Online-Nachricht - Donnerstag, 14.09.2017

Erbrecht | Anfechtung bei überschuldetem Nachlass (OLG)

Die Erbschaft eines überschuldeten Nachlasses kann unter bestimmten Umständen angefochten werden ().

Sachverhalt: Der für Nachlasssachen zuständige 2. Zivilsenat des OLG Köln hatte über die Erbfolge einer im Alter von 47 Jahren verstorbenen Frau zu entscheiden. Da die Erblasserin kein Testament verfasst hatte, waren der Ehemann und die beiden Geschwister der Verstorbenen als gesetzliche Erben berufen. Während die Schwester die Erbschaft direkt ausgeschlagen hatte, ließ der Bruder die sechswöchige Frist zur Ausschlagung der Erbschaft zunächst verstreichen. Damit galt die Erbschaft für ihn als angenommen (§ 1943 BGB). Danach erklärte der Bruder die Anfechtung der Annahme der Erbschaft wegen Irrtums. Er habe nicht gewusst, dass der Nachlass überschuldet sei.

Hierzu führte das OLG Köln weiter aus:

  • Der Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses berechtigt zur Anfechtung gem. § 119 Abs. 2 BGB, weil er auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses beruht.

  • Der Erbe wusste, dass die Erblasserin ein Jahr vor ihrem Tod eine Abfindung in Höhe von rund 100.000 € erhalten hatte und dass ein Kontoauszug einige Monate vor dem Tod ein Kontoguthaben von ca. 60.000€ auswies. Angesichts dieser konkreten Anhaltspunkte durfte er erwarten, dass der Nachlass werthaltig ist.

  • Diese Erwartung erfüllte sich nicht. Sein Bemühen, von dem Ehemann Auskünfte über den Verbleib der Abfindungssumme zu erhalten, war erfolglos. Mangels Informationen zum Verbleib der Abfindung und angesichts einer an ihn adressierten Krankenhausrechnung über die Behandlung der Erblasserin konnte der Bruder die Annahme der Erbschaft anfechten.

Quelle: OLG Köln, Pressemitteilung 27/2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB KAAAG-56996