Online-Nachricht - Montag, 17.08.2020

Kindergeld | Anspruch für ein während der Ausbildung erkranktes Kind (FG)

Für ein volljähriges Kind, das während seiner Berufsausbildung erkrankt, besteht Anspruch auf Kindergeld auch dann, wenn das voraussichtliche Ende der Erkrankung nicht nachgewiesen wird (; Revision anhängig, BFH-Az. III R 43/20).

Sachverhalt: Der 1999 geborene Sohn der Klägerin begann zum eine Ausbildung zum Zweiradmechaniker, die nach dem Ausbildungsvertrag am enden sollte. Im September 2018 erlitt er bei einem Arbeitsunfall einen Schädelbasisbruch und befand sich bis Ende November 2018 in klinischer Behandlung. Danach durchlief er einen Reha-Plan mit dem Ziel der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als Zweiradmechaniker in Ausbildung. In diesem Rahmen fanden im September 2019 eine Arbeitserprobung und im Februar 2020 eine weitere berufsvorbereitende Maßnahme statt. Der Berufsausbildungsvertrag wurde nicht formal beendet.

Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2018 auf, da der Sohn der Klägerin aufgrund der Erkrankung seine Ausbildung in absehbarer Zeit nicht aktiv fortsetzen könne. Das voraussichtliche Ende der Erkrankung sei nicht durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen.

Die hiergegen erhobene Klage hatte vollumfänglich Erfolg:

  • Der Berücksichtigungstatbestand der Berufsausbildung ist beim Sohn der Klägerin ab Oktober 2018 und auch über das geplante Ende der Berufsausbildung im Januar 2019 hinaus erfüllt.

  • Zwar ist nicht auf das formale Weiterbestehen des Ausbildungsverhältnisses abzustellen, sondern auf tatsächliche Ausbildungsmaßnahmen. Eine krankheitsbedingte Unterbrechung ist jedoch grundsätzlich unschädlich.

  • Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass ein ausbildungswilliges Kind, das aus objektiven Gründen an Ausbildungsmaßnahmen gehindert ist, ebenso berücksichtigt werden muss wie ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht.

  • Der Sohn der Klägerin ist aufgrund seiner Erkrankung objektiv daran gehindert gewesen, Ausbildungsmaßnahmen durchzuführen. Er ist aber weiterhin ausbildungswillig gewesen. Dies zeigt sich an den seit der Entlassung aus der Klinik vorgenommenen Maßnahmen, die auf das Ziel der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als Zweiradmechaniker in Ausbildung gerichtet gewesen sind.

  • Ein Nachweis über das voraussichtliche Ende der Erkrankung ist nicht erforderlich, da es allein auf die tatsächlichen Umstände ankommt.

Hinweis:

Der Senat hat die Revision zum BFH zugelassen. Diese ist dort unter dem Aktenzeichen III R 43/20 anhängig. Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht.

Quelle: FG Münster, Newsletter August 2020 (il)

Fundstelle(n):
NWB SAAAH-56036