Online-Nachricht - Mittwoch, 19.07.2017

Kaufrecht | Transportkostenvorschuss vor Nacherfüllung (BGH)

Der Käufer eines gebrauchten Pkw darf dessen Transport an den Geschäftssitz des Verkäufers zum Zwecke der Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung eines Transportkostenvorschusses abhängig machen ().

Sachverhalt: Die Klägerin, die in Schleswig-Holstein wohnt, kaufte von der Beklagten, die in Berlin einen Fahrzeughandel betreibt, einen gebrauchten Pkw Smart für 2.700 €.

Kurz nach Übergabe des Fahrzeugs wandte sich die Klägerin wegen eines nach ihrer Behauptung aufgetretenen Motordefekts an die Beklagte, um mit ihr die weitere Vorgehensweise zur Schadensbehebung zu klären. Nachdem eine Reaktion der Beklagten ausgeblieben war, forderte die Klägerin sie unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auf. Hierauf bot die Beklagte telefonisch eine Nachbesserung an ihrem Sitz in Berlin an. Die Klägerin verlangte daraufhin unter Aufrechterhaltung der gesetzten Frist die Überweisung eines Transportkostenvorschusses von 280 € zum Transport des nach ihrer Behauptung nicht fahrbereiten Pkw nach Berlin beziehungsweise die Abholung des Fahrzeugs durch die Beklagte auf deren Kosten. Nachdem die Beklagte hierauf nicht reagierte, ließ die Klägerin die Reparatur des Pkw in einer Werkstatt bei Kassel durchführen.

Die Klägerin verlangt Schadensersatz für die ihr entstandenen Reparatur-, Transport- und Reisekosten in Höhe von rund 2.300 €. Ihre Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BGH weiter aus:

  • Ein Verkäufer ist gemäß § 439 Abs. 2 BGB verpflichtet, einem Käufer durch Zahlung eines von diesem angeforderten Vorschusses den Transport der (vermeintlich) mangelbehafteten Kaufsache zum Ort der Nacherfüllung zu ermöglichen.

  • Dementsprechend war es vorliegend für die Wirksamkeit des Nacherfüllungsverlangens der Klägerin ausreichend, dass diese (wenn auch ohne Erfolg) zeitnah einen nicht ersichtlich unangemessenen Transportkostenvorschuss von der Beklagten angefordert hat sowie alternativ bereit war, ihr selbst die Durchführung des Transports zu überlassen beziehungsweise eine vorgängige Untersuchung des Fahrzeugs an dessen Belegenheitsort zu ermöglichen.

  • Zwar muss ein taugliches Nacherfüllungsverlangen auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen am Ort der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

  • Der Erfüllungsort der Nacherfüllung befindet sich, solange die Parteien nicht Abweichendes vereinbaren oder besondere Umstände vorliegen, am Wohn- oder Geschäftssitz des Schuldners, vorliegend mithin am Geschäftssitz der Beklagten in Berlin.

  • Jedoch hat der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Kosten, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, zu tragen.

  • Hierbei handelt es sich um eine Kostentragungsregelung mit Anspruchscharakter, welche die Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung gewährleisten soll.

  • Nach dem Schutzzweck des Unentgeltlichkeitsgebots kann der Käufer bereits vor dem Transport einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten beanspruchen.

  • Denn die dem Verkäufer auferlegte Verpflichtung, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands der Kaufsache unentgeltlich zu bewirken, soll den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen, die ihn in Ermangelung eines solchen Schutzes davon abhalten könnten, solche Ansprüche geltend zu machen.

Hinweis:

Der BGH hat die Sache an das LG zurückverwiesen. Dort müssen nun weitere Feststellungen zu den von der Klägerin gerügten Mängeln und der Höhe des von ihr angesetzten Schadens getroffen werden.

Quelle: BGH, Pressemitteilung vom (il)

Fundstelle(n):
NWB XAAAG-50687