Online-Nachricht - Mittwoch, 26.04.2017

Verfahrensrecht | Nicht ausreichend begründete vorzeitige Anforderung der ESt-Erklärung (BFH)

Ein nicht ausreichend begründeter (und damit rechtswidriger) Ermessensverwaltungsakt kann nicht durch das Nachschieben einer Begründung „geheilt“ werden, wenn er sich vor der Einlegung des Einspruchs bereits erledigt hat (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gegenstand des Urteils war die Aufforderung des FA an die Kläger, ihre Einkommensteuererklärung abzugeben. Nach den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen verlängert sich die gesetzliche Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung (31.05.) bis zum Ende des auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres, wenn die Steuererklärung durch eine Person i.S. der § 3 und § 4 des Steuerberatungsgesetzes (z.B. einen Steuerberater) angefertigt wird. Allerdings bleibt es dem FA vorbehalten, die Erklärung für einen Zeitpunkt vor Ablauf dieser Frist anzufordern. Es handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung, die zu begründen ist.

Sachverhalt und Verfahrensgang: Im Streitfall hatte das FA von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Kläger aufgefordert, die Einkommensteuererklärung für 2010 bis zum (und damit vorzeitig) einzureichen. Allerdings war aus der formelhaften Begründung, das FA handle „im Interesse“ einer ordnungsgemäßen Durchführung des Besteuerungsverfahrens, nicht erkennbar, aus welchem Grund die Abgabefrist im konkreten Fall verkürzt wurde. Die von einem Steuerberater angefertigte Erklärung ging am beim FA ein.

Das FA setzte daraufhin einen Verspätungszuschlag in Höhe von 880 € fest. Der BFH gab den Klägern Recht.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Sowohl die Aufforderung zur vorzeitigen Abgabe der Steuererklärung als auch die Festsetzung des Verspätungszuschlags waren rechtswidrig.

  • Zwar hätte der Begründungsmangel nach § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO durch das sog. Nachschieben einer Begründung beseitigt werden können. Eine solche Heilung des Verfahrensmangels kommt jedoch nach Auffassung des BFH nicht mehr in Betracht, wenn sich die Aufforderung zur termingebundenen Abgabe vor der Einlegung eines Einspruchs durch die Abgabe der Steuererklärung bereits erledigt hat.

  • Aufgrund der Rechtswidrigkeit der Aufforderung war auch der vom FA festgesetzte Verspätungszuschlag rechtswidrig und aufzuheben, da die Kläger die Steuererklärung noch innerhalb der allgemein bis zum verlängerten Frist eingereicht hatten.

Hinweis:

Das vorliegende Urteil betrifft die Rechtslage bis . Im Zuge des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens verlängern sich ab VZ 2018 die Fristen zur Abgabe der Einkommensteuererklärung für unberatene Steuerpflichtige bis zum 31.07. des Folgejahres bzw. für beratene Steuerpflichtige bis zum 28./29.02. des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 27/2017 vom 26.04.2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB MAAAG-43567