Online-Nachricht - Freitag, 23.06.2017

Kaufrecht | Privater PKW-Verkäufer haftet für falsche Zusicherungen (OLG)

Ein Kraftfahrzeughändler kann vom privaten Verkäufer die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug verlangen, wenn das verkaufte Fahrzeug entgegen den Vereinbarungen im Kaufvertrag nicht unfallfrei und nicht nachlackierungsfrei ist. Das kann auch dann gelten, wenn der Händler das Fahrzeug vor Vertragsabschluss in der eigenen Werkstatt untersucht hat (; Revision nicht zugelassen).

Sachverhalt: Die Klägerin betreibt einen Kraftfahrzeughandel. 2015 erwarb sie von der Beklagten, einer Privatperson, ein Gebrauchtfahrzeug. In der schriftlichen Kaufvertragsurkunde vereinbarten die Parteien, dass das Fahrzeug unfallfrei sei und keine Nachlackierung habe. Der Klägerin war bekannt, dass die Beklagte nicht die Ersthalterin des Fahrzeugs war. Zudem hatte die Klägerin vor Vertragsschluss Gelegenheit, das Fahrzeug in ihrer Werkstatt auf Vorschäden und sonstige Mängel zu untersuchen. Nach Austausch der vereinbarten Leistungen erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Begründung, bei dem verkauften Pkw handele sich um einen Unfallwagen, der zudem nachlackiert worden sei. Die Klägerin verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des verkauften Fahrzeugs.

Hierzu führte das OLG Hamm weiter aus:

  • Das von der Beklagten verkaufte Fahrzeug entsprach nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit. Nach dem Vertrag sollte das Fahrzeug unfallfrei sein und keine Nachlackierungen haben. Diese Beschaffenheit sollte das Fahrzeug während seiner gesamten Lebenszeit und nicht nur beschränkt auf die Besitzzeit der Beklagten aufweisen.

  • Dass die Klägerin das Fahrzeug vor Vertragsschluss selbst untersuchte, bedeutet nicht, dass sie dadurch die Beklagte entlasten oder aus ihrer Gewähr entlassen wollte.

  • Die mit dem eingeholten Gutachten eines Kfz- Sachverständigen durchgeführte Beweisaufnahme ergab, dass das Fahrzeug bei Übergabe an die Klägerin nicht unfall- und nachlackierungsfrei war.

  • Der Rücktritt der Klägerin ist auch nicht ausgeschlossen, weil sie die Mängel bei Vertragsabschluss kannte oder der Klägerin die Mängel aus grober Fahrlässigkeit unbekannt blieben. Auch als Kraftfahrzeughändlerin hat sie grundsätzlich keine Obliegenheit, das zu erwerbende Fahrzeug gründlich auf Unfallschäden, sonstige Beschädigungen oder Mängel zu untersuchen und darf sich insoweit auf eine Sichtprüfung sowie Angaben eines Verkäufers verlassen. Erst wenn ein am Kauf interessierter Händler konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass die infrage stehenden Angaben des Verkäufers falsch oder zweifelhaft sind, kann es als grob sorgfaltswidrig gewertet werden, wenn er das Fahrzeug dennoch nicht genauer untersucht.

  • So liegt der vorliegende Fall nicht. Bei ihm hat die Klägerin das Fahrzeug vor dem Kauf lediglich einer Sichtprüfung unterzogen und der gerichtliche Sachverständige hat es für möglich gehalten, dass ein Fachmann die Mängel bei einer Sichtprüfung nicht entdeckt. Dies geht zulasten der Beklagten. Die Voraussetzungen einer grob fahrlässigen Mängelunkenntnis der Klägerin hätte sie nachweisen müssen.

Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung vom 23.06.2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB DAAAG-48320