Online-Nachricht - Dienstag, 15.08.2017

Grunderwerbsteuer | Tatbestandserfüllung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (FG)

Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG wird erst durch den Abschluss eines Rechtsgeschäfts erfüllt, aus dem auf die Erklärung der Auflassung geklagt werden kann. Verpflichtet sich der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Grundstückserwerb, diesen umgehend zu einem festen Kaufpreis an einen Dritten zu verkaufen, ist keine nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfreie Grundstücksschenkung, sondern eine mittelbare Geldschenkung gegeben ( GrE; Revision zugelassen).

Hintergrund: Gem. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sind Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG von der Besteuerung ausgenommen.

Sachverhalt: Die Klägerin, eine gemeinnützige Stiftung, wurde 2011 u.a. durch das Land und einen Verband errichtet. 2012 erfolgte der Beitritt weiterer Stifter; gleichzeitig verpflichtete sich die Stadt zur unentgeltlichen Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an den Grundstücksflächen eines Hauses sowie an im Alleineigentum der Stadt stehenden Verkehrsflächen an die Stiftung. Ferner wurde vereinbart, dass der Verband den in seinem Eigentum stehenden hälftigen Miteigentumsanteil an dem Haus ebenfalls auf die Stiftung übertragen werde. 2013 schlossen der Verband, die Stadt und die Klägerin sodann einen notariellen Übereignungsvertrag nebst Auflassung.

Das FA erließ einen Grunderwerbsteuerbescheid. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Übereignungsvertrag um eine Grundstücksschenkung unter Lebenden handele, die gem. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG grunderwerbsteuerfrei sei.

Hierzu führte das FG Münster weiter aus:

  • Das FA hat zu Recht auf Grund des Grundstücksübereignungsvertrages von 2013 Grunderwerbsteuer festgesetzt.

  • Kann aus einer Vereinbarung nur auf den Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts geklagt werden, liegt nur ein Vor- bzw. Optionsvertrag vor, der keine Grunderwerbsteuer auslöst. Hieran anknüpfend unterliegt nicht bereits die Verpflichtungserklärung von 2012, sondern erst der notarielle Übereignungsvertrag von 2013 gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer.

  • Eine von der Klägerin für sich in Anspruch genommene Ausnahme von der Besteuerung gem. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG liegt nicht vor. Unabhängig von der zwischen den Beteiligten strittigen Frage, ob die Stadt und der Verband bei der Übereignung der Grundstücke freigebig im Sinne des ErbStG gehandelt haben, liegen die Voraussetzungen des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG bereits deshalb nicht vor, weil selbst bei der Annahme einer Freigebigkeit keine Grundstücksschenkung, sondern eine mittelbare Geldschenkung vorliegen würde.

  • Selbst bei Außerachtlassung der vorgenannten Grundsätze der mittelbaren Schenkung liegt eine Grundstücksschenkung unter Lebenden im Sinne des ErbStG mangels Freigebigkeit nicht vor. Da weder vorgetragen wurde, noch nach Aktenlage ersichtlich ist, dass der Verband und die Stadt bei der Errichtung der Klägerin und bei der Übertragung der streitbefangenen Grundstücke auf die Klägerin den Rahmen ihrer Aufgaben eindeutig überschritten haben, scheidet mangels Freigebigkeit eine Grundstücksschenkung im Sinne des ErbStG und folglich auch eine Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 2 GrEStG aus.

Quelle: GrE; NWB Datenbank (Sc)

Fundstelle(n):
NWB GAAAG-53665