Online-Nachricht - Mittwoch, 16.08.2017

Erbschaftsteuer | Ehegattenfreibetrag für beschränkt Steuerpflichtige (BFH)

Beschränkt Steuerpflichtigen steht für den Erwerb beim Tod des Ehegatten der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Höhe von 500.000 € unabhängig vom Anteil des inländischen Vermögens am Gesamterwerb in voller Höhe zu (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bleibt in den Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht der Erwerb eines Ehegatten in Höhe von 500.000 € steuerfrei. In den Fällen der beschränkten Steuerpflicht tritt nach § 16 Abs. 2 ErbStG a.F. an die Stelle des Freibetrags nach Abs. 1 ein Freibetrag von 2.000 €. (§ 16 Abs. 2 Satz 12 ErbStG n.F.: In den Fällen der beschränkten Steuerpflicht wird der Freibetrag nach Absatz 1 um einen Teilbetrag gemindert.

Sachverhalt: Die in der Schweiz wohnende Klägerin hatte von ihrem ebenfalls in der Schweiz lebenden Ehemann Grundstücke in Deutschland mit einem Wert von knapp 380.000 € geerbt. Das übrige - nicht der Besteuerung in Deutschland unterliegende - Erbe belief sich auf ca. 6,4 Mio. Schweizer Franken. Erbschaftsteuer in der Schweiz wurde von der Klägerin nicht erhoben. Für das in Deutschland gelegene Grundvermögen begehrte die Klägerin den für Eheleute bei unbeschränkter Erbschaftsteuerpflicht geltenden Freibetrag von 500.000 €. Demgegenüber wollte das Finanzamt zunächst nur einen Freibetrag von 2.000 € ansetzen, den es später - nach dem Wertverhältnis der in Deutschland vererbten Grundstücke zum gesamten angefallenen Erbe - noch auf 27.811 € erhöhte (sog. "fractional residence taxtation"). Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • § 16 Abs. 2 ErbStG a.F. verstößt gegen die nach Art. 63 AEUV garantierte Kapitalverkehrsfreiheit und ist daher auf Fälle der beschränkten Steuerpflicht nicht anwendbar.

  • Dies folgt bereits aus dem , "Welte".

  • Zwar kann die Notwendigkeit, die Kohärenz einer Steuerregelung zu gewährleisten, eine Beschränkung der Ausübung der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten rechtfertigen.

  • Eine solche Rechtfertigung ist jedoch nur zulässig, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem betreffenden steuerlichen Vorteil und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung besteht (EuGH-Urteil "Welte", Rz 59). Einen solchen unmittelbaren Zusammenhang hat der EuGH hinsichtlich des höheren Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht gesehen.

  • Die Anwendung des § 16 Abs. 2 ErbStG ist auch nicht wegen der möglichen Option zur unbeschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 3 ErbStG i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom (durch das StUmgBG von vom wieder aufgehoben) mit Unionsrecht vereinbar.

  • Denn die Regelung des § 2 Abs. 3 ErbStG bewirkt eine nach Art. 63 Abs. 1 AEUV untersagte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs. Und eine unionsrechtswidrige Wahlmöglichkeit ist von vornherein nicht geeignet, andere rechtswidrige Besteuerungsmechanismen zu beseitigen.

  • Anstelle des aus unionsrechtlichen Gründen nicht anwendbaren Freibetrags gemäß § 16 Abs. 2 ErbStG tritt entsprechend § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der bei unbeschränkter Steuerpflicht maßgebende Freibetrag. Dieser ist in voller Höhe und nicht nur anteilig nach dem Verhältnis des Werts des steuerpflichtigen Inlandsvermögens (§ 121 BewG) zum Wert des gesamten Erwerbs zu gewähren.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
NWB CAAAG-53824