Online-Nachricht - Dienstag, 18.04.2017

Einkommensteuer | PC-gestütztes Kassensystem grundsätzlich manipulationsanfällig (FG)

Das FG Münster hat zur Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen ein PC-gestütztes Kassensystem ausnahmsweise als nicht manipulierbar angesehen werden kann. Im Streitfall hat es ein auf Microsoft Access basierendes System als manipulationsanfällig angesehen (; Revision nicht zugelassen).

Sachverhalt: Der Kläger betrieb in den Streitjahren zwei Friseursalons. Seine Bareinnahmen erfasste er über eine PC-gestützte Kassensoftware, die auch über andere Funktionen wie Kundenkartei oder Terminverwaltung verfügte. Aufgrund einer Betriebsprüfung, in deren Verlauf der Kläger keine Programmierprotokolle für die Kasse vorgelegt hatte, nahm das FA erhebliche Hinzuschätzungen zu den Umsätzen und Gewinnen des Klägers für die Jahre 2007 bis 2009 vor. Diesen legte es eine Bargeldverkehrsrechnung sowie eine Kalkulation von „Chemieumsätzen“ zugrunde. Die Kalkulation basiert auf der Auswertung eines Teils des Wareneinkaufs für 2007.

Hierzu führte das FG Münster weiter aus:

  • Ein Sachverständigengutachten zur Frage der Manipulierbarkeit der Kasse kam zu dem Ergebnis, dass das vom Kläger verwendete System, welches auf Microsoft Access zurückgreift, aufgrund der Verknüpfung verschiedener Datenbankdateien zwar nur schwierig zu manipulieren ist. Durch geschulte Personen mit EDV-Kenntnissen bzw. unter Einsatz entsprechender Programme ist dies jedoch auch im Nachhinein und ohne Rückverfolgung möglich.

  • Dem Grunde nach besteht eine Schätzungsbefugnis, weil die Kassenführung des Klägers nicht ordnungsgemäß ist. Bei Nutzung programmierbarer elektronischer Kassensysteme stellt das Fehlen der Programmierprotokolle jedenfalls bei bargeldintensiven Betrieben einen gewichtigen formellen Mangel dar.

  • Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass sein Kassensystem ausnahmsweise keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ist der Senat vielmehr davon überzeugt, dass im System Manipulationen vorgenommen werden können.

  • Dabei kommt es nicht darauf an, durch wen oder mit welchem Aufwand dies möglich ist. Die vom Kläger verwendete Software bietet unabhängig davon, ob sie bereits für einen „normalen“ Anwender manipulierbar ist oder dieser erst einen IT-Spezialisten beauftragen muss, keine Gewährleistung für die vollständige Erfassung aller Einnahmen.

  • Da es nach der BFH-Rechtsprechung erforderlich ist, dass die Kasse keine Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, ist es unerheblich, ob der Kläger tatsächlich Manipulationen vorgenommen hat.

  • Der Höhe nach sind die Hinzuschätzungen aufgrund der Kassenführungsmängel allerdings auf Sicherheitszuschläge in Höhe von 7,5 % der erklärten Umsätze zu begrenzen. Die Bargeldverkehrsrechnung kann nicht zugrunde gelegt werden, weil das FA weder Anfangs- noch Endbestände ermittelt und nicht angegeben hat, auf welcher Tatsachengrundlage die Lebenshaltungskosten ermittelt wurden. Die Kalkulation der „Chemieumsätze“ führt zu einem nicht schlüssigen und außerhalb der amtlichen Richtsätze liegenden Ergebnis, was möglicherweise auf der lediglich stichprobenartig vorgenommenen Auswertung beruht.

Hinweis:

Aktualisierung v. :
Der BFH hat in seinem Beschluss v. - X B 65/17 die Beschwerde für begründet erklärt. Er hat das angefochtene Urteil nach § 116 Abs. 6 FGO aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.

Quelle: FG Münster, Newsletter April 2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB DAAAG-42760