Online-Nachricht - Montag, 10.04.2017

Einkommensteuer | Allgemeine Aufzeichnungspflichten auch für Prostituierte (FG)

Bei der Ermittlung des gewerblichen Gewinns aus Eigenprostitution durch Einnahmen-Überschussrechnung kann nicht auf die Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsvorfälle verzichtet werden (; Revision eingelegt).

Sachverhalt: Die Klägerin übte ihre Tätigkeit als Prostituierte in einem sog. Laufhaus aus. Nachdem die Steuerfahndung die Klägerin, die bis dahin keine Steuererklärungen abgeben hatte, dort angetroffen hatte, erließ das FA gegenüber der Klägerin Schätzungsbescheide zur Einkommen-, Umsatzsteuer und zum Gewerbemessbetrag. Die Klägerin erhob Einspruch und reichte nun Einnahmeüberschussrechnungen und Steuererklärungen mit deutlich geringeren Umsätzen und Gewinnen ein. Als das FA gleichwohl an seiner Schätzungsbefugnis festhielt und seine Schätzungen lediglich in geringem Umfang reduzierte, wandte sich die Klägerin an das FG.

Hierzu führte das FG weiter aus:

  • Die für Gewerbebetriebe geltenden Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten erstrecken sich auch auf die gewerbliche Prostitution. Das Argument, eine individuelle Quittierung der erbrachten Leistungen und deren Entlohnung sei wegen der branchenspezifischen Besonderheiten dieses speziellen Gewerbes nicht praktikabel, gilt nicht.

  • Die Befreiung von der Einzelaufzeichnungspflicht, wie sie bei Bargeschäften im Einzelhandel anerkannt wird, ist nicht auf die gewerbliche Prostitution zu übertragen. Anders als im Einzelhandel ist bei der Prostitution der Kreis der Kunden begrenzt und individuell bestimmt.

  • Ob im Rahmen der Aufzeichnungen auch die Identität der Kunden festgehalten werden muss, konnte deswegen offen gelassen werden, weil schon die Mindestanforderungen an die Aufzeichnung der einzelnen Leistungen und Bareinnahmen durch die Klägerin als nicht erfüllt anzusehen sind.

  • Die vom FA zugrunde gelegten Daten – Anzahl der Arbeitstage (20), der anzunehmenden Anzahl der Freier pro Tag (5), der Einnahmen pro Freier (130 € in den Streitjahren 2007 und 2008 bzw. 160 € in den Folgejahren) und der Betriebsausgaben im Rahmen einer Zimmermiete in einem Laufhaus (120 € bzw. 140 € pro Tag) – sind eher moderat und daher nicht zu beanstanden.

Hinweise:

Der Volltext des Urteils ist in der Datenbank des FG Hamburg verfügbar. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Hamburg, Newsletter 1/2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB YAAAG-42257