Online-Nachricht - Mittwoch, 23.08.2017

Verfahrensrecht | Bezeichnung als wesentliche Betriebsgrundlage (BFH)

Wird eine eingeführte Bezeichnung für einen Betrieb nicht mitverkauft, sondern lediglich im Rahmen eines Franchisevertrags zur Nutzung überlassen, sind nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen worden; deshalb ist der Gewinn aus der Veräußerung als laufender Gewinn zu besteuern (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Der Kläger betrieb im Streitjahr 2004 organisatorisch getrennt mehrere Erotikmärkte unter einer einheitlichen Firmierung. Einen Markt, der in einen Shop-Bereich und einen Bereich mit Videokabinen unterteilt war, veräußerte der Kläger im Streitjahr. Zeitgleich mit dem Verkauf vereinbarte der Kläger mit der Käuferin einen Franchisevertrag, in dem er ihr u.a. die Nutzung des Namens einräumte. Der Kläger gab im Rahmen seiner Erklärung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr einen laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb an. Das für die Veräußerung des Markts vereinbarte Entgelt erklärte der Kläger nicht.

Das FA gelangte zu der Auffassung, der Gewinn aus der Veräußerung des Markts sei als laufender Gewinn zu versteuern, denn der Kläger habe nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert. Schließlich sei über den Ruf und Namen des Markts nur ein Franchisevertrag abgeschlossen worden. Außerdem schätzte das FA 10 % der erklärten Umsätze aus dem Videokabinenbereich hinzu, weil insoweit die Kassensturzfähigkeit nicht gegeben sei.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Der Veräußerungsgewinn ist vorliegend nicht nach § 16 Abs. 1 EStG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu besteuern, da der Kläger die Bezeichnung nur zur Nutzung überlassen hat. Denn aufgrund der Vertragsbedingungen auch im Franchisevertrag konnte das FG keine Veräußerung der Bezeichnung an die Käuferin erkennen. Diese vom FG vorgenommene Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

  • Die Kassenbuchführung des Klägers, soweit die Bareinnahmen aus den Geldspeichern der Automaten im Videokabinenbereich betroffen waren, war nicht ordnungsgemäß, da mangels Kassenberichts die Kassensturzfähigkeit nicht gegeben war. Somit mussten FA wie auch FG die Umsätze dieses Geschäftsbereichs nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO (i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) schätzen.

  • Im Fall der Aufbewahrung der Kasseneinnahmen in einem verschlossenen Behälter wird eine tägliche Auszählung jedenfalls im Geltungsbereich der für das Streitjahr anwendbaren Fassung der AO nicht notwendig sein. Erst im Augenblick der Entleerung sind die Kasseneinnahmen zu zählen und aufzuzeichnen.

  • Dabei wird es für die Erfüllung der Kassensturzfähigkeit in der Regel ausreichen, wenn die Aufzeichnungen im Kassenbericht die Zählung bei Entleerung und ihr Ergebnis dokumentieren. Diese Grundsätze führen im vorliegenden Fall dazu, dass schon mangels Kassenberichts die Kassensturzfähigkeit fehlt und damit keine ordnungsgemäßen Kassenaufzeichnungen i.S. des § 146 Abs. 1 Satz 2 AO vorliegen.

  • Auch die Geldspeicher der Geldeinwurfautomaten sind Kassen, deren Geldbestände jedenfalls im Zeitpunkt der (erstmaligen) Entleerung zu zählen und festzuhalten sind. Deshalb hatte der Kläger nach den zu § 146 Abs. 1 Satz 2 AO entwickelten Grundsätzen insoweit eine Kassensturzfähigkeit zu gewährleisten und damit zumindest eine Kontrolle, ob eine tatsächliche Auszählung stattgefunden hat, anhand der getätigten Aufzeichnungen möglich zu machen.

  • Da der Senat die Schätzung nicht auf ihre Angemessenheit hin überprüfen kann, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen.

Quelle: ; NWB Datenbank (Sc)

Fundstelle(n):
NWB AAAAG-54451