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Grundlagen vom

Organschaft

Ann-Kathrin Pagel und Gunnar Tetzlaff

A. Problemanalyse

I. Körperschaftsteuerliche Organschaft

1–4Einstweilen frei

5Unter Organschaft versteht man, im Bereich der Steuern vom Einkommen und Ertrag, die (partielle) Einkommensgemeinschaft zweier Unternehmen, dem Organträger und der Organgesellschaft, die zur Folge hat, dass die von beiden Unternehmen erzielten Einkommen nur einem von ihnen, nämlich dem Organträger, zugerechnet werden. So werden zivilrechtlich selbständige Unternehmen ertragsteuerlich nur wie ein einziges Besteuerungssubjekt behandelt.

Die Organschaft ist, neben den verdeckten Gewinnausschüttungen, eines der wichtigsten Themen im Körperschaftsteuerrecht und auch eines der umfangreichsten. Bei einer solchen Fülle gibt es Grenzen, was ein Grundlagenbeitrag leisten kann. Einige der Bereiche können deshalb nur umrissen werden. Es wird in diesen Fällen jedoch auf entsprechende weiterführende Literatur verwiesen.

6–9Einstweilen frei

II. Umsatzsteuerliche Organschaft

10Gem. Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten der EU dort ansässige, rechtlich selbständige Personen wie einen Steuerpflichtigen behandeln, sofern finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch enge Beziehungen bestehen. Dieser Zusammenschluss wird als Mehrwertsteuer-Gruppe bezeichnet. Mittlerweile haben bereits 16 Mitgliedstaaten eine solche Mehrwertsteuer-Gruppe eingeführt. Die gewählten Modelle der Mehrwertsteuer-Gruppe unterscheiden sich dabei zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten sowohl in Ihrer steuerlichen Wirkung als auch in den Voraussetzungen.

Hinweis

Der BFH hatte dem EuGH mehrere Fragen zur umsatzsteuerlichen Organschaft zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Im Vorlagefall XI R 16/18 sollte die Frage geklärt werden, ob die für die umsatzsteuerliche Organschaft notwendige finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft auch dann zu bejahen ist, wenn der Organträger über eine Mehrheitsbeteiligung von 51 % an der Organgesellschaft verfügt, diese aber nur einen Stimmrechtsanteil von 50 % in der Gesellschafterversammlung vermitteln. Mit dem Vorlagefall V R 40/19 wurde Auskunft darüber ersucht, ob es zulässig ist, nicht eine Mehrwertsteuergruppe, sondern das herrschende Unternehmen (d. h. den Organträger) als Steuerpflichtigen für Mehrwertsteuerzwecke zu bestimmen. Zudem sollte geklärt werden, ob für eine Gesellschaft, die zum einen wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, für die sie als Steuerpflichtiger zu qualifizieren ist, und zum anderen auch hoheitliche Tätigkeiten ausübt, für die sie nach Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit ist, die Erbringung von Dienstleistungen aus dem Bereich der wirtschaftlichen Tätigkeit für den Bereich der hoheitlichen Tätigkeiten steuerpflichtig ist.

In den Schlussanträgen hatte die Generalanwältin Medina die Auffassung vertreten, dass die deutsche Regelung zur umsatzsteuerlichen Organschaft in mehrfacher Hinsicht den Richtlinienregelungen zur Mehrwertsteuergruppe nicht entspricht. Sie vertrat u. a. die Auffassung, dass die Regelungen des UStG über eine Vereinfachung der Besteuerung verbundener Unternehmen hinausgeht, indem nur der Organträger zum Steuerpflichtigen bestimmt wird, und so die Freiheit der steuerlichen Organschaft einen Vertreter zu bestimmen, eingeschränkt wird.

Der EuGH hat in seinen Entscheidungen jedoch – entgegen den Schlussanträgen der Generalanwältin - bejaht, dass die Bestimmung des Organträgers als einzigen Steuerschuldner für den Organkreis rechtens ist, wenn dieser in der Lage ist, seinen Willen in der Gruppe durchzusetzen und, dass diese Bestimmung nicht zur Gefahr von Steuerverlusten führt. Somit ist es nicht notwendig, dass der Organkreis bzw. die Mehrwertsteuergruppe als zusätzlicher Steuerpflichtiger auftritt. Der EuGH hat jedoch auch entschieden, dass bei einer vorliegenden Mehrheitsbeteiligung die Stimmrechtsmehrheit des Organträgers nicht notwendig für das Vorliegen einer finanziellen Eingliederung ist. Insoweit ist das deutsche Recht richtlinienwidrig. Auch gegen das Unionsrecht spricht die deutsche Regelung, dass die Organgesellschaften als nicht selbständig zu qualifizieren sind. Zuletzt entschied der EuGH, dass ein Organträger, der eine wirtschaftliche und eine hoheitliche Tätigkeit ausübt, die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der hoheitlichen Tätigkeit nicht als unentgeltliche Wertabgabe besteuern darf.

In Deutschland wurde von dieser Ermächtigung mit § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ebenfalls Gebrauch gemacht. Die sog. umsatzsteuerliche Organschaft hat in Deutschland eine lange Tradition. Bereits 1923 hatte sich der RFH dahingehend geäußert, dass juristische Personen, die grds. selbständige Unternehmer sind, unter bestimmten Voraussetzungen diese Selbständigkeit aus umsatzsteuerlicher Sicht verlieren können. Nachdem sich der RFH 1934 erneut grundlegend mit der umsatzsteuerlichen Organschaft auseinander gesetzt hatte, wurde diese in das Umsatzsteuergesetz v. aufgenommen. In dieser ersten Fassung lautete der § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wie folgt:

„Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmens derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat.”

Seit 1968 ist die heutige Regelung des § 2 Abs. 2 UStG nahezu unverändert. Danach ist ein Unternehmen umsatzsteuerlich als unselbständig anzusehen, d. h. eine umsatzsteuerliche Organgesellschaft liegt vor, wenn es finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert ist. Dabei kommt es nicht auf das Auftreten der Organgesellschaft nach außen an. Es ist ausschließlich von Bedeutung, ob ein Unternehmen im Innenverhältnis in ein anderes Unternehmen eingegliedert ist.

11Zweck der umsatzsteuerlichen Organschaft war es, während des Systems der Allphasenbruttoumsatzsteuer in Deutschland die vertikale Konzentration zu stoppen bzw. zu verhindern, indem umsatzsteuerliche Organschaften begründet werden konnten. Aber auch nach der Einführung des Vorsteuerabzugs wurde an dem Konstrukt der umsatzsteuerlichen Organschaft festgehalten. Begründet wurde dies im Regierungsentwurf damit, dass an dem Grundsatz, dass Unternehmer nur der sein kann, der selbständig ist, festzuhalten sei. Zudem wurde der Zweck der umsatzsteuerlichen Organschaft weiterhin in der Vermeidung von Verwaltungsarbeit gesehen.

Hinweis

Dieser Zweck wurde auch von der EG-Kommission als Ziel der Mehrwertsteuer-Gruppe gesehen. Als weiteres Ziel fügte sie an, dass unlautere Praktiken mit der Bildung von Mehrwertsteuer-Gruppen bekämpft werden könnten. So sollte die Mehrwertsteuer-Gruppe bewirken, dass Unternehmen sich nicht in mehrere Steuerpflichtige aufspalten, um möglichst viele Sonderregelungen in Anspruch nehmen zu können.

12–19 Einstweilen frei

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