BGH Urteil v. - VIII ZR 109/22

Anspruch eines Mieters auf Gestattung einer Untervermietung

Leitsatz

1. Von einer Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte im Sinne der Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB ist regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt (Bestätigung von Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 25, 30).

2. Danach kann ein Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte grundsätzlich auch bei einer Einzimmerwohnung gegeben sein.

Gesetze: § 553 Abs 1 BGB

Instanzenzug: Az: 67 S 7/22 Urteilvorgehend AG Berlin-Mitte Az: 7 C 149/21

Tatbestand

1Der Kläger ist seit Sommer 2000 Mieter einer in Berlin gelegenen Einzimmerwohnung.

2Mit Schreiben vom bat der Kläger die beklagten Vermieter wegen eines beruflichen Auslandsaufenthalts um die Gestattung der Untervermietung vom bis zum an eine namentlich benannte Person. Die Beklagten lehnten dies ab.

3Mit der im Mai 2021 erhobenen, auf die Erlaubnis der Untervermietung "eines Teils der Wohnung" an den bezeichneten Untermieter gerichteten Klage hat der Kläger vorgetragen, er sei freischaffender Künstler und werde im genannten Zeitraum ein von einer Bibliothek in Moskau unterstütztes, von ihm näher beschriebenes Projekt durchführen. Für die Dauer seiner Abwesenheit wolle er einen Teil der Wohnung für monatlich 241 € an die benannte Person untervermieten, jedoch persönliche Gegenstände weiter in der Wohnung lagern.

4Wie angekündigt, hielt der Kläger sich in dem vorgenannten Zeitraum im Ausland auf. Seine in der (untervermieteten) Wohnung verbliebenen persönlichen Gegenstände lagerte er dort in einem Schrank und einer Kommode sowie in einem am Ende des Flurs gelegenen, durch einen Vorhang abgetrennten, nur von ihm zu nutzenden Bereich von der Größe eines Quadratmeters. Ferner blieb er im Besitz eines Wohnungsschlüssels.

5Die Klage hat in erster Instanz keinen Erfolg gehabt. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht die Beklagten, die in zweiter Instanz die außerordentliche fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund der ohne ihre Erlaubnis erfolgten Untervermietung erklärt haben, antragsgemäß als Gesamtschuldner verurteilt, die Untervermietung "eines Teils der Wohnung" an die von dem Kläger benannte Person zu gestatten.

6Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

7Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

8Das Berufungsgericht (LG Berlin [Zivilkammer 67], WuM 2022, 345) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

9Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Gestattung der teilweisen Gebrauchs-überlassung gemäß § 553 Abs. 1 BGB zu.

10Der Antrag auf Erlaubniserteilung genüge hinsichtlich der Angaben zur Person des in Aussicht genommenen Untermieters den Anforderungen des § 553 Abs. 1 BGB. Der Kläger habe jedenfalls mit der in der Klageschrift ergänzten Mitteilung der letzten Wohnanschrift des namentlich sowie unter Angabe des Geburtsdatums benannten Dritten seinen Informationspflichten genügt. Die Beklagten seien auf dieser Grundlage in der Lage gewesen zu prüfen, ob in der Person des Untermieters die Erlaubniserteilung hindernde Umstände vorgelegen hätten. Zu Angaben über dessen wirtschaftliche Verhältnisse sei der Kläger nicht verpflichtet gewesen.

11Dem für die Gebrauchsüberlassung nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlichen berechtigten Interesse des Mieters stehe nicht von vornherein entgegen, dass es sich bei dem vermieteten Wohnraum um eine Einzimmerwohnung handele. Die genannte Bestimmung stelle keine quantitativen Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Teils der Wohnung auf. Ausgehend hiervon sowie unter Berücksichtigung der Zielsetzung der Vorschrift, welche darin liege, dem Mieter den Wohnraum zu erhalten, sei ein großzügiger Maßstab anzulegen. Ein berechtigtes Interesse sei von vornherein nur dann zu verneinen, wenn der Mieter die Sachherrschaft über die Wohnung endgültig und vollständig zu Gunsten eines anderen verliere.

12Auch dem Mieter einer Einzimmerwohnung sei daher bei nachweisbarem berechtigten Interesse die Möglichkeit einzuräumen, einem Dritten einen Teil der Wohnung zu überlassen. Ein eigenes Zimmer könne ein solcher Mieter zwar nicht für sich behalten, die Voraussetzung der "Überlassung eines Teils des Wohnraums" sei aber erfüllt, wenn er den Gewahrsam nicht vollständig aufgebe. Hierfür genüge es, wenn er in der Wohnung einen Bereich behalte, in dem er persönliche Gegenstände lagere. Dies gelte erst recht, wenn der Mieter - wie hier - sogar noch im Besitz eines Schlüssels bleibe. Nach diesen Maßstäben stelle sich das Überlassungskonzept des Klägers, wonach er seine persönlichen Gegenstände in einem konkret bezeichneten, dem Untermieter nicht zugänglichen Bereich gelagert und weiterhin über einen Wohnungsschlüssel verfügt habe, nicht als eine vollständige Überlassung der ganzen Wohnung dar.

13Der - unstreitig nach Abschluss des Mietvertrags entstandene - Wunsch des Klägers, während seines befristeten, berufsbedingten Auslandsaufenthalts einen Teil der Wohnung einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, stelle auch ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, da die teilweise Gebrauchsüberlassung vornehmlich dem von § 553 Abs. 1 BGB geschützten Erhalt der Wohnung des Klägers während seines Auslandsaufenthalts diene.

14Die zweitinstanzlich erklärte fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses stehe dem geltend gemachten Anspruch auf Zustimmung zur Untervermietung nicht entgegen. Zwar habe der Kläger seine Vertragspflichten verletzt, indem er die Wohnung ohne vorherige Erlaubnis untervermietet habe. Die Kündigung sei jedoch rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil die Beklagten zur Erteilung der Erlaubnis verpflichtet gewesen seien.

II.

15Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.

161. Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen ist das Berufungsgericht - unausgesprochen - davon ausgegangen, dass der auf Gestattung der Überlassung "eines Teils der Wohnung" gerichtete Klageantrag - was vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen ist (, NJW-RR 2019, 398 Rn. 10; vom - VIII ZR 54/18, NJW-RR 2019, 399 Rn. 9) - jedenfalls unter Berücksichtigung des zur Begründung des Klageantrags erfolgten Vortrags hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist.

172. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Anspruch des Klägers gemäß § 553 Abs. 1 BGB auf Gestattung der befristeten, teilweisen Gebrauchsüberlassung der Einzimmerwohnung an den von ihm benannten Untermieter bejaht.

18Nach Satz 1 der vorgenannten Bestimmung kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse hieran entsteht. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann.

19a) Frei von Rechtsfehlern - und auch insoweit unangegriffen - hat das Berufungsgericht ein nach dem Abschluss des Mietvertrags entstandenes berechtigtes Interesse des Klägers darin gesehen, dass dieser sich berufsbedingt von Juni 2021 bis Ende November 2022 im Ausland aufhalten wollte und die Untervermietung zur Verringerung finanzieller Belastungen erfolgen sollte.

20Ein berechtigtes Interesse des Mieters im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB ist schon dann anzunehmen, wenn ihm vernünftige Gründe zur Seite stehen, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 13; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom - VIII ARZ 2/84, BGHZ 92, 213, 218 [zu § 549 Abs. 2 Satz 1 BGB in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts - Mietrechtsreformgesetz - vom , BGBl. I S. 1149, am , im Folgenden aF]). Hierbei ist als berechtigt jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht (vgl. , NJW 2006, 1200 Rn. 8; vom - VIII ZR 349/13, aaO Rn. 14; vom - VIII ZR 105/17, BGHZ 217, 263 Rn. 53; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom - VIII ARZ 2/84, aaO S. 219). Das berechtigte Interesse an der Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte setzt dabei - worüber hier kein Streit besteht - nicht voraus, dass die Wohnung auch nach der Untervermietung Lebensmittelpunkt des Mieters bleibt (so schon Senatsurteil vom - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 Rn. 7 f.,13; ebenso Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, aaO).

21Daher ist der Wunsch des Klägers, der unter Beibehaltung seiner Wohnung eine (befristete) berufliche Tätigkeit im Ausland aufgenommen hat, nach einer Verringerung der von ihm zu tragenden Mietaufwendungen ohne Weiteres als berechtigtes Interesse an der Untervermietung eines Teils der Wohnung anzuerkennen. Denn der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Norm erkennbar unter anderem die Absicht verfolgt, dem Mieter eine Kostenentlastung durch eine Untervermietung zu ermöglichen (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 105/17, aaO Rn. 55; siehe auch , aaO; vom - VIII ZR 4/05, aaO Rn. 8).

22b) Dem Anspruch des Klägers auf Gestattung der teilweisen Gebrauchsüberlassung nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB steht es - anders als die Revision meint - nicht entgegen, dass der Kläger Mieter einer Einzimmerwohnung ist.

23aa) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts beabsichtigte der Kläger, für die Dauer seines Auslandsaufenthalts seine Einzimmerwohnung unterzuvermieten. Dabei behielt er einen Wohnungsschlüssel zurück und lagerte seine in der Wohnung verbliebenen persönlichen Gegenstände dort in einem Schrank und in einer Kommode sowie in einem am Ende des Flurs gelegenen, mit einem Vorhang abgetrennten und nur von ihm zu nutzenden Bereich von der Größe eines Quadratmeters. Soweit die Revision die Auffassung vertritt, diese vom Berufungsgericht festgestellten Umstände reichten nicht aus, um eine Überlassung lediglich eines Teils des Wohnraums im Sinne der Vorschrift des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB anzunehmen, vermag sie damit nicht durchzudringen.

24bb) Wie der Senat bereits (zu Wohnungen mit mehreren Zimmern) entschieden hat, stellt § 553 Abs. 1 BGB weder quantitative Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils des Wohnraums noch qualitative Anforderungen bezüglich dessen weiterer Nutzung durch den Mieter auf (Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 19). Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Überlassung eines Teils des Wohnraums hat sich letztlich allein daran auszurichten, dass der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Mieter, der ein nachträglich entstandenes berechtigtes Interesse an einer Untervermietung geltend macht, eine Untervermietungserlaubnis nur dann verwehren will, wenn er den gesamten Wohnraum an einen Dritten weitergeben möchte; denn in einem solchen Fall geht es dem Mieter nicht darum, sich den Wohnraum zu erhalten (Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, aaO Rn. 29). Dabei ist in Anbetracht des mieterschützenden Zwecks des § 553 Abs. 1 BGB, dem Mieter den Wohnraum zu erhalten, ein großzügiger Maßstab anzulegen (Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, aaO Rn. 30). Von einer Überlassung eines Teils des Wohnraums an einen Dritten im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB ist daher regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt (Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, aaO).

25cc) Davon ausgehend kann ein Anspruch des Mieters auf die Erteilung einer Untervermietungserlaubnis im Sinne von § 553 Abs. 1 BGB grundsätzlich auch bei einer Einzimmerwohnung gegeben sein.

26(1) Dem steht - anders als die Revision meint - der Gesetzeswortlaut nicht entgegen. Die Vorschrift des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB macht den Anspruch auf Gestattung der Untervermietung lediglich vom Vorliegen eines berechtigten Interesses des Mieters sowie davon abhängig, dass er einem Dritten nur einen Teil des Wohnraums überlässt. Wie ausgeführt, stellt die Bestimmung weder quantitative Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils des Wohnraums - wie etwa eine bestimmte Zimmeranzahl oder anteilige Wohnfläche - noch qualitative Anforderungen bezüglich seiner weiteren Nutzung durch den Mieter auf (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, aaO Rn. 19 f.).

27(2) Auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber einen Anspruch auf Erteilung einer Untervermietungserlaubnis allein bei Mehrzimmerwohnungen gewähren wollte.

28(a) § 553 BGB entspricht - von geringen redaktionellen Änderungen abgesehen - der Bestimmung des § 549 Abs. 2 BGB aF (BT-Drucks. 14/4553, S. 49). Die Regelung wurde in das Mietrecht eingeführt, um einen billigen Ausgleich zwischen den Interessen des Vermieters und des Mieters zu schaffen. Dem Mieter, der die gemietete Wohnung einem Dritten zum Gebrauch überlassen will, stand bis zur Einführung des § 549 Abs. 2 BGB aF nach § 549 Abs. 1 Satz 2 BGB aF (heute § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB) lediglich die Möglichkeit einer Kündigung des Mietverhältnisses zu, sofern der Vermieter die erforderliche Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung verweigerte. Dieses Kündigungsrecht sollte bei Vorliegen eines nach dem Mietvertragsabschluss entstandenen berechtigten Interesses des Mieters, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zu überlassen, durch einen gesetzlichen Anspruch auf Gestattung der Untervermietung ergänzt werden (vgl. BT-Drucks. IV/806, S. 9 sowie Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. IV/2195, S. 3 f.; Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 22). Insofern sollte die Neuregelung des § 549 Abs. 2 BGB aF nur eingreifen, wenn der Mieter einen Teil des Mietraums, nicht dagegen, wenn er "den ganzen Mietraum" einem Dritten überlassen will; für letzteren Fall werde den berechtigten Interessen des Mieters schon durch das bereits in § 549 Abs. 1 Satz 2 BGB aF (heute § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB) geregelte Sonderkündigungsrecht Genüge getan (BT-Drucks. IV/806, aaO).

29(b) Dass der Gesetzgeber bei der Ausfüllung des von ihm angenommenen Regelungsbedarfs zwischen Wohnungen mit mehreren Zimmern und solchen mit nur einem Zimmer unterscheiden wollte, lässt sich der Gesetzgebungsgeschichte nicht entnehmen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass eine Überlassung bei Einzimmerwohnungen nach dem Willen des Gesetzgebers stets als eine solche des "ganzen Mietraums" angesehen und eine teilweise Überlassung einer solchen Wohnung verhindert werden sollte.

30(3) Maßgeblich gegen den Ausschluss von Einzimmerwohnungen aus dem Anwendungsbereich der Bestimmung des § 553 Abs. 1 BGB spricht ihr mieterschützender Zweck, dem Mieter den Wohnraum möglichst zu erhalten (, NJW 2014, 2717 Rn. 30; vom - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 Rn. 11). Unter dessen Berücksichtigung sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift auszulegen (, aaO; vom - VIII ZR 105/17, BGHZ 217, 263 Rn. 53).

31(a) Verlangte das Gesetz, dass der Mieter mindestens ein räumlich abgetrenntes Zimmer zurückbehält, liefe der Schutzzweck der Vorschrift für Mieter einer Einzimmerwohnung gänzlich leer. Sachgerechte Gründe dafür, solche Mieter insoweit als weniger schutzwürdig anzusehen als Mieter einer Mehrzimmerwohnung, erschließen sich indes nicht, denn auch dem Mieter einer Einzimmerwohnung kann es, namentlich bei - wie hier - befristeter Abwesenheit, darum gehen, sich den Wohnraum zu erhalten (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 25, 29 f.). Wäre der Mieter einer Einzimmerwohnung jedoch auf das Sonderkündigungsrecht des § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB beschränkt, trüge dies seinem berechtigten Interesse am Erhalt des Wohnraums nicht Rechnung.

32(b) Für die Anwendung des § 553 Abs. 1 BGB auch auf Einzimmerwohnungen spricht des Weiteren der in der heutigen Gesellschaft an Bedeutung zunehmende Aspekt der Mobilität und Flexibilität. Dies haben bereits die Gesetzesmaterialien zum Mietrechtsreformgesetz hervorgehoben (BT-Drucks. 14/4553, S. 38 [zu Kündigungsfristen]; vgl. , NJW 2006, 1200 Rn. 13; vom - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 24, 29). Diesem Gesichtspunkt ist gerade auch bei Einzimmerwohnungen Bedeutung zuzumessen.

33(4) Daher ist auch bei Einzimmerwohnungen eine teilweise Überlassung von Wohnraum im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich möglich, sofern der Mieter - ebenso wie bei Mehrzimmerwohnungen - seinen Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt. Diese Beurteilung entspricht auch der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Instanzgerichte (vgl. BeckOGK-BGB/Emmerich, Stand: , § 553 Rn. 12; Siegmund in Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl., § 553 BGB Rn. 12; NK-BGB/Hinz, 4. Aufl., § 553 Rn. 8; Schmidt-Futterer/Flatow, Mietrecht, 15. Aufl., § 553 BGB Rn. 7; Erman/Lützenkirchen, BGB, 16. Aufl., § 553 Rn. 3; Oberndorfer, AnwZert MietR 13/2023 Anm. 1; , juris Rn. 4; AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom - 14 C 212/11, juris Rn. 25; AG Berlin-Mitte, Urteil vom - 25 C 16/20, juris Rn. 17 f.; aA , juris Rn. 7; MünchKommBGB/Bieber, 9. Aufl., § 553 Rn. 4 i.V.m. Fn. 4 und Rn. 6; Bieber, jurisPR-MietR 16/2022 Anm. 1).

34dd) Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Kläger den vorbezeichneten Anforderungen Rechnung getragen und dem Untermieter nur einen Teil des Wohnraums überlassen hat, ohne seinen Gewahrsam an der Wohnung vollständig aufzugeben.

35(1) Wie oben (unter II 2 b bb) ausgeführt, ist es für die lediglich teilweise Überlassung des Wohnraums im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB allein maßgeblich, dass der Mieter den Gewahrsam daran nicht vollständig aufgegeben hat (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 25, 30). Der Mieter muss Gewahrsam an einem Teil der Wohnung behalten, wobei es zu dessen Ausübung nicht erforderlich ist, dass er weiterhin in der Wohnung lebt; vielmehr kann auch derjenige Mieter Gewahrsam ausüben, der - wie hier - (zeitweise) ortsabwesend ist (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 13, 28; vgl. auch Senatsurteil vom - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 Rn. 12 f.).

36Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht erforderlich, dass der zurückbehaltene Teil des Wohnraums (auch) zu Übernachtungszwecken genutzt werden kann. Dies ist, wie der Senat bereits ausgesprochen hat, keine zwingend notwendige Voraussetzung, sondern - neben der Lagerung von Gegenständen - lediglich eine von mehreren Nutzungsmöglichkeiten (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 30 [und/oder]).

37(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Kläger dem Untermieter die Einzimmerwohnung nur teilweise überlassen wollte, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat persönliche Gegenstände in der Wohnung in Bereichen zurückgelassen, die nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts der alleinigen Nutzung durch ihn vorbehalten waren. Den Zugriff hierauf hat er sich zudem durch Zurückbehaltung eines Wohnungsschlüssels gesichert. Hinzu tritt hier der Wille des Klägers, die Wohnung nur für die Zeit seines Auslandsaufenthalts teilweise einem Dritten zu überlassen.

38c) Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch das Vorliegen von Gründen verneint, die gemäß § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB einem Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung entgegenstehen könnten. Tatsächliche Umstände, aus denen sich im Sinne dieser Vorschrift ergeben könnte, dass in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorläge, der in Rede stehende Wohnraum übermäßig belegt würde oder den Beklagten die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden könnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision nicht auf.

39d) Das Berufungsgericht hat - anders als die Revision meint - ebenfalls zu Recht angenommen, dass die von den Beklagten zweitinstanzlich erklärte außerordentliche fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses dem geltend gemachten Anspruch nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegensteht. Zwar hat der Kläger durch die ohne Erlaubnis der Beklagten vorgenommene Untervermietung - unabhängig davon, ob er deren Erteilung beanspruchen konnte - seine Vertragspflichten verletzt (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 74/10, NJW 2011, 1065 Rn. 20 mwN). Hat der Mieter indes eine Erlaubnis zur Untervermietung rechtzeitig - vor Überlassung der Mieträumlichkeit an den Untermieter - erbeten, so ist es dem Vermieter - wie auch die Revision nicht verkennt - wegen des Verbots rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) verwehrt, sich bei einer Kündigung des Mietverhältnisses auf das Fehlen einer Erlaubnis zu berufen, die er dem Mieter hätte erteilen müssen, wenn er sich selbst vertragsgemäß verhalten hätte (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 74/10, aaO Rn. 22 f.). Demgemäß ist die von den Beklagten erklärte, auf die fehlende Erlaubnis zur Untervermietung gestützte Kündigung rechtsmissbräuchlich, weil die Beklagten - wie ausgeführt - zur Erteilung der Erlaubnis verpflichtet waren.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:130923UVIIIZR109.22.0

Fundstelle(n):
NJW 2023 S. 3586 Nr. 49
NJW 2023 S. 3586 Nr. 49
NJW 2023 S. 8 Nr. 46
NJW-RR 2023 S. 1435 Nr. 22
ZIP 2023 S. 4 Nr. 39
RAAAJ-51195