuführung von Daten angewiesen. Sie seien jedoch wie ein Kopiergerät nach dem Einschalten betriebsbereit und in der Lage, die von außen zugeführten Daten auf Mikrofiche abzubilden. Die Übertragung der Daten auf Mikrofiche und Entwicklung der belichteten Filmabschnitte könnten nicht mit einer Datenausgabe im technischen Sinn gleichgesetzt werden. Eine Einreihung in die Pos. 8471 KN scheide zudem aus, weil beim Offline-Betrieb kein Austausch von Daten mit einer Zentraleinheit stattfinde. Erforderlich sei jedoch eine beständige physikalische und funktionelle Verbindung mit einer Zentraleinheit. Das FG habe die Verordnung (EWG) Nr. 646/89 (VO Nr. 646/89) der Kommission vom (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 71/20), mit der eine vergleichbare Ware in die Unterpos. 9006 20 00 KN eingereiht worden sei, nicht beachtet. Ferner sähen die Avise zum Harmonisierten System (HS) für Belichter und Laserfotoplotter, die gleichfalls Daten von einer Datenverarbeitungsmaschine bezögen, eine Zuweisung zur Pos. 9006 vor. Das EuGH-Urteil in EuGHE 1990, I-3219 sei wegen der geänderten Rechtslage überholt. Der EuGH habe dort zudem hinsichtlich des Vorgängermodells Aris II ausgeführt, das Gerät müsse auch im Offline-Betrieb an einem Zentralcomputer angeschlossen bleiben. Bezüglich der fehlenden Anwendbarkeit der Verordnung (EWG) Nr. 551/81 (VO Nr. 551/81) der Kommission vom (ABlEG Nr. L 56/20) habe der EuGH auf den geringen Wert des optischen Systems im Verhältnis zum Gesamtwert des Geräts Aris II abgestellt.

Das HZA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die COM-Recorder seien in die Pos. 8471 KN einzureihen. Der Begriff der Einheit i.S. der Anm. 5 B zu Kap. 84 KN sei weit auszulegen, wobei nicht auf datenverarbeitungstechnische Vorgänge abzustellen sei. Die COM-Recorder seien mit einem Drucker vergleichbar, weil elektronisch gespeicherte Daten auf Mikrofilm ausgegeben würden. Einer beständigen physikalischen und funktionellen Verbindung mit einer Zentraleinheit bedürfe es nicht. Überdies seien die COM-Recorder in der Mehrzahl der Fälle an eine Zentraleinheit angeschlossen. Der Offline-Betrieb führe auch nicht zu einer eigenen anderen Funktion als die der Datenverarbeitung. Das FG habe keine Veranlassung gehabt, die Anwendbarkeit der VO Nr. 646/89 zu prüfen, weil der EuGH in seinem Urteil in EuGHE 1990, I-3219 ausgeführt habe, dass die Vorgänger-VO Nr. 551/81 nicht einschlägig sei. Auf die Avise (HS) zu Pos. 9006 habe das FG nicht eingehen müssen, weil die dort beschriebenen Waren mit den COM-Recordern nicht zu vergleichen seien.

II. Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Vorentscheidung verletzt nicht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das FG hat zutreffend erkannt, dass die von der Klägerin eingeführten COM-Recorder in die Pos. 8471 KN —für 1995 i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 3115/94 der Kommission vom (ABlEG Nr. L 345/1) und (ab dem ) der Verordnung (EG) Nr. 1359/95 der Kommission vom (ABlEG Nr. L 142/1) (KN 1995) sowie für 1996 i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 3009/95 der Kommission vom (ABlEG Nr. L 319/1) (KN 1996)— und nicht in die Pos. 9006 KN einzureihen sind.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH wie auch des erkennenden Senats (vgl. etwa —Turbon International—, EuGHE 2002, I-1389 Rdnr. 21; , BFH/NV 2000, 1266, 1267; vom VII R 83/99, BFH/NV 2001, 499; vom VII R 69/00, BFH/NV 2002, 560, 561) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind. Dazu gibt es auch Erläuterungen (Erl), die für das HS vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens sowie für die KN von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden und ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH-Urteil in EuGHE 2002, I-1389 Rdnr. 22).

b) Aus dem Wortlaut der Pos. 8471 KN ergibt sich, dass diese u.a. automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten erfasst. In die Unterpos. 8471 92 80 KN 1995 bzw. 8471 60 90 KN 1996 sind (andere) Ein- oder Ausgabeeinheiten einzureihen. In den ErlHS —zu Pos. 8471 Rz. 20.0 bis 23.0— werden die Begriffe Ein- und Ausgabeeinheit definiert. Ein vollständiges digitales Datenverarbeitungssystem hat nach den ErlHS neben der Zentraleinheit mindestens eine Eingabeeinheit, welche die einzugebenden Daten empfängt und sie in Signale umwandelt, die von der Maschine verarbeitet werden können. Ferner ist eine Ausgabeeinheit vorhanden, welche die von der Maschine gelieferten Signale in eine verständliche Form (z.B. in geschriebene Texte oder in Grafiken oder Bildschirmanzeigen usw.) umwandelt oder in codierte Daten für andere Verwendungszwecke (z.B. für die Verarbeitung oder die Steuerung usw.) bereitstellt. Aus Anm. 5 B Abs. 1 Satz 2 zu Kap. 84 KN 1995 und Anm. 5 B Satz 2 zu Kap. 84 KN 1996 folgt, dass eine Einheit, die an die Zentraleinheit anschließbar und in der Lage ist, Daten in einer Form —Codes oder Signale— zu empfangen oder zu liefern, die vom System verwendbar sind, als zu einem vollständigen System einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine gehörender Teil anzusehen und mithin in die Pos. 8471 einzureihen ist (vgl. —Peacock—, EuGHE 2000, I-8947 Rdnr. 20; vom Rs. C-479/99 —CBA Computer—, EuGHE 2001, I-4391 Rdnr. 22).

c) Die von der Klägerin eingeführten COM-Recorder können an eine Zentraleinheit angeschlossen werden, wie dies Anm. 5 B Unterabs. 1 Satz 2 Buchst. a zu Kap. 84 KN 1995 und Anm. 5 B Satz 2 Buchst. b zu Kap. 84 KN 1996 voraussetzen. Die Geräte empfangen die Daten über eine Leitung von einer Zentraleinheit, wenn sie nicht im Offline-Betrieb mit einer Bandlesestation verbunden sind. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) führen die COM-Recorder im Offline-Betrieb keine anderen Arbeiten als im Online-Betrieb aus. Da die Geräte ohne die Zuführung von Daten von außen nicht selbständig arbeiten können, liegt im Gegensatz zur Auffassung des HZA kein Widerspruch darin, dass das FG an anderer Stelle ausgeführt hat, die COM-Recorder hätten keine Funktion, die sie ohne eine Zentraleinheit ausüben könnten.

Anders als das HZA meint, ist für die Annahme einer Einheit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine keine beständige physikalische und funktionelle Verbindung mit einer Zentraleinheit erforderlich. Nach Anm. 5 B Unterabs. 1 Satz 2 Buchst. a zu Kap. 84 KN 1995 und Anm. 5 B Satz 2 Buchst. b zu Kap. 84 KN 1996 muss die Einheit nur an eine Zentraleinheit angeschlossen werden können („être connectable„ in der französischen und „it is connectable„ in der englischen Fassung dieser Anmerkungen; vgl. bereits das Senatsurteil vom VII K 10/73, BFHE 116, 238, 240 zur Vorschrift 3 B Buchst. a zu Kap. 84 des Gemeinsamen Zolltarifs —GZT—). Aus den ErlHS zu Pos. 8471 Rz. 28.1 bis 31.0 folgt nichts anderes. Dort wird zu Rz. 31.0 lediglich ausgeführt, dass die Verbindungen innerhalb des Systems mit materiellen oder nichtmateriellen Mitteln hergestellt werden können. Der EuGH hat zudem in seinem Urteil in EuGHE 1990, I-3219 Rdnr. 16 hinsichtlich des Vorgängermodells Aris II, das ebenfalls außerhalb einer zentralen Verarbeitungseinheit Daten von Magnetbändern empfangen konnte, in Anwendung der Vorschrift 3 B Buchst. a zu Kap. 84 GZT i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 3400/84 des Rates vom (ABlEG Nr. L 320/1), die Anm. 5 B Unterabs. 1 Satz 2 Buchst. a zu Kap. 84 KN 1995 und Anm. 5 B Satz 2 Buchst. b zu Kap. 84 KN 1996 entspricht, eine Ausgabeeinheit i.S. der Tarifnr. 84.53 B GZT angenommen. Dabei war es nicht entscheidend, dass das Gerät im Offline-Betrieb an einen Zentralcomputer angeschlossen bleiben musste, weil es —wie die von der Klägerin eingeführten COM-Recorder— nicht selbständig funktionieren konnte (EuGH-Urteil in EuGHE 1990, I-3219 Rdnr. 9).

d) Die COM-Recorder wandeln die von einer Zentraleinheit oder einer Bandlesestation übermittelten Daten mittels der in den Geräten vorhandenen Software in die Maschinensprache ASCII um, damit sie auf Mikrofiche abgebildet werden können. Sie sind daher in der Lage, Daten in einer Form —Codes oder Signale— zu empfangen, die von dem System verwendet werden können. Es handelt sich mithin um Ausgabeeinheiten i.S. der Unterpos. 8471 92 80 KN 1995 bzw. 8471 60 90 KN 1996 (vgl. ErlHS zu Pos. 8471 Rz. 23.0).

e) Die Voraussetzungen der Anm. 5 B 2. Unterabs. zu Kap. 84 KN 1995 bzw. der Anm. 5 E zu Kap. 84 KN 1996 liegen nicht vor. Danach sind Maschinen mit eigener Funktion, in die eine automatische Datenverarbeitungsanlage eingebaut ist oder die an eine automatische Datenverarbeitungsmaschine angeschlossen werden und mit ihr zusammenarbeiten, aus der Pos. 8471 KN auszuweisen (ebenso ErlHS zu Pos. 8471 Rz. 07.0 sowie zu Kap. 84 Rz. 51.0). Derartige Maschinen sind der ihrer Funktion entsprechenden Position, oder, falls keine solche Position vorhanden ist, der dann zutreffenden Sammelposition zuzuweisen. Eine eigene (andere) Funktion schließt danach die für „Einheiten„ vorausgesetzte Beschaffenheit aus (vgl. , BFH/NV 1992, 351, 352; vom VII K 1/92, BFH/NV 1993, 759, 760; vom VII R 46/98, BFH/NV 2001, 352, 354). Von diesem Grundsatz geht auch die Rechtsprechung des EuGH aus. Hiernach können Maschinen, die an eine automatische Datenverarbeitungsanlage angeschlossen sind und mit dieser zusammenarbeiten, nur dann als Maschinen mit eigener Funktion angesehen werden, wenn sie eine andere Funktion als die der Datenverarbeitung ausüben (vgl. —Techex—, EuGHE 1997, I-7363 Rdnr. 15, und EuGH-Urteil in EuGHE 2001, I-4391 Rdnr. 23).

Der Begriff der Datenverarbeitung in diesem Sinne umfasst eine Vielzahl von Teilfunktionen, die nicht als eigenständige Funktionen i.S. der Anm. 5 B 2. Unterabs. zu Kap. 84 KN 1995 bzw. der Anm. 5 E zu Kap. 84 KN 1996 zu werten sind. Danach zählt zur Datenverarbeitung nicht nur das bloße Behandeln (Erfassen, Bearbeiten, Speichern) von Daten, sondern auch das Ordnen und der Transfer von Daten innerhalb eines Datenverarbeitungssystems (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2001, 352, 354). Auch die Umwandlung digitaler Bilddaten in solche, die auf einen zu belichtenden Film projiziert werden können, stellt keine eigene Funktion dar (vgl. Senatsurteil vom VII R 57/01, BFH/NV 2003, 525, 527).

Die COM-Recorder übersetzen die von einer Zentraleinheit oder einem Bandlesegerät übermittelten Daten in solche, die auf Mikrofiche dargestellt werden können. Hierbei handelt es sich nicht nur um ein Archivieren von Daten unter Einsatz fototechnischer Mittel. Entscheidend ist vielmehr, dass die COM-Recorder nach den Feststellungen des FG ohne die Zuführung der Daten von einer Zentraleinheit oder einer Bandlesestation nicht in der Lage sind, eigenständig Arbeiten auszuführen und keine Funktion haben, die sie ohne eine solche Maschine ausüben könnten (vgl. EuGH-Urteil in EuGHE 2000, I-8947 Rdnr. 16).

f) Demgegenüber kommt eine Einreihung der COM-Recorder in die Pos. 9006 KN —dort in die Unterpos. 9006 20 00 KN— nicht in Betracht. Die Ausweisungsvorschrift der Anm. 1 Buchst. m zu Abschn. XVI KN kommt hier nicht zum Tragen.

Bei den Geräten handelt es sich nicht (nur) um Fotoapparate von der zur Aufnahme von Dokumenten auf Mikrofilm oder Mikrofiche verwendeten Art. Vielmehr verfügen die COM-Recorder über neun Mikroprozessoren und arbeiten mit einer eigenen Maschinensprache, in welche die empfangenen Daten mit der in den Geräten vorhandenen Software übersetzt werden. Die von einer Zentraleinheit oder einer Bandlesestation übermittelten Daten werden unter Einsatz dieser Software gestaltet und indiziert. Die Vorrichtungen für die Übertragung der Daten mit einem Laserstrahl auf einen zu belichtenden Film und anschließender Entwicklung des Films können nicht als charakterbestimmende Bestandteile der COM-Recorder i.S. der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur 3b angesehen werden. So hat auch der EuGH zu dem Vorgängermodell Aris II ausgeführt, dass der charakterbestimmende Bestandteil dieses Geräts nicht die fotografische Einrichtung sei, ohne dass er hierbei maßgeblich auf den im Verhältnis zum Gesamtwert minimalen Wert des optischen Systems abgestellt hat (vgl. EuGH-Urteil in EuGHE 1990, I-3219 Rdnr. 8 einerseits und 11 andererseits).

Die von der Klägerin eingeführten COM-Recorder weisen nicht die objektiven Merkmale und Eigenschaften von Belichtern und Laserfotoplottern auf. Die Geräte setzen digitale Daten nicht wie Belichter in latente Bilder auf lichtempfindliche Medien um, die bei der Vorbereitung von Platten für die Offsetdruckindustrie verwendet werden (Avis (HS) zu Unterpos. 9006 10 Rz. 02.0). Die Funktionsweise der COM-Recorder ist auch nicht mit derjenigen eines Laserfotoplotters i.S. des Avis (HS) zu Unterpos. 9006 10 Rz. 04.0 zu vergleichen (vgl. dazu bereits Senatsurteil in BFH/NV 2003, 525, 527). Ein solches Gerät erzeugt ein Bild, indem die ausgewählten Grundfarben (Cyan, Magenta und Gelb) von einer automatischen Datenverarbeitungsanlage oder einem Rasterbildprozessor in gerasterte Daten umgesetzt werden. Dabei ist es unerheblich, ob ein bereits anderweitig gespeichertes Bild (nochmals) wiedergegeben wird. Die von der Klägerin eingeführten Geräte wandeln indessen die Daten dergestalt um, dass sie auf Mikrofiche dargestellt werden können, ohne dass hierbei gerasterte Daten entstehen. Unbeschadet dessen können die COM-Recorder nicht als Fotoapparate von der zum Herstellen von Klischees oder Druckformzylindern verwendeten Art i.S. der Unterpos. 9006 10 KN angesehen werden, wie dies der Avis (HS) zu Unterpos. 9006 10 Rz. 04.0 hinsichtlich des dort beschriebenen Laserfotoplotters voraussetzt. Die COM-Recorder werden auch nicht zum Herstellen latenter Bilder von gedruckten Schaltungen verwendet (Avis (HS) zu Unterpos. 9006 59 Rz. 06.0).

g) Die VO Nr. 646/89 steht dem hier gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Einreihungsverordnungen gelten stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben hat (vgl. —Hewlett Packard BV—, EuGHE 2001, I-3981 Rdnr. 19; Senatsbeschluss vom VII B 142/01, BFH/NV 2002, 1183, 1184; Senatsurteil in BFH/NV 2003, 525, 527). Das im Anhang zur VO Nr. 646/89 beschriebene Gerät zum Übertragen von auf Magnetband aufgezeichneten Informationen auf Mikrofilm ist nicht mit den COM-Recordern identisch. Insbesondere ist dieses Gerät neben einem Bandgerät zum Abspielen des Magnetbandes mit einem Blitzlichtgerät und einem Fotoapparat ausgestattet. Diese gänzlich andersartige Zusammensetzung schließt es aus, die VO Nr. 646/89 als Argumentationshilfe heranzuziehen, weil es sich noch nicht einmal um eine den in Rede stehenden COM-Recordern ähnliche Ware handelt (vgl. , BFHE 190, 501, 506; vom VII R 14/99, BFH/NV 2001, 72, 73; in BFH/NV 2003, 525, 527). Überdies hat der EuGH in seinem Urteil in EuGHE 1990, I-3219 Rdnr. 11 ausgeführt, dass die Vorgänger-VO Nr. 551/81 für die Tarifierung des COM-Recorders Aris II nicht einschlägig sei, dessen charakterbestimmender Bestandteil —wie im Streitfall— nicht die fotografische Einrichtung war.

h) Schließlich kann sich das HZA für die von ihm vertretene Auffassung nicht auf die Verordnung (EG) Nr. 1508/2000 (VO Nr. 1508/2000) der Kommission vom (ABlEG Nr. L 174/3) stützen. Diese Verordnung ist nach ihrem Art. 3 erst am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im ABlEG (am ) in Kraft getreten; ihr wurde keine Rückwirkung verliehen. Eine analoge Anwendung der VO Nr. 1508/2000 auf die hier fraglichen Einfuhren der Klägerin aus den Jahren 1995 und 1996 scheidet deshalb aus (vgl. —S.I. Wiener GmbH—, EuGHE 1997, I-6495 Rdnr. 18; EuGH-Urteil in EuGHE 2001, I-4391 Rdnr. 31; , BFH/NV 2000, 898, 900, sowie in BFH/NV 2003, 525, 527).

Der Senat hält die hiernach gebotene zolltarifliche Einreihung in die Pos. 8471 KN auf Grund der Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Anm. 5 zu Kap. 84 KN für eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer erneuten Vorabentscheidung des EuGH besteht demnach nicht (vgl.  283/81 —C.I.L.F.I.T.—, EuGHE 1982, 3415 Rdnr. 16).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 835
BFH/NV 2004 S. 835 Nr. 6
UAAAB-13864