Online-Nachricht - Donnerstag, 29.10.2020

Verfahrensrecht | Satzungsänderung bei Gemeinnützigkeit (BFH)

Eine Änderung bei den für die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a AO erheblichen Verhältnissen tritt mit der Eintragung in das Vereinsregister ein, so dass erst dann die Feststellung nach § 60a Abs. 4 AO mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Sein satzungsgemäßer Vereinszweck war u.a. die Förderung der Kinder- und Jugendpflege. Das FA stellte mit Bescheid v. fest, dass die Satzung des Klägers in der Fassung v. die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach §§ 51, 59, 60 und 61 AO erfüllt.

Im Februar 2015 erfuhr das FA davon, dass der Kläger bereits am eine Satzungsänderung beschlossen hatte. Es wies den Kläger darauf hin, dass die Satzungsänderung am in das Vereinsregister eingetragen worden sei und die Satzung nicht mehr den steuerrechtlichen Anforderungen entspreche. Es hob seinen Feststellungsbescheid v. wegen Änderung der Verhältnisse nach § 60a Abs. 4 AO "mit Wirkung ab " (dem Zeitpunkt des Beschlusses der Satzungsänderung) auf. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (, ausführlich hierzu Beyme, ).

Die Richter des BFH dagegen hoben das Urteil auf und geben der Klage statt:

  • Zu Unrecht hat das FG eine Änderung der für die Feststellung vom erheblichen Verhältnisse bereits aufgrund des Beschlusses der Mitgliederversammlung des Klägers über die Satzungsänderung v. angenommen.

  • Eine Änderung der für die Feststellung erheblichen Verhältnisse aufgrund einer Satzungsänderung tritt erst mit ihrem zivilrechtlichen Inkrafttreten ein.

  • Eine zivilrechtlich noch nicht wirksame Satzungsänderung ist zwar angebahnt, aber noch nicht "eingetreten".

  • Die hier zu beurteilende Änderung der Satzung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister, § 71 Abs. 1 Satz 1 BGB. Erst mit der konstitutiv wirkenden Eintragung erlangt die Satzungsänderung im Außen- wie im Innenverhältnis rechtliche Wirkung.

Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter im V. Senat des BFH:

Das Urteil betrifft die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine Satzungsänderung, die nicht mehr die Gemeinnützigkeitsanforderungen erfüllt, zum Fortfall der Gemeinnützigkeit führt.

Kläger war ein eingetragener Verein, dessen Satzung nach Feststellung des FA vom die Voraussetzungen der §§ 51, 59, 60 und 61 AO erfüllte. Am hatte der Kläger eine Satzungsänderung beschlossen, die nicht den steuerrechtlichen Anforderungen an die Gemeinnützigkeit entsprach. In das Vereinsregister eingetragen wurde diese Satzung am . Das FA hob den Feststellungsbescheid vom wegen Änderung der Verhältnisse nach § 60a Abs. 4 AO bereits mit Wirkung ab auf.

Das hat der BFH zu Recht nicht mitgemacht. Beruht die Änderung der für die Feststellung erheblichen Verhältnisse auf einer Satzungsänderung, so tritt sie erst mit ihrem zivilrechtlichen Inkrafttreten ein. Eine zivilrechtlich noch nicht wirksame Satzungsänderung ist zwar angebahnt, aber eben noch nicht "eingetreten".

Die hier zu beurteilende Änderung der Satzung eines eingetragenen Vereins bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs. 1 Satz 1 BGB). Erst mit der konstitutiv wirkenden Eintragung erlangt die Satzungsänderung im Außen- wie im Innenverhältnis rechtliche Wirkung. Bis zu ihrem Inkrafttreten bildet weiterhin die frühere Satzung den nach § 63 Abs. 1 AO auch gemeinnützigkeitsrechtlich bedeutsamen Handlungsrahmen für die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB DAAAH-62427