BGH Beschluss v. - 2 StR 495/14

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung: Zäsurwirkung durch eine erledigte Vorverurteilung

Gesetze: § 55 Abs 1 StGB

Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/17 KLs 30/13

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in elf Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, und in zwei Fällen die gewerbsmäßige Hehlerei in Tateinheit mit Urkundenfälschung begangen wurde, sowie wegen Unterschlagung verurteilt. Es hat unter Aufhebung früherer Gesamtstrafen und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus früheren Urteilen und Strafbefehlen eine erste Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten, eine zweite Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten, eine einzelne Freiheitsstrafe von sechs Monaten, eine dritte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten und eine weitere Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt. Eine früher verhängte Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis hat es aufrechterhalten.

2Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung zweier Gesamtstrafen. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

31. Der Schuldspruch, die verhängten Einzelstrafen und die erste Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten sind rechtlich nicht zu beanstanden.

4Zutreffend hat das Landgericht aus den Einzelstrafen in den Fällen II.2., II.3., II.6., II.11., II.12., II.14., II.18. und II.19. unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Augsburg vom – 3 Ds 607 Js 120603/11, dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom – 955 Js 3193/11 – 916 Cs (Tatzeiten: 20. Oktober und ), dem Urteil des Amtsgerichts Offenbach am Main vom – 1100 Js 77020/11 – 201 Ds – (Tatzeiten: 20. Juli, 20. September und ) und dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom – 3540 Js 227443/11 – 988 Ds – (Tatzeit: ) eine erste Gesamtfreiheitsstrafe gebildet.

5Die im Tatzeitraum vor dem (Zäsurwirkung des Strafbefehls des Amtsgerichts Augsburg) anderweitig ergangenen Strafbefehle sind jeweils durch Zahlung der verhängten Geldstrafen vollstreckt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt erledigten Vorverurteilungen keine Zäsurwirkung zu (vgl. etwa , NJW 1988, 1801, 1802; Beschluss vom – 3 StR 496/09, NStZ-RR 2010, 202, 203; Beschluss vom – 1 StR 166/14). Eine Zäsurwirkung entfaltet, wie es das Landgericht zu Recht angenommen hat, deshalb erst der Strafbefehl des Amtsgerichts Augsburg vom – 3 Ds 607 Js 120603/11, weil die dort verhängte Geldstrafe noch nicht erledigt ist. Die Aufrechterhaltung der mit Urteil des Amtsgerichts Offenbach am Main angeordneten Sperrfrist gemäß § 69a StGB lässt keinen Rechtsfehler erkennen (zur Entscheidung über die Sperrfrist bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung vgl. , NJW 2000, 3654, 3655).

62. Im Hinblick auf die Gesamtstrafenbildung rechtlich zu beanstanden sind dagegen die zweite Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten aus den Einzelfreiheitsstrafen von sieben und acht Monaten für die Fälle II.21. und II.23. der Urteilsgründe sowie die dritte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten aus den Einzelstrafen der Vorverurteilungen durch das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom – 3340 Js 217883/12 – 988 Ds – (Tatzeit: ) und das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom – 3350 Js 209625/13 (Tatzeiten: 11. Mai und ).

7Zu Unrecht hat das Landgericht angenommen, dass der Verurteilung durch das Amtsgericht Offenbach am Main vom – 1100 Js 77020/11 – 201 Ds – eine Zäsurwirkung zukomme. Die dort verhängten Strafen hätten mit Blick auf die Tatzeiten (20. Juli, 20. September und ) bereits mit der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Augsburg vom in eine Gesamtstrafe einbezogen werden müssen. Daher entfaltet erst das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom – 3340 Js 217883/12 – 988 Ds – eine Zäsurwirkung.

8Die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom – 3340 Js 217883/12 – 988 Ds – kann mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom – 3350 Js 209625/13 (Tatzeiten 11. Mai und ) und den Einzelstrafen in den Fällen II.21., II.23. und II.31. der Urteilsgründe in eine Gesamtstrafe einbezogen werden, weil die dort abgeurteilten Taten vor dem Erlass des Urteils des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom begangen wurden.

9Die Einzelfreiheitsstrafe im Fall II.34. der Urteilsgründe ist rechtsfehlerfrei.

103. Die genannten Rechtsfehler zwingen nicht zur Zurückverweisung der Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO. Die neu zu treffende Entscheidung über die Gesamtstrafe kann gemäß § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO dem Beschlussverfahren nach den §§ 460, 462 StPO überlassen werden. Dabei wird zu prüfen sein, ob inzwischen auch das Urteil des Amtsgerichts Aschaffenburg vom – 304 Ls 102 Js 2862/13 einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung zugänglich ist.

Appl                       Eschelbach                        Ott

               Zeng                              Bartel

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2015:131015B2STR495.14.0

Fundstelle(n):
DAAAF-48362