Online-Nachricht - Donnerstag, 20.07.2017

Verfahrensrecht | Zulässigkeit einer in Polnisch abgefassten Klage (FG)

Das FG Hamburg hat eine in polnischer Sprache verfasste Klageschrift als rechtswirksam und damit auch fristwahrend angesehen. Es weicht damit von der ganz herrschenden Meinung in Judikatur und Literatur ab, die nicht in deutscher, sondern in einer fremden Sprache abgefasste Klageschriften für nicht rechtserheblich und damit auch nicht fristwahrend hält (, rkr.).

Sachverhalt: Im vorliegenden Fall hatte das Gericht bei dem entgegen § 184 Satz 1 GVG nicht in deutscher Sprache abgefassten Schriftsatz wegen der Erwähnung eines Hauptzollamtes und eines für ihn typischen Aktenzeichens erkennen können, dass es sich um eine Klage handeln könnte. Die vom Senatsvorsitzenden veranlasste Übersetzung ergab dann, dass der Kläger gegen den „Beschluss vom ... Berufung“ einlegen wollte und um erneute „Prüfung“ dieser „Angelegenheit“ bat. Der Senat behandelte die Klage als zulässig.

Hierzu führte das FG Hamburg weiter aus:

  • Es gibt eine Verpflichtung der Gerichte, fremdsprachige Schriftsätze, die – wie im zu entscheidenden Fall – hinreichende Anhaltspunkte dafür enthalten, es könnte sich hierbei um ein Klage- oder sonstiges Rechtsschutzbegehren handeln, von Amts wegen übersetzen zu lassen. Diese Verfahrensweise hält der Senat im Hinblick auf die auch für Ausländer geltenden Gewährleistung eines rechtsstaatlichen Verfahrens nach Art. 20 Abs. 3 GG, des in Art. 3 Abs. 3 GG verankerten Benachteiligungsverbots wegen der Sprache und der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG für geboten.

  • Angesichts dieser Gewährleistungen, die auf Effektivität angelegt sind und auch ausländischen Klägern eine tatsächliche gerichtliche Überprüfung der sie belastenden Verwaltungsbescheide eröffnen, sah sich der Senat veranlasst, von Amts wegen eine Übersetzung des innerhalb der Klagefrist bei Ge-richt eingegangenen Schriftsatzes des Klägers einzuholen.

Quelle: FG Hamburg, Newsletter 2/2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB EAAAG-50890