Online-Nachricht - Mittwoch, 20.09.2017

Einkommensteuer | Steuerstundungsmodell bei hohen negativen Zwischengewinnen (BFH)

Hohe (negative) Zwischengewinne beim Erwerb von Anteilen an einem Investmentfonds führen nicht ohne Weiteres zur Annahme eines Steuerstundungsmodells i.S. des § 20 Abs. 2b Satz 1 i.V.m. § 15b EStG. Eine Einschränkung der Verlustverrechnung folgt auch nicht aus § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG, wenn der Steuerpflichtige positive Einkünfte aus den Fondsanteilen erzielt, die dem progressiven Einkommensteuertarif gemäß § 32a EStG unterliegen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gemäß § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG (jetzt: § 20 Abs. 7 EStG n.F.) gilt die in § 15b EStG vorgesehene eingeschränkte Verlustverrechnung sinngemäß auch für Kapitaleinkünfte. Gemäß § 15b Abs. 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell nur mit Einkünften, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt, verrechnet werden.

Sachverhalt: Die Kläger erwarben 2007 und 2008 (Streitjahr) Anteile an einem Fonds nach luxemburgischem Recht. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 saldierten die Kläger den im Streitjahr gezahlten (negativen) Zwischengewinn mit ihren positiven Kapitalerträgen aus dem Fonds und weiteren Kapitalerträgen. Das FA vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Beteiligung an dem Fonds um ein Steuerstundungsmodell i.S. des § 20 Abs. 2b i.V.m. § 15b EStG in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung handele.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Im Streitfall liegt kein Steuerstundungsmodell i.S. des § 20 Abs. 2b Satz 1 i.V.m. § 15b Abs. 2 EStG vor.

  • Der Zwischengewinn ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 4 InvStG das Entgelt für die dem Anleger noch nicht zugeflossenen oder als zugeflossen geltenden Zinserträge, zinsähnlichen Erträge und Ansprüche des Investmentvermögens. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz InvStG gehört der Zwischengewinn zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn es sich nicht um Betriebseinnahmen des Anlegers, Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG oder Leistungen i.S. des § 22 Nr. 5 EStG handelt. Diese Regelung gilt für sämtliche Anleger von Investmentfonds und damit auch für Privatanleger.

  • Durch die Berücksichtigung des Zwischengewinns als negative Einnahme aus Kapitalvermögen beim Käufer der Investmentanteile soll eine Überbesteuerung beim späteren Ertragszufluss (Ausschüttung, Ertragsthesaurierung bzw. vereinnahmter Zwischengewinn) vermieden werden (, Rz 21a). Es ist deshalb zweifelhaft, ob es sich bei dem Zwischengewinn um (unangemessene) Aufwendungen zur Erzielung von Kapitaleinkünften i.S. des § 15b EStG handelt.

  • Selbst wenn negative Zwischengewinne beim Erwerb eines Investmentanteils zu einem Verlust i.S. des § 15b EStG führen könnten, findet das Verlustverrechnungsverbot im vorliegenden Fall keine Anwendung. Nach reicht hierfür nicht aus, dass eine (in Fachkreisen) bekannte Gestaltungsidee mit dem Ziel einer sofortigen Verlustverrechnung aufgegriffen wird. Als Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b EStG kann nur die Erstellung einer umfassenden und regelmäßig an mehrere Interessenten gerichteten Investitionskonzeption angesehen werden.

  • Das FG konnte nicht feststellen, dass der Fonds gezielt deshalb aufgelegt worden war, um einen Steuerspareffekt zu erzielen. So war der Vertrieb des Fonds nicht auf das Inland beschränkt, obgleich der Steuervorteil in Form der Ausnutzung des durch Einführung der Abgeltungsteuer entstandenen Steuersatzgefälles nur von im Inland steuerpflichtigen Anlegern erzielt werden konnte.

Quelle: ; NWB Datenbank (Sc)

Fundstelle(n):
NWB PAAAG-57398