Online-Nachricht - Mittwoch, 15.03.2017

Außensteuer | Vereinbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung mit Unionsrecht (BFH)

Der BFH sieht es als zweifelhaft an, ob die sog. Hinzurechnungsbesteuerung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter in Drittstaatensachverhalten vollständig mit dem Unionsrecht vereinbar ist, und hat daher in einem Verfahren zu einer Zwischengesellschaft mit Sitz in der Schweiz den EuGH angerufen (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Mithilfe der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG versucht der deutsche Fiskus, Gewinnverlagerungen in das niedriger besteuernde Ausland entgegenzuwirken. Bestimmte Einkünfte („Zwischeneinkünfte“) von Auslandsgesellschaften („Zwischengesellschaften“), an denen in der BRD unbeschränkt Steuerpflichtige beteiligt sind und die in ihren Sitzstaaten mit geringeren Ertragsteuersätzen als 25 % besteuert werden, werden unter bestimmten Voraussetzungen den in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern anteilig zugerechnet und bei diesen ähnlich Gewinnausschüttungen besteuert, ohne dass es darauf ankommt, ob die Gesellschafter tatsächlich Gewinnausschüttungen erhalten haben oder nicht.

Sachverhalt: In dem vom BFH zu entscheidenden Fall war eine deutsche GmbH zu 30 % an einer Schweizer AG beteiligt. Diese erzielte Einkünfte aus abgetretenen Geldforderungen, die vom FA zu Lasten der GmbH als Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfen wurden.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

  • Der EuGH hat hinsichtlich einer vergleichbaren britischen Regelung im Jahr 2006 entschieden, dass eine Hinzurechnungsbesteuerung nur dann mit der unionsrechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit vereinbar ist, wenn der Steuerpflichtige die Besteuerung durch den Nachweis abwenden kann, dass es sich bei der Beteiligung an der Zwischengesellschaft nicht um eine rein künstliche Gestaltung handelt, die nur dazu dient, den höheren inländischen Steuersätzen zu entgehen (sog. Motivtest).

  • Den deutschen Gesetzgeber hat die EuGH-Rechtsprechung dazu bewogen, für Beteiligungen an Zwischengesellschaften aus EU- und EWR-Staaten ab dem Jahr 2008 eine Entlastungsmöglichkeit durch einen Motivtest gesetzlich zu verankern (§ 8 Abs. 2 AStG).

  • Für in Drittstaaten wie der Schweiz ansässige Zwischengesellschaften gibt es jedoch keine vergleichbare Entlastungsmöglichkeit. Dies könnte nach Auffassung des BFH gegen die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen, die - anders als die Niederlassungsfreiheit - grundsätzlich auch im Verkehr mit Drittstaaten geschützt ist.

Hinweis:

Die nunmehr vom EuGH zu klärende Streitfrage kann allgemein für Beteiligungen an Gesellschaften mit Sitz außerhalb der EU und des EWR von Bedeutung sein.

Quelle: BFH, Pressemitteilung 15/17 vom 15.03.2017 (Sc)

Fundstelle(n):
NWB TAAAG-40160