Online-Nachricht - Mittwoch, 13.09.2017

Einkommensteuer | Vergeblicher Aufwand für angestrebte Vorstandsposition (BFH)

Aufwendungen eines Arbeitnehmers zum Erwerb einer Beteiligung an seinem (ggf. künftigen) Arbeitgeber sind regelmäßig auch dann nicht als (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig, wenn die Zahlung Voraussetzung für den Abschluss des Anstellungsvertrags ist (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger zahlte einer GmbH 75.000 € für eine 10%-Beteiligung an einer noch zu gründenden AG. Im Gegenzug sollte er bei der AG eine Vorstandsposition erhalten. Die GmbH verwendete das Geld abredewidrig zur Begleichung ihrer Schulden. Es kam weder zu einer Beteiligung des Klägers an der AG noch zu seiner Anstellung als Vorstand.

Da die GmbH den Betrag nicht mehr zurückzahlen konnte, begehrte der Kläger die Berücksichtigung des Betrags von 75.000 € im Wege des Verlustrücktrags als Betriebsausgabe bei seinen Einkünften aus seiner freiberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt im Streitjahr 2002. Das FA ordnete den Verlust der privaten Vermögensebene zu und lehnte die Berücksichtigung ab. Im Klageverfahren begehrte der Kläger schließlich die Berücksichtigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Der Kläger kann den Betrag von 75.000 € nicht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG) bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) abziehen. Aufwendungen des Arbeitnehmers, die den Erwerb einer Beteiligung an dem Arbeitgeber betreffen, sind nach der Rechtsprechung des BFH jedenfalls „nicht ohne weiteres“ den Werbungskosten den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen, weil sie „im allgemeinen“ nicht unmittelbar mit diesen Einkünften, sondern mit solchen aus Kapitalvermögen im Zusammenhang stehen, selbst wenn damit auch die Arbeitnehmertätigkeit gefördert wird.

  • Aus den Aktien hätte der Kläger in Zukunft Gewinnanteile in Form von Dividenden und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. Zwar bestand daneben offenkundig auch ein Zusammenhang mit den ab dem Jahr 2003 beabsichtigten Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Hinterlegung des Betrags Voraussetzung für den Abschluss eines Anstellungsvertrags war.

  • Diese Beziehung wird im Streitfall indes durch den mit dem hinterlegten Geld verfolgten Zweck in Form des Anteilserwerbs an der AG überlagert. Denn unabhängig davon, ob und inwieweit der beabsichtigte Aktienerwerb auch durch das beabsichtigte Arbeitsverhältnis mit der AG motiviert war, bezweckte der Betrag die Finanzierung des beabsichtigten Beteiligungserwerbs als eigenständige Einkunftsquelle.

  • Die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Vermögensverlusten in Form eines Darlehens oder einer Bürgschaftsinanspruchnahme einerseits und einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft andererseits ist insbesondere deshalb als gerechtfertigt anzusehen, weil der Arbeitnehmer bei der Darlehens- oder Bürgschaftsgewährung ausschließlich das einseitige Risiko eines wirtschaftlichen Verlustes des Darlehens oder der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft auf sich nimmt.

  • Demgegenüber besteht bei der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nicht nur die Gefahr eines Wertverlustes, sondern das übernommene Risiko enthält umgekehrt auch die Chance einer Wertsteigerung. Ein hieraus resultierender Gewinn wäre im Falle der Veräußerung entweder nach § 17 EStG oder § 23 EStG, nicht aber nach § 19 EStG zu versteuern.

  • Eine steuerliche Berücksichtigung des Verlustes nach § 17 EStG ist im Streitjahr ebenfalls nicht möglich. § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG sind nicht auf Verluste anwendbar, die dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit einem geplanten, aber fehlgeschlagenen Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einer tatsächlich nicht gegründeten Kapitalgesellschaft entstehen.

Quelle: ; NWB Datenbank (Sc)

Fundstelle(n):
NWB TAAAG-56526