Online-Nachricht - Donnerstag, 27.04.2017

Urheberrecht | Streaming kann Urheberrechtsverletzung darstellen (EuGH)

Der Verkauf eines multimedialen Medienabspielers, mit dem kostenlos und einfach auf einem Fernsehbildschirm Filme angesehen werden können, die rechtswidrig im Internet zugänglich sind, kann eine Urheberrechtsverletzung darstellen ().

Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Beklagte verkauft über das Internet verschiedene Modelle eines multimedialen Medienabspielers. Auf diesem Medienabspieler hat er eine Open-Source-Software installiert, mit der Dateien gelesen werden können. Daneben hat er in diese Software im Internet zugängliche Add-ons eingefügt, die dazu bestimmt sind, die gewünschten Inhalte aus den Streamingseiten zu schöpfen und sie auf dem multimedialen Medienabspieler, der mit einem Fernsehbildschirm verbunden ist, anlaufen zu lassen. Laut der Werbung kann mit dem Medienabspieler kostenlos und einfach auf einem Fernsehbildschirm insbesondere Bild- und Tonmaterial angesehen werden, das ohne Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber im Internet zugänglich ist. Eine niederländische Stiftung, die sich dem Schutz der Urheberrechte widmet, macht geltend, der Beklagte habe mit dem Vertrieb des Medienabspielers unter Verstoß gegen das niederländische Urheberrechtsgesetz, das die Richtlinie 2001/291 umsetze, eine „öffentliche Wiedergabe“ vorgenommen.

Das Bezirksgericht hat beschlossen, den EuGH zu dieser Angelegenheit zu befragen.

Hierzu führt der EuGH weiter aus:

  • Der Verkauf eines multimedialen Medienabspielers wie des hier fraglichen stellt eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne der Richtlinie dar.

  • Das Hauptziel der Richtlinie besteht darin, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen. Daher ist der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ weit zu verstehen.

  • So hat der EuGH bereits entschieden, dass in Fällen, in denen auf einer Internetseite anklickbare Links zu geschützten Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen Seite ohne Zugangsbeschränkung veröffentlicht sind, den Nutzern der erstgenannten Seite ein direkter Zugang zu diesen Werken geboten wird. Das Gleiche gilt für den Fall des Verkaufs des in Rede stehenden multimedialen Medienabspielers.

  • Ebenso hat der Beklagte in voller Kenntnis der Folgen seines Handelns eine Vorinstallation von Add-ons auf dem multimedialen Medienabspieler vorgenommen, die Zugang zu den geschützten Werken verschaffen können. Insoweit ergibt sich aus den im vorliegenden Verfahren vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen, dass die fraglichen Streamingseiten von der Öffentlichkeit nicht leicht ausfindig gemacht werden können und sich die Mehrzahl von ihnen häufig ändert.

  • Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts hat eine ziemlich große Zahl von Personen den multimedialen Medienabspieler gekauft. Somit richtet sich diese Wiedergabe an eine unbestimmte Zahl potenzieller Adressaten und erfasst eine große Zahl von Personen. Im Übrigen erfolgte das Bereitstellen des multimedialen Medienabspielers mit Gewinnerzielungsabsicht.

  • Die Handlungen der vorübergehenden Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werks auf diesem multimedialen Medienabspieler durch Streaming von der Website eines Dritten, auf der dieses Werk ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers angeboten wird, sind nicht vom Vervielfältigungsrecht ausgenommen.

  • Insbesondere unter Berücksichtigung des Inhalts der Werbung für den multimedialen Medienabspieler und des Umstands, dass der Hauptanreiz des Medienabspielers in der Vorinstallation der Add-ons liegt, ist davon auszugehen, dass der Erwerber eines solchen Medienabspielers sich freiwillig und in Kenntnis der Sachlage zu einem kostenlosen und nicht zugelassenen Angebot geschützter Werke Zugang verschafft.

  • Darüber hinaus können die Handlungen der vorübergehenden Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke auf dem fraglichen multimedialen Medienabspieler die normale Verwertung solcher Werke beeinträchtigen und die berechtigten Interessen der Urheberrechtsinhaber ungebührlich verletzen, da sie normalerweise eine Verringerung der rechtmäßigen Transaktionen im Zusammenhang mit diesen geschützten Werken zur Folge haben.

Hinweis:

Der Volltext des Urteils ist auf der Homepage des EuGH verfügbar. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung Nr. 40/17 vom (Sc)

Fundstelle(n):
NWB VAAAG-43658