Online-Nachricht - Dienstag, 07.12.2021

Einkommensteuer | Betriebsstätte i. S. des DBA-Schweiz eines Taxiunternehmens in den Räumen der Taxifunkzentrale (FG)

Räume in einer Schweizer Taxi-Zentrale können eine Betriebsstätte und infolgedessen die gewerblichen Einkünfte im Inland steuerfrei sein (; Revision zugelassen).

Sachverhalt: Der Kläger mit Familienwohnsitz im Inland erzielt aus einer im Handelsregister eines Schweizer Kantons eingetragenen Firma "Betrieb eines Taxiunternehmens" Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er hat einen in der Schweiz ausgestellten Führerschein, eine Schweizer Taxilizenz und drei von der Kantonspolizei ausgestellte Taxihalterbewilligungen "A". A-Taxis sind öffentliche Standplätze vorbehalten und zum Parken auf öffentlichen Parkplätzen berechtigt.

Der Kläger ist Genossenschaftsmitglied der Taxi-Genossenschaft, einem Zusammenschluss selbständiger Taxihalter zu einer Funkzentrale, über die die Fahraufträge abgewickelt werden. Er hat seinen Taxibetrieb am Geschäftssitz der Taxi-Genossenschaft angemeldet. Als Genossenschafter ist er verpflichtet, "nach Möglichkeit von den Einrichtungen der Genossenschaft Gebrauch zu machen (Treuepflicht)".

In den Streitjahren 2009 beschäftigte der Kläger fünf und 2010 vier angestellte Taxifahrer. Das beklagte Finanzamt unterwarf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der inländischen Besteuerung. Der Kläger habe keine Betriebsstätte in der Schweiz. Er leite das Taxiunternehmen von seiner inländischen Privatwohnung aus. Dies bestreitet der Kläger. Er erledige seine Büroarbeiten in der Taxizentrale in der Schweiz. Er könne dort einen Arbeitsplatz nutzen und verfüge alleine über einen Standcontainer.

Während des Klageverfahrens erkannte das beklagte Finanzamt eine Vertreterbetriebsstätte in der Schweiz an und teilte im Schätzungswege den Gewinn auf die Schweizer und die inländische Betriebsstätte auf. Diese Vorgehensweise entspreche der im Verständigungsverfahren mit der Schweiz getroffenen Verständigungsvereinbarung. Dieser hatte der Kläger nicht zugestimmt.

Das FG Baden-Württemberg gab der Klage statt:

  • Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers sind steuerfrei und nur bei der Berechnung des Steuersatzes zu berücksichtigen (sog. Progressionsvorbehalt).

  • Der Kläger unterhält in den Räumen der Taxi-Zentrale "die für die Annahme einer Betriebsstätte erforderliche feste Geschäftseinrichtung". Er hat das Recht, das den Taxiunternehmern zur Verfügung gestellte Büro mit Postfach für den Kläger für eigene betriebliche Handlungen zu nutzen und wird hierzu auch durch die "Treuepflicht" ermuntert.

  • Die Mitnutzungsmöglichkeit des Arbeitsplatzes begründet deshalb eine ausreichende dauerhafte Verfügungsmacht, weil sie sich durch den ausschließlich diesem überlassenen Standcontainer, der mit dem Firmenschild des Klägers beschriftet ist und zu dem nur dieser Schlüsselgewalt hat, besonders manifestiert.

  • Der Kläger nutzt den Schreibtisch mehr als sechs Monate regelmäßig ein- bis zweimal pro Woche. Er erledigt dort Telefonate, sonstige Korrespondenz, die Bezahlung von Rechnungen sowie Vorabeiten für die Buchführung und die Steuererklärungen, die eine Schweizer Steuerberatungsgesellschaft erstellt.

  • Bei diesen Tätigkeiten handelt es sich um für das Unternehmen regelmäßig anfallende, mit dem Betrieb eines Unternehmens notwendigerweise einhergehenden Tätigkeiten administrativer Art, die nicht nur vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten sind.

  • Auch "untergeordnete betriebliche Vorgänge" können zum Vorliegen einer festen Einrichtung führen.

  • Liegt eine Betriebsstätte vor, erfasst diese sämtliche Unternehmensgewinne. Die gewerblichen Einkünfte des Klägers sind vollumfänglich der Schweizer Betriebsstätte zuzurechnen.

  • Das Gericht ist nicht an das Ergebnis des Verständigungsverfahrens gebunden.

Hinweis:

Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB VAAAH-96325