Online-Nachricht - Mittwoch, 25.05.2022

Sozialversicherung | Franchisenehmer einer Nachhilfeeinrichtung rentenversicherungspflichtig (LSG NRW)

Die soziale Schutzbedürftigkeit von Ein-Mann-Franchisenehmern beruht nicht auf dem vertriebenen (materiellen oder immateriellen) Produkt, sondern auf der Macht- und Interessenkonstellation des Franchisevertrags (Landessozialgericht NRW, Urteil v. - L 3 R 662/21; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Der klagende Lehrer teilte dem beklagten Rentenversicherungsträger mit, dass er eine Nachhilfeeinrichtung betreibe und dort selbst unterrichte. Der Schwerpunkt liege nicht im Unterricht, sondern in der Organisation und Verwaltung. Der Beklagte stellte die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung fest. Das SG Köln wies seine Klage ab.

Das LSG NRW hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen:

  • In der Gesamtschau ist der Kläger genau der Franchisenehmer (FN), der als sog. „kleiner Selbstständiger“ über die Regelung des § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI gegen drohende Altersarmut abgesichert werden soll.

  • Maßstab ist das nach den Regelungen des Franchisevertrags (FV) verbleibende Ausmaß der wirtschaftlichen Unabhängigkeit und des unternehmerischen Gestaltungsspielraums.

  • Nach dem Inhalt des (auch von den Vertragsparteien so gelebten) FV hat der Kläger als FN weder rechtlich noch faktisch in nennenswertem Umfang unternehmerisch tätig werden können.

  • Die Anmietung der Unterrichtsräume ist von der Zustimmung des Franchisegebers (FG) ebenso abhängig wie eine Verlagerung des Standorts innerhalb des Vertragsgebiets. Die Einrichtung und Ausgestaltung der Räume richtet sich nach den Vorgaben des FG. Es ist dem FN untersagt, die Räume zu anderen (z.B. unternehmerischen) Zwecken zu nutzen.

  • Die Erbringung konkurrierender Dienstleistungen ist ihm ebenfalls nicht erlaubt. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung seines Angebots ist der FN verpflichtet, die Kurse auf der Grundlage des vom FG überlassenen Know-hows anzubieten, durchzuführen und dabei dessen Konzept zu übernehmen. Der FG ist zu Kontrollbesuchen und Einsicht in die Betriebsunterlagen berechtigt.

  • Der Kläger muss schließlich weit mehr als 40 Prozent seiner Einnahmen abführen und ist an diese Vereinbarung für die Vertragslaufzeit von zehn Jahren gebunden, was seine wirtschaftliche Abhängigkeit unterstreicht.

Hinweis:

Das LSG NRW hat die Revision zugelassen.

Quelle: LSG NRW, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB VAAAI-62363