AEAO Zu § 14a

Zu § 14a Personenvereinigungen:

1.  Personenvereinigungen mit Rechtspersönlichkeit (z. B. AG, GmbH, eingetragener Verein i. S. d. § 21 BGB, wirtschaftlicher Verein i. S. d. § 22 BGB) sind keine Personenvereinigungen i. S. d. § 14a AO.

2.  Die Aufzählung rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger Personenvereinigungen in § 14a Abs. 2 und 3 AO ist nicht abschließend.

3.  Nach § 719 Abs. 1 BGB entsteht eine rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sobald sie

  1. mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnimmt,

  2. spätestens aber mit ihrer Eintragung im Gesellschaftsregister.

Für einen Beginn der Teilnahme am Rechtsverkehr muss die GbR – nach dem Willen aller Gesellschafter – als solche (d. h. im eigenen Namen) nach außen in Erscheinung treten. Dies kann durch vorbereitende Rechtsgeschäfte geschehen, wie z. B. die Eröffnung eines Geschäftskontos (GbR als Kontoinhaber) oder die Anmietung von Geschäftsräumen (GbR als Mieter), aber auch schon durch Verteilung von Prospekten (GbR offeriert Lieferungen oder Leistungen). Unzureichend sind Rechtsgeschäfte zwischen Gesellschafter und GbR, der Gesellschafter untereinander oder der Gesellschafter mit Dritten. Die Anmeldung der GbR als Gewerbebetrieb nach § 138 Abs. 1 AO sowie die Übermittlung des Fragebogens nach § 138 Abs. 1b AO reichen für sich allein ebenfalls nicht aus.

Handelt ein Gesellschafter eigenmächtig „im Namen der GbR“, bevor die GbR rechtsfähig geworden ist (§ 719 Abs. 1 BGB), haftet er als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kann in diesem Fall zudem eine Scheingesellschaft entstehen, bei der sich die Haftung ihrer vermeintlichen Gesellschafter nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen beurteilt.

Eine Vereinbarung, dass die GbR erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll, ist Dritten gegenüber (also auch gegenüber Finanzbehörden) unwirksam (§ 719 Abs. 2 BGB).

4.  Im Verhältnis zu Dritten entsteht eine offene Handelsgesellschaft (OHG), sobald sie im Handelsregister eingetragen ist (§ 123 Abs. 1 Satz 1 HGB). Dessen ungeachtet entsteht die OHG schon dann, wenn sie mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnimmt, soweit sich aus § 107 Abs. 1 HGB nichts anderes ergibt (§ 123 Abs. 1 Satz 2 HGB).

Eine Vereinbarung, dass die OHG erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll, ist Dritten gegenüber (also auch gegenüber Finanzbehörden) unwirksam (§ 123 Abs. 2 HGB).

5.  Für Kommanditgesellschaften (KG) gilt § 123 HGB entsprechend (§ 161 Abs. 2 HGB).

6.  Eine nicht rechtsfähige GbR (§ 14a Abs. 4 AO) liegt vor, wenn sie sich auf die Regelung der Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander beschränkt und nicht auf eine Teilnahme am Rechtsverkehr mit Dritten gerichtet ist (Innengesellschaft und stille Gesellschaft). Die nicht rechtfähige GbR hat kein Vermögen und keine gesetzliche Vertretung (vgl. § 740 BGB und § 230 Abs. 2 HGB).

7.  Ob eine Personenvereinigung i. S. d. § 14a AO Steuerpflichtiger i. S. d. § 33 Abs. 1 AO ist, bestimmt sich jeweils nach dem materiellen Steuerrecht (vgl. dazu insbesondere § 1 Abs. 1 KStG).

8.  Da sich die verfahrensrechtlichen Regelungen bei rechtsfähigen Personenvereinigungen (§ 14a Abs. 2 AO) und nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen (§ 14a Abs. 3 AO) insbesondere bei der Bekanntgabe von Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung (§§ 183, 183a AO) deutlich unterscheiden, muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Beteiligten einer Bruchteils- oder Erbengemeinschaft bei gemeinsamer steuerrelevanter Nutzung des gemeinschaftlichen Rechts/Gegenstands (z. B. einer Immobilie) – ggf. konkludent – eine Gesellschaft i. S. d. § 705 BGB gegründet haben, die nach dem Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll (Außen-GbR). Da der Abschluss des Gesellschaftsvertrags einer GbR formfrei ist (der Vertrag kann auch konkludent geschlossen werden) und im Regelfall keiner Registereintragung bedarf (anders z. B., wenn die GbR ein Grundstück erwerben oder ein ihr gehörendes Grundstück veräußern will), ist es in der Praxis mitunter schwierig festzustellen, ob die Miteigentümer eines Gegenstands (z. B. einer Immobilie) durch Vermietung oder Verpachtung eine (rechtsfähige) GbR begründen, solange kein Gesellschaftsvertrag vorgelegt oder zumindest vorgetragen wird.

Falls kein Gesellschaftsvertrag vorgelegt wird und die Feststellungsbeteiligten die Personenvereinigung gegenüber der Finanzbehörde auch nicht ausdrücklich als (rechtsfähige) Gesellschaft bzw. GbR bezeichnen, können folgende Indizien die Feststellung einer (ggf. konkludenten) Gründung einer rechtsfähigen GbR erleichtern:

  • Abschluss des Miet- oder Pachtvertrags oder anderweitige Korrespondenz mit Dritten im Namen einer (Grundstücks-)Gesellschaft;

  • Zahlung der Miete oder Pacht auf ein Konto, bei dem eine (Grundstücks-)Gesellschaft als Kontoinhaber genannt ist (unerheblich ist, ob alle oder nur einzelne Miteigentümer verfügungsberechtigt sind);

  • im Grundbuch ist als Eigentümer der Immobilie eine Gesellschaft eingetragen;

  • der Umfang der Vermietung oder Verpachtung übersteigt den Rahmen einer privatüblichen Vermögensverwaltung;

  • die Miteigentümer sind weder Ehegatten noch Lebenspartner, u. U. sogar keine Angehörigen i. S. d. § 15 AO.

Wurde kein Gesellschaftsvertrag vorgelegt und haben die Feststellungsbeteiligten die Personenvereinigung gegenüber der Finanzbehörde auch nicht ausdrücklich als (rechtsfähige) Gesellschaft bzw. GbR bezeichnet, ist von einer Bruchteils- oder Erbengemeinschaft auszugehen, wenn keines dieser Indizien vorliegt.

Gegenbeispiel:

Ehegatten/Lebenspartner vermieten in ihrem im Miteigentum stehenden Haus ein Zimmer oder eine Wohnung, die Miete wird auf das Bankkonto der Ehegatten/Lebenspartner überwiesen. Diese Tätigkeit gehört noch zur gemeinschaftlichen Verwaltung des Bruchteilseigentums und begründet keine rechtsfähige GbR.

Fundstelle(n):
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RAAAE-63814