Online-Nachricht - Freitag, 22.05.2020

Umsatzsteuer | Rabattmodell „Mitgliedschaft“ unterliegt dem Regelsteuersatz (BFH)

Der BFH hat entschieden, dass die entgeltliche Einräumung einer Berechtigung zum verbilligten Warenbezug (in Form einer „Mitgliedschaft“) umsatzsteuerrechtlich eine selbständige Leistung und nicht nur eine Nebenleistung zum späteren Warenverkauf darstellt. Auch wenn der Supermarkt Waren verkauft, die sowohl dem Regelsteuersatz als auch dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist auf den Mitgliedsbeitrag der Regelsteuersatz anzuwenden (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin ist infolge einer Verschmelzung Gesamtrechtsnachfolgerin der K GmbH. Diese GmbH war Mitglied der B Gruppe und betrieb im Streitjahr mit ihren Schwestergesellschaften, die ebenfalls auf die Klägerin verschmolzen wurden, jeweils Bio-Supermärkte an verschiedenen Standorten unter einer gemeinsamen Marke.

Kunden konnten in diesen Märkten entweder zum Normalpreis einkaufen; möglich war aber auch ein betraglich unbeschränkter verbilligter Einkauf als "Mitglied" in allen Märkten der B Gruppe. Im Jahr Streitjahr warb die B Gruppe außerdem damit, dass "Mitglieder" Rabatte zwischen 3 % und 20 % bei bestimmten Partnern erhielten. Für die "Mitgliedschaft" zahlten die Kunden eine einmalige Kaution, die sie bei Beendigung der "Mitgliedschaft" zurückerhalten sollten, und einen monatlichen festen Mitgliedsbeitrag. Auf Antrag konnte ein Mitglied seine Mitgliedschaft ruhend stellen (z. B. bei Urlaubsabwesenheit) und erhielt für die betreffende Zeit den Monatsbeitrag in Form eines Warengutscheins erstattet. Der "Aufnahmevertrag", der die Kautionsbedingungen und monatlichen Zahlungen regelte, wurde zwischen dem Kunden und einer der Gesellschaften der B Gruppe geschlossen.

Die K GmbH sah die Mitgliedsbeiträge als Entgelt für eine steuerbare Nebenleistung zu den Warenverkäufen an. Da ihre Warenlieferungen zu über 80 % dem ermäßigten Steuersatz unterlagen, teilte sie die Beiträge im Verhältnis der Nettoumsätze aus Warenverkäufen zu beiden Steuersätzen auf.

Das FA ist der Auffassung, dass die Mitgliedsbeiträge Gegenleistungen für eigenständige Leistungen sind, die in voller Höhe dem Regelsteuersatz unterliegen.

Der BFH folgt der Sichtweise des FG und lehnt die Revision der Klägerin als unbegründet ab:

  • Soweit die Zahlung für die Bereitschaft gezahlt worden ist, Waren verbilligt zu liefern, wurde eine selbständige Leistung erbracht, an der die Kunden ein gesondertes Interesse hatten. Ein monatlicher pauschaler Mitgliedsbeitrag ist insbesondere keine Anzahlung auf künftige Warenlieferungen, da das „Ob und Wie“ der künftigen Lieferungen bei Abschluss der „Mitgliedschaft“ nicht hinreichend bestimmt ist.

  • Mit der Berechtigung zum verbilligten Einkauf erhält der Kunde von dem Unternehmer, der diese Berechtigung verkauft, einen wirtschaftlichen Vorteil (Leistung), da er nun Zugang zur Inanspruchnahme vergünstigter Warenlieferungen hat.

  • Insbesondere stellte die Berechtigung nicht lediglich die Verschaffung eines "Gutscheins" oder "Punktes" dar, der als Zahlungsart für den Erwerb von anderen Leistungen dient, wie bei Gutscheinen mit bezifferbarem Wert, denn eine Anrechnung der gezahlten Mitgliedsbeiträge beim späteren Kauf von Waren erfolgt nicht. Dementsprechend handelt es sich auch nicht lediglich um die spätere Ersparnis eines bestimmbaren Geldbetrags, die wie die Zuwendung von Geld keinen verbrauchbaren Vorteil darstellen kann.

  • Im Streitfall besteht kein Zusammenhang zwischen der Zahlung des Kunden für den Erhalt der "Mitgliedschaft" und dem Wert der Preisnachlässe, die er erhält. Denn die Höhe der eventuellen Preisnachlässe, die vom Umfang der Einkäufe bei der K GmbH bzw. deren Schwestergesellschaften abhängt, ist zufällig und kann im Voraus praktisch nicht bestimmt werden.

  • Der Wert der "Mitgliedschaft" ist - wie das FG zutreffend ausgeführt hatte - auch nicht, z. B. als Anzahlung, in der Gegenleistung enthalten ().

  • Keine Aussage hat der BFH zu anderen Rabatt-Modellen getroffen, bei denen z. B. der Mitgliedsbeitrag vom Umsatz des Kunden abhängt oder mit dem Kaufpreis der Waren verrechnet wird. Auch musste der BFH nicht entscheiden, ob der Fall anders zu beurteilen gewesen wäre, wenn sich der Rabatt nur auf Waren bezogen hätte, die dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen.

Anmerkung von Prof. Dr. Alois Th. Nacke, Richter im XI. Senat des BFH:

Die Entscheidung beinhaltet die steuerliche Behandlung von „Mitgliedsbeiträgen“, die monatlich an den Vertragspartner durch den Verbraucher gezahlt werden, um verbilligt bei diesem einzukaufen. Die Entscheidung des BFH ist für die Betroffenen sicherlich nicht auf Anhieb einsehbar. Der von der Klägerin gewählte Weg, entsprechend den Anteilen der real getätigten Umsätze der Klägerin zu 19 % bzw. 7 % die Aufteilung der Besteuerung der monatlichen Mitgliedsbeiträge vorzunehmen, hat einen gewissen Charme. Er wurde aber vom BFH abgelehnt, weil eine konkrete Zuordnung der „Mitgliedsbeiträge“ zu den einzelnen empfangenen Rabatten nicht möglich war. Dazu passt auch die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Marcandi (). Zwar sind die Fälle vom Sachverhalt unterschiedlich; jedoch sind die Grundaussagen auch auf den Streitfall übertragbar.

Von Bedeutung für die Praxis dürfte ein am Rande gegebener Hinweis des Senats zu einer einheitlichen Leistung sein, die in der Einräumung der Möglichkeit zum Leistungsbezug bzgl. ermäßigt zu besteuernder Leistungen gerichtet ist. In diesen Fällen gilt die Steuerermäßigung auch hierfür (Bezugnahme auf , Rz 17). Für z. B. Bahncards 25 oder 50, die ab nur noch ermäßigt zu versteuernde Fahrten erfasst, kann somit auch eine ermäßigte Besteuerung erfolgen.

Quelle: , NWB Datenbank, BFH Pressemitteilung v. (JT)

Fundstelle(n):
NWB JAAAH-49138